Protokoll der Sitzung vom 16.07.2009

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Bollerwagen haben überhaupt keine Luft in den Reifen. Das müssten Sie wissen.)

Zentren stärken, Umland schwächen – diese Philosophie kommt nicht aus diesem Landtag und diese Politik taugt nicht für unser Flächenland.

Auch ansonsten sind die vorgelegten Gesetzentwürfe der Landesregierung eine Brüskierung der Enquetekommission und damit des Landtages.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und der kommunalen Spitzenverbände.)

Herr Innenminister, loben Sie deshalb nächstens vorsichtiger die Ergebnisse der Arbeit der Enquetekommission. Denn wollen wir es doch mal auf einen Punkt bringen: Wofür engagiert sich in dieser Kommission kommunalpolitischer Sachverstand? Wofür bezahlt der Landtag eine Kommission, die, und da zitiere ich wieder, „Handlungsperspektiven zur Ausgestaltung dauerhaft leistungsfähiger Gemeindestrukturen“, so steht es in unserem Beschluss,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das geht doch schon los. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da fangen wir doch schon an jetzt, seit drei Jahren.)

„analysieren“ und für die Gesetzgebung Empfehlungen erarbeiten soll? Wozu sollen wir das machen, wenn die Regierung gleichzeitig machen kann, was sie will?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Seit drei Jahren fangen wir doch schon an. – Zurufe von Toralf Schnur, FDP, und Raimund Frank Borrmann, NPD)

Meine Damen und Herren, Artikel 1 Paragraf 12 Absatz 7 des Finanzausgleichsgesetzentwurfs, also die flächendeckende finanzielle Austrocknung von Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

ist vom Landtag scharf zu kritisieren und auch praktisch zu korrigieren. Meinen Kollegen Müller und Ringguth empfehle ich einen Blick in den Enquetebericht 2002. Was dort im Zusammenhang mit der 500er-Empfehlung zur Region Vorpommern, den Landkreisen MecklenburgStrelitz und Müritz gefordert wurde, rückt die jetzt beabsichtigte Praxis in den Bereich der Kommunalfeindlichkeit.

Meine Damen und Herren, es ließe sich noch vieles sagen von vorgesehenen Verordnungsermächtigungen bis hin zu vielen Passagen, die offensichtlich mit sehr, sehr heißer Nadel gestrickt wurden, der dann unterwegs auch noch dreimal die Heizung ausgegangen war.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Aber wir sind heute in der Grundsatzdebatte und ich betone deutlich, Herr Sellering, Herr Glawe: Die Opposition ist nicht für Fachfehler der Landesregierung zuständig,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

und Sie können uns auch in dieser Weise hier im Landtag in der Ersten Lesung nicht in Haftung nehmen. Deshalb eine abschließende, allerdings skeptische Bemerkung:

Seit über zwei Jahren hören wir in diesem Haus – und hier kann mein Kollege Ringguth in der Tat das Copyright beantragen –

(Udo Pastörs, NPD: Was ist das denn?)

solche Aussagen wie: Kritik ja, ist angebracht, aber bitte nicht hier und nicht heute, so weit sind wir noch gar nicht. Oder ein anderes Beispiel: Kritik am Leitbild der Landesregierung?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Gabi, was ist denn los mit dir?!)

Nein, das wird doch vom Landtag noch maßgeblich geändert.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Es kommt nicht so raus, wie es reingekommen ist.)

Oder: Kritik am Lei tbild des Landtages? Nein, das ist doch unwichtig, entscheidend ist die Gesetzgebung. Oder: Kritik an den Gesetzentwürfen der Landesregierung?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ab heute geht’s los, Gabi, hast recht.)

Nein, die kommen doch jetzt erst in die Ausschussberatung. Kritik am FAG-Entwurf im Innenausschuss?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Sebastian Ratjen, FDP: Ja, die Gemeinden werden nackt gemacht.)

Meinetwegen, aber der Zeitplan lässt Änderungen doch nicht mehr zu, wir machen doch 2012 sowieso ein neues.

(Sebastian Ratjen, FDP: FAG für nackte Gemeinden.)

