Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

Die Veränderungen, die vor zwei Jahren von mir, von anderen Kolleginnen und Kollegen aus der Linksfraktion dargestellt wurden, könnten wir eigentlich dieses Jahr ohne Fehl und Tadel wieder deklarieren. Es gab Probleme in der Höhe der Zuweisung. Ich erinnere an das Protokoll, was uns vorlag, wo zwei Tage vor der Landtagssitzung ein Deal mit den kommunalen Spitzen verbänden gemacht wurde, um endlich Ruhe zu halten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So was gibt es?)

Es gab Probleme fehlender Datenlagen beziehungsweise geeigneter Datenlagen, um bestimmte Dinge mitein ander zu vergleichen. Es gab konkrete Kritiken an der Veränderung der Schlüsselzuweisungen. Es gab eine Kritik daran, dass keine Terminisierung der Altfallregelungen enthalten war und, und, und. Und wenn wir uns den heutigen Gesetzentwurf angucken, müssen wir feststellen, da hat sich eigentlich nichts geändert. Schlimmer noch, es wurde gefragt und gefordert, dass die Datenlage für Sozialhilfe 2008 und 2009 vergleichbar und transparent sein muss.

Was finden wir heute vor? Nicht nur das alles, was unter Sozialhilfe gefasst wurde, einschließlich der Gelder für den Lebensunterhalt und die Gelder der Grundsicherung, wir finden nun auch noch zwischen 2008 und 2009 Bruttosummen, Nettosummen, die nun gar nicht mehr zu vergleichen sind. Es kann verschiedene Probleme geben, das ist klar. Die Datenlage in den Kommunen ist nach wie vor nicht so, dass sie vergleichbar ist. Das haben wir im KSV-Beirat erfahren. Das ist misslich, aber es sind auch zwei Jahre vergangen. Aber man kann auch fragen, auf welche Art und Weise wir in die Lage versetzt werden sollen, können, dürfen, bestimmte Zahlen miteinander zu vergleichen, oder ob man das eigentlich gar nicht will.

Die zweijährige Phase zum Übergang niedrigschwelliger ambulanter Angebote befindet sich jetzt im zweiten Jahr. Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, dass nun angegangen werden soll die bessere Lage für niedrigschwellige Angebote. Wir finden jetzt auch drei Jahre im Gesetz. Wieso? Wir sind im zweiten Jahr der Phase. Und nun wieder drei Jahre? Was ist denn in der vergangenen Zeit gemacht worden?

Wir finden im Gesetz keine Angaben, dass die Schlüsselzahlen geändert werden sollen. Wir hatten aber schon vor zwei Jahren heftige Angriffe, dass es so nicht geht. Wir haben das Problem der kreisfreien Städte und der kreisangehörigen Städte, der Landkreise, aber es wird nicht angegangen. Sie haben gerade selber gesagt, 2013 erfolgt eine umfangreiche Novellierung, da wird es dann angegangen. Wir haben Anhörungen gehabt, wir haben Treffen mit kommunalen Spitzenverbänden gehabt und wir wissen, wie eigentlich was miteinander verzahnt, bearbeitet, gemacht werden soll. Warum wird das nicht angegangen?

Für mich stellt sich das so dar, dass die rot-schwarze Regierung einfach nicht in der Lage ist, in dieser Legislaturperiode diese Probleme zu lösen. Das kann sie auch nicht, denn die Datenlage ist nach wie vor konfus, was auch von denen angemahnt und dargestellt wird, die mit dem Sozialhilfefinanzierungsgesetz ganz dicht in der Praxis zu tun haben, nämlich zum Beispiel von den Trägern von den kommunalen Spitzenverbänden und auch von den Mitgliedern des Beirates des Kommunalen Sozialverbandes.

