Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Detlef Müller, SPD: Sehr gut. – Marc Reinhardt, CDU: Oha! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Viele von uns hören unser Radio MV am frühen Morgen. Um 8.00 Uhr heute konnte man folgende Meldung vernehmen: „Agrarminister Backhaus geht in der Frage des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen weiter auf Konfrontationskurs mit dem Bund. Backhaus fordert vor der Agrarministerkonferenz im schleswighol steinischen Plön von Bundesministerin Aigner klare Anbauregeln für die Gen-Kartoffel Amflora.“

(Udo Pastörs, NPD: Guter Mann!)

„Die Pflanze wird deutschlandweit erstmalig im MüritzKreis angebaut.“ Und weiter heißt es: „Backhaus sieht den Bund in der Pflicht. Ohne klare Regeln müsste der Anbau der Gen-Kartoffel Amflora untersagt werden und das werde er heute auch so von Aigner verlangen.“

(Udo Pastörs, NPD: Oh Mann!)

Das sagte Backhaus im NDR.

(Udo Pastörs, NPD: Oh! Oh Mann!)

Und da hat er unsere volle Unterstützung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Herr Borrmann, Sie haben sehr intensiv recherchiert, wie die einzelnen Fraktionen sich zur Frage der Gentechnik und speziell zum Anbau der Amflora positioniert haben. Ich denke, bei der Recherche ist Ihnen aufgefallen, dass es dabei um nationale Zulassungen geht, die wir als Landtage nur teilweise beeinflussen können. Das haben Sie auch sehr klar und deutlich gemacht. Wir als demokratische Fraktion dieses Landtags haben uns sehr umfangreich mit der Frage des Anbaus von gentechnisch modifizierten Pflanzen in unserem Land befasst,

(Udo Pastörs, NPD: Das sieht man.)

und zwar vielfach. Wir haben dazu gemeinsame Stellungnahmen erarbeitet, die haben Bestand. Und die Forderung an dieser Stelle, die der Minister aufmacht, werden wir in Gänze unterstützen.

(Detlef Müller, SPD: Sehr richtig, Frau Schildt. Sehr richtig.)

Wenn Sie sich heute mit diesem Antrag, den Sie gestellt und versucht haben zu erläutern, als Retter der Schöpfung darstellen wollen, kommen Sie zu spät.

(Udo Pastörs, NPD: Schön formuliert.)

Dann kommen Sie zu spät, denn wir gehen verantwortungsvoll mit der Umwelt, mit der Gesundheit unserer Menschen um.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das merkt man. Das merkt man bei den Bienen, was Sie sagen, und bei den Investoren.)

Das ist unser Ziel und das werden wir auch umsetzen. Und deshalb, Herr Borrmann, Kollegen der Fensterfraktion, werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Udo Pastörs, NPD: Oh, das ist ja brutal, was Sie da machen.)

Sie haben schon in Ihrem Beitrag deutlich gemacht, wie unsere Positionen dazu sind.

(Michael Andrejewski, NPD: Entsetzlich!)

Das brauche ich an dieser Stelle nicht noch zu erkämpfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Danke, Frau Schildt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Abgeordnete des Landtags! Bürger des Landes! Genau diese Position, Frau Schildt, die Sie vertreten haben, genau die vertritt auch Greenpeace. Ja, die Argumente sind entweder richtig oder teilweise richtig, aber weil sie es sind, deshalb stimmen wir ihnen nicht zu. Natürlich, das ist Teil Ihres politischen Opportunismus, den Sie hier vertreten.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das wird auch so bleiben.)

Gut.

(Ute Schildt, SPD: Wir werden Ihnen nie zustimmen. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist einfach eine aufrichtige Haltung. – Udo Pastörs, NPD: Nur der antifaschistische Schutzwall.)

Trotzdem ist unsere Botschaft für die Bürger des Landes da, es gibt sie: Wir treten konsequent für das Verbot von gentechnisch veränderten Organismen in der freien Umwelt ein, solange das nicht nach langjährigen Studien nachgewiesen wird, dass es sich hier um eine ungefährliche Technologie handelt. Das ist aber nicht der Fall.

Und auch Greenpeace führt dazu in diesem Gut achten aus: „Die Stärkekartoffel Amflora... ist eine inzwischen relativ alte gv-Pflanze, deren Zulassung bereits 1996 beantragt wurde –“, mittlerweile 18 Jahre alt, „aber für die dennoch keine wissenschaftlichen Studien zu Umwelteffekten veröffentlicht sind“, und zwar seit 1992, seitdem sie kreiert worden ist. In 18 Jahren sind keine Studien erfolgt.

Die Greenpeace-Untersuchung lässt sich in sieben Punkten zusammenfassen:

Erstens. In den Antragsunterlagen zur Zulassung von Amflora wird nur allgemein auf Wildtiere verwiesen, die Kartoffeln fressen und möglicherweise vom Feld Kartoffel mieten oder Lagerstätten verschleppen. Es wird nicht beschrieben, um welche Tierarten es sich handelt und welche Auswirkungen deren Verzehr auf den Stoffwechsel der Tiere hat.

