Protokoll der Sitzung vom 18.12.2009

1. die postalische Befragung der Gebäude- und Wohnungseigentümer zur Gewinnung der Wohnungs- und Gebäudedaten,

2. die Haushaltsstichproben zur Sicherung der Datenqualität und zur weiteren Erfassung zum Beispiel erwerbs- und bildungsstatistischer Erhebungsmerkmale bei der Bevölkerung,

3. die Befragung der Verwalter oder Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften, Anstalten, Wohnheimen und ähnlichen Einrichtungen, das heißt bundesweit von circa zwei Millionen Personen.

Zur organisatorischen Vorbereitung wird bereits seit Längerem auf der Grundlage des Zensusvorbereitungsgesetzes 2011 ein Register aller Anschriften von Gebäuden mit Wohnraum aufgebaut, um auf dieser Grundlage die Befragung an Sonderanschriften sowie die Haushaltsstichproben durchführen zu können. Der Bundesgesetzgeber hat jedoch nicht alle zur Realisierung des Zensus erforderlichen Regelungen getroffen. Insbesondere überlässt er den Landesgesetzgebern die Bestimmung von Erhebungsstellen und das Nähere zur Organisation der einzelnen im Rahmen des Zensus 2011 vorzunehmenden Erhebungen und Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Zensusergebnisse.

Da Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten für die Sicherung der Qualität in Vollständigkeit der Zensusergebnisse unerlässlich sind, bedarf es neben den bundesrechtlichen Regelungen eines Landesgesetzes zur Ausführung des Zensus 2011, das die Einbeziehung der kommunalen Ebene regelt, indem dort für die örtliche Durchführung des Zensus Erhebungsstellen einzurichten sind.

Wesentliche Inhalte des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes sind die kreisfreien Städte, die amtsfreien Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, die geschäftsführenden amtsangehörigen Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern für ihren Amtsbereich. Im Übrigen werden die Landkreise zur örtlichen Durchführung des Zensus verpflichtet. Sie haben örtliche Erhebungsstellen einzurichten. Die Einrichtung und Organisation der örtlichen Erhebungsstellen, insbesondere das Sicherstellen der räumlichen, organisatorischen und personellen Trennung von anderen Verwaltungsstellen, die Verpflichtung zur Wahrung des Statistikgeheimnisses sowie die Aufgaben der örtlichen Erhebungsstellen werden geregelt.

Damit wird den hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Durchführung einer Volkszählung Rech

nung getragen. Die Zuständigkeiten und Befugnisse des Statistischen Amtes bei der Durchführung des Zensus werden klargestellt. Das Statistische Amt erhält die Befugnis, die amtlichen Einwohnerzahlen der Gemeinden und des Landes verbindlich festzustellen. Die dabei auf der kommunalen Ebene durch die Einrichtung örtlicher Erhebungsstellen und den Einsatz von Erhebungsbeauftragten entstehenden finanziellen Mehraufwendungen hat das Land nach dem Konnexitätsprinzip zu erstatten.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz schaffen wir die erforderlichen organisatorischen und verfassungsrechtlichen Bestimmungen und damit die rechtlichen Voraussetzungen für eine, wie ich es mir wünsche, erfolgreiche Durchführung der Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung im Jahre 2011 in MecklenburgVorpommern. Ich wünsche dem Gesetz die entsprechenden Beratungen in den jeweiligen Ausschüssen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat Herr Ritter für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie der Name des Gesetzentwurfes verrät, geht es um die nähere Ausgestaltung eines bereits auf Bundesebene beschlossenen Gesetzes. Die Statistischen Bundes- und Landesämter werden eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung durchführen. Berichtszeitpunkt ist der 9. Mai 2011. Über 700 Millionen Euro wird der ganze Spaß kosten. Fast 13 Millionen davon entfallen auf Mecklenburg-Vorpommern, aber wir haben‘s ja.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist Ihnen vielleicht bekannt, dass DIE LINKE dem Verfahren einer Volkszählung insgesamt kritisch gegenübersteht. Auch wenn die letzte Volkszählung in der Bundesrepublik 1987 und in der DDR 1981 stattfand – der Innenminister hat darauf verwiesen –, gehen wir davon aus, dass der bereits vorhandene umfängliche Datenbestand durchaus ausreichend sein sollte. Daran ändern auch die im Gesetzentwurf beschriebenen vermuteten Abweichungen von tatsächlichen oder geschätzten statistischen Daten nichts, etwa in Bezug auf Einwohner- und Wohnungszahlen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion steht der Volkszählung auch aus datenschutzrechtlichen Erwägungen kritisch gegenüber. Was passiert mit den erhobenen Daten? Werden die Daten anderweitig in der Verwaltung verwandt? Bleibt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewahrt? Diese und andere Fragen drängen sich auf, die Skepsis bleibt.

