Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Professor Dr. Tack.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lenz für die Fraktion der CDU.

(Egbert Liskow, CDU: Zeig mal, dass wir noch besser werden wollen! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Professor Tack, wir stellen in dem gemeinsamen Antrag der Koalitionsparteien nicht nur fest, sondern wir fordern die Landesregierung auch weiterhin zum Handeln auf. Ich meine, der erste Schritt zum Handeln ist zwar bereits getan, die Internetseite, die Sie angeführt haben, das ist wirklich eine sehr interessante, nicht nur für uns als diejenigen, die sich mit dem Thema befassen, sondern gerade auch für Investoren, und ich denke, das ist der erste Schritt in die richtige Richtung.

Nun haben meine Vorredner hauptsächlich über die Versorgung mit Fisch gesprochen, über die technischen Möglichkeiten, die wir haben, über die Kreislaufwirtschaft, über das, was man alles so anlegen kann, aber ich denke, unser Land bietet gerade vor dem Hintergrund, dass wir das gewässerreichste Bundesland sind, die hervorragenden Voraussetzungen, um eben diese Aquakulturen nicht nur in Kreislaufwirtschaft, sondern auch im Freien weiter voranzutreiben.

Dennoch ist immer wieder festzustellen, dass sich bei der Errichtung von Aquakulturanlagen zahlreiche Probleme hinsichtlich des Baurechts und des Umweltrechts ergeben. So stellt die Errichtung von Aquakulturanlagen einen erheblichen Genehmigungsaufwand dar. Umweltverträglichkeitsprüfungen, wasserrechtliche Genehmigungen, fischereirechtliche Genehmigungen

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und nicht zuletzt die naturschutzrechtlichen Genehmigungen mit ihren zahlreichen Facetten bauen hohe Hürden auf, die die Entwicklung der Aquakultur in offenen Gewässern nicht gerade fördern. In Küstengewässern kommt dann noch das Schifffahrtsrecht hinzu, da gibt es auch diverse Probleme. Hier gilt es, Unterstützung anzubieten, um diesen bürokratischen Dschungel zu lichten.

Deshalb ist es notwendig, Anpassungen vorzunehmen, um die Etablierung der Aquakultur in Mecklenburg-Vorpom- mern weiter voranzutreiben. Gleichzeitig gilt es, entsprechende Fördermaßnahmen im Rahmen des Europäischen Meeres- und Fischereifonds zur Etablierung dieses Wirtschaftszweiges im Land zu verstetigen. Wir haben bereits eine vielversprechende Infrastruktur in diesem Bereich entwickelt. Diese gilt es weiter auszubauen, und deshalb möchte ich Sie bitten, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Lenz.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der Rede meines Vorredners beantrage ich eine punktweise Abstimmung zu dem Antrag. Bevor ich das vergesse, habe ich das jetzt also schon mal erledigt.

„Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren“ hatte ich aber?

(Zuruf aus dem Plenum: Ja!)

Sehr schön, gut.

Fisch ist für viele Menschen weltweit eine wichtige und unverzichtbare Proteinquelle, das haben wir jetzt auch schon mehrmals gehört.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Und in der heutigen Zeit des Konsumismus, in dem in manchen Staaten an jedem Ort und zu jeder Zeit Fisch verfügbar sein muss, kommt es zu einer gewaltigen Ausbeutung der Meere. Millionen Tonnen Fisch werden weltweit aus Meeren und Binnengewässern gefangen. Das hat negative Konsequenzen. Unsere Fischer in Mecklenburg-Vorpommern können teilweise ein Lied davon singen. Sie mussten in den vergangenen Jahren immer mal wieder zurückgehende Dorsch-, Herings- und Sprottenbestände verkraften.

(Burkhard Lenz, CDU: Die Quoten mussten die verkraften, nicht die Bestände.)

Mit der Aquakultur bietet sich zum Wildfang eine machbare Alternative. Das ist schon seit vielen Hundert Jahren so, denn auch die Teichwirtschaften Mecklenburg-Vor- pommerns sind Aquakultur,

(Burkhard Lenz, CDU: Nicht den Kormoran noch vergessen, den Kormoran!)

in Teilen bereits von den Zisterziensermönchen begründet.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

Aquakultur sollte jedoch nicht dazu verleiten, die Meeres- ökosysteme aus dem Blick zu nehmen. Aquakultur kann nur ein ergänzendes Angebot sein. Sie darf uns nicht vergessen lassen, dass wir die großen Fischbestände des Meeres erhalten müssen. Zu diesem Zweck ist eine andere Fischereipolitik der EU notwendig. Subventionen der großen Fangflotten müssen der Vergangenheit angehören.

In einer Zeit, in der die traditionelle Fischerei Mecklenburg-Vorpommerns in Schwierigkeiten steckt, werden nun viele Hoffnungen mit der Aquakultur verbunden. Schon jetzt sind die Erträge aus der Aquakultur in Mecklenburg-Vorpommern den Fängen aus Fluss- und Seenschifffahrt weit voraus. Wenn man aufs Jahr 2013 blickt, waren es 560 Tonnen aus der Seen- und Flussfischerei, aber 880 Tonnen aus der Aquakultur.

