Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

Wenn in Nordrhein-Westfalen ein Programm aufgelegt ist, ist das sehr lobenswert, aber dann sagen Sie bitte dazu, dass Nordrhein-Westfalen seinen Kommunen noch nicht mal zwei Drittel der Kosten erstattet und wir eine Vollkostenerstattung machen.

(Heinz Müller, SPD: Das ist auch gut so.)

Wir müssen uns für einen Weg entscheiden.

(Zuruf von David Petereit, NPD)

Die Kommunen sind uns sehr dankbar. Und ich bin insbesondere der Finanzministerin sehr dankbar, dass sie trotz der großen Herausforderung daran festhält, dass wir eine Vollkostenerstattung inklusive der Betreuungsschlüssel machen et cetera.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Vincent Kokert, CDU: Das kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Ich glaube, lieber Kollege Holter, das gehört auch zur Ehrlichkeit dazu.

Ja, wir haben seit Monaten einen kontinuierlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen. Die Prognosen, das haben Sie selber verfolgt, sind im Dreimonatsrhythmus ständig erneuert worden. Die letzte Prognose liegt bei 800.000, aber keiner muss hier besonders intelligent sein, um festzustellen, dass diese Prognose vermutlich auch nicht stimmen wird und nach oben korrigiert wird.

Alle Länder, auch wir in Mecklenburg-Vorpommern, haben auf die jeweiligen Prognosen zunächst reagiert. Wir haben mit Unterstützung des Finanzministeriums Ausschreibungen tätigen können für mehr Personal im LAiV. Wir haben die Ausschreibungen getätigt, wir sind in dem Einstellungsmodus und Einstellungsrhythmus. Die Leute müssen auch erst gefunden und eingearbeitet werden. Wir haben zahlreiche Ausschreibungen gestartet für neue Unterkunftscontainer, auch in Horst. Wir haben die Erstaufnahmeeinrichtung in Stern Buchholz neu geschaffen.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, ihr kriegt die Bude schon voll.)

Wir haben Betreuungsverträge vereinbart. Wir haben eine regelmäßige Staatssekretärsrunde durchgeführt, in der genau die Kette auch der Integration zwischen Bildung, Soziales mit den Kommunen in Gänze regelmäßig abgestimmt worden ist. Wir haben Integrationslotsen finanziert und vor Ort mit eingeführt und wir haben Mitarbeiter der Jobcenter in den Erstaufnahmeeinrichtungen installiert. Auch das sind Entwicklungen, auf die wir uns immer und immer wieder eingestellt haben. Wir haben uns immer bemüht, einen Rundumplan zu erstellen.

Ja, es kam der berühmte Tag X, der 5. September, der 5. September, der die Republik verändert hat

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

und der auch die Länder in der Frage verändert hat,

(Michael Andrejewski, NPD: Der sie destabilisiert hat.)

weil er uns vor eine nie geahnte und in der Größenordnung kaum vorstellbare Herausforderung von einem Tag auf den anderen ohne Vorwarnung gestellt hat.

(Udo Pastörs, NPD: Das haben wir Ihnen seit Jahren gepredigt, was da kommt.)

Die Bilder sind allen bekannt. Es ist eine humanitäre Herausforderung gewesen und die Entscheidung der Bundesregierung – und da kann ich Norbert Nieszery nur zustimmen – war alternativlos.

(Michael Andrejewski, NPD: Ungarn hat eine andere Alternative gefunden.)

Aber damit war natürlich von einem Tag auf den anderen auch der Ansturm der Flüchtlinge gegeben und alle Planungen, alle Voraussetzungen und alles, was man in der Zeit geplant hatte, waren von einem Tag auf den anderen überholt.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Wir hatten 10.000 als Ursprungszahl für das Wochenende, dann 20.000, dann 30.000, am Ende 40.000 Flüchtlinge gemeldet bekommen.

(Udo Pastörs, NPD: Da haben sie uns schön belogen, die Leute.)

