Protokoll der Sitzung vom 21.10.2009

Sie, Frau Schildt, haben auf die Gefahren hingewiesen, welche mit einer Privatisierung der Gewässer verbunden sind. Das betrifft die Badestellen, das betrifft die Stege, die Uferwege. Auch andere Freizeitbetätigungen auf den Seen werden dann möglicherweise eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sein und es steht immer die Frage, zu welchen Kosten und zu welchem Preis dann die Nutzer hier herangezogen werden. Wir unterstützen ihre Proteste und auch die Proteste der Gemeinden und der Fischer um den Malchiner See und sprechen uns nachdrücklich für eine kostenlose Übergabe der Seengewässer als Allgemeingut in die Hand der Kommunen beziehungsweise unseres Landes aus.

Und ich frage Sie abschließend: Warum soll Eigentum, welches den Menschen gehört und ihrem Gemeinwohl dient, demnächst nur noch wenigen gehören? Wenn die Aktuelle Stunde eins erreichen kann, dann kann sie tatsächlich einen Appell an die Öffentlichkeit, an die Bundesregierung richten: Stoppen wir gemeinsam diesen Privatisierungswahn! – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Holter.

Ums Wort hat jetzt der Landwirtschaftsminister Herr Dr. Backhaus gebeten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal glaube ich, dass dieser aktuelle Anlass sehr wohl in die heutige Zeit passt, denn an der Gestik und Mimik der FDP habe ich das sehr deutlich gesehen. An den Privatisierungsgrundsätzen, die seinerzeit 1990 verfasst worden sind,

(Gino Leonhard, FDP: Jetzt sind wir bei 1990?)

waren Sie maßgeblich beteiligt. Einer der Kardinalfehler ist, das habe ich immer wieder gesagt, die Privatisierung um jeden Preis in Deutschland,

(Michael Roolf, FDP: Das will kein Mensch. Das will kein Mensch.)

in den neuen Ländern durchzuführen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und diese Verantwortung, Herr Roolf, tragen Sie auch in dieser Phase. Deswegen bin ich meiner Fraktion …

(Michael Roolf, FDP: Eine niveaulose Unterstellung! Eine niveauvolle Unterstellung! – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Frank Borrmann, NPD)

Ah, jetzt geht’s ja schon los. Damit wird doch klar, Sie wollen einen zusätzlichen Schattenhaushalt aus dem Vermögen der neuen Länder bilden,

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

damit Sie Ihrer Klientel irgendwelche Steuergeschenke zubilligen können.

(Michael Roolf, FDP: Sprechen Sie doch mal zum Thema! – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Warum reagieren Sie denn so nervös?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Ich verstehe das gar nicht. Ich verstehe es gar nicht.

(Michael Roolf, FDP: Nee, das ist klar. Wir haben verschiedene Ansprüche.)

Aber eines wollen wir festhalten, Herr Roolf: Sobald ich irgendwie Zugang zu dieser Koalitionsvereinbarung haben werde, werde ich sehr schnell überprüfen,

(Michael Roolf, FDP: Kriegen Sie. Die müssen wir aber gemeinsam durchlesen, damit Sie das verstehen. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir brauchen keine Hilfe. Von Ihnen schon gar nicht.)

wie Sie, Herr Roolf, die Interessen von MecklenburgVorpommern und der neuen Bundesländer wirklich vertreten haben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gar nicht, gar nicht. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Denn eines sage ich in dieser Öffentlichkeit: Die BVVG – und damit der Bund – verfügt in Mecklenburg-Vorpommern zurzeit immerhin noch über 157.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Der Bund verfügt außerdem, auch Ihre besondere Klientel, über 18.000 Hektar Wald. Da hat man Sie auch gut bedient. Und es geht um diese genannten 4.200 Hektar Seefläche.

(Gino Leonhard, FDP: Seid ihr jetzt in dieser Landesregierung oder reden wir nur vom Bund?)

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich betonen, wir haben über die letzten Jahre hinweg immer wieder Möglichkeiten geschaffen, damit die hier wirtschaftenden Unternehmen, ob das forstwirtschaftliche Unternehmen sind, insbesondere die landwirtschaftlichen Unternehmen, aber auch gerade die fischereilichen Unternehmen,

(Udo Pastörs, NPD: Gerade die Fischerei.)

in ihrer Existenz erhalten werden, damit Pachtverträge überhaupt ausgereicht wurden. Wenn es Anfang der 90er-Jahre nach Ihnen gegangen wäre, hätte es gar keine Pachtverträge gegeben, sondern es wäre auf Teufel komm raus alles privatisiert worden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Gino Leonhard, FDP: Es gibt bald keine Fischer mehr. Ganz genau, wegen der FDP gibt es bald keine Fischer mehr. Ganz genau.)

Wir wollen nur mal eines festhalten: Wenn wir das mal hochrechnen …

Ich weiß gar nicht, warum Sie jetzt so nervös reagieren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Getroffene Hunde bellen.)

Wahrscheinlich ist doch was dran.

Dann eröffnen Sie den Menschen im Lande …

(Michael Roolf, FDP: Ich habe noch nie so einen Unfug gehört. – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Sie haben doch nachher gleich die Möglichkeit zu reden.

Dann öffnen Sie den Menschen im Lande wirklich die Augen und sagen Sie Ihnen doch einfach, denn Sie können das ja schnell hochrechnen, hier steht mit den Seen, den Waldflächen und den landwirtschaftlichen Nutzflächen insgesamt ein Wertzustand von circa 1,5 Milliarden Euro zur Debatte.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Von irgendwas müssen die Steuersenkungen doch bezahlt werden.)

Und da sagen wir als Sozialdemokraten nach wie vor sehr klar und eindeutig: Wir wollen keine Privatisierung um jeden Preis, wir wollen den Erhalt unserer Unternehmen!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und jetzt komme ich auf das, worauf Frau Schildt schon hingewiesen hat.

(Gino Leonhard, FDP: Gucken Sie mal auf das Thema der Aktuellen Stunde, „Keine Privatisierung“!)

Wenn Sie sich anschauen, was in Brandenburg gemacht wurde – das war auch Anlass der Sorgen der Menschen in diesem Lande –, wenn Sie sich den Wannsee anschauen oder auch andere Privatisierungen, die dort stattgefunden haben, wahrscheinlich unter Ihrer Beteiligung, dann ist festzustellen, dass man hier den Heuschrecken

(Gino Leonhard, FDP: Ja, genau, jetzt sind wir bei denen wieder.)

oder irgendwelchen Leuten, was weiß ich aus welchen Regionen in Deutschland, die Möglichkeit eröffnet hat, zu sehr günstigen Konditionen Seen zu kaufen.

(Udo Pastörs, NPD: So, wie Sie das bei den Werften machen. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und was passiert jetzt? Unter dem Strich passiert jetzt nämlich genau das, was Sie schon gesagt haben, Herr Holter, dass die Kommunen gezwungen werden, Badestellen oder Steganlagen von Privatpersonen zurückzukaufen. Das heißt, für die Heuschrecken,

(Michael Andrejewski, NPD: Dann denken Sie mal an Heiligendamm, Herr Minister! Was machen Sie denn dort?)

die vom Staat diese Flächen zu günstigen Konditionen erworben haben, zahlen jetzt die Bürgerinnen und Bürger die gesamte Zeche. Das wollen und dürfen wir in diesem Lande nicht zulassen.