Auch weltweit steigen die Produktionsmengen weiter an, liegen derzeit bei rund 70 Millionen Tonnen. Jeder dritte Speisefisch stammt heute aus gezielter Haltung und Nachzucht. Die Aquakultur steigt weltweit, die Nachfrage nach Fisch steigt weltweit und man kann dann vermuten, dass mit der Ausweitung der Aquakultur in MecklenburgVorpommern ein Erwerbszweig ausgebaut werden kann, der Beschäftigung und Wertschöpfung verspricht. Das bewerten auch wir zunächst einmal positiv.

Trotzdem birgt eine solche Entwicklung auch Gefahren, denn machen wir uns nichts vor, auch die Haltung von Fischen in Zucht- und Mastbecken ist

(Thomas Krüger, SPD: Massentierhaltung.)

Intensivtierhaltung.

(Thomas Krüger, SPD: Siehste, ich wusste es.)

So sehen Wirtschaftszeitschriften in Deutschland den Afrikanischen Wels als Schwein von morgen, und nicht selten sind es auch hierzulande klassische Landwirtschaftsbetriebe – das haben die Vorredner auch schon ausgeführt –, die in der Aquakultur eine Möglichkeit zur Diversifizierung des Einkommens sehen. Und da setzen,...

(Thomas Krüger, SPD: Und ist das schlecht?)

Nein, das machen wir nicht schlecht.

… und da setzen wir GRÜNE von vornherein auf die ökologisch betriebene Aquakultur. Um hier auch im Vergleich zu den oftmals problematischen Fischzuchtanlagen in Schwellenländern einen Qualitätssprung zu wagen, sollte in Deutschland konsequent auf ökologische Aquakultur gesetzt werden. Wenn wir das nicht tun, drohen Gewässerverschmutzung, Landverbrauch, Wasserverbrauch und Verstöße gegen den Tierschutz.

Eines der wichtigsten Anliegen der ökologischen Aquakultur ist die ökologische Nachhaltigkeit der eingesetzten Futtermittel, das heißt weitgehender Verzicht auf konventionelles Fischmehl.

(Burkhard Lenz, CDU: Das geht doch sowieso zurück.)

Auch ist hier die Gentechnik ausgeschlossen und Medikamente und Hormone werden restriktiver gehandhabt. Das führt zwar auch in der Praxis zu Problemen, aber dennoch ist das die richtige Richtung. Und die Besatzdichte der Fische in den Becken beziehungsweise in den Netzen ist geringer.

Glücklicherweise ist nach langen Diskussionen in der EUKommission seit 2009 eine Durchführungsbestimmung fertig auf dem Tisch für die ökologische Aquakultur, sie ist verabschiedet. Damit gibt es erstmals eine europaweite gesetzliche Regelung für Biofisch und Biomeeresfrüchte. Dass es eine entsprechende EU-Verordnung gibt, das begrüßen wir ganz außerordentlich. So sind manche Teile vielleicht aber auch noch nachzubessern, weil in manchen Definitionen die Besatzdichten immer noch zu hoch sind. Und es können auch noch Chemikalien eingesetzt werden.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Im Vergleich zur EU-Richtlinie hat der Erzeugerverband Naturland bei diesen Kriterien schon ambitioniertere Regeln auf den Tisch gelegt. Alles in allem bietet die ökologische Aquakultur für Mecklenburg-Vorpommern große Chancen, sowohl was die Verknüpfung mit der ökologischen Landwirtschaft angeht, Stichwort „Futtermittel“, als auch als Einkommensalternative zur konventionellen Tierhaltung.

Auch der Forschungsbedarf ist weiterhin hoch. Hier sollten vonseiten des Landes Forschungsaktivitäten – insbesondere im Bereich der ökologischen Aquakultur – unterstützt und Modellanlagen gefördert werden.

(Burkhard Lenz, CDU: Haben Sie mal auf die Internetseite geguckt?)

Aquakulturen werden seit mehreren Jahren an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Uni Rostock am Lehrstuhl für Aquakultur und Sea-Ranching von Herrn Professor Dr. Palm erforscht. Zudem bildet der Lehrstuhl jedes Jahr Studenten aus dem gesamten Bundesgebiet für den Bereich Aquakultur aus. Hier ist also die Forschung in Mecklenburg-Vorpommern in einem weltweiten Zukunftsthema schon unterwegs.

Angesichts der anderen noch nicht erledigten Aufgaben der Landesregierung würden wir aber gerne noch mal an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es jetzt nicht die zentrale Aufgabe sein sollte, eine Landesstrategie für Aquakultur zu entwickeln und denen das vorzulegen im Juni 2016. Es gibt andere überfällige Aufgaben, die wir wirklich weit oben auf der Prioritätenliste sehen. Das sind zum Beispiel die nächste Stufe des Landesbodenschutzprogramms, was wir hier schon mehrmals angemahnt haben,

(Thomas Krüger, SPD: Das hat aber damit nichts zu tun.)

die Entwicklung einer Landesstrategie für ökologischen Landbau und auch die Fortschreibung des Konzeptes zur Reduzierung von diffusen Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft.

Wie gesagt, wir beantragen oder ich beantrage eine punktweise Abstimmung des vorliegenden Antrags. Grundsätzlich stimmen wir ihm zu, aber nicht in all seinen Punkten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)