Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Wiederbeginn: 11.33 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich gebe das Ergebnis der geheimen Abstimmung zur Nachwahl eines stellvertretenden Schriftführers des Landtages Mecklenburg-Vorpommern bekannt. Es wurden insgesamt 60 Stimmen abgegeben, davon waren 59 Stimmen gültig. Es stimmten für den Abgeordneten André Specht 43 Abgeordnete mit Ja, 9 Abgeordnete mit Nein, 7 Abgeordnete enthielten sich.

Ich stelle fest, dass das Mitglied des Landtages André Specht, Fraktion der CDU, die nach Artikel 32 Absatz 1 der Verfassung erforderliche Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen konnte und somit zum stellvertretenden Schriftführer des Landtages MecklenburgVorpommern gewählt wurde.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Beamtenrechts für das Land MecklenburgVorpommern, Drucksache 5/2143, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses auf

Drucksache 5/3055. Hierzu liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3064 sowie ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3069 vor.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Beamtenrechts für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Beamten- rechtsneuordnungsgesetz – BRNG M-V) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/2143 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 5/3055 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/3064 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/3069 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Innenausschusses Dr. Gottfried Timm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In seiner 60. Sitzung am 28. Januar 2009 hat der Landtag den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des Beamtenrechts für das Land Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 5/2143 in Erster Lesung beraten und zur weiteren Beratung federführend an den Innenausschuss sowie zur Mitberatung an den Finanzausschuss überwiesen. Der Innenausschuss hat Ihnen dazu auf Drucksache 5/3055 seine Beschlussempfehlung und seinen Bericht vorgelegt.

Der Innenausschuss hat zu dem Gesetzentwurf in seiner 62. Sitzung am 26. März 2009 eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Die eingeladenen kommunalen Verbände, die Interessenvertreter der Beamten und insbesondere der Polizei, die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR sowie Professoren haben die Gelegenheit wahrgenommen, ihre Stellungnahmen zu diesem Gesetzentwurf vorzutragen.

Ziel des Gesetzentwurfes der Landesregierung ist es, das Beamtenrecht in Mecklenburg-Vorpommern neu zu ordnen. Der wichtigste Bestandteil ist das neue Landesbeamtengesetz. Dieses enthält zum einen Regelungen, die das Beamtenstatusgesetz des Bundes ergänzen, und die zum anderen eigenständige Regelungen dort, wo der Bund auf eigene verzichtet – zum Beispiel bei der Arbeitszeit und beim Urlaubsrecht –, beziehungsweise dort, wo er keine Kompetenz hat, wie zum Beispiel beim Laufbahnrecht, erhebt. Die weiteren Artikel des Gesetzentwurfes enthalten notwendige Folgeänderungen.

Kurz gesagt, meine Damen und Herren: Nach der Neuordnung der Föderalismusreform hat der Bund einheitliche Regelungen dazu geschaffen, wie man in Deutschland Beamter wird. Die Länder regeln solche Fragen, die danach, wenn man Beamter geworden ist, von Bedeutung sind, wie zum Beispiel das Laufbahnrecht, Beförderungsfragen, Besoldungsrecht, Versorgungsfragen und Weiteres.

Vonseiten der Interessenvertreter wurde ausführlich auf die spezifischen Belange und Bedarfe der Beamten hingewiesen und herausgestellt, dass Vollzugsbeamte, aber auch Feuerwehrbeamte durch den Wechselschichtdienst besonderen Belastungen ausgesetzt

sind. Weiterhin wurden insbesondere die Reduzierung der Laufbahngruppen, aber auch die Regelungen zu den Altersgrenzen kontrovers diskutiert.

Auf die verfassungsrechtlichen Bedenken der Professoren in der Anhörung haben die Koalitionsfraktionen mit Änderungsanträgen zum Laufbahnrecht und zum Beförderungsrecht reagiert. Nunmehr ist durch den Gesetzgeber selber und nicht mehr durch den Verordnungsgeber geregelt, nach welchen Kriterien Beamte befördert werden. Klargestellt wurde, dass die Ämter einer Laufbahngruppe regelmäßig zu durchlaufen sind. Ebenso wurde gesetzlich geregelt, dass eine solide Qualifizierung des Beamten die Voraussetzung für die Aufgabenwahrnehmung in einem jeweils höheren Amt ist.