Zweitens. Beobachtungsstudien und offizielle Studien erfolgen nur auf kleinen Flächen und wenige Jahre. Sie sind nicht näher beschrieben. Beobachtungsstudien von 1993/1994 wurden mit ganzen 105 Pflanzen durchgeführt. Die offiziellen Studien von 1995/1998 fanden summiert auf einer gigantischen Fläche von zwei Hektar statt. Das muss man sich mal überlegen. Im Gegensatz dazu wurden die Studien zur Saatgut- und Stärkeproduk

tion, wo es um den Profit ging, auf mehr als 210 beziehungsweise 765 Hektar betrieben. Das ist das Hundertfache beziehungsweise das Dreihundertfünfzigfache der Flächen der Beobachtungsstudien. Zitat: „Bei keiner der aufgelisteten Feldversuche wird die Untersuchung von Umwelteffekten als Versuchsziel angegeben.“ So viel zur wissenschaftlichen Untersuchung.

Drittens. Bei der BASF-Studie „Auswirkungen von GV-Pflanzen auf pflanzenassoziierte Organismen“, also die Umwelt, handelt es sich nicht um Forschungen, bei denen Umwelteffekte von Amflora auf andere Organismen untersucht wurden, sondern um Effekte von Organismen auf Kartoffelpflanzen. Die dort genannten Organismen sind Tiere, die als Kartoffelschädlinge bekannt sind. Außerdem sind in der BASF-Dokumentation dort nur Zusammenfassungen enthalten und keine nachprüfbaren Originaldaten. An die kommt man nämlich nicht ran. Schlussfolgerung: BASF hat die vorgelegte Studie nicht zur Abschätzung von Umweltrisiken durchgeführt, sondern als Studie zu agrochemischen Faktoren wie Krankheitsanfälligkeit der Amflora.

Viertens. Aus den Ergebnissen der Feldstudien, dass die Gen-Kartoffel Amflora weder größere Anfälligkeit noch größere Resistenz gegen Schädlinge und Kartoffelkrankheiten hat – wie die ursprüngliche Nicht-Genkartoffel, der Ausgangsorganismus, prävalent –, zieht die EFSA, die Europäische Lebensmittelbehörde, den Umkehrschluss, dass durch den Anbau der Amflora keine negativen Effekte auf andere Organismen zu erwarten sind. Zitat: „Der hier gemachte Umkehrschluss ist wissenschaftlich nicht nachvollziehbar“, sagt die Greenpeace-Studie.

Denn fünftens ist die Giftigkeit, die Toxizität nicht ausreichend untersucht. In Amflora ist die unerwünschte Amylosebildung vollständig unterbrochen, damit kein Amylopektin als Stärke vorkommt. Dies kann zu einer Anhäufung von Vorprodukten führen, unter anderem eine erhöhte Zuckerkonzentration. Und es ist nicht untersucht, wie sich das Fraßverhalten der Wildtiere bei besonders süßen Kartoffeln ändert.

Sechstens führt dies unter Umständen zu einer rascheren Verbreiterung der Antibiotikaresistenz gegenüber Kanamyacin, das als Markergen in der Amflora enthalten ist. Obwohl die WHO dringend davor warnt, Resistenzgene bei der Freisetzung vorzusehen in Pflanzen und diese zu verwenden, weil das dringend benötigte medizinische Antibiotikum Kanamyacin bei Menschen gegen gefährliche Krankheiten unwirksam werden könnte, wird es eingesetzt.

Siebtens. Im Verlauf des Zulassungsverfahrens wurde die Umweltverträglichkeit der EFSA durch die EU-Kommission neu bewertet. Bei der Antibiotikaresistenz kamen die Eurokraten zu einer anderen Einschätzung als der im EFSA-Gutachten. Die EU-Kommission beschloss im März 2010, nach der Anbauzulassung – das muss man sich mal überlegen – weitere Umweltstudien zu fordern, was den Einschätzungen der BASF und EFSA diametral widerspricht.

Letzte Bemerkung: Es geht nicht darum, gegen die Landwirtschaftsministerin Aigner Front zu beziehen oder eine klare Haltung zu beziehen, es geht darum zu handeln. Und wenn das Bundesministerium nicht handelt, obwohl dringender Tatbedarf erforderlich ist, dann hätte der Minister die Pflicht, und ich habe das ja auch heute in meiner Rechtsfrage versucht zu ergründen, den Anbau auf Landesbasis zu verbieten.

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ja.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3401. Wer diesem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Hand zeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3401 bei Zustimmung der Fraktion der NPD sowie Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der FDP abgelehnt.

Die CDU-Fraktion hat eine Auszeit von vier Minuten beantragt. Ich unterbreche die Sitzung jetzt für vier Minuten.

Unterbrechung: 18.58 Uhr

Wiederbeginn: 19.05 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.