Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

Es dauert natürlich alles, bis die Schlichtungsstelle endlich mal Zeit findet für die Leute, die sie gar nicht wollen und gar nicht brauchen. Und das wurde ja gerade gesagt, dass, solange die Schlichtungsstellen freiwillig waren, sie kaum frequentiert wurden. Die Leute wollen sie nicht. Vielleicht sollte man das auch mal zur Kenntnis nehmen. Dann erfolgt irgendwann der Schlichtungsversuch und selbst wenn der noch so schiefgeht, wie etwas nur schiefgehen kann, ist die Schiedsstelle noch lange nicht verpflichtet, eine Erfolglosigkeit zu bescheinigen, selbst wenn beide Parteien das beantragen.

Drei Monate darf die Schiedsstelle herumbummeln und kommt dann immer noch keine Antwort, wandert der Schwarze Peter zu den Beteiligten. Die müssen jetzt gegenüber dem Gericht glaubhaft machen, dass der Schlichtungsversuch erfolglos war. Das bedeutet für sie mehr Arbeit, mehr Papierkrieg und am Ende die Gefahr, dass das Gericht trotzdem die Klage für unzulässig erklärt, weil die Erfolglosigkeit der Schlichtung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. Offensichtlich dient dieses Verfahren allein dem Zweck, potenzielle Kläger abzuschrecken, um Geld zu sparen, die Justiz zu entlasten und vielleicht Leute zu entlassen oder keine neuen mehr einstellen zu müssen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Rechtsstaat à la BRD.)

Alles wird komplizierter, aufwendiger und langwieriger, wohlgemerkt für die Bürger, nicht für den Staat. Die Freiwilligkeit hat als Prinzip ausgedient. Man setzt nur noch auf Druck, auf Zwang. Wenn so eine Schiedsstelle Erfolg haben soll, dann müssen die Bürger von selbst bereit sein, sich auf so etwas einzulassen. Eine Verpflichtung ist genauso kontraproduktiv wie die Wahlpflicht, über deren Einführung angesichts niedriger Wahlbeteiligung immer wieder mal diskutiert wird. Man soll Schiedsstellen denen zur Verfügung stellen, die sich einigen wollen, und Gerichte denen, die sich streiten wollen, und man soll mündige Bürger das alleine entscheiden lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Steuern zahlen sie ja genug. Wie wäre es denn dann mit einem Quäntchen staatlicher Gegenleistung? Zwangsbeglückung hat noch nie zum Erfolg geführt. Wenn hier einer eine Erfolglosigkeitsbescheinigung verdient hätte, dann ist das die Landesregierung allein für diesen Gesetzentwurf. Sie sollte schnell und unbürokratisch erfolgen. Glaubhaft machen müssen Sie auch nichts, das glauben wir Ihnen sofort aufs Wort. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja jetzt auch mehrfach zur Sprache gebracht worden, dieses Thema der außergerichtlichen Streitbeilegung war erst vor Kurzem auf der Tagesordnung. Dazu hatten wir die Beratungsgrundlage eines Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE und die grundsätzlichen Erwägungen, die hatte ich hier auch für die FDP die Ehre, in meinen Redebeiträgen vorzutragen, und darauf möchte ich auch verweisen.

Aber im Rahmen dieser Beratungen hatten wir auch bereits gehört, worauf es der Landesregierung insbesondere bei diesem Thema ankommt, nämlich die obligatorische Streitschlichtungsversuche, ja, aber nur bei den Streitigkeiten, bei denen es um eine persönliche und räumliche Nähe der Streitparteien geht. Das sind dann eben typischerweise Nachbarstreitigkeiten und sogenannte Ehrverletzungen. Diesen Ansatz unterstützen wir auch als FDP-Fraktion ausdrücklich, denn ausgehend von der Überlegung, dass es bei einem etwaigen Gerichtsurteil typischerweise Gewinner und Verlierer gibt, bietet das Schiedsverfahren die Chance, eine Streitigkeit gütlich beizulegen.

Und im Hinblick darauf, meine Damen und Herren, auf das weitere Zusammenleben, ist das sicher ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Der Ansatz, auf die obligatorische Streitschlichtung bei den vermögensrechtlichen Streitigkeiten zu verzichten, ist durchaus nachvollziehbar. Und Ansprüche, die auf die Zahlung von Geld gerichtet sind, eignen sich eben auch aus unserer Sicht wenig oder gar nicht für die außergerichtliche Streitbeilegung.

