Protokoll der Sitzung vom 18.12.2009

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Jeder Transport ist auch Energieeinsatz – oder wie von Thünen schrieb: „Der Ertrag bleibt an den Rädern kleben!“, und ich füge hinzu: der Klimabeitrag ebenfalls.

Das Ostbayerische Technologie-Transfer-Institut (OTTI) teilte dieser Tage mit, dass die Erreichung des Ziels, bis 2020 mindestens sechs Prozent des Erdgasbedarfes durch Biomethan zu ersetzen, den Neubau von etwa 1.000 großen Biogasanlagen voraussetzt, hier unterstreiche ich: „große Biogasanlagen voraussetzt“. Diese werden kaum auf den bayerischen Almen stehen, sondern in Ländern mit großen Flächen. Unser Land sollte sich deshalb darüber Gedanken machen, wie diese Prozesse in der nahen Zukunft nachhaltig gesteuert werden können. Daher bitte ich um die vorgeschlagene Überweisung, damit wir dieses Zukunftsthema gemeinsam beraten und dann lösen können. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Tack.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist kurz vor Weihnachten und da hat jeder von uns ein Bild im Kopf von einer heilen Welt, die wir uns alle wünschen. Und auf mancher Karte sehen wir ein verschneites Dorf, abgeschlossen, warm und wohlig, mit funktionierender Versorgung –

(Michael Roolf, FDP: Oh!)

also die heile Welt, die man so aus Großmutters Zeiten im Kopf hat.

Die Welt ist etwas anders geworden, meine Damen und Herren. Wir haben das Recht, zu Weihnachten davon zu träumen, aber wir wollen uns auf den Weg der Tatsächlichkeiten begeben.

Ich stehe hier nicht als Raumordner und nicht als Raumplaner, ich stehe als Agrarpolitikerin meiner Fraktion, und als solche habe ich mal raufgeschaut. Es geht ja im Wesentlichen um die großen beantragten Tierhaltungsanlagen im Land, die diese große Diskussion und Bürgerinitiativen auslösen.

Professor Tack hat es klar gesagt: Wir haben nach der Umstrukturierung unserer Landwirtschaft gerade Tierbestände verloren. Wir haben eine sehr gut aufgestellte Marktproduktion in unserem Bundesland, und wir haben nur peu à peu Tierproduktion wieder ansiedeln können.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Damit ist Wertschöpfung verloren gegangen. Und wir haben über viele Jahre über Agrarförderprogramme versucht, diese Wertschöpfung wieder aufzubauen. Jede Arbeit im ländlichen Raum ist uns wertvoll. Das war sehr schwierig, weil auch die Agrarstrukturreformen nicht unbedingt dieser Sache dienlich waren, aber so peu à peu ist es gelungen. Wir haben aber Regionen in unserem Land, in denen große Marktfruchtbetriebe noch ansässig sind, die gar nicht Tierproduktion pflegen.

Und wenn wir über den konkreten Fall Alt Tellin – der ist hier schon genannt worden – sprechen, der ist ja in meinem Landkreis, dann kann ich Ihnen sagen, da steht eine Agrar GmbH, Marktfrucht GmbH, die hat 100 Mutterkühe, glaube ich, und 6.000 Hektar Land. Das heißt, für jemand, der etwas auf gewerblicher Basis tun möchte, sind das natürlich ideale Voraussetzungen, diesen Landwirtschaftsbetrieb als Partner zu gewinnen

für die Ausbringung der Gülle, die es sonst bundesweit in dieser Form gar nicht mehr gibt. Denn so eine groß aufgestellte Fläche mit so wenig Tierbesatz, das ist schon die Ausnahme. Es mag hier und da noch die eine oder andere Ausnahme geben, wo so etwas möglich wird, aber es sind Ausnahmen, die muss man konkret ins Auge fassen.

Ansonsten vermitteln wir auch mit Bürgerinitiativen den Eindruck von Größe, wobei Größe immer relativ ist. Und ich habe mir mal angeguckt, was denn so groß an Anlagen ist. Wenn wir bei 2.310 Rinder haltenden Betrieben 90 Betriebe mit mehr als 1.000 Rindern haben, dann sind das 1.810 Tiere im Durchschnitt. Das ist noch nichts, was uns wehtun könnte. Wenn wir bei 712 Schweine haltenden Betrieben 155 Betriebe mit mehr als 1.000 Schweinen haben, dann sind das 4.611 Tiere im Durchschnitt. In Alt Tellin sprechen wir über 10.000 Sauen, dazu die Ferkel – das ist eine andere Dimension, gar keine Diskussion.

Wenn wir von 907 Betrieben mit Legehennen 37 Betriebe mit mehr als 10.000 Legehennen haben, dann haben diese im Durchschnitt 49.919 Tiere. Wenn also eine Anlage mit 100.000 Legehennen angesiedelt wird, haben wir viele davon im Land, und die existieren, die funktionieren und die sind integriert. Man muss sich dann auch mal darauf besinnen, sich diese Anlagen anzusehen, bevor wir mit der Bürgerinitiative auch ins Agieren kommen.

Bei Masthühnern – und da hören Sie gut zu! – haben wir von 301 Betrieben 54 Betriebe mit mehr als 10.000 Masthühnern, 92.000 Tiere im Schnitt. Das heißt, 100.000er-Anlagen sind, wenn es um wettbewerbsfähige Produktion geht, da sehr häufig der Fall.

