Protokoll der Sitzung vom 11.06.2010

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann kommt die Diktatur, was?!)

Ihr ganzer Aktionismus erinnert schon heute an das ängstliche Pfeifen im Walde. Ihre Programme für Demokratie und Toleranz sind in Wirklichkeit Ausdruck einer tiefen Verunsicherung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nö! – Udo Pastörs, NPD: Bravo!)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3478 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3478 bei Zustimmung durch die Fraktion der NPD und ansonsten Ablehnung durch die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP abgelehnt.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion der NPD hat einen Antrag zum Thema „Sicherung von Kulturschätzen“ vorgelegt, der auf Drucksache 5/3559 verteilt wird. Wir werden diese Vorlage, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach Verteilung an die Mitglieder des Landtages sowie einer angemessenen Zeit für eine Verständi

gung innerhalb und zwischen den Fraktionen nach dem Tagesordnungspunkt 40 aufrufen. Ich werde das Wort zur Begründung dieses Dringlichkeitsantrages erteilen sowie die Abstimmung über dessen Aufsetzung durchführen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 40: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Rechte des Landtages achten – Unterrichtung zur Unterrichtsversorgung endlich vorlegen, auf Drucksache 5/3497.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Rechte des Landtages achten – Unterrichtung zur Unterrichtsversorgung endlich vorlegen – Drucksache 5/3497 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete und Vizepräsident Andreas Bluhm für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! In der Sitzungswoche des Landtages im April haben wir die Unterrichtung der Landesregierung „Bericht zum Stand der Unterrichtsversorgung in Mecklenburg-Vorpommern im 1. Schulhalbjahr 2008/2009 und im abgelaufenen Schuljahr 2008/2009“ auf der Drucksache 5/3369 inhaltlich behandelt. Unserem Antrag, diese Unterrichtung wegen Nichteinhaltung des Beschlusses und Terminüberschreitung zurückzuweisen, wollten die Koalitionsfraktionen nicht folgen. Ich nehme das mal positiv, weil nämlich die Geschäftsordnung ein solches Verfahren nicht vorsieht. Denn ich kann und will mir nicht vorstellen, dass die Abgeordneten der SPD- und CDU-Fraktion wirklich von der Landesregierung und hier insbesondere vom Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur sich so in ihren Rechten beschneiden lassen wollen.

Zur Erinnerung: Artikel 20 der Landesverfassung regelt in Absatz 1, ich zitiere: „Der Landtag ist die gewählte Vertretung des Volkes. Er ist Stätte der politischen Willensbildung. Er wählt den Ministerpräsidenten, übt die gesetzgebende Gewalt aus und kontrolliert die Tätigkeit der Landesregierung und der Landesverwaltung. Er behandelt öffentliche Angelegenheiten.“ Ende des Zitats.

Warum erinnere ich nochmals an die verfassungsmäßigen Aufgaben und Rechte unseres Parlaments? Ich tue dies einerseits aus dem Verständnis meines parlamentarischen Amtes eines Vizepräsidenten und andererseits der Erfahrung aus 20 Jahren parlamentarischer Arbeit hier im Parlament, weil es auf uns alle ankommt, meine Damen und Herren Abgeordnete, für die Einhaltung der Rechte des Parlaments einzutreten. Dazu gehört auch, dass wir fraktionsübergreifend allen Versuchen vorbeugen sollten, die bewusst oder unbewusst dazu führen, die Rechte des Parlaments zu beschränken oder zu beschneiden.

Insofern ist das Beispiel der Unterrichtung zur Unterrichtsversorgung nur eines von Beispielen – Beispielen, die sich während dieser Legislaturperiode förmlich angehäuft haben. Nun könnte man ja meinen, das sei praktisch das Los einer Oppositionsfraktion. Mitnichten, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktion,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Minister sollte jetzt zuhören bei der Rede.)

die Nicht- oder verspätete Erfüllung von Aufträgen des Parlaments durch die Landesregierung trifft Sie ebenso,

(Zuruf von Wolfgang Griese, DIE LINKE)

denn Ihre Anträge oder die Termine der von Ihnen eingebrachten Koalitionsvereinbarungen werden genauso wenig eingehalten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Andreas, warte doch mal, bis der Minister dir sein Ohr schenkt. Er hat andere wichtige Reden zu schwingen.)