Über die genaue Ausgestaltung des Verfahrens beziehungsweise die Aufgabenzuweisung an die Schiedsstellen sollten wir dann in den Beratungen, die noch anstehen, genauer sprechen. Im Gesetzentwurf heißt es dazu unter anderem: „Durch die Aufgabenzuweisung an die Schiedsstellen können sich zwar die Kosten der Gemeinden für die Sachaufwendungen der Schiedspersonen erhöhen. Diese Mehrausgaben werden aber durch entsprechend höhere Gebühreneinnahmen ausgeglichen.“

Hierzu, das stellen wir durchaus infrage, wird es sicherlich aus den anderen Ländern mittlerweile Erfahrungswerte geben und die Frage, die sich uns stellt, lautet: Gibt es nennenswerte Zusatzkosten für die Gemeinden? Wenn das so ist und tatsächlich auch in finanzieller Hinsicht, dann ist das für die Gemeinden ein Nullsummenspiel.

Diese Fragen, weil sie eben noch offen sind, wollen wir gerne durchaus im Ausschuss besprechen. Hier ist der Antrag vom Kollegen Dr. Jäger gestellt worden, diesen Gesetzentwurf zur Ausschussüberweisung in den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Und ich nehme zur Kenntnis, dass durchaus der Wunsch besteht, sowohl vonseiten der Kollegin Borchardt und vonseiten des Kollegen Jäger, den Gesetzentwurf in den Innenausschuss zu überweisen. Dem stimmen wir auch zu und ich darf damit den Antrag auf die Überweisung in den Europa- und Rechtsausschuss sowie in den Innenausschuss erweitern. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Danke schön, Herr Leonhard.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/2909 zur federführenden Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, diesen Gesetzentwurf zur Mitberatung auch an den Innenausschuss zu überweisen. Findet es Ihre Zustimmung, dass wir über beide Überweisungsvorschläge komplett abstimmen? – Dann verfahren wir so.

Wer für die federführende Überweisung an den Europa- und Rechtsausschuss ist und zur Mitberatung an den Innenausschuss des Gesetzentwurfes der Landesregierung auf Drucksache 5/2909 stimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der FDP, bei Ablehnung durch die Fraktion der NPD angenommen.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir an dieser Stelle folgenden Hinweis:

Die Beschlussfassung über die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses gemäß Paragraf 70 der Geschäftsordnung des Landtages zu einer Immunitätsangelegenheit auf der Drucksache 5/2940, um die die Präsidentin die vorläufige Tagesordnung gemäß Paragraf 73 Absatz 1 Geschäftsordnung des Landtages im Benehmen mit den Fraktionen ergänzt hat, wird heute noch nach Tagesordnungspunkt 21 erfolgen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 4: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Bericht über Europapolitische Schwerpunkte für die Ressorts und das Informationsbüro des Landes bei der Europäischen Union im Jahr 2009 – Auswertung des Legislativ- und Arbeitsprogramms 2009 der Europäischen Kommission und wichtige laufende Vorhaben –, auf der Drucksache 5/2239, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Europa- und Rechtsausschusses auf der Drucksache 5/2937.

Unterrichtung durch die Landesregierung: Bericht über Europapolitische Schwerpunkte für die Ressorts und das Informationsbüro des Landes bei der Europäischen Union im Jahr 2009 – Auswertung des Legislativ- und Arbeitsprogramms 2009 der Europäischen Kommission und wichtige laufende Vorhaben – – Drucksache 5/2239 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsauschusses – Drucksache 5/2937 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Europa- und Rechtsausschusses, der Abgeordnete Detlef Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf der Drucksache 5/2937, eine Beschlussempfehlung zu einer Unterrichtung durch die Landesregierung. An sich nichts Besonderes, könnte man meinen. Dass ich mich dann doch entschlossen habe, hier einen kurzen Bericht zu erstatten, hängt damit zusammen, dass wir mit der Beschlussempfehlung sozusagen Neuland betreten. Neuland aus drei Gründen:

Erstmalig hat uns die Landesregierung in dieser Form darüber unterrichtet, welche Schwerpunkte sie im Arbeitsprogramm der EU-Kommission für unser Land für wichtig erachtet.

Erstmalig zum Zweiten, weil wir diese Einschätzung der Landesregierung erstmalig in allen Fachausschüssen beraten haben.

Und erstmalig zum Dritten, weil wir uns zu einer Beschlussempfehlung verständigt haben.

Soweit die Ausschüsse konkrete mitberatende Stellungnahmen erarbeitet haben, haben wir sie in die Beschlussempfehlung aufgenommen. Und so konnten wir in den Bereichen Finanzen, Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Landwirtschaft, Umwelt, Verbraucherschutz, Verkehr, Bau, Landesentwicklung, Europa und Recht konkrete Themen aus dem Arbeitsprogramm der EU-Kommission identifizieren, die von besonderem Interesse für unser Land sind: von der Überprüfung des EU-Haushaltes – hier stehen wichtige Weichenstellungen für die kommende Förderperiode bevor – über die Aufsicht über die Finanzmärkte, die gezielte Förderung des Ausbaus regenerativer Energien bis zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen, von der Unterstützung nachhaltiger Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei über die Verbesserung der Verkehrsverbindungen bis hin zur EU-Strategie für die Ostsee.