Die Schafe lasse ich jetzt mal weg. Das sind nur drei Betriebe mit mehr als 3.000 Schafen.

Das heißt, Größe ist relativ, und wir haben große funktionierende Einheiten im Land, die in keinem Widerspruch zur Umwelt, zur Bevölkerung stehen, es ist die Mehrzahl. Wir müssen uns also das Besondere ansehen, das Besondere, was aus dem Rahmen geraten kann. Und mit der Bürgerinitiative Alt Tellin bin ich ja sehr früh auch ins Gespräch gekommen. Und ich sage Ihnen, es ist für mich persönlich von der heilen Welt ein Ende weg, aber ich habe natürlich geprüft: Kann man da Grenzen setzen?

Sie haben angesprochen, Frau Lück, die Initiative in Sachsen-Anhalt, eine Setzung von Obergrenzen. Ich habe mich vor zwei Jahren mit unserem damaligen Europa abgeordneten Heinz Kindermann unterhalten und habe gefragt: Sag mal, Heinz, kann man nicht eine Obergrenze setzen? Wäre das nicht möglich? Da sagt der zu mir: Menschenskinder, wir liberalisieren, Ute, wir liberalisieren.

(Michael Roolf, FDP: Das sagt ein EU-Abgeordneter!)

Wir nehmen überall die Quotierung weg, wir wollen eine Marktfreundlichkeit der Landwirtschaft, eine marktangepasste Produktion. Das heißt, in diesem Fall musst du, weil es jetzt bei dir vor der Tür ist, eine Grenze ziehen. Und es ist ja auch so, dass es in der Regel der Markt richtet und der Umweltrahmen, was passiert. Wir müssen uns also auf die Fälle konzentrieren, die akut sein können, nicht weil jemandem ein Hahn im Wege ist oder ins Fenster kräht, sondern da, wo es akut werden könnte.

Und es stimmt, Fritz Tack, auf der Tagung des Bauernverbandes habe ich gesagt, ich weiß im Moment keine Antwort darauf, wie wir auf diese Größe reagieren können.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Na, dann lassen Sie uns im Ausschuss darüber reden!)

Das habe ich gesagt. Und ich halte möglicherweise das Instrument der Raumordnung für eins, das man angucken muss.

(Irene Müller, DIE LINKE: Also alle Bedingungen dafür, dass man im Ausschuss darüber reden sollte. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Dieser Antrag aber ist sehr konkret und sehr weitgehend, sehr, sehr weitgehend. Und der Minister hat sehr deutlich gesagt, dass, wenn das so umgesetzt würde, ein hohes Maß an Bürokratisierung, an Verwaltungsaufwand auf uns zukommt, das unverhältnismäßig ist. Ich will mich ja nicht solcher Idee versperren, aber die Koalition hat sich entschieden, den Antrag in der Form abzulehnen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Na, dann kommt er aber in einer anderen Form von Ihnen dann wieder.)

Ich stehe trotzdem einer Diskussion aufgeschlossen gegenüber. – Frohe Weihnachten!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Frau Reese. Bitte, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete!

In einem, Frau Schildt, muss ich Ihnen widersprechen. Sie sagen, der Antrag ist zu konkret. Wir sagen genau, er ist zu unkonkret, um ihn annehmen zu können.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sehen Sie, dazwischen gibt es doch eine ganz große Welt und das können wir doch alles im Ausschuss diskutieren. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Da sind wir dann ganz unterschiedlicher Auffassung.

Ansonsten möchte ich jetzt meinen Beitrag mit einem Zitat beginnen:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es ist so, dass jede Medaille zwei Seiten hat.)

„1. Die Landesregierung ist gebeten, Kriterien zu erarbeiten, nach denen die Raumbedeutsamkeit und die überörtliche Auswirkung von Tierproduktionsanlagen zu beurteilen sind.

2. Die Landesregierung ist gebeten, bei Neubau“

(Regine Lück, DIE LINKE: Ich habe in meiner Rede ja schon ein paar Vorschläge gemacht.)

„oder maßgeblicher Erweiterung von Tierproduktionsanlagen anhand dieser Kriterien jeweils eine Entscheidung über die Art der landesplanerischen Abstimmung herbeizuführen.

3. Die Landesregierung ist gebeten, in den Ausschüssen für Landesentwicklung und Verkehr, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Umwelt über die Umsetzung zu berichten.“

Dies, meine Kollegen, ist der Beschluss des Landtages Sachsen-Anhalt zum 03.09.2009 unter der Überschrift „Raumordnungsverfahren für große Tierproduktionsanlagen“.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja.)

Und dass die Übereinstimmungen hier kein Zufall sind, hat Frau Lück ja bereits ausgeführt. Ihr Engagement in Bezug auf große Stallanlagen – und das ist ja von Herrn Professor Tack ausgeführt worden – ist hier natürlich niemandem verborgen geblieben. Gut, es steht ja auch jedem frei, Bürgerinitiativen zu unterstützen. In Lubmin haben Sie es unter kräftiger Mitwirkung des Ministerpräsidenten ja auch schon geschafft, Investoren zu verprellen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wir bekennen uns dazu. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Aber nun zurück zum Antrag: Mecklenburg-Vorpommern ist stark agrarisch geprägt. In der Landwirtschaft wird eine enorme Wertschöpfung erzielt