Wie sieht das jetzt in anderen Ländern aus? Wie gehen die mit dem Thema um? Das ist ganz interessant. In Schleswig-Holstein zum Beispiel hat der Landtag am 26. März dieses Jahres
mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/ Die Grünen und Abgeordneten des SSW folgenden Beschluss gefasst, einstimmig: „Der Landtag beabsichtigt, gegen eine vom Bund entsprechend den Vorschlägen der Föderalismuskommission II in Art. 109 Abs. 3 S. 1, 5 GG (neu) festgeschriebene Schuldenregelung nach ihrem Inkrafttreten Klage zu erheben. Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages wird beauftragt, einen Verfahrensbevollmächtigten, vorzugsweise Herrn Professor Dr. Hans-Peter Schneider, mit der Vorbereitung dieser Klage zu betrauen.“ SchleswigHolstein wird klagen.
Berlin hat am 10.06. im Abgeordnetenhaus noch mal ganz klar die sogenannte Schuldenbremse, das Kreditaufnahmeverbot für die Länder 2020, massiv kritisiert und es dürfte, glaube ich, niemand überraschen, dass Berlin entweder sich der Klage anschließen wird oder eine eigenes Klageverfahren anstreben wird.
In Rheinland-Pfalz hat sich im Landtag vor wenigen Tagen eine Arbeitsgruppe gebildet, in der alle drei im Landtag vertretenen Fraktionen gemeinsam die Einrichtung einer Schuldenbremse in der Landesverfassung prüfen. Das heißt, sie bereiten dort einen Gesetzentwurf vor, weil für sie eben auch gilt, wenn schon Kreditaufnahmeverbot, dann im Landtag, aber nicht im Bundestag oder im Bundesrat.
Bekannt ist Hessen, ich habe das in meiner letzten Rede zu dem Thema hier schon mal dargestellt. Hessen ist das einzige Land, das in der Verfassung geregelt hat, dass Änderungen an der Verfassung nicht mit Zweidrittelmehrheit im Landtag, wie es sonst üblich ist, vorgenommen werden können, sondern nur durch Volksabstimmung.
CDU und FDP haben im Wahlkampf verkündet – und das im Koa-Vertrag auch entsprechend festgelegt –, dass sie eine Schuldenbremse in die Verfassung aufnehmen wollen, natürlich mit Volksabstimmung, und damit ausdrücklich bestimmt, dass die Volksabstimmung kommen soll.
Die Menschen in Hessen werden sich natürlich fragen, welchen Sinn und Zweck eine Volksabstimmung zum Kreditaufnahmeverbot hat, wenn dieses ja schon angeblich oder anscheinend durch Bundesrecht beschlossen ist. Man könnte auch sagen, die Menschen in Hessen werden möglicherweise – bei Meinungsumfragen kann man erkennen, dass es so circa 60, 70 Prozent der Menschen gibt, die nicht das Schuldenverbot praktisch als Aushebelung der Landesverfassung betrachten möchten. Ich will damit sagen, es ist relativ wahrscheinlich, dass in Hessen eine Mehrheit der Menschen eine Veränderung ihrer Verfassung auch ablehnen wird. Die Chefjuristen von Herrn Koch sind schon mächtig am Grübeln, wie sie dieses Problem lösen werden.
Was will ich damit sagen, meine Damen und Herren? Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Berlin oder Hessen – so unterschiedlich die konkreten Situationen dort sein mögen, jedes Land, auch wir, Mecklenburg-Vorpommern, muss sich mit der Frage auseinandersetzen: Wie gehen wir mit den verfassungsrechtlichen Bedenken um und wie versuchen wir – den Auftrag haben wir ja nun –,
nach unserem Selbstverständnis durch Änderung unserer Landesverfassung hier zu reagieren? Und ich wage mal zu behaupten, auch hier wird es nicht ganz einfach werden in diesem Hohen Hause, eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit hinzubekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen heute Folgendes vorschlagen. Bei allen Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Bewertung der Schuldenbremse, was Handlungsfähigkeit des Staates betrifft oder was die Frage der Konsolidierungshilfe und der Rolle von Mecklenburg-Vorpommern als Geberland betrifft, glaube ich, hoffe ich, dass es auch hier bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, auch hier im Landtag, einen Grundkonsens aller Demokraten gibt, dass wir im Sinne der Berliner Erklärung aller Landtage, aller Präsidentinnen und Präsidenten vom 16. Juni 2008 uns auf folgenden Grundkonsens verständigen können: Die verbindlichen Schuldenbegrenzungen für Länderhaushalte können nur durch Verfassungsänderungen in den Ländern selbst beschlossen werden
und eben nicht der Bundestag und auch nicht der Bundesrat. Ich glaube, dass solch eine Position hier zwischen Demokraten konsensfähig sein könnte –
ich sage, müsste –, um unserem Selbstverständnis als Landtag, entsprechend auch dem Grundgesetz, Stichwort Ewigkeitsgarantie, und unserem verfassungsmäßigen Auftrag auch gerecht zu werden für dieses Land.