Die Stellungnahmen eines Teils der Mitberater, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, lesen sich wie eine Momentaufnahme aus Politikfeldern, die für unser Land von Bedeutung sind.

Gleichzeitig macht meine Aufzählung aber auch deutlich, dass wir hier noch Reserven haben. Das wird aus meiner Sicht gerade in den Bereichen deutlich, in denen die Fachausschüsse nicht so detailliert Beschlüsse gefasst haben, aber auch in den Bereichen, in denen die Befassung mit europäischen Vorlagen schon eher zur alltäglichen Arbeit gehört. Auch dort gibt es aus meiner Sicht noch Reserven. Denn eines müssen wir uns immer vor Augen halten: Die Themen, die heute auf der Tagesordnung der EU stehen, werden morgen oder übermorgen auch auf unserer Tagesordnung stehen, und deshalb macht es Sinn und ist es erforderlich, dass wir uns so früh wie möglich und so intensiv wie nötig mit diesen Themen befassen. Ob Fischereipolitik, Klimaschutz, Tourismus, in diesen Bereichen dürfen wir nicht nachlassen. Wir müssen sehr aufmerksam die Entwicklung weiter beobachten und, wo es möglich ist, versuchen, über unsere Netzwerke europäische Politik mit zu beeinflussen.

Um das tun zu können, müssen wir informiert sein. Deshalb schlagen wir vor, die Landesregierung aufzufordern, durch die jeweiligen Ministerien in den Fachausschüssen über bedeutsame Fortentwicklungen und Ergebnisse zu informieren. Ich denke, das ist eine Grundbedingung dafür, um hier auf dem Laufenden zu bleiben.

Und hier möchte ich auch noch einen Punkt erwähnen, auf den die Opposition im Ausschuss besonderen Wert gelegt hat, das ist die Parlamentsinformation durch die Regierung über europäische Angelegenheiten. Die Opposition, insbesondere DIE LINKE, legt besonderen Wert auf die Feststellung, dass aus ihrer Sicht eine gesetzliche Ausgestaltung der Informationspflicht der Landesregierung gegenüber dem Landtag erforderlich bleibt. Ich denke, wir sollten diesen Themenkomplex weiter im Ausschuss beraten.

Doch zurück zur Beschlussempfehlung: Konsequent sollten wir die Landesregierung auffordern, auch das kommende Arbeitsprogramm der EU-Kommission auszuwerten und den Landtag entsprechend zu unterrichten. Ich würde es begrüßen, wenn diese Unterrichtung zu einer regelmäßigen Einrichtung werden könnte.

(Angelika Peters, SPD: Sehr richtig.)

Und zur Begründung meiner Ausführung möchte ich auf mein Bild vom Beginn meiner Ausführungen zurückkommen. Neuland, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir betreten mit der Beschlussempfehlung Neuland, hatte ich gesagt. Neuland, das ist für den Ackerbau nutzbar gemachtes Land in den ersten Jahren seiner landwirtschaftlichen Nutzung. Damit das Neuland, das wir mit dieser Beschlussempfehlung gewonnen haben, nicht wieder zur Wildnis wird, ist es erforderlich, dass wir auch über das kommende Arbeitsprogramm der EU-Kommission entsprechend unterrichtet werden,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

denn wer wüsste das besser als wir hier in Mecklenburg-Vorpommern, dass nur durch die ständige Bearbeitung des Neulandes auch ein entsprechendes Kulturland entsteht.

(Udo Pastörs, NPD: Glauben Sie eigentlich, was Sie da vorlesen?)

Insgesamt ist die Beschlussempfehlung einstimmig mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP bei Abwesenheit der NPD verabschiedet worden.

(Marc Reinhardt, CDU: Aha! Hört, hört! Arbeitsverweigerung. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Ich bitte Sie im Namen des Ausschusses um Zustimmung zu der entsprechenden Beschlussempfehlung. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Müller.

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 5/2937 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP sowie Gegenstimmen durch die Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsausschusses zu aktuellen Fragestellungen der Europapolitik gemäß Ziffer 6 Satz 1 des Beschlusses des Landtages zur Drucksache 5/1608 – Stellungnahme des Landtages zum Weißbuch des Ausschusses der Regionen zur Multi-Level-Governance – Amtsblatt der Europäischen Union Nr. C 211/01 vom 4. September 2009, Drucksache 5/2935.

Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsausschusses zu aktuellen Fragestellungen der Europapolitik gemäß Ziffer 6 Satz 1 des Beschlusses des Landtages zu Drucksache 5/1608: Stellungnahme des Landtages zum Weißbuch des Ausschusses der Regionen zur Multi-Level-Governance Amtsblatt der Europäischen Union Nr. C 211/01 vom 4. September 2009 – Drucksache 5/2935 –

Das Wort hat auch hier wieder der Vorsitzende des Europa- und Rechtsausschusses Herr Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

(Marc Reinhardt, CDU: Einsatz heute!)