Protokoll der Sitzung vom 21.10.2015

Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen dazu: All jene kulturellen Institutionen, die wir dauerhaft bewahren wollen, brauchen eine Anpassung der Förderung an die Kostensteigerung, sonst gehen sie nach und nach kaputt. Wir wollen Neues, Innovatives fördern und brauchen deshalb mehr Flexibilität bei den Förderrichtlinien. Wir wollen einen starken Bürokratieabbau bei der Kulturförderung. Wir wollen eine bessere Einbeziehung der kulturellen Akteure in kulturpolitische Entscheidungen. Wir wollen eine Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft. Wir wollen die eigenständigen Theater bewahren. Dabei sagen wir nicht, dass es nicht zu Veränderungen, Kooperationen und Schwerpunktsetzungen kommen darf, aber wir werden uns immer dagegen wehren, wenn Theater in ein Fusionsmodell gezwungen werden, das voller Ungereimtheiten, unrealistischer Annahmen und falscher Versprechungen ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jochen Schulte, SPD: Tönender Beifall!)

Das geht in der Tat sehr gefährlich an die Substanz. Aber diese Debatte können wir nicht mit einem schnöden Verweis auf den Einigungsvertrag führen, sondern nur anhand konkreter kulturpolitischer Zielsetzungen. Darum lehnen wir den Antrag trotz des begrüßenswerten Grund- anliegens ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion DIE LINKE.

(Udo Pastörs, NPD: Jetzt kommt der Stasi-Mann mit den Geheiminformationen.)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben sich jetzt zu dem Antrag geäußert und haben festgestellt, dass er Ihnen zu dürftig war in der Begründung, in der Ausführung. Das mag sein, dass Sie das so sehen.

(Torsten Renz, CDU: Und der Einbringung inklusive.)

Die Einbringung hat deutlich gemacht, Herr Renz – aber das ist immer so eine Sache, man hört, was man hören will –,

(Torsten Renz, CDU: Nein.)

die Einbringung meinerseits hat deutlich gemacht, was wir darunter verstehen. Ich habe praktisch Bezug genommen auf eine Untersetzung dieses Einigungsvertrags noch zu Zeiten der Regierung Kohl,

(Egbert Liskow, CDU: Rechtsbruch, hast du gesagt.)

habe definiert Substanzerhalt, Erhalt und Verbesserung der kulturellen Infrastruktur und auch den Denkmalschutz definiert.

Und weil Herr Reinhardt die Frage gestellt hat, na ja, es müssten dann wohl alle Regierungen …: Ich habe ein interessantes Buch in der vergangenen Woche in die Hand bekommen, „Kultur und Kunst MecklenburgVorpommerns im Umbruch“, verfasst vom Kulturrat Mecklenburg-Vorpommern e. V., und das stellt fest, Kultureinrichtungen im Vergleich vor dem Beitritt/heute: Volkshochschulen minus 5 Prozent, Jugendzentren minus 65 Prozent, Kulturzentren minus 55 Prozent,

(Torsten Renz, CDU: Bleib doch mal bei dem Antrag!)

Bibliotheken minus 50 Prozent,

(Torsten Renz, CDU: Da würde ich einfach zugeben, übers Ziel hinausgeschossen.)

Buchhandlungen haben sich erhöht um fast 20 Prozent, Literaturklubs minus 30 Prozent, Galerien plus 50 Prozent, Musik- und Kunstschulen plus 10 Prozent.

(Torsten Renz, CDU: Welches Bezugsjahr?)

Genau, das ist die interessante Frage. Bezugsjahr hier 1993.

(Torsten Renz, CDU: 93.)

Es richtet sich an alle. Und es soll sich niemand davon freisprechen, denn diese rechtliche Grundlage hat ja auch für alle gegolten. Aber wir haben jetzt Verantwortung, wir stehen jetzt vor dieser Frage: Wie gehen wir damit um?

Und da komme ich noch mal auf diese drei Punkte zurück. Was den Substanzerhalt betrifft, weil ja immer gesagt wurde, seien Sie doch mal konkret, also gemeint ist mit dem Substanzerhalt, wir waren in dieser Region auch mal – beschieden wurde das von Experten, internationalen Experten – das Leseland mit der bedeutendsten und qualitätsvollsten Infrastruktur in Sachen Bibliothekswesen. Es waren mal 384, 1998 waren es noch 202, jetzt sind es unter 100.

(Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Egbert Liskow, CDU)

Die letzte Fahrbibliothek, Herr Reinhardt, der Brief von Frau Hoffmann hat Sie vielleicht auch erreicht, 07.10.2015. Sie verweist darauf, dass im größten Landkreis Deutschlands jetzt die letzte Fahrbibliothek in den letzten Zügen liegt.

(Torsten Renz, CDU: Die meisten in der Fraktion haben im Kreistag zugestimmt, Herr Koplin. Was sagen Sie denn dazu?)

„In M-V ist es aus finanziellen Gründen vielen Menschen nicht möglich, stets in die nächstliegende Stadt zu fahren,“

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

„um für die Kinder, ältere Bürger und sich selbst“, ich zitiere gerade, „Bücher und Medien auszuleihen. Das Internet funktioniert oftmals nur ungenügend in einigen Dörfern. Leider befinden sich keine Ausleihstationen für Bücher und Medien in den Dörfern“, schreibt sie.

Nun haben wir vor der Brust, wahrscheinlich wird es zum Jahresende – vielleicht, vielleicht auch nicht – diese Onlineausleihe geben, aber sie wird nicht alle treffen. Es wird dann also noch mehr eine Asymmetrie geben von Menschen,

(Torsten Renz, CDU: Sagen Sie noch mal was zu den Schlössern, die wir saniert haben!)

die Zugang haben zu Informationen, und welchen, die abgeschnitten sind von Informationen. Das hat heute Vormittag schon eine Rolle gespielt und das wird morgen, wenn wir uns zum Thema Armut, Forschungsbericht der AWO, verständigen, auch noch mal eine Rolle spielen.

Zur Infrastruktur: Frau Berger hat zu Recht die Theater und Orchester angesprochen. Was da abläuft, ist eine riesengroße Sauerei,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das stimmt.)

weil es nämlich kein Aushandlungsprozess ist, kein, wie schwierig auch immer, Prozess der Meinungsbildung in Wahrnehmung gemeinsamer Verantwortung, sondern nur noch mit der Brechstange, nur noch mit Erpressung.

(Torsten Renz, CDU: Du hast aber einen schweren Job: keine Unterstützung aus der Fraktion heraus, keine Unterstützung aus der Fraktion heraus.)

Es ist auch gesagt worden, wir geben doch 2 Millionen Euro mehr für Kulturprojekte, um Substanz zu erhalten.

(Torsten Renz, CDU: Und was ist mit den 70 Millionen zu eurer Zeit?)

Natürlich, das ist begrüßenswert, aber gleichzeitig bekommen wir eine Resolution auf den Tisch von der Arbeitsgemeinschaft der Musikpädagoginnen und Musikpädagogen. Die machen aufmerksam auf den Punkt der prekären Einkommensverhältnisse besonders bei Honorarlehrkräften und die Diskrepanz zwischen Qualifikation und Einkommen.

(Torsten Renz, CDU: Habt ihr denn dazu einen Antrag gestellt im Ausschuss, dass der Zuschuss erhöht wird?)

Und dann wird auch aufgelistet,

(Torsten Renz, CDU: Nein, ihr habt das zur Kenntnis genommen.)

1.033 Euro im Durchschnitt bei den selbstständigen Lehrkräften in der Musikpädagogik. Ist das das, was wir wollen?

Herr Abgeordneter Koplin, kleinen Augenblick, bitte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind hier beim letzten Redner.

(Michael Andrejewski, NPD: Beim allerletzten.)

Ich möchte Sie darum bitten, diesen Murmelteppich doch aufzuheben.

Und, Herr Renz, wenn Sie mit Ihren notorischen Gegenreden nicht zu Ende kommen,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Alle kurz und knackig.)

dann bitte ich Sie doch, sich zu Wort zu melden. Sie haben die Möglichkeit, hier nach vorne zu kommen und eine Wortmeldung abzugeben, wenn Sie sich zu diesem Thema inhaltlich äußern möchten. Ansonsten bitte ich Sie doch jetzt um Ruhe.

(Torsten Renz, CDU: Jawoll.)