Weiterhin, meine Damen und Herren, hat der Innenausschuss beschlossen, die maximal zulässige wöchentliche Arbeitszeit an die Regelungen der anderen norddeutschen Bundesländer, und zwar auf 41 Stunden anzupassen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Schön.)

also abzusenken, hiermit anzupassen nach unten. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE, mit der Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden die Angleichung vorzunehmen, hat keine Mehrheit im Ausschuss gefunden. Allerdings ist der Innenausschuss dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen gefolgt, das Polizeivollzugsbeamte für jeweils zwei vollständig erbrachte Jahre im Wechselschichtdienst einen Monat früher in den Ruhestand gehen können.

Eine weitere Änderung trägt der besonderen Dienstgestaltung bei den Beamten der Berufsfeuerwehren Rechnung. Der Innenausschuss hat festgestellt, dass der Schichtdienst mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden ist, und deshalb die Regelungen des Schichtdienstes bei den Berufsfeuerwehren mit den Regelungen zum Wechselschichtdienst bei den Polizeivollzugsbeamten gleichgestellt.

Die Fraktion DIE LINKE hat eine Heraufsetzung der Regelaltersgrenze grundsätzlich abgelehnt

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Zu Recht.)

und für eine Regelung plädiert, die weitgehend dem bisherigen Paragrafen 44 des Landesbeamtengesetzes entspricht. Die Mehrheit der Mitglieder des Innenausschusses hat sich aber gegen diesen Vorschlag der Fraktion DIE LINKE ausgesprochen, da wie auch beim Rentenrecht auf die demografische Entwicklung mit einer Altersgrenzenanpassung reagiert werden muss.

Ferner befürwortet der Innenausschuss die Anhebung der Altersgrenze für hauptamtliche Bürgermeister und Landräte, und zwar für die Erstwahl von 58 auf 60 und bei der Wiederwahl von 62 auf 64 Jahre.

Der Innenausschuss hat darüber hinaus auch die bisher im Landesbeamtengesetz Paragraf 8 Absatz 4 geregelte Überprüfung auf eine mögliche Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR erörtert. Bei dieser Erörterung ist deutlich geworden, dass diese Angelegenheit eine solche ist, für die der Bund zuständig ist und nicht die Länder. Im Beamtenstatusgesetz hat der Deutsche Bundestag bundeseinheitlich, also auch für die Länder und Kommunen in Deutschland, die Voraussetzungen für die Berufung in ein Beamtenverhältnis geschaffen. Eine wesentliche Eignungsvoraussetzung ist hier das Eintreten für die freiheitlich-demokratische

Grundordnung. Dabei kann eine frühere Tätigkeit für das MfS durchaus von Bedeutung für die Überprüfung der Eignungsvoraussetzungen sein.

Nach dem im Jahre 2007 geänderten Stasi-UnterlagenGesetz sind für einen besonderen Personenkreis Überprüfungen weiterhin möglich. Eine Regelüberprüfung allerdings, wie sie das bisherige Landesbeamtengesetz vorgesehen hat, findet nicht mehr statt. Es wurde unter anderem auch vom Innenminister unseres Bundeslandes darauf hingewiesen, dass 20 Jahre nach dem Mauerfall und 19 Jahre nach der Wiedervereinigung diese Regelüberprüfung auch nicht mehr erforderlich ist. Zu dem besonderen Personenkreis, der weiterhin überprüft werden kann, gehören allerdings kommunale Wahlbeamte wie Bürgermeister und Landräte. Die Regelungen hierzu finden sich jedoch nicht im Beamtenrecht. Diese Regelungen finden sich im Kommunalwahlgesetz und in der Kommunalwahlordnung und sollten daher an anderer Stelle, nämlich dort, wo es hingehört, erörtert werden.

