Protokoll der Sitzung vom 23.09.2009

Dr. Dietmar Bartsch, so viel Zeit muss sein, Entschuldigung,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Richtig.)

dem überraschten Handwerker erklärt, was Mindestlohn bedeutet. Er ist von einem neutralen Diskussionsteilnehmer, dem Herrn Rehberg, gefragt worden:

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Neutraler Diskussionsteilnehmer?!)

Lieber Herr Bartsch, erzählen Sie uns doch mal, wenn Sie …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wo sind wir jetzt, beim Kabarett oder beim Ernst?)

Nein, hören Sie doch zu! Hören Sie zu, was Sie für einen Unsinn teilweise reden!

… wenn Sie von 8 Euro Mindestlohn sprechen, wovon sprechen Sie: von Arbeitnehmer- oder von Arbeitgeberbrutto? Und Ihr Bundesgeschäftsführer hat sich hingestellt und hat gesagt, wir reden von Arbeitgeberbrutto.

(Udo Pastörs, NPD: Oh! Wahnsinn!)

Darauf hat Herr Rehberg nachgefragt: Dann gehen davon 20 Prozent Lohnnebenkosten ab? Das heißt, im Ergebnis fordern Sie 6,40 Euro Arbeitnehmerbrutto. Herr Bartsch, stimmt das, Ja oder Nein? Und Ihr Bundesgeschäftsführer hat gesagt: Genau, das stimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Also schaffen Sie endlich mal Klarheit darüber, was ist für Sie Mindestlohn.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Reden wir über Arbeitgeber oder über Arbeitnehmer? Und hören Sie auf, die Menschen im Land zu betrügen!

(Regine Lück, DIE LINKE: Was ist für Sie: Arbeit muss sich lohnen können? – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Des Weiteren muss man sagen, wir haben generell ein Problem mit dem Verhältnis zu Geld, und das müssen wir an dieser Stelle vielleicht auch einmal sehr deutlich ansprechen. Wir haben ein Problem damit, dass wir innerhalb kürzester Zeit am Beginn einer Krise mit Milliarden Euro nur so um uns geschmissen haben,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Millionen!)

und die Bürgerinnen und Bürger im Land haben sich die Frage gestellt: Wo kommt denn dieses Geld auf einmal her, was wir für Streetworker nicht mehr gehabt haben, was wir für Haushaltspläne nicht mehr gehabt haben, was wir für all die Dinge nicht mehr gehabt haben? Das heißt, wir haben mit diesem Wahnsinn von Milliarden Euro – über den Unsinn der Abwrackprämie lassen Sie uns heute gar nicht diskutieren –

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ach so!)

das Gefühl gegeben, es ist eigentlich immer genügend Geld da, wir müssen es nur ausgeben.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Millionen.)

Das war ein Fehler, den Leuten dieses Gefühl zu geben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ach, da haben Sie die acht Jahre schlecht analysiert.)

Des Weiteren, wenn wir uns über eine solide Haushaltspolitik unterhalten, dann haben wir Liberalen uns klar hier hingestellt und gesagt: Wer sich heute allen Ernstes hier hinstellt und sagt, ich mache einen Doppelhaushalt und sage Neuverschuldung zu, mit einem Doppelhaushalt, ohne dass er die Steuerschätzung des Novembers hat, der vertut sich und der sagt hier nicht die Wahrheit. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir heute nicht in der Situation sind,

(Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

hier seriöse Zahlen für den Doppelhaushalt 2011 vorzulegen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So wird das nichts mit der Koalition mit der CDU, Herr Roolf. Da schämt sich die CDU für Sie.)

Und dann lassen Sie mich bitte auch auf das Thema Werften als Unternehmer selber einmal kurz kommen. Ich finde es sehr verwunderlich, und nur so viel möchte ich persönlich sagen, dass der neue Eigentümer Anwälte beauftragt, mit Gewerkschaften in Hamburg über das Schicksal der Mitarbeiter in Wismar zu reden. Ich meine, der Unternehmer gehört vor Ort.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Der Unternehmer gehört zu seinen Mitarbeitern, zu seinem Unternehmen, sich dort zu identifizieren, wo er gebraucht wird, und sich nicht in Hamburg mit Anwälten zu unterhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Udo Pastörs, NPD: Das ist die Globalisierung, die Sie wollen. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Und dann, wenn wir in die Perspektive reingehen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, hätte ich mir von Ihnen doch mehr Dynamik erwartet.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das, was Sie uns hier als Ihre Philosophie und Ihre Antwort auf die Herausforderungen gegeben haben, war eher das Fahren in einem Schlafwagen als das Reden über Inhalte.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Kabarett, Kabarett.)

Eines möchte ich dann aber auch noch für die Zukunftsperspektiven sagen: Wir haben zwei Instrumente, die wir für einen ganz anderen Bereich, den Herr Minister Seidel angesprochen hat, nämlich für die sogenannte Binnenkonjunktur einsetzen können. Erklären Sie den Bürgerinnen und Bürger, erklären Sie doch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gastronomie und in der Tourismusbranche mal den Tatbestand, wie ein SPD-Finanzminister nach Europa fährt, sich dort für den geminderten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie und in der Hotellerie für sieben Prozent einsetzt,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh!)

und anschließend nach Deutschland fährt und sagt: „Nein, in Deutschland gibt es das nicht“,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gino Leonhard, FDP: Ganz genau so ist das.)

also absichtlich hier einen Wettbewerbsnachteil erzeugt. Und für diesen geminderten Mehrwertsteuersatz, für das

Konzept „Pro 7“, sowohl für Tourismusleistung als auch für Dienstleistungen im Handwerk,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

können wir so viel Dynamik entwickeln,

(Rudolf Borchert, SPD: Das kostet 4 Milliarden, Herr Roolf. Wie finanzieren Sie die 4 Milliarden?)

wir können den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Unternehmen mehr Löhne zahlen,

(Rudolf Borchert, SPD: Keine Antwort. Null. Null!)

wir können mehr Investitionen tätigen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das holen Sie aus der gesetzlichen Krankenversicherung, das Geld, oder? – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

und wir können anschließend im Prinzip auch eine eigene Binnenkonjunktur schaffen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)