Protokoll der Sitzung vom 19.11.2015

Ich habe das nun, ein Jahr, nachdem Herr Brodkorb das gesagt hat, zum Anlass genommen, einmal nachzufragen: Wie ist denn nun der Stand? Was ist denn aus dieser Erklärung von Herrn Brodkorb geworden? Hierzu liegt uns jetzt auch die Antwort auf meine Kleine Anfrage vor und darauf möchte ich eingehen. Ich habe gefragt: „Welche Maßnahmen hat die Landesregierung seit 2013

getroffen, um die Vergütung der Lehraufträge zu verbessern?“ Da steht als Antwort auf der Drucksache 6/4633, dass die Landesregierung beschlossen habe, „die Vergütungshöchstsätze anzuheben“. Hört, hört! Das hört sich sehr gut an. Dann fragte ich weiter: „Welche zusätzlichen Kosten entstünden schätzungsweise in den Jahren 2016 und 2017, wenn die Höhe der Vergütung dem dreifachen Stundensatz TV-L E 13 gemäß Gebührenerlass des Finanzministeriums entsprechen würde?“ Zur Erklärung: Das ist der Vorschlag der Kanzler und auch des Hauptpersonalrats beim Bildungsministerium und ich weiß, dass es vom Bildungsministerium eine Kanzlerarbeitsgruppe gab, die genau berechnet hat, und zwar ziemlich auf den Cent genau, was das kosten würde – vielleicht nicht für die Jahre 2016/17, deswegen steht da ja auch, können Sie uns das „schätzungsweise“ für die nächsten Jahre sagen. Da kommt als Antwort: „Die Frage kann … nicht beantwortet werden.“ Ich finde, das ist eine glatte Lüge, weil die Kanzler das sehr wohl schätzungsweise – so war es abgefragt – ausrechnen können. Das finde ich nicht ehrlich.

Meine nächste Frage an die Landesregierung: „Plant die Landesregierung, den Hochschulen zusätzliche Mittel für eine bessere Vergütung der Lehraufträge zur Verfügung zu stellen und, wenn ja, in welcher Höhe?“ Da kommt als Antwort, und das finde ich mal wieder typisch für den Bildungsminister, er sagt: „Ja. Die mit der Erhöhung der Vergütungssätze verbundenen Mehrkosten werden durch die Hochschulen im Rahmen ihrer Budgets, die in den kommenden Haushaltsjahren deutlich aufgestockt werden sollen, aufgefangen.“ Also eigentlich meint er Nein und nicht Ja.

(Egbert Liskow, CDU: Nein, er sagt Ja. – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er sagt Ja, aber der Inhalt sagt Nein, und genau das hatte ich gestern hier auch vorgetragen.

(Bernd Schubert, CDU: Wenn er Ja sagt, meint er Ja.)

Er friert die Theaterzuschüsse ein,

(Egbert Liskow, CDU: Wenn er Ja sagt, meint er auch Ja.)

er friert die Zuschüsse ein, führt die Theater sozusagen fast in die Insolvenz

(Egbert Liskow, CDU: Aber die kriegen doch mehr Geld!)

und sagt, das ist eine Rettung. Er senkt die Zuschüsse an die freien Schulen und sagt, das ist Planungssicherheit. Er schnürt die Studentenwerke ein, hält sie an der kurzen Leine und sagt, das wäre eine Stärkung der Autonomie. Und hier sagt er, ja, ich gebe ihnen mehr Geld – aber eigentlich kommt es aus dem Budget. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde das nicht ehrlich, diese Rhetorik, vor allem ist sie verschleiernd, sie will von Problemen ablenken, und das finde ich eigentlich keinen guten Politikstil.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Erhöhung der Budgets in den kommenden Haushaltsjahren, so, wie ich Sie kenne, die sind ja alle schon verfrühstückt beziehungsweise klar festgelegt, für was sie denn kommen.

(Egbert Liskow, CDU: Die haben doch ein Globalbudget.)

