Auch das barrierefreie Bauen bleibt ein wichtiges Anliegen der Landesbauordnung. Erfreulicherweise hat in den letzten Jahren allgemein die Erkenntnis zugenommen, dass bei öffentlich zugänglichen Gebäuden barrierefreies Bauen gleichsam eine Selbstverständlichkeit ist. Bei Neubauten von Einkaufszentren, Gesundheitseinrichtungen oder Banken, aber auch bei Bauten im Kultur- und Bildungsbereich, Verwaltungsgebäuden, Geldinstituten ist Barrierefreiheit kein Gegenstand von grundsätzlichen Auseinandersetzungen mehr. Im Gebäudebestand sowohl privater Eigentümer als auch der öffentlichen Hand ist eine Menge für die Verbesserung der Zugänglichkeit und Benutzbarkeit für behinderte Menschen getan worden. Diese Entwicklung wollen wir weiter unterstützen.
Mit der Einführung der einheitlichen Definition der Barrierefreiheit für das Bauordnungsrecht wird deutlich gemacht, dass es keinen abweichenden bauordnungsrechtlichen Begriff der Barrierefreiheit gibt. Mit der Ergänzung, dass sich die Barrierefreiheit nicht nur auf den Besucher-, sondern auch auf den Benutzerverkehr bezieht, wird eine Klarstellung erreicht.
Ihre Frage aus der Expertenanhörung, sehr geehrte Abgeordnete, ob der Gesetzentwurf dahin gehend zu interpretieren ist, dass jeder Schulneubau so beschaffen sein muss, dass ihn jeder Schüler, unabhängig von seiner Behinderung, zweckentsprechend nutzen kann, ist damit eindeutig mit Ja zu beantworten.
Die Regelungen für das barrierefreie Bauen werden zudem präzisiert und auf die inzwischen auch in Mecklenburg-Vorpommern als technische Baubestimmung eingeführte neue DIN 18040 hin orientiert. Im Wohnungsneubau finden die Belange von Rollstuhlfahrern nun auch mehr Berücksichtigung als vorher. Das vorliegende Gesetz verlangt die Herstellung barrierefrei erreichbarer Wohnungen schon bei Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohnungen. Jedoch können die vorgeschriebenen barrierefreien Wohnungen, einem Bedürfnis der Praxis folgend, zukünftig flexibler über mehrere Geschosse verteilt angeordnet werden. Abweichungen, die aus Gründen des Denkmalschutzes notwendig sind oder die nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand erfüllt werden können, bedürfen zukünftig eines besonderen schriftlichen Antrags. Verstöße hiergegen stellen künftig eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro geahndet werden, wenn diese Vorschriften nicht beachtet werden.
Ein weiteres wichtiges Thema der Landesbauordnung war und ist die Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Viele neue Regelungen tragen dazu bei, Maßnahmen des Klimaschutzes und der Energieeinsparung zu erleichtern. Ein bedeutender Schritt zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien im Bauordnungsrecht des Landes wird im Ergebnis des Ringens in den Ausschüssen mit der Verfahrensfreistellung von Windkraftanlagen bis zu zehn Metern Höhe außer in reinen und allgemeinen Wohngebieten sowie Mischgebieten erreicht. Gleiches gilt für die Ausweitung der Verfahrensfreistellung bei Solarenergieanlagen auf Dach- und Außenwandflächen. Die Frage, ob die durch die Solaranlage erzeugte Energie dem Eigengebrauch dient oder ins Stromnetz eingespeist wird, spielt bei der Verfahrensfreiheit nun keine Rolle mehr.
Meine Damen und Herren, kein Gesetzentwurf verlässt den Landtag so, wie er eingebracht wurde. Auch dieser hat sozusagen sein Schicksal erlitten. Änderungen, die nicht im Regierungsentwurf enthalten waren, sind die Einführung einer Neuregelung zur Nachtbefeuerung von UVP-pflichtigen Windparks ab dem 01.01.2017 und die Erweiterung der Befugnisse der unteren Bauaufsichtsbehörden im Hinblick auf alternative Mobilitätsformen, auch die Kommunikationsinfrastruktur wäre hier zu nennen.