Frau Ministerin, wenn Sie hier sagen, er soll abgeschafft werden, dann frage ich ganz besorgt: Was wissen Sie

von den Unterlagen, die im Beirat des Kommunalen Sozialverbandes erarbeitet worden sind? Herr Heydorn ist Vorsitzender, Frau Tegtmeier ist auch dabei, Herr Grabow ist auch dabei, ich bin auch dabei als die Vertreter aus dem Parlament. Wie stellt sich das so dar? Wir haben selbst Vorschläge gemacht, auf welche Art und Weise der Beirat weiterarbeiten muss, denn das ist letztendlich die einzige Möglichkeit, die wir als Parlament im Beirat haben, bei diesen und jenen Dingen noch eingreifen zu können. Und der Beirat war mitnichten für irgendwelche Anfangsphasen geplant, er war als stetiges Gremium geplant, um zu gucken, zu analysieren, Vorschläge zu machen, auf welche Art und Weise mit den Geldern umgegangen werden muss, umgegangen werden kann, wo andere Dinge angesprochen werden müssen und so weiter und so fort.

Ich will nicht so sehr in die Tiefe gehen, nur eins noch, die Pflegestützpunkte. Sie haben sie selber angesprochen. Im Gesetzentwurf lesen wir, dass die Pflegestützpunkte im ersten Quartal des Jahres 2010 aufgebaut werden sollen, dass die Allgemeinverfügung da erlassen werden soll. Das können wir nun ohne Probleme aus dem Gesetzentwurf streichen, wenn die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern die gleiche Zeitrechnung hat, wie wir alle: ein Quartal gleich drei Monate! Sollte eine andere Zeitrechnung existieren, bitte ich, dass wir darüber informiert werden.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Es geht nur um die Frage des Quartals welchen Jahres.)

Vielleicht ist es dann auch möglich, dass ich mich nicht immer hier herstellen und sagen muss, wieder unpünktlich, wieder zu spät. Andere sagen das auch. Vielleicht ist es ja nach der Zeitrechnung des Parlamentes so, dass ein Quartal einfach mehr Monate hat.

Fakt ist aber, wenn Sie jetzt hier gerade gesagt haben, voraussichtlich im zweiten Quartal, dann habe ich genau das gleiche Problem wie andere Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Haus auch, wie vor allem die betroffenen Bürger in unserem Land. Zweites Quartal, das bedeutet 30. Juni dieses Jahres. Das bedeutet, wir haben ein halbes Jahr, was die Krankenkassen, die Pflegekassen nutzen können, um Pflegestützpunkte einzurichten. Wir müssen ein Steuergremium haben, die Verträge müssen geschlossen werden und, und, und.

Wir wissen im Vorfeld schon, dass die 750.000 Euro nicht ausreichen, die sind nur zur Anfütterung. Wir wissen auch, das können wir uns an fünf Fingern abzählen, dass dann, wenn vielleicht zum 1. Januar des kommenden Jahres Pflegestützpunkte da und dort existieren, ich sage nicht überall, sondern da und dort, im End effekt die Kommunen auf die einmalige Zuweisung, die sie noch bekommen können, auch verzichten können, weil sie im Endeffekt sowieso nicht reicht. Eigentlich, müssen wir feststellen, ist in Richtung Pflegestützpunkte, auch durch dieses Gesetz, durch diesen Entwurf nichts Positives entstanden.

Ich will damit zum Ende kommen. Ich freue mich auf die Anhörung. Ich denke, zu den Kritiken, die ich jetzt angebracht habe in Richtung der Probleme, die 2008 schon bestanden, die jetzt auch nicht angefasst wurden, die weiterhin existieren, werden wir in der Anhörung Etliches zu hören bekommen. Es gibt ganz einfach Dinge, die dulden keinen Aufschub, denn die Menschen sind da und

