Zentraler Anknüpfungspunkt für alle Fragen war das Gutachten zur Evaluierung des Vergabegesetzes. Ich freue mich, dass ein Gesetzentwurf zur Abstimmung gestellt werden kann, der das Ergebnis eines sorgfältigen Prozesses geworden ist und an dem sich in besonderer Weise die Zusammenarbeit der Koalition gezeigt hat.
Lassen Sie mich kurz die Schwerpunkte der Gesetzgebungsarbeit zusammenfassen. Nach dem Gutachten der Wegweiser GmbH zur Evaluierung hat sich das Vergabegesetz bewährt und es hat auch die Arbeit der Vergabestellen bestätigt, vor allen Dingen mit Blick auf die Rechtssicherheit. Diese Bewertung habe ich bereits aus Anlass der Ersten Lesung vorgetragen. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse haben die Gutachter Empfehlungen für eine behutsame Weiterentwicklung des Vergabegesetzes erarbeitet. Ich rufe noch einmal die beiden Schwerpunkte in Erinnerung: einmal die Sicherstellung, dass bei öffentlichen Aufträgen in jedem Fall ein Mindestlohn von 8,50 Euro gezahlt wird, sowie die verfahrenstechnischen Erleichterungen für Unternehmen und die Stärkung der Vergabestellen.
Zunächst hat die Landesregierung als Schlussfolgerung aus dem Gutachten vorgeschlagen, die Vorschriften des Vergabegesetzes mit den Vorschriften des Mindestlohngesetzes zu harmonisieren. Dies ist mit diesem Entwurf gut gelungen. Insbesondere sind Regelungen entfallen, die aufgrund des Mindestlohngesetzes und des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes überflüssig wurden. Hierdurch sind weniger Kontrollen und Sanktionen durch Landesbehörden erforderlich. Infolgedessen hat die Landesregierung die Änderung des Paragrafen 10 vorgeschlagen. Der Aufwand für Vergabestellen und Unternehmen wird sich auf diese Weise erheblich verringern. Das Land erhält zudem die Befugnis, die Kontrollen auf andere Stellen zu übertragen. Als eine Stelle in diesem Sinne kommt insbesondere der Zoll in Betracht, der auch die Kontrollen nach Bundesrecht durchführt. Darüber wird mit dem Bund zu reden sein.
Bei der Einbringung des Gesetzes habe ich bereits die Besonderheiten im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs erwähnt. Für eine angemessene Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich können künftig nicht nur Tarifverträge aus Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch Verträge aus dem übrigen Bundesgebiet als repräsentativ angesehen werden. Grundsätzlich stärkt es den Wettbewerb. Die Zahl der Tarifverträge, die künftig als Maßstab gelten können, wird damit erweitert.
Dies waren die Änderungen zum Thema „Mindestlohn und Tarife“. Der zweite Themenblock, die Diskussion um Verfahrenserleichterungen, hat in den Ausschüssen und in den Expertenrunden ebenfalls einen breiten Raum eingenommen.
Meine Damen und Herren, eine gute Gesetzgebung hält die Belastung für Anwender möglichst gering. Es liegt hier in der Natur der Sache, dass die Interessen der Wirtschaft am Bürokratieabbau und die Interessen des Steuerzahlers an einem geordneten Ausgabeverhalten der öffentlichen Hand in besonderer Weise daran gemessen werden. Meine Damen und Herren, es ist erfreulich, dass sich die Wirtschaft trotz nicht aller aufgegriffenen Hinweise fachlich intensiv engagiert hat und sich einer engagierten Diskussion gestellt hat. Von daher ist es wichtig, dass wir uns in diese Diskussion eingebracht, abgewogen und Entscheidungen auf den Weg gebracht haben.
Als grundsätzliche Verfahrenserleichterungen werden künftig Wertgrenzen eingesetzt: 10.000 Euro für Liefer- und Dienstleistungen und 50.000 Euro für Bauleistungen. Hiermit sollen der bürokratische Aufwand und Verfahrenskosten bei den Vergabestellen reduziert werden. Die Vorschrift über die sogenannte Aufgreifschwelle regelt den Umgang von Vergabestellen mit Zweifeln an der Angemessenheit des Preises. Entsprechend der Empfehlung im Gutachten ist künftig eine Abweichung von mindestens 20 Prozent von den Preisen anderer Bieter oder der Preisermittlung des Auftraggebers maßgeblich. Das entspricht der Lage im Bereich der sogenannten europaweiten Vergaben.
Darüber hinaus dürfen die unterlegenen Bieter künftig auch per E-Mail über das Ergebnis des Vergabeverfahrens unterrichtet werden. Bisher war immer die Schriftform mit entsprechender Unterschrift nötig. Die Änderung dient der Klarstellung und Vereinfachung und trägt dem Bedürfnis der Praxis Rechnung. Schließlich wird das Gesetz entfristet. Die gesetzliche Regelung hat sich im Großen und Ganzen bewährt, sodass darauf verzichtet werden kann, das Gesetz immer wieder zur Disposition zu stellen.
