Um den Auftrag zum Erhalt eines landesweit ausgewogenen und flächendeckenden Schulnetzes für die beruflichen Schulen zu erfüllen und um die Auszubildenden nach Möglichkeit auch – auch davon haben Sie gesprochen – in der Region zu beschulen, in der sich ihre betriebliche Ausbildungseinrichtung oder ihr Wohnsitz befindet, ist zunehmend eine Orientierung auf die Bildung von regionalen Berufsgruppenklassen, das heißt die Zusammenfassung affiner Ausbildungsberufe, erforderlich – man kann vielleicht auch sagen, leider erforderlich. So werden von den 179 dualen Ausbildungs berufen in Mecklenburg-Vorpommern bereits 72 Berufe in Landesfachklassen, das heißt an einem Standort, unterrichtet.
Daneben gibt es die sogenannten – in Anführungszeichen – Splitterberufe, das heißt bundesweite Fachklassen, die im Blockunterricht beschult werden. Die Ausbildung in „Splitterberufen“ ist neben dem Schüler rückgang auf eine Überspezialisierung in der dualen Berufsausbildung zurückzuführen. Bundesweit haben sich Ausbildungsberufe entwickelt, die über Nischen berufe nicht hinauskommen. Neue Ausbildungsberufe mit sehr engem Qualifikationsprofil werden geschaffen, während der Anteil der Querschnittsberufe reduziert wird. Dies führt dazu, dass der duale Partner Berufsschule ein qualitativ hochwertiges Bildungsangebot in der Fläche wirklich nur schwer vorhalten kann.
Ich will erwähnen, dass aus diesen Gründen die Kultusminister der Länder die Einhaltung des Grundsatzes einer breit angelegten beruflichen Grundbildung oder von breit angelegten gemeinsamen Kern- und grundlegenden Fachqualifikationen bei der Neuordnung von inhaltlich verwandten Ausbildungsberufen gefordert haben. Des Weiteren sind Neuordnungsverfahren für
anerkannte Ausbildungsberufe an eine zu erwartende Mindestanzahl von Auszubildenden gebunden. Dadurch ist eine systematische Reduzierung der Zahl der Berufe ohne Aufgabe, und darum geht es natürlich auch, des bewährten Berufsprinzips möglich. Durch die breite Qualifikation auf der Basis von Berufsgruppen und darauf aufbauenden Spezialisierungsmöglichkeiten wird eine ortsnahe Beschulung erleichtert.
Zum Kern Ihres Antrages, Frau Lück: Von den Schülerinnen und Schülern, die weite Wege zur Berufsschule zurücklegen beziehungsweise eine auswärtige Unterkunft in Anspruch nehmen, erhalten einige auf Antrag von der Agentur für Arbeit Berufsausbildungsbeihilfe. Bei hilfeberechtigt sind Auszubildende, wenn sie während der Ausbildung nicht bei den Eltern wohnen können, weil der Ausbildungsbetrieb vom Elternhaus so weit entfernt ist. Die Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe berücksichtigt jedoch – und davon haben Sie auch gesprochen – keine zusätzlichen Kosten wie Fahrtkosten und Kosten für die auswärtige Unterkunft, die in regelmäßigen Abständen für den ortsfernen Blockunterricht an einer Berufsschule anfallen. Ich glaube, da sind wir uns einig, dass das nicht gerecht sein kann. Die Auszubildenden, die nur während des Berufsschulunterrichts eine auswärtige Unterkunft benötigen, bleiben bei der Berufsausbildungsbeihilfe ganz unberücksichtigt.
An dieser Stelle, damit Sie auch alle das Gefühl bekommen, wie schwierig das Problem ist, wenn wir es dann lösen wollen, sollten wir auch noch kurz einen Rückblick auf frühere Maßnahmen des Bildungsministeriums zur Unterstützung der Auszubildenden werfen:
Mit dem Schuljahr 1991/1992 wurden die Richtlinien über die Zuschüsse des Landes Mecklenburg-Vorpommern für Berufsschüler bei Unterbringung in Internaten eingeführt. Landeszuschüsse konnten danach für Berufsschüler gezahlt werden, die aufgrund ihres Ausbildungsverhältnisses Bezirksfachklassen, Landesfachklassen beziehungsweise – darüber haben wir jetzt auch gesprochen – Fachklassen in anderen Bundesländern besuchen mussten, wobei die tägliche An- und Abreise zur Berufsschule nicht zumutbar sein durfte. Zuschussfähig waren die über einen Eigenanteil – damals von 5 DM – hinausgehenden Kosten für Unterkunft und Verpflegung bis maximal 20 DM pro Übernachtung.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1994 waren nur noch die notwendigen Aufwendungen für die auswärtige Unterkunft während der Berufsschulzeiten zuschussfähig. Aufwendungen für Verpflegung wurden nicht mehr erstattet. Von 1994 bis 2000 betrug der Zuschuss an die Berufsschüler dann leider nur noch 50 Prozent der nachgewiesenen Aufwendungen, für die Unterkunft jedoch höchstens 10 DM je Unterbringungstag. Und diese freiwillige Leistung an die Berufsschüler wurde – Sie werden sich vielleicht daran erinnern – zum 31. Dezember 2000 außer Kraft gesetzt. Das heißt, für das Land besteht seither keine gesetzliche Verpflichtung zur Gewährung von Zuschüssen beim Besuch von Landes- beziehungsweise Bundesfachklassen während des Blockunterrichts.
