Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Herr Müller, während Ihrer Rede haben Sie wieder beleidigende Äußerungen gegenüber dem Innenminister gemacht.

(Stefan Köster, NPD: Welche bitte?)

Ich erteile Ihnen einen zweiten Ordnungsruf und weise Sie darauf hin, dass Ihnen bei einem weiteren Ordnungsruf das Rederecht entzogen wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das war Pastörs.)

Meine Damen und Herren, wir bereiten hier kurz die beantragte namentliche Abstimmung vor. Wir unterbrechen die Sitzung für zwei Minuten.

Unterbrechung: 14.33 Uhr

Wiederbeginn: 14.34 Uhr

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Die Fraktion der NPD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3286 eine namentliche Abstimmung beantragt.

Meine Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Ich bitte den Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat?

(Die Abgeordneten Harry Glawe, Vincent Kokert und Dr. Klaus-Michael Körner werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.

Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.

Unterbrechung: 14.38 Uhr

Wiederbeginn: 14.39 Uhr

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: An der Abstimmung haben insgesamt 59 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 6 Abgeordnete, mit Nein stimmten 53 Abgeordnete, es enthielt sich kein Abgeordneter. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Gemeinsame Agrarpolitik ab 2014, Drucksache 5/3274.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gemeinsame Agrarpolitik ab 2014 – Drucksache 5/3274 –

Das Wort zur Begründung hat Herr Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gehört zu den guten Traditionen dieses Hohen Hauses gerade in dieser Legislatur, dass wesentliche Fragen der Entwicklung der Agrarpolitik hier debat

tiert werden. Meine Fraktion hat daran einen maßgeblichen Anteil.

Wir gehen bei allen agrarpolitischen Fragen von dem Grundsatz aus, dass die Zukunft unseres Landes eng mit der Zukunft der ländlichen Räume verbunden ist, und die Zukunft der Landwirtschaft ist auch die Voraussetzung für die Zukunft der ländlichen Räume. Deshalb erinnere ich an eine Landtagsdebatte, die von der Koalition unter das Thema „Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern nach 2013“ gestellt und vor knapp einem Jahr hier geführt wurde. Die Koalition konnte sich dabei nur auf den wesentlichen Inhalt einigen, dass man ausgehend von den Ergebnissen des Health Checks Positionen für die Agrarpolitik nach 2013 erarbeiten müsse

(Udo Pastörs, NPD: Health Check!)

und diese aktiv in die Bundesdebatte einzubringen seien.

Der Änderungsantrag meiner Fraktion beinhaltete unter anderem die Aufforderung, mit Bundesländern mit ähnlichen Rahmenbedingungen gemeinsame Standpunkte zu erarbeiten und diese zu vertreten sowie auch mit EU-Nachbarstaaten das Gespräch zu suchen. Wir hatten dabei vor allem die Ergebnisse und Erfahrungen des Health Checks vor Augen und die berechtigte Sorge, dass sich die bayrische Ausprägung der Bundesagrarpolitik weiterentwickelt und damit die Interessen ostdeutscher Agrarbetriebe mit ihrer Spezifik untergebuttert werden. Es war zu erwarten, dass die Koalition diese Forderungen ablehnen würde. Ich sage: Leider! Ich bin gespannt, welche Ergebnisse die Landesregierung in dieser Frage nun präsentieren wird.

(Angelika Peters, SPD: Ja, da bin ich auch gespannt.)

Nach einem Jahr gilt weiterhin ganz deutlich: Die Lage der Landwirtschaft ist außerordentlich schwierig. Reale Aussichten auf schnelle, durchgreifende Verbesserungen sind kaum zu erkennen.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Die Landwirtschaft leidet nicht nur unter der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise,

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

sie leidet vor allem auch unter stark schwankenden Märkten und der Tatsache der Stellung der Landwirte am Markt zum Beispiel gegenüber den Discountern, die in Deutschland mehr als schwach ist. Hinzu kommt die besondere Belastung durch die vom EU-Health-Check verursachte zusätzliche Modulation. Und damit ist eigentlich auch die Frage beantwortet, warum wir diesen Antrag zu diesem Zeitpunkt einbringen.

Franz Fischler, ehemaliger Agrarkommissar der EU, hat das Jahr 2010 als spannendes Jahr besonders für den Agrarsektor bezeichnet. Mit den Verhandlungen zur neuen europäischen Finanzperiode 2014 bis 2020 und dem Auslaufen der Verordnung zur Entwicklung der ländlichen Räume, ELER, Ende 2013 befindet sich die Europäische Union in einer bedeutenden Debatte um die Ausgestaltung der künftigen gemeinsamen Agrarpolitik.

Wir meinen, und da stimmen wir mit dem Berufsstand überein, 2010 entscheidet sich die Zukunft der Landwirtschaft, denn laut Mitteilung der Bundesagrarministerin Frau Ilse Aigner wird bereits im April 2010 auf der Agrarministerkonferenz in Plön eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern erste gemeinsame Positionen für die

Verhandlungen auf EU-Ebene vorlegen. Da geht es nicht mehr nur um Denkansätze, wie sie Minister Dr. Backhaus im Agrarausschuss in unserer letzten Februarsitzung präsentieren konnte,

(Angelika Peters, SPD: Es gibt noch keine Tagesordnung von Plön. Es ist noch nichts ausgeteilt worden, nichts.)

es geht schon um ein Regelwerk und es geht um konkrete Zahlen und Fakten. Diese Vorstellungen der Landesregierung möchten wir hier im Landtag hören, darüber debattieren und so die Position des Landes in den Verhandlungen ausdrücklich stärken. Ebenso wird in den berufsständischen Vertretungen der Landwirte, aber auch in anderen Verbänden und Interessengruppen zu diesem Thema beraten.