Vor dem Hintergrund dieser sachlich geführten Debatte im Innenausschuss zur Stasiüberprüfung wurde dort von keiner Fraktion ein Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung eingebracht.

Meine Damen und Herren, der mitberatende Finanzausschuss hat dem Innenausschuss empfohlen, den Gesetzentwurf mit den Änderungen der Koalitionsfraktionen und dann im Übrigen unverändert anzunehmen.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 82. Sitzung am 8. Dezember 2009 abschließend beraten und diesem mit den vom Ausschuss vorgesehenen Änderungen zugestimmt. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen heute mehrheitlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, seiner Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuordnung des Beamtenrechts für das Land Mecklenburg-Vorpommern auf der Drucksache 5/3055 zuzustimmen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Timm.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Ritter für die Fraktion DIE LINKE.

(Torsten Renz, CDU: Das schärfste Schwert gleich zu Beginn.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Innenminister legte dem Landtag vor fast einem Jahr den Gesetzentwurf zum Beamtenrechtsneuordnungsgesetz vor. Erklärtes Ziel war, das Beamtenrecht in Mecklenburg-Vorpommern modern und zukunftsfähig zu gestalten. Ob das Gesetz tatsächlich modern ist, will ich an dieser Stelle nicht beurteilen. Zukunftsfähig jedenfalls wird das Beamtenrecht mit Sicherheit in diesem Lande nicht gemacht. Vielmehr zeigen SPD und vor allen Dingen CDU in dem gesamten Gesetzgebungsprozess beispielhaft, dass die Koalitionäre sowohl den Bezug zur Realität als auch das notwendige Vertrauen zueinander verloren haben, wenn sie es denn je besessen hatten.

Heute legen SPD und CDU dem Landtag ein Gesetz zur Verabschiedung vor, welches Beamtinnen und Beamte des Landes überwiegend schlechterstellt. Diese Schlechterstellungen sind derart tief greifend, dass die im Gesetzentwurf enthaltenen positiven Neuerungen keine Zustimmung meiner Fraktion rechtfertigen.

(Torsten Renz, CDU: Das überrascht jetzt aber.)

Positiv sind etwa die Veränderungen im Laufbahnrecht durch die Neuordnung der bisherigen vier in künftig nur noch zwei Laufbahngruppen. Damit werden Entwicklungsmöglichkeiten der Beamten gestärkt. Ich halte das insbesondere für die unteren Laufbahngruppen für sehr sinnvoll. Auch begrüße ich nachdrücklich die neuen Regelungen zur Qualifizierung und Fortbildung. Der gerade von meiner Fraktion getragene Grundsatz des lebenslangen Lernens wird damit in Gesetzestext gegossen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Dass wir alle von einer qualifizierten Arbeit im öffentlichen Dienst profitieren wollen, brauche ich nicht näher zu begründen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese positiven Neuerungen können aber nicht über die herben Einschnitte für die Beamtinnen und Beamten hinwegtäuschen. Allen voran ist hier die Anhebung der Regelaltersgrenzen um zwei Jahre zu nennen, auch für Beamtinnen und Beamte mit besonders hohen psychischen und physischen Belastungen wie bei der Polizei, der Feuerwehr oder im Strafvollzug. An dieser Stelle zeigte sich erneut, dass vor allem die CDU den Bezug zum wirklichen Leben verloren hat.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Doch, Herr Glawe.

So heißt es tatsächlich in einer Pressemitteilung Ihres innenpolitischen Sprechers vom 30. November dieses Jahres, ich zitiere: „,Zentrales Anliegen der CDU-Fraktion war es, ein Gesetz zu beschließen, das auch den besonderen Bedürfnissen der Vollzugsbeamten bei der Polizei und im Justizdienst und den Feuerwehrbeamten gerecht wird.‘“ Zitatende.

(Torsten Renz, CDU: Und genau das werden wir nicht beschließen.)

Aha, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Ansicht des Kollegen Renz ist es also Feuerwehrleuten, Polizisten und Strafvollzugsbeamten ein besonderes Bedürfnis, zukünftig bei stetig steigenden Anforderungen noch zwei Jahre länger arbeiten zu dürfen.

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)