Für eine freiwillige Leistung stehen dem Bildungsministerium im Doppelhaushalt 2010/2011 keine Haushaltsmittel zur Verfügung. Dennoch, die Finanzierbarkeit der beruflichen Ausbildung muss für jeden Jugendlichen
in unserem Land gewährleistet sein, um die Chancengleichheit sicherzustellen. Hinzu kommt, dass der starke Rückgang der Schülerabgangszahlen sowie der Anstieg altersbedingter Personalabgänge in einigen Berufsbereichen zu einem knapper werdenden Fachkräfteangebot führen. Auch das haben Sie hier angeführt.
Aus diesen Gründen sehe ich eine gemeinsame Verpflichtung – und ich glaube, das sollten wir uns alle auf die Fahnen schreiben – des Landes, des Parlamentes, der Wirtschaft und der Ausbildungsbetriebe, die Auszubildenden angemessen finanziell zu unterstützen,
weil ich einfach glaube, einer alleine wird es zum jetzigen Zeitpunkt, so ehrlich muss man einfach sein, nicht leisten können, dass die Ausbildungsorte durch die Jugendlichen erreicht und die Kosten für notwendige auswärtige Unterbringung beglichen werden können. Alle an der Bildung Beteiligten müssen sich dazu verständigen, Möglichkeiten und Formen der finanziellen Unterstützung zu finden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf der Grundlage der zuletzt gewährten Zuschüsse, damit man auch ein Gefühl dafür bekommt, also heute circa 5 Euro je Unterbringungstag, hat das Bildungsministerium für die Wiedereinführung der Richtlinie einen Mittelbedarf in der Größenordnung von circa 1 Million Euro prognostiziert. Bei 3.000 Schülern – der Stichtag ist der 05.11.2008 nach der amtlichen Schulstatistik – und zwölf Stunden Berufsschulunterricht pro Woche gemäß Berufsschulverordnung müssen die Schüler bei Unterricht in Blockform für 70 Tage einen Zuschuss erhalten. Auf diese Größenordnung muss man sich auch in Zukunft einstellen, da trotz sinkender Schülerzahlen durch die Konzentration der Berufsschulstandorte die Zahl der Berufsschüler, die weitere Wege zurücklegen müssen beziehungsweise eine auswärtige Unterkunft benötigen, mit Sicherheit weiter ansteigen wird.
Das Problem der finanziellen Unterstützung von Berufsschülern während des Blockunterrichts bei notwendiger auswärtiger Unterbringung ist im Übrigen auch kein landes spezifisches Problem, sondern betrifft alle Bundesländer. Auch Sie haben es schon angeführt, eine Ländersynopse zeigt, dass zehn Bundesländer den Berufsschülern Zuschüsse gewähren. Mit einer Unterstützung von 5 Euro pro Tag – auch darüber muss man sich im Klaren sein – würde Mecklenburg-Vorpommern zwar am unteren Ende im Ländervergleich liegen, aber wir würden ein deutliches Signal für unsere Jugend setzen.
Ich will auch darauf verweisen, dass die Wirtschaftsministerien und Wirtschaftsminister der Länder auf der Sitzung des Bund-Länder-Arbeitskreises Berufliche Bildung im Jahr 2010 über die Maßnahmen zur Erreichung des 10-Prozent-Ziels für Bildung und Forschung im Rahmen der Qualifizierungsinitiative für Deutschland beraten und eigene Vorschläge gemacht haben.
Dazu zählt unter anderem der Vorschlag, Zitat, „die Reise- und Unterkunftskosten für Ausbildungsverhältnisse mit betriebsfernen Lernorten zu unterstützen“.
Sehr geehrte Landtagsabgeordnete, da wir zukünftig jeden Jugendlichen in der Wirtschaft benötigen, um den Fachkräftebedarf zu sichern, müssen wir gemeinsam nach Unterstützungsmöglichkeiten für unsere Auszubil
denden suchen. Dabei ist die Wirtschaft genauso gefragt wie die Landesregierung. Bei Auszubildenden, die mit nur wenigen Hundert Euro Ausbildungsvergütung auskommen müssen, sollten demzufolge wir alle, aber eben auch die Ausbildungsbetriebe prüfen, ob hier eine Übernahme oder anteilige Übernahme der Fahrkosten beziehungsweise der Internatskosten oder aber eine Fahrkosten- beziehungsweise Internatskostenbeihilfe oder eine angemessene Ausbildungsvergütung möglich ist.