Die Erhöhung der Lehraufträge beziehungsweise die bessere Vergütung der Lehraufträge war niemals Bestandteil dieser Erhöhung der Budgets, also wäre es ehrlich gewesen, hier Nein zu sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie auf die letzte Frage in meiner Kleinen Anfrage hinweisen. Da fragte ich: „Plant die Landesregierung eine Änderung“ dieser besagten „,Richtlinie über die Vergabe von Lehraufträgen‘ und eine Anhebung der darin aufgeführten Vergütungssätze?“ Ich habe das noch mal unterschichtet: „Wenn ja, bis wann“ plant die Landesregierung das, „und mit welchen inhaltlichen Änderungen?“ Und: „Wenn nicht, warum nicht?“ Sie kennen ja diese Spiele. Da kommt als Antwort: „Ja, jedoch ist die Meinungsbildung der Landesregierung, auch zu den erfragten Details, noch nicht abgeschlossen.“

Also Entschuldigung, ich habe eine klare Frage gestellt – bis wann –, und nicht, dass dann irgendwas nicht abgeschlossen ist. Ich meine, das ist ja sozusagen jetzt absehbar, der zeitliche Horizont ist in Sicht: Im September 2016 endet die Legislatur und da hätte ich schon gern eine klare Aussage gehabt, wird es denn in dieser Legislatur noch etwas oder wird es nichts in dieser Legislatur, aber nicht so einen im Sande verlaufenden Satz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt, auch die Kultur, wie hier Kleine Anfragen beantwortet werden, ist sicherlich nicht die beste, und ich finde das gerade im 25. Jahr von Mecklenburg-Vorpommern schade, wo alle zu Feierstunden zusammenkommen und die Demokratie hochleben lassen. Das ist ja richtig, aber ich finde, da muss man sie auch wertschätzen und respektieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin zunächst am Ende meiner Redezeit. Ich will vom Minister heute wissen, wann er sein Versprechen einlösen will, hier die Vergütungssätze nach oben zu setzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Saalfeld.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Saalfeld, es ist ja allseits bekannt, dass wir zu ungefähr 80 Prozent dessen, was Sie ausgeführt haben, unterschiedlicher Meinung sind. Lehraufträge sind ein Dienstverhältnis besonderer Art und insofern nicht mit Tarifbeschäftigten oder verbeamteten Mitarbeitern und Beschäftigten zu vergleichen. Sie führen immer wieder entsprechende Parallelen herbei und begründen das auch, und ich begründe immer wieder, dass es nicht ohne Grund Lehraufträge sind.

Wenn es keine Lehraufträge wären, bräuchte man sie nämlich auch nicht auszubringen, sondern würde das entsprechend anders regulieren. Insofern gibt es zu den meisten Punkten keine Übereinstimmung. Das sieht man zum Beispiel auch schon daran, dass Sie auf der einen Seite sagen, dass die derzeitige Lehrauftragsrichtlinie gar keine Mindestsätze vorschreibt, wobei man natürlich immer bedenken muss, seit dem Mindestlohngesetz gibt es das selbstverständlich auch für Lehraufträge, soweit es sich um eine Beauftragung handelt und nicht darum, dass zum Beispiel ein Promovierender mit Stipendium darum bittet oder von sich aus einen unentgeltlichen Lehrauftrag anbietet, obwohl ihn niemand darum gebeten hat. Das gibt es ja auch. Also diese untere Grenze ist gesetzlich bereits definiert. Da würde ich sagen, die reicht nicht aus für akademisch qualifiziertes Personal.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da sind wir uns ja einig.)

Aber Sie verweisen ja darauf, dass das Problem ist, dass die bestehenden Höchstsätze unterschritten werden. Und dann sagen Sie: Was hat denn die Landesregierung getan? Also gegen das Unterschreiten der Höchstsätze kann die Landesregierung nichts tun, da können nur die Hochschulen etwas tun, indem sie andere Verträge schließen.

(Heiterkeit und Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir geben ja die Höchstsätze als Rahmen vor, aber wir geben nicht vor, ob diese Höchstsätze ausgeschöpft werden oder nicht, das tun die Hochschulen. Insofern, glaube ich, sind wir da der falsche Adressat.

