Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen!

Kollege Holter, Sie haben recht, wir müssen nicht nur die Landesregierung, sondern alle Beteiligten ansprechen, speziell auch die Ingenieurkammer. Das ist ein Argument, was ich bisher nicht so mit beigetragen habe.

Was bringt unser Antrag? Herr Minister Tesch, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Das, was Sie hier ausgeführt haben, ist eigentlich 1:1 das, was wir wollen.

(Marc Reinhardt, CDU: Da sind wir uns ja einig.)

Herr Kollege Reinhardt, wir sind uns nicht einig. Ich könnte so nicht arbeiten, sich einer Koalitionsdisziplin unterzuordnen und solch eine Rede zu halten.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vorher den Minister zu hören und dann diesen Antrag abzulehnen, das wäre unter meinem Niveau. Ich könnte so nicht arbeiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Danke schön, Herr Roolf.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3385. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Hand zeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3385 bei Zustimmung der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU sowie Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 41: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Anbauverbot für die Gen-Kartoffel Amflora, Drucksache 5/3401.

Antrag der Fraktion der NPD: Anbauverbot für die Gen-Kartoffel Amflora – Drucksache 5/3401 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Bürgerin Landtagspräsidentin! Bürger des Landes! Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands hat erneut einen Antrag in dieses Parlament eingebracht, in dem das vom Backhaus-Ministerium angestrebte Anbauverbot der gentechnisch veränderten Kartoffelsorte begrüßt werden soll. Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hatte bereits am 2. März nachdrücklich kritisiert, dass es derzeit noch keine klaren Anbau regeln gäbe. Zitat: „Gerade aus diesem Grunde fordere ich die Bundesministerin Frau Aigner auf, unverzüglich die Anbauregeln zu erlassen.“ Zitatende.

In seinem Brief vom 12. März – wir hörten es heute in der Fragestunde – setzte dann Till Backhaus der Bundesministerin Ilse Aigner die Pistole auf die Brust. Laut Pressemitteilung von diesem Tag soll die Regierung in Berlin die in einem Greenpeace-Gutachten geäußerten Bedenken in überzeugender Weise ausräumen oder den Anbau untersagen. Ein entscheidender Grund für diese Forderung ist das Fehlen konkreter Anbauregeln. In dem Beschluss der EU-Kommission vom 2. März 2010 über das Inverkehrbringen eines gentechnisch ver änderten Kartoffelerzeugnisses wurden zwar Anbauregeln erwähnt, Zitat: „Diese sind aber sehr unscharf formuliert und für eine Überwachung des Anbaus, wofür die Länder zuständig sind, nicht brauchbar“, lässt sich der Landes minister Backhaus zitieren.

Backhaus wirft der Bundesregierung, die die Unterstützung des Amflora-Anbaus in ihren Koalitions vertrag aufgenommen hat, sogar Verantwortungslosigkeit vor. Backhaus wörtlich: „Sie“ – die Bundesregierung – „wird … ihrer Verantwortung nicht gerecht, hierfür klare Anbauregeln aufzustellen.“ Zitatende. Ohne diese konkret für unsere Verhältnisse in Mecklenburg-Vorpom

mern zugeschnittenen Anbauregeln kein Amflora-Anbau, können wir Nationaldemokraten daraus schließen, und nicht nur wir.

Bürgerin Ute Schildt, Abgeordnete der SPD-Fraktion, hat am 3. März, ich erwähnte dies schon in meiner Landtagsrede am 11. März, dieses Jahres Bedenken angesichts der bedenkenlosen Freigabe von Amflora geäußert. Zitat: „Den Chancen einer solchen Innovation stehen ja auch immer Risiken gegenüber. Und aus meiner Sicht ist die Risikoabwägung nicht gründlich genug vorgenommen worden“, sagt Frau Schildt. „Es muss insbesondere das Risiko ausgeschlossen werden, dass durch die Verwendung von Verarbeitungsresten als Futtermittel gentechnisch veränderte Pflanzen in die Nahrungsmittelkette eindringen. Zudem fehlen eindeutige Anbauregeln, was dazu führen könnte, dass die Koexistenz mit Landwirten, die gentechnikfrei wirtschaften, gefährdet wird.“

(Ute Schildt, SPD: Können Sie nicht alleine sprechen?)

„Und gerade in MV haben sich ja viele Regionen gegen die Anwendung der Gentechnik ausgesprochen“, musste die fortschrittsgläubige Bürgerin Schildt zähneknirschend einräumen. Immerhin hat sie ihren Opportunismus überwunden und sich damit letztendlich wie Minister Backhaus gegen ein kritikloses Bejubeln von EU-Diktaten gewandt.

(Udo Pastörs, NPD: Sehr gut.)