Auch die Streichung des Vorschlages der Landesregierung zur Einführung einer sogenannten kleinen Bauvorlageberechtigung gehört zu den durch das Parlament beschlossenen Änderungen. Insofern muss die Landesregierung feststellen, dass der Vorschlag, ausgewählten Handwerksmeistern die Möglichkeit zu eröffnen, Bauvorlagen für einen eingeschränkten Katalog kleiner Baumaßnahmen zu genehmigen, nicht durchführbar ist. Die Landesregierung ließ sich in besonderer Weise davon leiten, dass das Handwerk kleine Vorlageberechtigungen erstellen könnte. Immerhin sind 20.000 Betriebe und 100.000 Beschäftigte das Rückgrat des Mittelstandes in unserem Land.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich mich inhaltlich äußere, einige Vorbemerkungen zum Verfahren. Aus der Erfahrung meiner drei Legislaturen bin ich es ja gewohnt, hart im Nehmen zu sein. Es ist aber schon befremdlich, wie die Regierungsfraktionen mit uns als Opposition im Wirtschaftsausschuss umgehen.
(Torsten Renz, CDU: Was ist denn jetzt wieder passiert? – Helmut Holter, DIE LINKE: Hör doch mal zu!)
In Bezug auf diesen Gesetzentwurf ging das los mit getroffenen Absprachen, die nicht eingehalten wurden.
Während die Bündnisgrünen und auch unsere Fraktion vereinbarungsgemäß bis zum Beginn der Sommerpause die Änderungsanträge zum Gesetzentwurf einreichten, hatten die Regierungsfraktionen noch Beratungsbedarf.
erst nach einer Ausschussdrucksache vom 4. September, und damit zwei Monate später als vereinbart, gingen endlich Änderungsanträge der Koalition ein.
Die wurden offenbar in aller Eile zusammengeschustert. Mit einer weiteren Drucksache vom 7. September mussten Korrekturen vorgenommen werden. Schließlich ersetzte eine weitere Drucksache am 9. September die vorherige Drucksache.
(Torsten Renz, CDU: Wie haben Sie darauf reagiert? – Wolfgang Waldmüller, CDU: Waren Sie so gewissenhaft?)
Ein Wunder, dass dies nicht als Tischvorlage geschah, die Sitzung war ja schließlich schon am 10. September.
Mit einem Trick, einer nur in Nuancen geänderten redaktionellen Änderung am Text des Gesetzentwurfes, war sich der Vorsitzende nicht zu schade, den Antrag der Koalitionäre als rechtskonformsten einzustufen und ihn zuerst abstimmen zu lassen. Unser Antrag – den Antrag von SPD und CDU um diese Nuance verändert, aber ansonsten abgeschrieben –
(Helmut Holter, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht. Wir haben das Neueste, Herr Glawe. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Kollege Waldmüller setzte noch einen drauf und beantragte, von den weiteren identischen Änderungsanträgen die der Koalition als Erste zur Abstimmung zu stellen. Auf meinen Protest, ob das denn üblich sei, nach Eingang des Antrages abzustimmen, wurde nicht reagiert.
(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Sie sprechen ja nur zum Verfahren. Sprechen Sie doch mal zum Inhalt!)
Der Antrag auf Erstabstimmung fand naturgemäß die Mehrheit, und ich meine, das sind natürlich Spielchen über Spielchen.
Dazu empfehle ich selbstverständlich den Paragrafen 94 unserer Geschäftsordnung, denn Respekt voreinander und einen fairen Umgang miteinander,
Diese grundlegenden und elementaren Gepflogenheiten in der Gesellschaft müssen auch und vor allem in der parlamentarischen Arbeit gelten. Heute wäre eine gute Gelegenheit, sich dafür öffentlich zu entschuldigen,
auch wenn andere meinen, so seien ja nun mal die Rituale. Das ist immer der Spruch, den man auf dem Flur hört, aber das gilt nicht.
Kolleginnen und Kollegen, dass sich nun – jetzt komme ich zum Inhalt – auch die Regierungsfraktionen zwar spät, aber doch rechtzeitig gegen die Einführung der sogenannten oder beschränkten Bauvorlageberechtigung entschieden haben, das ist gut so, das freut uns.