Protokoll der Sitzung vom 22.10.2015

um Zusammenhänge herzustellen.)

Ja, meine Damen und Herren der GRÜNEN, auch wenn Sie es nicht gerne hören wollen, aber auch damals ging es um die Entkriminalisierung von Straftaten.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oooh!)

Und ganz ehrlich, meine Damen und Herren, die Überschrift Ihres Antrages ist doch wirklich nur als schlechter Scherz zu verstehen. Sie, die die Dienstwaffen der Polizei abschaffen wollten, die die Diensthunde, Ausrüstung und Hubschrauber der Polizei zur Disposition stellen –

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ausgerechnet Sie entdecken mit einem Mal Ihr Herz für Polizisten und wollen sich als deren große Fürsprecher und Helfer aufspielen!

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Sehr gut. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was meinst du damit?)

Davon abgesehen, dass Ihnen das ohnehin niemand glaubt, beweist Ihr Antrag einmal mehr, dass Sie von Polizeiarbeit nicht die geringste Ahnung haben.

(Vincent Kokert, CDU: Das wissen wir ja, das ist ja belegt. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das Argument der Entlastung der Polizei durch die Beseitigung einer ineffektiven Strafverfolgung von Cannabis-Kleinkonsumenten ist geradezu absurd.

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

Richtig ist, dass die Polizei jeden – für Sie noch einmal ganz deutlich –, jeden Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz ahnden und zur Anzeige bringen muss. Das Legalitätsprinzip, dem die Polizei unterliegt, beinhaltet nicht die geringste Spur eines Ermessens. Praktisch bedeutet dies, die Polizei muss bei jeglichem Eigenbesitz, also bei einem Gramm, Ermittlungen aufnehmen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, und verfolgt uns bis zum bitteren Ende.)

Das tut sie, weil Cannabiserwerb und Cannabisbesitz grundsätzlich nach dem Betäubungsmittelgesetz verboten sind. Das tut sie auch, weil sie möglicherweise einen sogenannten dicken Fisch an der Angel haben könnte, bei dem weitere Ermittlungen eben zu mehr als dem einen Gramm führen könnten,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ah ja!)

vielleicht sogar zum Nachweis des Handels oder Ähnlichem. Das ist das Ermittlungsziel der Polizei. Das wird sie auch weiterhin tun. Und egal, ob die Grenze des straffreien Eigenkonsums bei fünf Gramm, sechs Gramm, zehn Gramm oder sonst wo gezogen wird, solange Cannabis zu den Betäubungsmitteln nach dem Betäubungsmittelgesetz gehört, wird die Polizei ermitteln, und zwar mit allem, was dazugehört.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da widersprechen Sie aber der Justizministerin. Die hat gesagt, das macht die Polizei gar nicht.)

Das muss sie auch, weil es der Polizei nicht erlaubt ist, Verfahren einzustellen. Das ist die alleinige Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft kann in Fällen des Erwerbs und Besitzes von Cannabis zum Eigenkonsum bis zu einer bestimmten Menge und bei Vorliegen geringer Schuld das Verfahren einstellen – Frau Kuder hat es erklärt –

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

die Staatsanwaltschaft, aber niemals die Polizei.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Kuder hat aber vorhin auch behauptet, dass die Polizei gar nicht mehr so viel ermittelt. – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Antrag ist also aus strafrechtlicher Sicht absoluter Blödsinn.

Und, meine Damen und Herren, wenn Sie sich das nächste Mal auf Polizisten berufen, dann überlegen Sie sich bitte gut, ob es wirklich Rainer Wendt sein muss – Rainer Wendt, der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund, der seine Konkurrenzunfähigkeit zur deutlich größeren Gewerkschaft der Polizei offensichtlich nicht überwinden kann und deshalb versucht, seine Defizite mit nassforschen und häufig realitätsfremden Forderungen zu kompensieren.