Auch DIE LINKE ist gegen die Pflanzung der Amflora. „Amflora … gefährdet gentechnikfreien …anbau im Land“, titelt „MVregio“ die Haltung der LINKEN in Gestalt von Professor Tack. „Für den kommerziellen Anbau dieser Kartoffelsorte gibt es keine … stichhaltige Begründungen“, meint Tack am 3. März.

Klar, auch andere Kartoffelsorten könnten mittlerweile Amylopektinanteile – jene Stärke, um derentwillen Amflora angebaut wird – in ihrem Organismus produ zieren und den für die Industrie minderwertigen Amyloseanteil, der nur schwer vom Amylopektin zu trennen ist, gering halten. Die alternativen Kartoffelsorten können ohne die Gefahr einer Verunreinigung herkömmlicher oder biologisch gezüchteter Kartoffeln angebaut werden. Zitat: „Aber daran hätte BASF nichts verdient, die zudem einen Türöffner für diese umstrittene Technik brauchte“, meint der frühere Agrarprofessor von der Linksfraktion

(Wolfgang Griese, DIE LINKE: Immer noch. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

und fügt kritisch hinzu, Zitat: „Gentechnikfrei produzierende Landwirte in der Nachbarschaft des AmfloraAnbaus können von ihrem Recht der Wahlfreiheit nicht mehr Gebrauch machen, da die Verbreitung der gentechnisch veränderten Kartoffel jederzeit möglich ist.“ Zitatende.

Richtig, Bürger Tack, aber nicht radikal genug. Wenn der von der EU erlaubte von Landwirten frei gewählte Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen dazu führt, dass andere Landwirte vom Recht der Wahlfreiheit nicht mehr Gebrauch machen können, weil die Verbreitung der Gentechnikorganismen jederzeit möglich ist, dann muss die Verbreitung dieser Technologie verboten und eine Zu widerhandlung unter schwere Strafen gestellt werden,

(Udo Pastörs, NPD: Genauso ist es, richtig.)

denn nicht nur die Verbreitung der gentechnisch veränderten Kartoffeln ist jederzeit möglich, die Verbreitung aller gentechnisch veränderten Organismen in der Natur ist irreversibel.

Das behauptet nicht nur die NPD, das beweist auch der kanadische Farmer Percy Schmeiser, der über Jahrzehnte Rapssaaten züchtete und anbaute, bis ihn Monsanto-Genraps um seine Existenz brachte. Percy Schmeiser hielt sich in der letzten Woche in Schwerin auf, trug sich ins Goldene Buch der Stadt Schwerin ein und führte im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Gespräche. Dieser Mann, der viele Jahre mit dem Gentechnikkonzern Monsanto Rechtskämpfe austragen musste, erklärte öffentlich: „Eine Koexistenz zwischen gentechnisch veränderten Organismen und nicht gentechnisch veränderten Organismen ist nicht möglich.“

Diese Erkenntnisse machen das Dogma der Wahlfreiheit zwischen Gentechnik und Nichtgentechnik in der Landwirtschaft, das DIE LINKE am 22. November 2006 auf Drucksache 5/77 in den Landtag einbrachte, zunichte. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob das auch von den LINKEN beklagte Fehlen konkreter Anbauregeln durch das Bundesministerium eine Frage der Stärke ist, dass man nicht handeln will, oder eine Frage der Ohnmacht, dass man nicht handeln kann, weil es schlechterdings unmöglich ist, Anbauregeln zu erlassen, die effektiv und dauerhaft eine Verunreinigung von Umwelt, Nahrungs- und Futtermitteln mit Gentechnikorganismen verhindern.

Diese unsere Haltung, die wir vom ersten Tage an im Parlament hier vertreten haben, wird auch vom Bündnis 90/Die Grünen geteilt. Zitat: „Mit der Zulassung der Amflora als Industriekartoffel ist sie noch lange nicht als Lebensmittel zugelassen. Jedoch lassen sich Industrie- und Nahrungskartoffeln nicht sauber voneinander trennen. … Und nicht zuletzt lässt sich eine Verschleppung durch Tiere/Menschen im Freiland nicht ausschließen“, erklärt Jutta Gerkan vom Bündnis 90/Die Grünen.

Ihre Parteikollegin Claudia Schulz schlägt in dieselbe Kerbe. Zitat: „Die Genkartoffel ist ein Risiko für die Menschen und die Landwirtschaft. … Bereits der Versuchsanbau in den letzten Jahren hat gezeigt, dass die Masse der Menschen Gentechnik in der Landwirtschaft ablehnt. Ein zuverlässiger Anbau wurde nicht realisiert, sondern es wurden falsche Flächen bebaut und die Kartoffeln nach der Ernte entgegen den Vorgaben auf dem offenen Acker liegen gelassen.“ Zitatende. Ich selbst konnte mich davon auch persönlich überzeugen.