die Kommunen mit ihren Aufgaben sind da, die können nicht irgendetwas aufschieben. Vielleicht ist es ja günstig, wenn die Regierung einen Regenschirm aufmacht, der dann irgendwas auffangen soll. Ich denke, hier gibt es viel zu arbeiten, viel zu verändern, viel noch so zu definieren, dass es auch handhabbar wird. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Specht für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute nur in Erster Lesung mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Sozialhilfe finanzierungsgesetzes. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei ohnehin um ein weitestgehend technisches Gesetz. So werden auf der Basis der erhobenen Daten des Jahres 2008 die Gesamtzuweisungen für die Jahre 2010 und 2011 und die gesetzlichen Fristen für die zukünftigen Anpassungen fortgeschrieben. Die Höhe der Gesamtzuweisungen und die Verteilung nach dem voraussichtlichen Gesamtbedarf sind bereits im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2010/2011 erfolgt und auch entsprechende Beschlussfassungen sind dort getroffen worden. Demzufolge haben wir hier im Grunde für die Übergangszeit von zwei Jahren lediglich eine Zuordnung der Gesamtzuweisungen. Großen politischen Diskussionsbedarf vermag ich da nicht zu erkennen. Ich lass mich aber gerne in den Ausschussberatungen eines Besseren belehren.

Frau Müller, soweit Sie mangelnde Transparenz im Zusammenhang mit dem vorgelegten Zahlenwerk rügen, gehe ich davon aus, dass dort auch im Rahmen der Beratungen im Sozialausschuss Abhilfe geschaffen werden kann.

(Irene Müller, DIE LINKE: Da müssen wir erst mal die Datenlage sortieren.)

Im Hinblick auf Artikel 2 des Gesetzentwurfes sehen wir von der CDU es als richtig an, dass der KSV-Beirat aufgelöst wird. Wir teilen dort die Auffassung der Landesregierung, dass die Fortführung des KSV-Beirates nicht zielführend ist. Wir begrüßen vielmehr die Auflösung des Beirates als einen Teil der Entbürokratisierung und eine Minimierung des Verwaltungsaufwandes.

(Irene Müller, DIE LINKE: Damit der KSV machen kann, was er will. Klasse!)

Es bleibt dem Kommunalen Sozialverband und auch dem Ministerium weiterhin unbenommen, sich dort bei der Weiterentwicklung der Sozialhilfefinanzierung durch externen Sachverstand anlassbezogen beraten zu lassen. Ich gehe davon aus, das wird dann auch wahrgenommen werden.

Meine Damen und Herren, Artikel 3 des Gesetzentwurfes befasst sich dann letztendlich mit der Neufassung des Landespflegegesetzes, insbesondere die Einrichtung von Pflegestützpunkten. Dies ist auch Grundlage von Paragraf 92c SGB XI. An dem Punkt wird sicherlich in den Ausschüssen noch Beratungsbedarf be stehen, wie und in welcher Form der Aufbau der Pflegestützpunkte vorangetrieben werden kann. Auch hier

bittet die CDU um Überweisung in den Sozialausschuss. Ich gehe davon aus, dann dort eine gute Beratung zu haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Specht.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Grabow für die Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An dieser Stelle möchte ich auch die Gäste im Zuschauerraum begrüßen, die dieses Thema sehr interessiert, das heißt, mehrere Träger.

Ich würde jetzt nicht gerne noch einmal auf Einzelheiten eingehen. Herr Specht, leider werden Sie mitbekommen, auch wenn es so aussieht, dass dieses Gesetz wenig Würze hat, es wird die nötige Würze bekommen. Ich werde gleich einmal in das Thema einsteigen.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Ich glaube, KSV-Beirat war hier so ein Stichpunkt, bei dem ich deutlich sage, am liebsten würde ich Frau Seemann jetzt nach vorne bitten und sagen, lassen Sie uns dieses Thema noch einmal beide zusammen machen.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Sie waren damals diejenige, die das mit Engagiertheit eingebracht hat. Ich kann mich an meine Zeit des KSV-Beirates erinnern. Das wird Ihnen vielleicht nichts sagen, aber die 28-Tage-Regelung haben Sie als Parlament hier acht Jahre lang in Anträgen gehabt. Das hat der jetzige KSV-Beirat gelöst bekommen. Also ist das nichts? Wir haben erreicht, dass Eltern ihre Kinder länger aus Einrichtungen ohne die Urlaubsregelung holen können. Und wir haben erreicht, dass mehr Familie passiert. Ist das nichts? Das sind die Zahlen, die da entstanden sind.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ja.)