Es tut mir leid, meine Damen und Herren, das ist keine Begleitung eines so wichtigen Reformvorhabens, über das wir uns alle zu anderen Zeiten schon einmal einig waren.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich glaube, so oder ähnlich werden auch die nächsten Wochen und Monate verlaufen. Das habe ich aus den bisherigen Reden entnommen und da habe ich auch keine Illusionen mehr. Meine Fraktion DIE LINKE wird dieses Vorgehen jedenfalls nicht unterstützen!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr gut, Gabi!)

Danke, Frau Měšťan.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schnur von der Fraktion der FDP.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wir warten ab, bis du das fertig hast.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf und Ihre Annäherung auf ein 6-plus-2-Modell, das möchte ich vorwegnehmen, wird ähnlich wie bei der LINKEN von uns inhaltlich nicht mitgetragen. Ich kann jetzt aus Zeitgründen leider nicht auf Einzelheiten eingehen, denn wir sind ja noch ein bisschen kleiner, ich werde mich also grundsätzlich zu diesem Gesetzentwurf äußern.

Kreisgrenzen sind für uns Liberale keine Fronten,

(Udo Pastörs, NPD: Oh!)

an denen eine stille und bedrohliche Konfrontation stattfindet. Kreisgrenzen sind für uns keine Trennlinien zwischen unterschiedlichen Gesellschaftssystemen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ihr Gesetzentwurf und Ihre bisherigen Äußerungen zeigen ein falsches Bild von den Dingen im Lande.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch der Innenminister hat es heute wieder getan. Er spricht von Lokalfürsten und Kleinfürstentümern. Sie sprechen von Erfahrungsmentalität der kreisfreien Städte. Sie ignorieren, dass gerade die kreisfreien Städte am ehesten dem Grundsatz „Kommunale Dienstleistung aus einer Hand“ entsprechen. Gerade die kreisfreien Städte entsprechen damit idealerweise den Anforderungen, die in unserer Kommunalverfassung verankert sind.

Wir von der FDP lassen uns auch in der Funktion als Landespolitiker, und das ist ja gemeinhin hier immer

ein Vorwurf, nicht gedanklich von unseren Kommunen trennen. Unsere Kommunen sind das Fundament einer gelebten Demokratie.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das sind nicht eure Kommunen. – Sebastian Ratjen, FDP: Wieso? Wir wohnen da.)

Dies ist wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dass es Veränderungen geben muss, räumen ja mittlerweile selbst die Kreise und auch die kreisfreien Städte ein. Die Kreise und kreisfreien Städte haben im Gegensatz zu den Äußerungen des Ministerpräsidenten stets mit Sachargumenten gearbeitet. Sie haben auch Veränderungen vorgeschlagen. Die Behauptung, die hier an den Tag gelegt wird, dass das nicht so wäre, ist schlicht und einfach falsch. Ihre beharrlichen Falschaussagen, und das muss man dann auch sagen, ändern an dem Umstand, dass vonseiten der Opposition als auch vonseiten der Städte, Gemeinden und der Kreise hier Sachargumente vorgetragen worden sind, nichts. Die kommunale Familie kann Ihren Gesetzentwurf, und das muss man vielleicht auch mal sagen, nicht einmal mittragen, weil dieser Gesetzentwurf die Handlungsfähigkeit der Kommunen als solche infrage stellt. Man kann doch von den Kommunen an der Stelle nicht erwarten, dass sie dem zustimmen, was letzten Endes die Substanz der Kommunen trifft.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Vergegenständlichen wir uns einmal, was unsere Landkreise und kreisfreien Städte im System der Demokratie überhaupt leisten: In unseren zwölf Landkreisen und sechs kreisfreien Städten

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

ringen heute insgesamt 864 Mitglieder in Kreistagen, Bürgerschaften und Stadtvertretungen der kreisfreien Städte jeden Tag, so sie denn tagen, um beste Lösungen für ihren Kreis oder auch ihre Stadt. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist die Leistung, die wir bewerten müssen. Und wir reden eben nicht nur über Kreisgrößen. Wir reden darüber, dass Kreisgrößen auch für jeden Einzelnen so geschaffen sein müssen, dass sie Kommunalpolitik überhaupt noch betreiben können. Mit Ihrer Kreisstrukturreform wird es zukünftig allein in den Landkreisen und kreisfreien Städten mehr als 200 ehrenamtliche Mandate weniger geben.

(Heinz Müller, SPD: Die haben aber mehr zu sagen.)