Und damit, meine Damen und Herren, sitzen Sie mit uns in einem Boot. Auch Sie werden von Ihrer eigenen Landesregierung offensichtlich genauso brüskiert wie die Angehörigen der Opposition. Willkommen im Klub, kann ich da nur sagen.

Ich will meine Aussage belegen und nenne auch mit Blick auf die Zeit hier nur exemplarische Beispiele.

die Reform der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung, Antrag der Koalitionsfraktionen aus dem Juli 2007, Vorlagetermin spätestens 2009, ein Jahr und fünf Monate Verzug

Gesetzentwurf zur Änderung des Sozialhilfefi nanzierungsgesetzes, notwendige Neuregelung zum 01.01.2008, Einbringung des Gesetzentwurfes in den Landtag Juli 2008, sieben Monate Verzug

Ausführungsgesetz zum Schwangerschaftskonfl iktgesetz, geplante Einbringung viertes Quartal 2009, Einbringungstermin offen, aufl aufend sechs Monate Verzug

Auf die Gesetze zur Rechtsbereinigung des Landeswassergesetzes und des Landesnaturschutzgesetzes mit dem hohen Zeitdruck zur Behandlung im Parlament, damit kein rechtsfreier Raum entsteht, will ich an dieser Stelle nur kurz verweisen.

Lehrkräftebedarfsplanung, Beschluss des Landtages auf Antrag der Koalitionsfraktionen, Vorlage für den Dezember 2009 geplant, dem Landtag am 20. April 2010 zugeleitet

Und auch die mehrfach geübte Praxis, Fakten zu schaffen und erst im Nachgang die gesetzlichen Regelungen vorzulegen beziehungsweise Rechtsvorschriften an die dann faktisch existierende Praxis anzupassen, schadet dem Prinzip der Gewaltenteilung von Parlament und Regierung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich nicht erinnern, dass es in den zurückliegenden Legislaturperioden unabhängig von der jeweiligen Regierungskonstellation zu solch einem Umgang der Landesregierung mit dem Parlament gekommen wäre. Ich will ja gerne zugestehen, dass es Gründe geben kann, zugewiesene oder selbst gesteckte Ziele nicht einzuhalten. Aber dann gehörte es früher zum guten Ton, dass man das Parlament darüber und über die Gründe informiert. Solch eine Entschuldigung oder gar eine Begründung habe ich in keinem Fall gehört.

Meine Damen und Herren Minister, wir sind nicht das Anhängsel oder der verlängerte Arm der Landesregierung, wir hier sind das Parlament Mecklenburg-Vorpommerns.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für besonders bedenklich halte ich, dass die dargestellten Tendenzen ja nicht nur bei uns im Parlament zu erkennen sind, sondern in der Bundesrepublik insgesamt. Auf der

Jahrestagung der Parlamentarischen Gesellschaft aus Anlass ihres 40-jährigen Bestehens sagte Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichtes a. D., sinngemäß, ich zitiere: Die Verlagerung von Gesetzgebungskompetenzen führt zu einem Exekutivföderalismus, der führt zur Entmachtung der Parlamente.

Es scheint an der Zeit zu sein, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir uns fraktionsübergreifend für unseren Verfassungsauftrag und unsere Stellung entsprechend der Landesverfassung starkmachen und dieses gegenüber der Landesregierung deutlich und selbstbewusst vertreten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich bin, wie Sie unschwer feststellen können, meine sehr verehrten Damen und Herren, ziemlich verärgert, und ich meine, auch Sie sollten es sein. Am Beispiel der Unterrichtung zur Unterrichtsversorgung will ich das etwas ausführlicher darstellen, was ich mit der Achtung der Rechte des Parlaments meine.