Dann bedaure ich, wie Sie die Antworten und die Realitäten interpretieren, aber es steht Ihnen ja zu und mir am Ende nicht, das wirklich zu kritisieren. Aber wenn Sie fragen, beabsichtigen Sie, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, und ich antworte mit Ja, dann ist das im Rahmen des Haushaltes 2016/17 völlig korrekt. Ich darf daran erinnern, dass sich die Konsequenzen aus den BAföGMillionen im Doppelhaushalt 2014/15 noch nicht wiederfinden. Wir haben keinen Nachtragshaushalt gemacht im Jahr 2015 – der haushaltspolitische Sprecher der CDUFraktion nickt –,

(Egbert Liskow, CDU: Jawoll!)

sondern es sind den Hochschulen zunächst Teile dieser Mittel über Investitionen, über Verstärkungsmittel zur Verfügung gestellt worden, aber nicht die gesamte Summe. Insofern ist die Antwort, dass wir dieses Geld erst – oder vielmehr das Parlament, nicht wir, sondern Sie als Haushaltsgesetzgeber – ab dem 1. Januar 2016 zur Verfügung stellen werden, einfach sachlich korrekt. Ich würde Sie einladen, mehr möchte ich gar nicht tun, zu erwägen, ob Ihre Beurteilung meiner Antwort an der Stelle fair und korrekt war, weil haushaltsrechtlich gesehen ist es genau so, wie ich es gesagt habe. Ansonsten würden die Hochschulen nämlich schon das Geld haben, das sie noch nicht haben können, weil das Haushaltsgesetz es noch nicht vorsieht.

Ich konzentriere mich deshalb wirklich auf den letzten Punkt, nämlich die Frage – das haben Sie auch so zugespitzt –: Wird es in dieser Legislaturperiode noch eine Änderung der Lehrauftragsrichtlinie geben? Also davon

gehe ich schwer aus, und die wird sich auch so verändern, dass wir höhere Sätze haben. Ich gestatte mir, so zu tun, als hätten Sie mir die Frage gestellt, antizipierend, dass ich antworten werde, dass das noch passieren wird: Ja, warum dauert es denn so lange? Das ist ja komisch. – Also das ist auch nicht das, was ich mir gewünscht habe.

Da kann ich in der Tat sagen, dass sich meine Einschätzung gegenüber der letzten Debatte, die wir hatten, aus folgendem Grunde verändert hat. Dazu möchte ich kurz erläutern, was das Nadelöhr ist, vor dem wir gerade stehen. Es gibt im Übrigen schon einen Entwurf, den wir mit dem Finanzministerium verhandeln. Ich kann ja auch nicht eigenmächtig handeln, sondern es bedarf der Zustimmung verschiedener Stellen: Finanzministerium, Landesrechnungshof. Also ganz eigenmächtig geht das auch als Bildungsminister nicht, da bitte ich Sie um Verständnis. Das Nadelöhr ist Folgendes, ich mache das am Beispiel der Universität Rostock deutlich: Die Universität Rostock hat ein Gesamtbudget von 100 Millionen Euro und hat nur Lehraufträge im Volumen von 300.000 Euro. Da könnten sie im Zweifel auch die Lehrauftragssätze verdoppeln und diese Universität würde das mit diesem Budget gut vertragen können, es wäre möglich.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das glaube ich nicht.)

Oh ja! Wir werden mal sehen, wie hoch der Jahresüberschuss des Jahres 2015 sein wird und der des Jah- res 2016. In den letzten Jahren waren es immer mehrere Millionen Euro.

Also das wäre möglich. Das Nadelöhr sind auch nicht die Fachhochschulen, da sind die Lehrauftragsvolumina etwa 100.000 Euro bei einem Gesamtetat von 12 oder 20 Millionen Euro, das ist kein Problem. Das Nadelöhr ist die Hochschule für Musik und Theater. Da hat sich insofern mein Sachstand deutlich verbessert und verändert, systemisch, weil wir natürlich nur Veränderungen von Lehrauftragsrichtlinienvergütungen im Hinblick auf Mindestsätze – sozusagen akademischer Mindestlohn – nur in dem Umfang machen können, in dem die HMT in der Lage ist, diese zu bedienen, denn, Sie haben völlig recht, im Unterschied zu den anderen Hochschulen sichert die HMT grundständige Lehre über Lehraufträge ab, so wie jede Musik- und Kunsthochschule in Deutschland. Deswegen können wir keine Entscheidungen treffen, die die HMT zur Handlungsunfähigkeit führen.