Ich glaube, der KSV-Beirat ist das einzige Instrument, um sozial noch mitreden zu können.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und wenn wir das nicht nutzen, dann stehen wir immer nur vor der Tür und sagen: Gebt uns Geld, denn mit reden dürfen wir nicht.

Ich glaube, dass das Gesetz hätte so gar nicht kommen müssen, sondern erst nächstes Jahr. Im Endeffekt haben wir nichts weiter drin, leider Gottes! Wir sind nicht mal auf Ambulantisierung eingegangen, obwohl wir die Chance dazu gehabt hätten.

Herr Heydorn, wir hatten am 19.12.2008 – und ich habe mir das mal rausziehen lassen – einen FDP-Antrag: „Entwicklungskonzept für eine Politik für Menschen mit Behinderungen“. Wenn wir damals angefangen hätten zu arbeiten, dann hätten wir heute Zahlen. Wir hätten dann darüber reden können und gucken, wo klemmt die Schere, wo können wir uns im Ambulantisierungsbereich deutlich verbessern.

Wir haben also auf Deutsch gesagt fast zwei Jahre verschenkt. Wir bekommen jetzt irgendwann im Juli die Zahlen. Wir hätten längst Zahlen. Und wenn wir über die Zahlen reden, über die Millionen, ich glaube, es müsste sich deutlich herumgesprochen haben, dass wir stei

gende Zahlen haben. Ich habe hier noch Zahlen von 2007. Aber wer es vor einem halben Jahr verfolgt hat, der hat mitbekommen, es gibt steigende Zahlen von Menschen mit Behinderungen. Es gibt sie vielleicht mit unterschiedlicher Behinderung, es gibt vielleicht den Rollstuhlfahrer nicht mehr, aber wir haben eine ganz große Gruppe verhaltensauffälliger Jugendlicher.

Wir haben gerade letzte Woche in der Obleuterunde zwei unverdächtige Damen gehabt, weil man immer Angst hat, die Träger wären da diejenigen, nein, es waren die Psychiatriekoordinatoren der Hansestadt Rostock und Ostvorpommerns. Die junge Frau aus Ostvorpommern hat deutlich gesagt, sie haben steigende Zahlen von verhaltensauffälligen Jugendlichen, die jetzt in die Werkstätten gehen. Das finde ich hier nicht. Ich finde auch nicht, wenn wir uns die Steigerungsraten nur mal anschauen, und das ist reine Mathematik, was Lohnsteigerungen anbetrifft, was in den letzten Jahren auf diesem Gebiet passiert ist. Dann sage ich immer klar, dem KSV kann man auch ein Lob aussprechen, denn er hat mehr oder weniger dafür gesorgt, dass die Kosten sehr gedeckelt worden sind. Und wenn wir auf der anderen Seite oft von Mindestlohn reden, dann müssen wir uns ehrlich in die Augen gucken und uns fragen: Können die Träger das bezahlen? Ist der Pflegekostensatz so hoch?

Insofern würde ich mich freuen, wenn eine spannende Diskussion in den Ausschüssen passiert, werden wir das Thema Ambulantisierung noch mal hochkant nehmen und wirklich überlegen, ist da nicht mehr drin,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

kann man nicht mehr Menschen ermöglichen, ambulant zu leben, eigenständig zu leben. Meine Bitte dazu lautet: Lassen Sie uns das gemeinschaftlich im Ausschuss beraten.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist ja nicht gewollt.)

Ich habe noch eine Bitte: Frau Seemann, ich lade Sie dort als Fachexperte ein nur für das Thema KSV-Beirat.