Ich zitiere in diesem Zusammenhang den ehemaligen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, der einmal sagte: „Daten, die einmal da sind, werden weiter genutzt, Versprechen hin oder her.“ Zitatende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte an dieser Stelle jedoch nicht Debatten weiterführen, die auf Bundesebene bereits geführt und entschieden wurden.

(Heinz Müller, SPD: Das ist gut.)

Vielmehr kommt es darauf an, zu prüfen, Herr Müller, ob im Ausführungsgesetz des Landes insbesondere die Vorgaben beziehungsweise Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes in seinem Volkszählungsurteil aus dem Jahr 1983 erfüllt wurden. Ich denke da vor allem an die Trennung der örtlichen Erhebungsstellen von anderen Verwaltungsstellen in Paragraf 7 sowie an die Sicherung der Erhebungsstellen in Paragraf 8 des Gesetzentwurfes. Denn das Bundesverfassungsgericht hat festgeschrieben, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen müssen, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Der Gesetzgeber muss die organisatorischen verfahrensrechtlichen Vorkehrungen treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken. Auch dazu wird sicherlich der Landesdatenschutzbeauftragte einige Ausführungen machen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Auffassung der kommunalen Spitzenverbände interessiert mich. Die großen Kommunen werden zur Durchführung des Zensus nahezu verpflichtet. Hierzu müssen sie örtliche Erhebungsstellen einrichten. Die Kosten hat das Land aufgrund des Konnexitätsprinzips zu erstatten. Ob die Bemessungsgrundlagen tatsächlich auskömmlich sein werden, ist zu hinterfragen. Die Kommunen haben ja in letzter Zeit ihre speziellen Erfahrungen mit vermeintlich auskömmlichen Zuwendungen des Landes gemacht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so weit einige grundlegende Anmerkungen. Ob meine Fraktion eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf beantragen wird, ist noch offen. Zumindest aber werden wir auf ein Expertengespräch mit Vertretern der von mir genannten Institutionen Wert legen, und das im Innenausschuss. – Danke schön.

Vielen Dank, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Müller für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ausführungsgesetze zu Bundesgesetzen sind für Landtage nicht immer ein besonderes Highlight. Sie stehen ganz im Gegenteil in dem Ruf, eher Langweiler zu sein, weil die wirklichen politischen Gestaltungsspielräume beim Bund bereits gelegen haben und wir sie nicht mehr haben.

Es ist in der Tat richtig, Kollege Ritter, die Diskussionen, die auf der Bundesebene geführt worden sind, müssen wir hier an diesem Punkt nicht nachvollziehen. Dennoch, meine Damen und Herren, halte ich ein solches Ausführungsgesetz gerade zu einem Zensusgesetz des Bundes für eine durchaus spannende Angelegenheit. Ich glaube, dass Kollege Ritter mit seinen Ausführungen auf einige Punkte schon berechtigt hingewiesen hat. Sie werden staunen, Herr Ritter, auch wenn wir grundsätzlich, was den Zensus angeht, unterschiedlicher Auffassung sind, so denke ich doch, dass wir uns in der Frage des Verfahrens sehr wohl einander annähern können.

Zunächst zum Grundsatz, meine Damen und Herren. Der Innenminister hat hier, wie ich fand, sehr nachvollziehbar dargelegt, warum der Bund einen solchen Zensus für notwendig hält. Ich teile diese Einschätzung. Allein wenn ich sehe, wie viele Diskussionen und wie viele Ungereimtheiten es – ich gebe zu, bei nicht so wahnsinnig vielen, aber doch bei einigen Gemeinden – über so eine grundlegende Zahl wie die Einwohnerzahl gibt, dann

sehe ich sehr wohl Begründungen für einen solchen Zensus. Denn eine Gemeinde, die glaubt, dass die amtlichen Zahlen über ihre Einwohnerzahl unkorrekt sind, und die deshalb glaubt, dass die Schlüsselzuweisungen, die sie erhält, deswegen zu niedrig sind, der man aber bei derzeitiger Rechtslage in keiner Weise helfen kann, die ist in der Tat sehr benachteiligt. Ich glaube, wir sollten hier dafür sorgen, dass die Basisdaten, die wir für unser Verwaltungshandeln brauchen, korrekt und nachvollziehbar sind.

Also, meine Damen und Herren, Zensus ja.

Wir werden dieses Gesetz in den Ausschüssen beraten und wir werden in der Tat sehr deutlich danach gucken, ob die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten sind. Wir werden als Innenausschuss unsere Aufgabe als Kommunalausschuss wahrnehmen und werden die Frage der Konnexität gründlich diskutieren. Wir werden, so denke ich, dieses Gesetz dann als ein vernünftiges Gesetz Ihnen für eine Zweite Lesung wieder vorlegen.