Ich bin der Meinung – und für die SPD-Fraktion kann ich das ankündigen –, wir werden das Gespräch mit allen Demokraten in diesem Landtag suchen, um gemeinsam zu beraten, wie wir mit dem Kreditaufnahmeverbot verfassungsrechtlich umgehen. Und ich möchte für mich persönlich deutlich erklären, dass für mich dazu auch die Prüfung gehört, ob wir als Landtag MecklenburgVorpommern Verfassungsklage einreichen oder auch nicht. Auch das darf und soll für uns kein Tabuthema sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Sehr gut, Rudi.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich habe mich gefragt, warum wir dann heute, am 18. Juni, fast eine Woche nach dem Beschluss des Bundesrates, dieses Thema noch besprechen müssen,
(Helmut Holter, DIE LINKE: Jetzt wird es ja erst richtig ernst, Frau Reese. – Irene Müller, DIE LINKE: Zuhören, zuhören!)
Ich verstand Ihren Änderungsantrag dann tatsächlich so, dass selbst Sie begriffen haben, dass die Sache beschlossen ist,
und habe mich jetzt gewundert, warum Sie dann trotzdem so viel Wert darauf legen, darüber noch einmal zu diskutieren.
Viel lieber hätten wir aber auf Bundesebene gesehen, dass ein echtes Neuverschuldungsverbot im Grundgesetz eingeführt worden wäre. Dies ist leider so nicht geschehen.
Die Föderalismuskommission II hat einen Weg aus dem Schuldenstaat begonnen. Um diesen konsequent zu Ende zu gehen, fordert die FDP ein prinzipielles Neuverschuldungsverbot für Bund, Länder und Gemeinden.
Die dauerhafte strukturelle Neuverschuldung des Bundes in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist angesichts der gegenwärtigen Rekordverschuldung keine nachhaltige Lösung. Im Interesse künftiger Generationen müssen sich staatliche Ausgaben grundsätzlich an der Höhe der Einnahmen orientieren.
Neue Schulden sind nur in absoluten Notlagen zu verantworten. In normalen Zeiten müssen Haushalte Überschüsse erwirtschaften, damit die Schulden vorheriger Jahre zurückgezahlt werden können und für schlechtere Jahre Vorsorge betrieben werden kann. Der Föderalismus in Deutschland bietet große Chancen, mehr Bürgernähe, mehr Demokratie und den Wettbewerb als Methode, um die beste politische Lösung von drängenden Problemen zu finden. Dazu sind insbesondere die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, innerhalb der Bundesländer und zwischen Ländern und Kommunen neu zu ordnen. Das bedeutet vor allem mehr Steuerautonomie für alle Gebietskörperschaften. Dies ist das Fundament der bisher bestehenden Finanzbeziehungen, eine eingreifende Reform ist dringend notwendig, um die Zukunftsfähigkeit des Föderalismus zu erhöhen. Wir warten auf die Föderalismusreform III. Die FDP-Fraktion wird den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Jawohl! – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, da warten wir noch ein Weilchen.)
und wir haben den Antrag von den LINKEN heute noch mal auf dem Tisch. Und die Punkte 1 und 2 für sich alleine als Punkte haben natürlich ihre Berechtigung, weil wir sehen, dass das Landesparlament Etatrecht hat, und wir müssen auf jeden Fall auch darauf bestehen, dass das Etatrecht im Land bleibt.