Was man aber sagen kann, und die Frage muss doch erlaubt sein, ist: Warum stellt die Europäische Union genau dieses Thema in den Mittelpunkt im nächsten Jahr? Weil sie natürlich erkannt haben, dass die Entwicklung in den einzelnen europäischen Ländern sehr differenziert war und dass wir gemeinsam etwas gegen Armut und Ausgrenzung machen müssen. Da müssen wir uns als Deutschland nicht hinstellen und sagen, uns betrifft das nicht, bei uns ist alles in Ordnung. Nein, der Armutskatalog sagt genau das Gegenteil: Im reichsten Land in Europa ist die Armut sehr stark verankert auf einem sehr hohen Niveau.
Ich hoffe, dass wir zum Beispiel das nächste Jahr, das Jahr der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, als ein gemeinsames Jahr machen, dass wir gemeinsam darüber reden, wie man Hilfe und Unterstützung anbieten kann, wie man vom Prinzip her auch Armut thematisieren kann und sollte, ganz bewusst.
Ich bin eine der Mitbegründer/-innen der Landesarmutskonferenz hier im Land Mecklenburg-Vorpommern. 1996 haben wir uns damals gefunden. Ich weiß noch, wie wir belächelt wurden. Armut – was ist denn das? Das haben wir doch gar nicht. Wir haben damals angefangen mit dem Thema Kinderarmut und wir mussten damals feststellen, dass wir aufgrund der Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern noch keine Zahlen zugrunde legen konnten. Wir konnten nur Thesen aufstellen. Aber eins können wir sagen: Das, was wir damals vorausgesetzt haben, ist leider, leider am Ende eingetreten.
Da frage ich, und zwar uns gemeinsam: Gibt es nicht doch mehr Möglichkeiten, um hier Hilfe und Unterstützung zu geben, und zwar kurzfristig im Interesse unserer Kinder? Wir brauchen nicht immer darüber zu reden, Kinder sind unsere Zukunft,
Zum Abschluss, das will ich Ihnen einfach nicht ersparen, möchte ich, Sie brauchen keine Angst zu haben, dass ich anfange zu singen, ein Zitat von Rolf Zuckowski, der oft mit Kindern singt, einfach vorlesen:
„Deutschland, deine Kinder stellen Fragen, ist morgen für dich mehr als nur ein Wort? Machst du ihnen Mut, den Blick nach vorn zu wagen, oder stiehlst du dich aus ihren Träumen fort? Wirst du ihre Freiheit nutzen, ihre Flügel nie mehr stutzen, und in ihren Köpfen nie mehr Mauern baun?“
Um das Wort hat jetzt noch einmal gebeten die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Schwesig. Frau Schwesig, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte nur noch einmal kurz ein paar Fakten klarstellen, weil die so falsch dargestellt worden sind.
Zum einen, was die Studie angeht: Der Preis, Herr Grabow, 140.000 Euro, war vorher bekannt. Hier im Landtag gab es schon einmal die Bitte, dass wir eine Sozialberichterstattung für ein anderes Gebiet machen. Die Bitte, der Antrag kam von der Linkspartei im Bereich Wohnungslosigkeit. Da habe ich klargestellt, dass wir für jedes Jahr 75.000 Euro haben für Sozialberichterstattung und dass wir beide Summen aus dem Doppelhaushalt brauchen, um diesen vom Landtag geforderten Armutsbericht zu machen. Da war klar, wir müssen 150.000 Euro ausgeben.
Da gab es Zustimmung und keinen Widerspruch. Ich habe Sie vorhin daran erinnert, dass Sie selbst diesen Bericht beantragt haben. Wir haben jetzt 140.000 Euro dafür bezahlt.
Was die Durchführung angeht: Natürlich hat Prognos, ein renommiertes Unternehmen, auf Daten zurückgegriffen. Was denn sonst? Natürlich sind davon auch einige Daten vorher bekannt gewesen.