Am 31. Januar 2008 fragte ich den Bildungsminister in der Fragestunde des Landtages, wann die fehlende Unterrichtung dem Landtag zugeleitet wird. Dem Minister war nach eigener Aussage nicht bekannt, dass er eine solche Berichtspflicht hätte. Meine Auffassung, dass der Bericht auf Grundlage eines Beschlusses des Landtages aus der 4. Legislaturperiode, der auf einen CDU-Antrag, meine Damen und Herren, zurückging, nach Paragraf 113 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages nicht der Diskontinuität anheimgefallen ist, wurde zunächst bestritten. Der Bericht wurde dann im Nachgang für das zweite Halbjahr 2008 angekündigt. Unter Beachtung der Kontinuität der Berichterstattung hätte der Bericht für das Schuljahr 2006/2007 allerdings spätestens im ersten Halbjahr 2008 vorliegen müssen.

Im April 2008 versuchte ich es dann mit einer Kleinen Anfrage. In der Antwort sicherte der Bildungsminister zu, die Unterrichtung bis Mitte/Ende Mai 2008 vorzulegen. Vorgelegt wurde der Bericht dann mit Datum vom 24. Juni, also einen Monat später.

Die bisher vorgelegten Berichte der Landesregierung entsprechen zudem nicht der geltenden Beschlussfassung des Landtages in der 4. Legislaturperiode. Ich möchte vermeiden, das jetzt lange aufzudröseln. Im Kern geht es darum, dass die Landesregierung zweimal zu berichten hat, nämlich zum Abschluss des Schuljahres und zum Schulhalbjahr. Die CDU-Fraktion, ich darf Sie daran erinnern, meine Herren und Damen der CDU-Fraktion, wollte in der 4. Wahlperiode sogar die Berichte vierteljährlich.

Die letzte Unterrichtung datiert vom 01.04.2010, ich hoffe, das Datum ist nur zufällig, befasst sich dann allerdings gleich zweimal mit dem gleichen Schuljahr, nämlich mit dem ersten Schulhalbjahr 2008/2009 und mit dem komplett abgelaufenen Schuljahr 2008/2009. Es hätte aber im September/Oktober 2009 die Unterrichtung über die Unterrichtsversorgung des angelaufenen Schuljahres 2009/2010 unter Berücksichtigung des abgelaufenen Schuljahres 2008/2009 geben müssen und im April dieses Jahres – spätestens im April dieses Jahres! – die Unterrichtung der Landesregierung zur Unterrichtsversorgung im ersten Schulhalbjahr 2009/2010.

Ich kann nur feststellen, bewusst oder unbewusst, das lasse ich mal dahingestellt sein, sind jeweils die Berichte

zum Schulhalbjahr eingespart worden. Und ich fühle mich inzwischen in meinen parlamentarischen Rechten als Abgeordneter massiv beeinträchtigt. Etwas burschikos formuliert könnte ich auch sagen: Ich fühle mich inzwischen hochgradig veräppelt.

(Michael Andrejewski, NPD: Das war unparlamentarisch.)

Hinzu kommt, dass es an Hinweisen von mir nicht gefehlt hat. Was um Himmels willen braucht ein Bildungsminister denn noch, um einen beschlusskonformen Bericht abzuliefern?

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Den Rücktritt!)

Es fällt mir inzwischen wirklich schwer, an ein Versehen zu glauben. Und damit bin ich wieder am Ausgangspunkt meiner Rede. So geht man mit dem Parlament, dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern nicht um!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun könnte man einwenden: Was macht der für ein Gewese? Welche Bedeutung hat denn so eine Unterrichtung? Zunächst ist festzustellen, dass über beschlossene Aufträge durch den Landtag nicht mehr zu diskutieren ist. Man könnte sie höchstens durch einen entsprechenden Beschluss abändern.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und es ist auch nicht zulässig, sie in der geschehenen Art und Weise zu interpretieren.