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass Direktzahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebe und die Ausrichtung der ELER-Programme unter einem zunehmenden öffentlichen Rechtfertigungsdruck stehen. Die Landwirtschaft ist in Deutschland besonders hohen Standards unterworfen. Andererseits haben die Direktzahlungen an die Landwirtschaftsbetriebe eine außerordentlich hohe wirtschaftliche Bedeutung, da sie für viele Betriebe einen wesentlichen Anteil des verfügbaren Einkommens ausmachen. Der Präsident des Bauernverbandes unseres Landes schätzte kürzlich diesen Anteil auf immerhin 40 bis 70 Prozent des Betriebseinkommens.

Es liegen bereits etliche Reformvorschläge auf dem Tisch, und dabei ist eines unstrittig: die Bewahrung einer multifunktionalen Landwirtschaft. Die neue Agrarpolitik muss ein europäisches Instrument sein, das die Versorgung mit Nahrungsmitteln in hoher Qualität sichert, die Produktion von Rohstoffen fördert, den Erhalt der Kulturlandschaften gewährleistet, die Bereitstellung von erneuerbaren Energieträgern sowie von Umwelt- und Klimaleistungen befördert, also die ländliche Entwicklung nachhaltig voranbringt.

Durch eine neue gemeinsame Agrarpolitik müssen mehr Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Räume und den sozialen Fortschritt eröffnet werden. Dafür ist ein großer Teil des europäischen Haushaltes vorgesehen, für dessen Inanspruchnahme eine breite Akzeptanz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler benötigt wird. Diese Akzeptanz der EU-Zahlungen an die Landwirtschaft muss durch nachvollziehbare transparente Leistungen für die Gesellschaft erhöht werden. Andererseits muss die Gesellschaft auch bereit sein – und ich sage das sehr deutlich –, die Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft zu honorieren. Darüber hinaus müssen die Landwirte ihr Einkommen am Markt zunehmend realisieren können. Es muss außerdem weiterhin eine Ausgleichsförderung für benachteiligte Gebiete geben, die auf der gegenwärtigen Gebietskulisse basieren sollte, denn sonst können wir die Festlegung „flächendeckende Landwirtschaft“ nicht durchhalten.

Ich will hervorheben, dass auch DIE LINKE für eine Weiterführung des Systems der Förderung nach dem 2-Säulen-Prinzip ist.

(Egbert Liskow, CDU: Sehr richtig.)

Daher versteht es sich von selbst, dass es keine Modulation, das heißt die Umverteilung von Direktzahlungen auf die zweite Säule geben darf. Ebenso darf es keine Benachteiligung ostdeutscher Großbetriebe geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in wesentlichen Fragen zur neuen Agrarpolitik, meine ich, haben wir mit den Vorstellungen der demokratischen Parteien für die neue GAP ab 2014 viele Übereinstimmungen. Ich will aber noch einmal hervorheben, dass die Zukunftsvorstellungen der linken Agrarpolitik vor allen Dingen auf Nachhaltigkeit basieren und diese Nachhaltigkeit in der Einheit von ökonomischen, ökologischen und, das betone ich besonders, sozialen Komponenten.

Zu ökonomischen und auch zu ökologischen Faktoren und Vorstellungen ist bei allen demokratischen Parteien einiges zu lesen und zu hören. Aber was ist mit den sozialen Komponenten? Ich meine damit jetzt nicht die wichtigen Regelungen für die landwirtschaftliche Sozialversicherung, ich meine den Faktor Arbeit und Beschäftigung in den ländlichen Räumen. Es sind doch am Ende die Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen, die über das Bleiben oder Gehen der Menschen entscheiden. Ist nicht auch der im Ergebnis der gewollten Produktivitätssteigerung ständige Rückgang der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft ein Grund mangelnder Akzeptanz und mangelnden Verständnisses für unsere Bauern?

Nicht der schöne Bürgersteig im Dorf hält Menschen vom Gehen ab, sondern die Arbeitsmöglichkeiten sind für das Bleiben entscheidend, wie der Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Dr. Piehl sinngemäß im Jahre 2007 bei einer Beratung sagte. Oder anders formuliert: Wenn wir eine Wende in der Entwicklung der ländlichen Räume zum Besseren wollen, müssen wir darüber nachdenken, wie wir diesen Faktor mit der neuen Agrarpolitik wirkungsvoll verknüpfen können. Der Grundsatz sollte sein: Wo Steuergelder fließen, sollten auch gesellschaftlich gewollte Effekte erreicht werden. Dazu gehört, die regionalen Wirtschaftstrukturen zu stärken, die Produzenten am Markt so zu positionieren, dass sie auf Augenhöhe verhandeln und sich dem Wettbewerb stellen können.

Wir brauchen mehr Veredlung, wir brauchen mehr erneuerbare Energien, aber gleichzeitig deren Einpassung in die Raumordnung ab einer bestimmten Raumbedeutung. Der Ressourcenschutz, die Pflege der Kulturlandschaft, die Unterstützung der Dorfgemeinschaft und Beiträge zur Sicherung der Daseinsvorsorge müssen in dieses Zukunftspaket geschnürt werden. Das Konzept von M-V für die neue gemeinsame Agrarpolitik muss sich hauptsächlich daran messen lassen, wie Bauern überleben können und die Zukunft der ländlichen Räume durch Arbeitsplätze gesichert wird. Gehen wir mit einer abgestimmten Position in die Verhandlungen zur gemeinsamen Agrarpolitik ab 2014! – Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)