Ich habe viel Respekt davor, dass Sie und offensichtlich auch Frau Borchardt in diesen kurzen Tagen die 151 Seiten wirklich studiert haben. Dass Sie daraus feststellen, dass da Daten sind, die bekannt sind, das überrascht mich, denn für uns sind viele Daten darin, die eigentlich nicht bekannt sind. Ich hatte gehofft, weil ich immer das Gefühl hatte, dass der Landtag wirklich diesen Bericht will, dass wir zum Beispiel im Sozialausschuss uns intensiver die Zahlen angucken und darüber auch noch einmal beraten. Da gibt es auch Ansätze, wie ich finde, die die Entwicklung und die Regierungspolitik von Rot-Rot und auch Rot-Schwarz unterstützen. Aber da gibt es auch neue Ansätze und über die lohnt es sich zu diskutieren.
Ich möchte noch einmal klarstellen, dass mehr als 200, ich habe es nicht mehr in Erinnerung, Herr Grabow, Sie hatten gesagt 237 Familien haben geantwortet, nur 1.600 wurden angeschrieben. Ich weiß nicht, woher Sie die Zahlen haben. Wie gesagt, 151 Seiten sind auch viel.
Genau, genau. Und diese 1.580 Familien, Herr Grabow, haben geantwortet. Das sind mehr als 237 Familien. Es ist eine …
1.580 Familien haben geantwortet. Das ist eine repräsentative Umfrage, die es im Land so noch nie gab.
Jetzt kann man unterschiedlicher Auffassung sein, ob man Funktionäre fragt, wie es Familien im Land geht,
oder ob man die Familien, die es selbst betrifft, fragt. 1.580 Familien haben geantwortet, Herr Grabow. Insofern möchte ich einfach hier die Zahl korrigieren. Uns war es wichtig zu hören, was Familien wirklich sagen über ihre Lebenslagen. Die Familienbefragungen sind regional ausgewogen. Insofern werden wir uns auch mit Kommunen zusammensetzen, denn da finden auch viele Projekte für Kinder und Familien statt. Und die Kommunen brauchen diese regionalbezogenen Daten.
Und was den Doppelhaushalt angeht, Frau Borchardt, wir haben hier zusätzliche Summen eingestellt, um gerade sozial benachteiligten Kindern zu helfen. Ich habe die 15 Millionen im Kita-Bereich angesprochen. Diese Gelder sollen gerade für Kinder aus sozial benachteiligten Familien eingesetzt werden, übrigens um eben mehr Personal einzustellen, Herr Grabow. Aber unser sozialpolitischer Ansatz ist eben nicht per Gießkanne, sondern da, wo es Kinder am nötigsten brauchen.
Herr Bluhm, Sie sind länger im Geschäft als ich und Sie wissen, erst wenn ein Gesetz auf den Weg gebracht worden ist, kann auch das Geld abfließen. Deswegen bemühen wir uns, das Gesetz schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.
Und, Frau Borchardt, nun noch eine Zahl: Diese 15 Millionen sind doppelt so viel, wie Sie damals für 2004 für die Erstellung des KiföG hatten. Insofern hat die Sozialministerin sich da materiell sehr gut durchgesetzt bei der Finanzministerin, die aber auch gerade für dieses Thema ein offenes Ohr hat.
Ich finde, die Herren hier von der FDP-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern sind völlig ohne Karten, aber völlig ohne Karten. Ich bewege mich hier durch die Straßen und lese an den Wahlplakaten der FDP, Steuern runter, Steuern runter. Und dann fährt Herr Grabow hier nach vorne und fordert mehr Staat und redet über Betreuungsschlüssel und dergleichen.
Na woher kommt denn das Geld, meine Herren? Wenn in Stuttgart die Steuern sinken, dann kommt weniger Geld nach Mecklenburg-Vorpommern.
(Irene Müller, DIE LINKE: Herr Heydorn, ich glaube, Sie sollten sich setzen. – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)
Legen Sie sich doch erst mal fest, in welche Richtung Sie wollen, und dann fangen wir an zu diskutieren.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig, Herr Heydorn.)
Aber bei den LINKEN läuft das ja auch nicht anders. Da sehe ich Plakate, darauf steht, wir müssen den Reichtum abschaffen,
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Vermögenssteuer und so weiter und so fort. Dann fahre ich drei Meter weiter, da steht auf dem nächsten Plakat: „Reichtum für alle“. Also auch da werden alle rasiert. Erst wird das Ganze gleichmäßig verteilt