Teilweise kamen über 10.000 Flüchtlinge pro Tag in München an und wurden auf die Länder verteilt.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Teilweise haben sich Flüchtlinge selbst auf den Weg gemacht und sind vor Ort eigenständig angekommen.

(Michael Andrejewski, NPD: Unter Durchbrechung von Grenzanlagen.)

Die Handlungsfähigkeit von Bund und Ländern in Gänze inklusive der Kommunen ist auf eine große Probe gestellt worden. In Mecklenburg-Vorpommern haben wir gemeinsam mit den vielen fleißigen helfenden Händen, wie wir das nennen, in kürzester Zeit 60 Notunterkünfte geschaffen. Wir haben zusammen mit der EAE zurzeit eine Erstaufnahmekapazität von 3.300 Plätzen erst einmal geschaffen.

(Udo Pastörs, NPD: Ich bin sicher, dass wir auch noch 10.000 schaffen.)

Und ich bin kein Prophet, wenn ich hier schon sage, diese Erstaufnahmekapazität wird definitiv nicht reichen.

(Udo Pastörs, NPD: Natürlich nicht.)

Bis Jahresende gehen wir mindestens davon aus, dass wir rund 10.000 Flüchtlinge, möglicherweise auch mehr, in Mecklenburg-Vorpommern erhalten werden –

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

wir hatten gestern Abend rund 10.800 Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern –, und darauf müssen wir uns einstellen.

Um die Arbeitsweise noch mehr zu beschleunigen, um Entscheidungen zu treffen, haben wir einen interministeriellen Arbeitsstab „Flüchtlinge“ eingerichtet, in dem alle Entscheidungsträger inklusive der Hilfsorganisationen DRK, Malteser, THW,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und der Flüchtlingsrat.)

Bundeswehr et cetera vorhanden sind und sich regelmäßig – täglich zweimal – abstimmen, Entscheidungen treffen. Die treffen mehr Entscheidungen, als derzeit der Gesetzesrahmen häufig zulässt. Deswegen war die Aufforderung von Norbert Nieszery richtig zu sagen, wir müssen uns vor die Mitarbeiter stellen, die jetzt Entscheidungen treffen, die entscheiden, wir machen keine Ausschreibung, wir bestellen 10.000 Feldbetten und warten nicht erst, bis die Ausschreibung da ist.

(Udo Pastörs, NPD: Nee, Geld spielt ja auch keine Rolle.)

Wir entscheiden, dass wir Röntgengeräte kaufen, damit wir auch die Gesundheitsvorsorge treffen können. Das gehört dazu.

(Udo Pastörs, NPD: Da darf so ein Bett ruhig mal 500 Euro kosten.)

Und an dem Tag X,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

der kommen wird und an dem gefragt wird, wieso habt ihr das damals nicht gemacht, müssen alle hier sagen können, weil wir das verantworten konnten und schnell reagieren wollten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Michael Silkeit, CDU: So ist es.)

Wir haben, auch das ist richtig, die Organisation im LAiV am letzten Freitag verändert, und zwar nicht, weil dort irgendwelche Leute zu blöd oder zu faul waren, sondern schlicht und einfach, weil der Ansturm, den wir haben, nach meiner festen Überzeugung über einen längeren Zeitraum anhalten wird.

(Udo Pastörs, NPD: Sie wollen doch nicht mehr mitmachen zum Teil. Vergesst das nicht zu sagen!)

Darauf müssen wir reagieren, auch in der Organisation, und deswegen ist es folgerichtig,

(Michael Andrejewski, NPD: Das können Sie gar nicht organisieren!)

dass wir vor Ort eine eigene Abteilung „Flüchtlinge“ einrichten, von der aus die Gesamtsteuerung übernommen wird.

(Michael Andrejewski, NPD: Viel Spaß!)

Wir haben sie vorerst kommissarisch, provisorisch besetzt und sie wird dementsprechend, auch das ist abgestimmt, weiter gefestigt.