(Michael Andrejewski, NPD: Hey!)

Angeblich wird ihm in Berliner Journalistenkreisen die Aussage zugesprochen: „Sagen Sie mir, was ich sagen soll, und ich tue es.“ Ende des Zitats.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Letztmalig machte er von sich reden, als er den Bau einer Mauer zur Abwehr von Flüchtlingen forderte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Michael Andrejewski, NPD: Guter Mann.)

Ich muss schon sagen, tolle Referenzen!

Einen weiteren Aspekt haben Sie übrigens komplett ausgeblendet, nämlich die Verantwortlichkeit der Konsumenten. Insofern: Vielen Dank, Frau Drese, dass Sie auch auf einige Aspekte der Moderne hinweisen! Auch wenn immer wieder Vergleiche zum Genuss von Alkohol

und Nikotin hergestellt werden, sind diese eben nicht mit Hanfprodukten vergleichbar. So setzt beispielsweise die Wirkung des Alkohols fast unmittelbar ein. Der Konsument kann sich sogar selbst mit technischen Mitteln, wie zum Beispiel dem AlcoQuant, selbst überprüfen und damit auch seine Fahrtauglichkeit. Bei Cannabis kann die berauschende Wirkung unter Umständen bis zu 24 Stunden später einsetzen. Das wollen Sie den zumeist jugendlichen Konsumenten wirklich zumuten?

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt unterschätzen Sie aber Ihre Altersgruppe.)

Möglicherweise auch die Altersgruppe. Ich kann es für mich nicht beurteilen, weil ich noch nie Drogen genommen habe.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hört sich so nach Selbstversuch an. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schon heute ist Alkohol die dritthäufigste Unfallursache im Straßenverkehr. Und jetzt wollen Sie durch die QuasiLegalisierung berauschender Mittel die Gefahr einer erhöhten Anzahl von Verkehrsunfällen mit tödlichen und schwerverletzten Personen unterstützen?!

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kann doch wirklich nur ein schlechter Witz sein!

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erspare mir an dieser Stelle semantische Diskussionen, zum Beispiel über die Frage, ob Cannabis eine Einstiegsdroge ist oder nicht. Sie, meine Damen und Herren der GRÜNEN, dürften die Argumente der Befürworter und der Gegner ganz genau kennen. So, wie diese diametral voneinander abweichen, so weichen auch weltweit durchgeführte medizinische Studien voneinander ab.

Für mich ist Drogensucht eine Krankheit. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, dieser Krankheit auch noch Vorschub zu leisten. Vor allem der frühe Einstieg in den Konsum, also vor dem 18. Lebensjahr,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau das wollen wir nicht. Haben Sie nicht zugehört? Niemand fordert das.)

erhöht das Risiko für den späteren Konsum anderer Drogen. Mit der weiteren Erhöhung der Eigenbedarfsgrenze setzen wir nach außen ein Zeichen dahin gehend, als wäre diese Droge nicht so gefährlich. Die derzeitige Gesetzeslage hat schon zu einem verminderten Unrechtsbewusstsein bei Kindern und Jugendlichen geführt. Eine weitere Aufweichung kann ich nicht verantworten.

Der Cannabiskonsum von heute hat nichts mit den Hippiezeiten der 60er- und 70er-Jahre zu tun.

(Vincent Kokert, CDU: Richtig.)

Diese Verharmlosung und Romantisierung von Cannabis wird von meiner Fraktion ausdrücklich abgelehnt

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Vincent Kokert, CDU: Sehr gut. – Zurufe von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Udo Pastörs, NPD)

und hat mit der Realität absolut nichts zu tun.

(Heiterkeit und Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Bei Ihrem Antrag frage ich mich tatsächlich, in wessen Auftrag Sie handeln.

(Vincent Kokert, CDU: Das fragen wir uns aber häufiger.)

Gehen Sie nach draußen, fragen Sie auf der Straße!