(Ute Schildt, SPD: Hat er gesammelt?)

Dann kündigt Claudia Schulz einen konsequenten Widerstand gegen den Amflora-Anbau an. Zitat: „Wir werden uns mit Protesten und Veranstaltungen gegen die Einführung der Gentechnik-Kartoffel wehren und wir fordern Landwirtschaftsminister Backhaus auf,“

(Ute Schildt, SPD: Na so was! Gute Idee!)

„sich für einen Anbaustopp einzusetzen. Zudem werden wir namhafte Kartoffelverarbeiter im Land anfragen, wie sie zukünftig eine gentechnikfreie Produktion“ vorstellen beziehungsweise „gewährleisten werden.“ Zitatende. Eine Radikalität, die uns Nationaldemokraten Respekt abfordert. Ihnen auch von den Blockparteien?

Wer ist denn der Nutznießer dieser Technologie? Wer verliert durch sie? Cui bono, heißt die Frage. „Profi tieren wird davon lediglich der Chemie-Konzern BASF als Besit

zer...“, also Inhaber der Patentrechte der Gentechnikkartoffel Amflora, „der die Zulassung bei der EU durchgedrückt hat“, können wir in der Pressemitteilung von „MVregio“ vom 2. März zur Haltung von Bündnis 90/Die Grünen lesen. Weiter heißt es zu deren Ansichten, Zitat: „Für Verbraucher und Landwirtschaft ergeben sich nur Nachteile. Bioprodukte sind gentechnikfrei. In Zukunft wird es aber umfangreiche Analysen geben müssen, um diese Gentechnikfreiheit nachzuweisen. Auch die Hersteller von Qualitätsprodukten aus Kartoffeln werden entsprechende Nachweisverfahren einführen müssen. Selbst die europäische Fachbehörde EFSA räumt ein, dass mit gentechnischen Verunreinigungen durch den Anbau und die Verarbeitung zu rechnen ist. Die Folgen und die Kosten trägt der Verbraucher.“ Zitatende.

Ganz anders Bürger von Storch, Zitat: „Es ist gut, dass der Anbau dieser in ihren Eigenschaften optimierten Kartoffelsorte“ – ich glaube, das Wort „optimiert“ haben wir heute schon mal gehört – „zur Verwendung in der Papierherstellung oder in der Klebstoffproduktion nun erfolgen kann.“ Der CDU-Abgeordnete behauptet, Zitat: „Der gestrigen Genehmigung des Anbaus zu industriellen Zwecken ging eine lange, intensive wissenschaftliche Prüfung voraus. Insoweit war die Entscheidung überfällig.“ Zitatende. Wie aber sieht die lange, intensive wissenschaftliche Prüfung aus, Bürger von Storch? Hören wir doch mal, was die anderen Abgeordneten der etablierten Parteien dazu zu sagen haben.

Nun noch einige neue Daten, die sich in den letzten Tagen ereignet haben:

Österreich hat gestern ein Verbot der Amflora-Kartoffel auf nationaler Basis erlassen. Grundlage dafür ist das Resistenzmarkergen Kanamyacin. Eine EU-Verordnung verbietet eigentlich den Anbau von Organismen mit Resistenzmarkergenen in der freien Umwelt.

Ungarn will gegen die EU-Zulassung, die die EU-Kommission ja am 2. März erlassen hat, die Freisetzung, direkt klagen. Dies wäre übrigens auch für unser Land bis zum 23. Mai dieses Jahres möglich. Übrigens Jobbik, die jetzt neuerdings im Parlament vertreten ist, unterstützt das Anbauverbot von Amflora.

Polen hat den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen im Umkreis von Bienenvölkern verboten, sodass de facto in Polen überhaupt kein Anbau möglich ist.

Und es gibt noch etwas völlig Neues: Monsanto hat jetzt einen Antrag gestellt auf Patentrechtsschutz von Organismen, die gentechnisch veränderte Pflanzen zu sich nehmen. Also wenn Schweine mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert werden, was ja auch in Deutschland der Fall ist, dann sollen diese Tiere künftig patentrechtlich geschützt werden. Nun stellen Sie sich mal vor, werte Abgeordnete, Sie essen Tofu aus gentechnisch verändertem Soja, ohne dass Sie das wissen, dann müsste ja Monsanto konsequenterweise auch ein Patentrecht künftig auf Landtagsabgeordnete im Landtag Mecklenburg-Vorpommern haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

(Udo Pastörs, NPD: Absolut lohnender Patentschutz.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz gegen meine Gewohnheit möchte ich meinen Redebeitrag mit einem Zitat beginnen.

(Detlef Müller, SPD: Sehr gut. – Marc Reinhardt, CDU: Oha! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)