Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich sehe mich doch gezwungen, noch mal ans Rednerpult zu kommen.
Herr Roolf, ich habe den Eindruck, dass Sie die Dinge nicht richtig verlinkt haben. Es gibt auf der Bundesebene das verabschiedete Wachstumsbeschleunigungsgesetz, verabschiedet durch die CDU zusammen mit der FDP. Dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz führt dazu, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2010 30 Millionen Euro an Steuereinnahmen weniger hat. 30 Millionen, 30 Millionen Euro!
Natürlich, die Debatte wird doch hier reingetragen. Es kann doch nicht sein, dass jemand kommt, der auf der Bundesebene dafür verantwortlich ist, dass über Steuersenkung gesprochen wird und den öffentlichen Kassen das Geld entzogen wird, dass der Kollege Rüttgers in Nordrhein-Westfalen fast umfällt, weil die ihn in den Wahnsinn treiben, weil er Angst hat, dass er die Wahl nicht mehr gewinnen kann.
Also hier werden wir an den Pranger genagelt, weil wir nicht genug für die Elternentlastung tun und weil wir nicht genug tun für die Qualität. Das ist doch eine absurde Vorstellung. Ich kann doch nicht auf der einen Seite sagen, ich plädiere für immer weniger Staat, und auf der anderen Seite wird immer mehr Staat gefordert.
Es wird gesagt, wir müssen die Qualität verbessern und wir müssen die Elternbeiträge runterdrücken. Jeder weiß doch, dass Kindertagesstätten und Schulen im Wesentlichen aus Steuereinnahmen finanziert werden. Wie soll das denn noch möglich sein, wenn diese Dinge immer weiter abgesenkt werden?
Ich kann mich doch nicht ans Mikrofon stellen und mit pastoral ernstem Gesicht über die Elternbelastung reden und auf der anderen Seite derjenige sein, der für steigende Elternbelastung selbst die Verantwortung trägt.
Wie soll das denn gehen? Also das sind Dinge, die wir hier nicht so akzeptieren können. Das geht nicht, da muss man deutlich widersprechen. Gehen Sie in Richtung Berlin, Herr Roolf! Sorgen Sie nicht dafür, dass die Hotels bessergestellt werden, sondern kümmern Sie
Dann kann das auch alles vernünftig gemacht werden. So ist die Realität und so muss es auch benannt werden. Sie müssen die Dinge beieinanderhalten und nicht auf der einen Seite so reden und auf der anderen Seite so. Das passt nicht. Und die Menschen wissen das und erkennen das und werden Ihnen das auch quittieren. Da können Sie sicher sein. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Abgeordneter, es gibt zwei Anfragen, einmal vom Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion und einmal von Frau Dr. Seemann. Sind Sie bereit, die Fragen noch zu beantworten?
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landes regierung auf Drucksache 5/3381 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss, an den Finanzausschuss sowie an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, der LINKEN, der FDP, keinen Gegenstimmen und einigen Stimmenthaltungen bei der Fraktion der NPD angenommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes und anderer Gesetze, auf Drucksache 5/3382.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes und anderer Gesetze (Erste Lesung) – Drucksache 5/3382 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Sozialstaat muss handlungsfähig bleiben. Das gilt für ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern mit seinen sozialen Problemen und Herausforderungen in besonderem Maße. Und deshalb ist die Fortschreibung des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes für das Land und die örtlichen Träger der Sozialhilfe ein wichtiges Thema. Sie wissen alle, dass seit 2002 die Sozialhilfe kommunalisiert worden ist. An die Stelle der Kostenerstattung sind Finanzzuweisungen getreten, damit die Landkreise und kreisfreien Städte die Aufgaben der Sozialhilfe selbst übernehmen können. Ambulante und stationäre Hilfe sind so besser verzahnt worden. Das Verfahren hat sich aus meiner Sicht bewährt.
Die Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden wurden erfolgreich abgeschlossen. Die Träger wis
sen, was sie erwartet und womit sie finanziell rechnen können. Das Sozialhilfefinanzierungsgesetz ist die finanzielle Basis für die Unterstützung derjenigen in unserem Land, die vorübergehend und auch dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind. Und es sind enorme Summen, die wir dafür bereitstellen.
Für das Jahr 2010 wollen wir als Land 263,7 Millionen Euro und für das Jahr 2011 273,6 Millionen Euro für das Sozialhilfefinanzierungsgesetz bereitstellen. Das, meine Damen und Herren, sind enorme Summen. Deshalb wird es auch notwendig sein, das Gesetz weiterzuentwickeln, beispielsweise um niedrigschwellige Betreuungs angebote zu berücksichtigen oder Anreize für die Kommunen zu schaffen, effizienter mit den ihnen zur Verfügung gestellten Finanzmitteln umzugehen. Die vorgelegte Novelle des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes ist demzufolge kein Schlusspunkt, sondern ein weiterer notwendiger Schritt. Spätestens zum 1. Januar 2013 wird eine weitere Fortschreibung deshalb von meinem Haus vorbereitet werden.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das Gesetz legt außerdem fest, dass wir den Landkreisen und kreisfreien Städten 750.000 Euro jährlich für die Einrichtung und den Betrieb von Pflegestützpunkten zur Verfügung stellen. Dies haben dankenswerterweise die Regierungsfraktionen im Rahmen der Haushaltsverhandlungen erreicht. Die Pflegestützpunkte werden in Zukunft von besonderer Bedeutung sein, um pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige gut zu beraten. Der Pflegestützpunkt in Wismar zeigt das bereits. Angesichts des demografischen Wandels wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in unserem Land deutlich zunehmen. Die Einrichtung von Pflegestützpunkten ist deshalb auch eine Antwort auf diese gesellschaftspolitische Heraus forderung.