Zum Ende möchte ich mir allerdings noch eine Bemerkung erlauben, wenn Sie gestatten. Wenn wir hier in diesem Gesetzentwurf Erhebungsstellen bei den Städten einrichten und dabei gar nicht auf den Status der Städte gucken, sondern auf die Einwohnerzahl, und aus einer bestimmten Einwohnerzahl – in diesem Fall 10.000 – eine bestimmte Leistungsfähigkeit herleiten, nämlich die Fähigkeit, einen solchen Zensus auch datenschutzrechtlich korrekt durchzuführen, dann finde ich das schon bemerkenswert. Vielleicht sollten wir an anderer Stelle sehr wohl einen solchen Gedanken, dass die Einwohnerzahl ein großartiges Indiz für die Leistungsfähigkeit einer kommunalen Körperschaft ist, noch einmal aufgreifen.

Ich bitte Sie, der Überweisung in die Ausschüsse zuzustimmen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu dieser Problematik eine kurze Anmerkung aus dem Ihnen leider unbekannten Reich der Praxis: Viele Bürger wissen gar nicht, dass sie unter besonderen bestimmten Umständen bei behördlichen Befragungen zur Auskunft verpflichtet sind und Zwangs- oder Bußgelder riskieren, wenn sie nicht kooperieren. Mir sind Fälle bekannt, da haben Leute Befragungsbögen von staatlicher Seite zugeschickt bekommen, etwa wegen der Wohnungsgröße, glaubten aber, es handele sich um irgendeine Konsumentenumfrage. Manche warfen die Anschreiben weg.

Einer hat alles in einen Umschlag gepackt, „kein Bedarf“ draufgeschrieben und den ganzen Kram dem Amt zurückgeschickt und sich dann hinterher gewundert, dass ihm plötzlich eine Zwangsgeldandrohung ins Haus flatterte. Er wusste gar nicht, was das sollte, denn er hatte das ursprüngliche Schriftstück nicht gelesen. Hätte er sich durch das grauenhafte Behördendeutsch hindurchgekämpft, dann wäre er am Ende auf eine rechtliche Belehrung gestoßen, in der auf die entsprechenden Folgen aufmerksam gemacht wurde.

Um so etwas zu verhindern, wäre es wirklich hilfreich, bei der Durchführung des Zensus 2011 eine öffentliche Aufklärungskampagne zu starten und den Leuten

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Den Menschen!)

zur Abwechslung in verständlichen Worten zu erklären, worum es da eigentlich geht. Oberstes Ziel der Verwaltungssprache sollte ja nicht die Abschreckung der Leser sein. Eine größere Zurückhaltung bei der Androhung und Verhängung von Strafen wäre vielleicht auch nicht schlecht.

In Paragraf 12 des Gesetzentwurfes wird das ja gehandelt. Da heißt es in sehr martialischer und auch sperriger Art und Weise: „Für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 23 des Bundesstatistikgesetzes vom 22. Januar 1987 …, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 7. September 2007 … geändert worden ist, soweit es sich um die Auskunftspflichten nach § 18 Absatz 1 und 3 bis 7 des Zensusgesetzes 2011 handelt, sind nach Maßgabe des § 1 Absatz 3 Satz 2 die Körperschaften zuständig, bei denen örtliche Erhebungsstellen eingerichtet sind.“ So heißt es da.

Man muss dem Bürger wirklich nicht wie eine Besatzungsarmee entgegentreten, die juristenchinesisch spricht. Die meisten sehen die Notwendigkeit einer solchen Volkszählung ja ein, aber man sollte es ihnen vielleicht in verständlichen Worten darlegen und sich mit diesen Strafdrohungen wirklich zurückhalten und alles etwas ziviler gestalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Renz für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Insofern meine Darstellung in ausführlicher Art und Weise.

Sie haben die Ausführungen des Herrn Ministers gehört. Ich denke, die waren nachvollziehbar und überzeugend, sodass ich hier inhaltlich auf die Darstellung verzichten kann.

Nur noch einen Hinweis an den Kollegen Ritter: Selbstverständlich werden wir als Koalitionäre das, was das Bundesverfassungsgericht hier gerade hinsichtlich der Erhebungsstellen aufgezeigt hat, logischerweise beachten in den Beratungen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Ich freue mich in diesem Sinne auf konstruktive Beratungen, dass wir dann nach 81 beziehungsweise 87 auch eine erneute Volkszählung in Deutschland haben werden. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Renz.

Ich schließe die Aussprache.