Worum geht es jetzt? Die Frage, in welchem Umfang die Vergütungssätze steigen können und in welchem Umfang und in welcher Höhe wir Mindestsätze einführen können, hängt von der Frage ab, was sich die HMT auf Basis dessen leisten kann, was wir mit der BAföGReform machen können. Da gibt es zwei Aspekte oder den Hauptaspekt: Wir haben alle gemeinsam das Ziel, den Anteil der Lehraufträge an der HMT zu reduzieren und dafür fest beschäftigtes Personal im Umfang nach oben zu fahren. Die Operation, vor der wir stehen, ist, dass wir die zusätzlichen BAföG-Mittel mitsamt der zusätzlichen Stellen, die ins System gehen, so nutzen, dass bisherige Bereiche, die durch Lehraufträge erfüllt wurden, überwechseln in das Stammpersonal. Dieses Stammpersonal wird mit den BAföG-Millionen bezahlt, mit dem Anteil, den die HMT bekommt. Und da sie diese Lehrvolumina auf Kernstellen überführt haben, kommt es zu einer finanziellen Entlastung der Hochschule für Musik und Theater im Bereich der Lehraufträge, und es kommt

nur dann zu dieser Entlastung. Diese Entlastung sowie weitere Mittel, die die HMT aus den BAföG-Millionen bereit hat, kann sie dann als Volumen dafür nutzen, die Lehraufträge in der Vergütung anzuheben.

Jetzt kommt das entscheidende Problem: Wir haben mit der HMT in den Zielvereinbarungen sehr einvernehmlich und sehr konstruktiv einen solchen Umbauplan für die HMT besprochen – der ist sehr weitreichend, da werden sich einige vielleicht noch umgucken –, immer mit dem Ziel, auch die Zahl der Lehraufträge zu reduzieren, um genau diesen Effekt zu erzielen. Wir sind uns einig, allerdings bedarf es der Zustimmung des Kabinetts und des Landtages zu diesen Zielvereinbarungen, um das wirklich exekutieren zu können, und des Haushaltsgesetzgebers auch, was die Stellen angeht im Stellenplan der HMT. Das alles muss zusammenpassen.

Das heißt, wir können – und das ist in der Tat mein Erkenntnisfortschritt der letzten Monate im Rahmen der Zielvereinbarungsverhandlungen –, wir können diese Lehrauftragsrichtlinie nicht in Kraft setzen, bevor nicht das Parlament sowohl den Stellenplan der Hochschule als auch die Zielvereinbarungen abgesegnet hat. Also, wie gesagt, zwischen Hochschule und uns besteht da Einvernehmen, weil dies die Voraussetzung dafür schafft, genau die Spielräume zu erwirtschaften, die wir uns, glaube ich, alle wünschen. Das ist der einzige Grund für die Verzögerung, dieses Nadelöhr im Bereich der HMT, das sozusagen eine personalstrukturelle Herausforderung ist. Das ist der einzige Grund.

Sobald das Parlament den Zielvereinbarungen zugestimmt hat und sie in Kraft getreten sind, wird auch möglichst zeitnah, hoffe ich, die Möglichkeit bestehen, die Lehrauftragsrichtlinie auf den Weg zu bringen. Wir jedenfalls arbeiten parallel weiter an diesem Text, also wir sind jetzt auch damit beschäftigt, daran weiterzuarbeiten.

Herr Brodkorb, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Saalfeld zu?

Ich bin am Ende meiner Rede und bin sehr gerne bereit, noch Fragen zu beantworten.

Ja, danke.

Herr Saalfeld, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Vielen Dank, Herr Brodkorb! Die von Ihnen dargelegten Gründe sind ja sogar möglicherweise nachvollziehbar,

(Zurufe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU: Frage!)

aber hier die Frage, auf die offensichtlich sehr viele gespannt sind:

(Andreas Butzki, SPD: Wieder keine Frage.)