Der Erlass der Allgemeinverfügung zum Aufbau der Pflege stützpunkte wird durch mein Haus voraussichtlich im zweiten Quartal erfolgen. Die Verhandlungen mit den Beteiligten laufen noch. Finanzzuweisungen des Landes sollen nur die Landkreise und kreisfreien Städte erhalten, die sich an der Trägerschaft eines Pflegestützpunktes beteiligen und dort auch eigenes Personal einsetzen. Die Beteiligung der kommunalen Ebene an den Pflegestützpunkten ist mir besonders wichtig, wie ich eine Beratung aus einer Hand erreichen möchte. Diejenigen, die Beratung suchen, sollen Unterstützung aus einer Hand bekommen und nicht von einem zum anderen geschickt werden.
Ich bin mir darüber im Klaren, dass wir bei einigen Landkreisen und kreisfreien Städten noch Überzeugungsarbeit leisten müssen. Aber ich bin mir sicher, dass letztendlich von einer guten Pflegeberatung auch die Kommunen profitieren werden, wie sie besser steuern können. Im Übrigen stehen pro Pflegestützpunkt, an dem sich eine Kommune beteiligt, einmalige Bundesfördermittel in Höhe von 55.000 Euro bis zur Mitte des nächsten Jahres zur Verfügung. Und auch das sollte ein Anreiz für die Kommunen sein, sich an Pflegestützpunkten zu beteiligen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, mit dem neuen Gesetz bauen wir auch Bürokratie ab. Dazu gehört auch, dass der KSV-Beirat, also der Beirat für den Kommunalen Sozialverband Mecklenburg-Vorpommern, nicht
fortgeführt werden soll. Nun will ich nicht damit sagen, dass der KSV-Beirat in der Vergangenheit Bürokratie war, nein, überhaupt nicht. Der KSV-Beirat hatte eine wichtige Aufgabe bei der Entwicklung der Sozialhilfefinanzierung, aber diese Aufgaben bestehen in dieser institutionellen Form heute nicht mehr. Wir können also auf diese Weise den Verwaltungsaufwand im Ministerium für Soziales und Gesundheit bei der Betreuung des KSV-Beirates einsparen. Und gleichzeitig besteht die Möglichkeit, natürlich externen Sachverstand bei der Weiterentwicklung des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes einzubeziehen. Davon werden wir zu gegebener Zeit Gebrauch machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie es mich abschließend noch einmal sagen: Wir werden das Sozialhilfefinanzierungsgesetz in der nächsten Zeit in enger Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden auf seine Stärken und Schwächen untersuchen. Ziel ist eine Novelle des Gesetzes, die nach 2013, also noch nach dem Abschluss der geplanten Kreisgebietsreform, greifen soll. Das Gesetz, das ich Ihnen heute vorlege, regelt die Finanzzuweisungen bis 2011. Und weil es hier um Leistungen für Menschen geht, die hilfebedürftig sind, auch dauerhaft, ist es so wichtig, dass wir dieses Geld den Kommunen zur Verfügung stellen, um die Leistungen vor Ort, die Hilfen vor Ort anzubieten. Deshalb freue ich mich auf die weiteren Beratungen im Sozialausschuss. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Ministerin, Sie begannen Ihre Rede mit den Worten, dass weitergearbeitet werden muss, deshalb hier dieser Gesetzentwurf. Völlig richtig. Dass es aber nach der Prämisse geschieht, „Pünktlichkeit ist eine Zier, doch weiter komme ich ohne ihr“, ist sehr volkstümlich. Es ist sehr volkstümlich, an diese Punkte heranzugehen, denn eigentlich hätte dieser Gesetzentwurf schon Ende des vergangenen Jahres vorgelegt werden müssen, damit er zum 01.01. dieses Jahres Gültigkeit erhält.
Nun wurde 2008, als das Sozialhilfefinanzierungsgesetz fortgeschrieben wurde, schon mal ein neuer Paragraf eingeführt, wonach es jetzt heißt, wenn ein neues Gesetz noch nicht vorliegt, gilt das alte weiter. Also können und müssen die Kommunen nach alter Art und Weise weiterhin agieren.
Es ist nicht gut für die Arbeit einer Landesregierung, solche Paragrafen einzuführen, solche Sätze einzuführen und damit eine Philosophie darzustellen, dass von vornherein eingerechnet wird, man könnte sich verspäten und die Opposition ja nicht deswegen schimpft. Wir werden es trotzdem sagen, ich habe es heute gesagt: Der Bildungsminister hätte, glaube ich, kopfnotentechnisch dazu sagen müssen: Sechs!