Ich will ganz deutlich sagen: Ich beabsichtige, im Rahmen der Haushaltsverhandlungen für den nächsten Doppelhaushalt 2012/2013 in Abstimmung mit dem Wirtschafts- und Finanzministerium eine Wiedereinführung der Richtlinie über Zuschüsse des Landes für Berufsschüler bei notwendiger auswärtiger Unterbringung zu prüfen. Und ich glaube, wenn das Ziel dann darin besteht, dass alle hier zu einem gemeinsamen Topf beitragen können, um es einmal so zu nennen, die Wirtschaft, das Parlament, die Landesregierung und auch weitere Partner, dann wäre es ein gutes Zeichen.
Und ich gebe Ihnen recht, wir haben, wenn Sie sich die Fälle im Einzelnen angucken, Fälle, die wirklich nicht mehr zumutbar sind, insofern keine Chancensicherheit. Aber auch mit dem Blick auf das, was wir jetzt tun können, hier einen Einstieg zu finden, glaube ich, sollte uns ein großer Konsens einen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Meine Fraktion findet, das ist ein wichtiges Thema, was Frau Lück da angesprochen hat, aber es ist etwas eng fokussiert. Es geht ja nicht nur darum, wie entlastet man im Bereich der beruflichen Bildung die Auszubildenden von den Unterkunftskosten, sondern wenn wir uns den Bereich der beruflichen Bildung ansehen, dann gibt es ja noch ein paar andere Frage stellungen, die man beantworten muss.
Wie sieht es beispielsweise aus mit der Berufsschullehrerbildung? Man hat ja in den letzten Tagen in den Medien lesen können, dass es da durchaus Schwierigkeiten gibt, Nachwuchsprobleme.
Wir bilden in Mecklenburg-Vorpommern solche Leute nicht mehr aus, haben aber einen dringenden Bedarf an der Stelle.
Der zweite Punkt ist die Frage: Ist es denn richtig, dass für die Planung der Berufsschulstandorte die regionalen Planungsverbünde verantwortlich sind? Der Bereich Schwerin ist angesprochen worden. Hier wird man sich nicht einig. Die Stadt kloppt sich mit den Landkreisen. Also ist die Frage zu beantworten: Ist diese Aufgabe in den regionalen Planungsverbänden überhaupt richtig angesiedelt oder muss das nicht hochgezogen werden auf die Landesebene, damit man hier, ich sage mal, eine Berufsschulstandortplanung realisiert, die den Landesvorstellungen entspricht und die auch sachgerecht ist?
Der dritte Punkt, den ich ansprechen will, ist die Frage von Durchlässigkeit von Bildung. Wir reden ja immer dar
über, dass Bildung durchlässig sein muss, das heißt, jemand mit einem Berufsabschluss muss die Möglichkeit haben, möglichst am selben Standort auch weiterkommen zu können, Fachhochschulabschluss und so weiter und so fort. Werden unsere Berufsschulstandorte solchen Anforderungen gerecht?
Und deswegen stelle ich hier heute den Antrag, diesen Antrag zu überweisen, und zwar federführend in den Bildungsausschuss, aber auch in den Wirtschaftsausschuss und in den Finanzausschuss. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Dass wir das zum Feierabend noch erleben dürfen, Herr Heydorn!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wichtig das Thema der beruflichen Bildung ist, haben wir heute mehrfach an diskutiert. Es ist aber schon ein erstaunlicher Prozess, der uns begleitet mit diesem Antrag, und ich will die Widersprüche einfach einmal aufdecken, damit wir auch ehrlich zueinander sind und auch ehrlich eine Debatte führen.
Zur ersten Wahrheit, es ist mehrfach angesprochen worden, gehört, dass der Antragsteller selber, die Fraktion DIE LINKE, im Jahre 2000 die bisherige Förderung, die dort seit 1995 möglich gewesen ist, aufgrund haushalterischer Zwänge abgeschafft hat.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, und danach wurde das Berufsausbildungsförderungsgesetz geändert und das war auf Bundesebene, da konnten wir nichts für. – Zurufe von Regine Lück, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)
Die zweite Wahrheit, die man dazu sagen muss, ist, dass sowohl die Kollegen der LINKEN als auch die Kollegen der SPD aus ihrer politischen Überzeugung heraus seit Monaten durchs Land laufen und das Bild des Unternehmers, der eine unangemessene Ausbildungsvergütung bezahlt an seinen Auszubildenden, zeichnet