Das Ergebnis ist ein Gesetzentwurf im Sinne einer angestrebten guten Gesetzgebung. Dies bedeutet zugleich, dass nicht alle Empfehlungen der Gutachter unbedingt in die Form eines Gesetzes gebracht werden müssen, sondern auch in anderer Form weiterverfolgt werden. Dazu gehört beispielsweise die Möglichkeit eines strategischen Einkaufs über eShops des Landesamtes für innere Verwaltung. Die vorgesehenen Änderungen des Vergabegesetzes sind nun reif für die Verabschiedung und ich bitte um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will für die nachkommende Generation anmerken, dass unsere Änderungsanträge vom Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses Herrn Eifler in seinem Bericht hier vorgestellt wurden. Damit kann ich darauf verzichten, sie in meiner Rede dezidiert und detailliert vorzustellen. Also alle, die meine Rede nachle
sen, sollten zuerst die Rede von Ihnen, Herr Eifler, lesen, damit sie dann wissen, wie die Änderungsanträge der LINKEN im Einzelnen ausgesehen haben.
Ich will folgende Anmerkung machen: Das bestehende, noch gültige Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern hat eine Frist, die am 31. Dezember 2016 endet. Mir hat noch keiner von der Koalition und auch nicht von der Regierung erklären können, warum wir im Eiltempo, jetzt im Dezember 2015, diese Novelle hier durchpeitschen.
Das merkt man, zweitens, an dem Punkt, dass das Gesetz, welches über die Koalitionsfraktionen eingebracht wurde, handwerklich schlecht gemacht ist, denn – das musste das Sekretariat des Wirtschaftsausschusses machen – viele redaktionelle Nacharbeiten mussten geleistet werden, damit überhaupt vom Stil her, von der Redaktion her alles richtig formuliert ist.
Es liegt jetzt richtig vor dank der Arbeit des Sekretariates. Aber die Kritik geht ja in Ihre Richtung, weil Sie einen schlechten Gesetzentwurf vorgelegt haben. Das müssen Sie schon aushalten.
Drittens. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Sie – die Sozialdemokratie hat das ja als Herzblut beschrieben – die Schwellen einführen: bei Leistungen und bei Lieferungen 10.000 und bei Bauleistungen 50.000 Euro. Ich will Sie fragen – wir haben da einen entsprechenden Änderungsantrag gestellt –, ich will Sie einfach fragen: Was ist denn, was Sie unter anderem befürchten, wenn der Bund den Mindestlohn absenkt auf unter 8,50 Euro bei entsprechenden Leistungen, die sich eben unter 10.000 oder unter 50.000 Euro befinden? Dann können auch in Mecklenburg-Vorpommern diese Aufträge zu entsprechenden anderen Bedingungen erfüllt werden, als sie im Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern formuliert sind.
Ja, Herr Glawe, viertens: Vereinfachung der Bürokratie und Vereinfachung des Bürokratieabbaus. Das ist doch ein Witz, was Sie hier sagen, dass jetzt auch die Nachricht über die Ablehnung per E-Mail geschickt werden kann.
der Mitarbeiter muss genauso den Text formulieren. Das Einzige, was wegfällt, ist, dass es nicht unterschrieben werden muss, dass der Brief nicht eingetütet werden muss, eine Briefmarke aufgeklebt werden muss und er abgeschickt werden muss.
Herr Eifler ist im Detail darauf eingegangen, dass sowohl von den Wirtschaftsverbänden als auch von der IHK und der Auftragsberatungsstelle gefordert wurde, dass der Zubenennungserlass in das Gesetz integriert wird und dass die Präqualifikation als Regel in das Gesetz aufgenommen wird. Die Ingenieure, die freien Berufe haben gefordert, die Verwaltungsvorschrift in das Gesetz aufzunehmen. Das wäre eine Vereinfachung! Das wäre Bürokratieabbau! Das haben Sie nicht getan.
Und, meine Damen und Herren, bei der Aufgreifschwelle von 20 Prozent kann ich nun wirklich nicht nachvollziehen, warum Sie dieser Empfehlung nachgekommen sind. Stellen Sie sich eine Bauleistung von 1 Million vor. Also wenn jemand seine Leistungen unter 1 Million, für 810.000 Euro anbieten würde, dann würde jemand, der das überprüfen würde, gegen dieses Gesetz verstoßen. Das kann doch einfach nicht sein, weil es sowohl die anderen Anbieter als auch der Auftraggeber wissen sollten, warum dieses Angebot tatsächlich so aussieht.
Beim Mindestlohn muss ich Ihnen sagen: Sie schreiben 8,50 Euro fest. Warum nehmen Sie nicht das Beispiel von Schleswig-Holstein, wo man sich an der unteren Entlohnungsgruppe des öffentlichen Dienstes orientiert? Da wären nach dem Recht in Schleswig-Holstein jetzt 9,18 Euro zu zahlen. Wende ich die entsprechende Tabelle in Mecklenburg-Vorpommern an, komme ich auf 9,24 Euro.
Und wozu Sie nichts gesagt haben, ist: Es werden ja noch Leistungen des Schienenpersonennahverkehrs ausgeschrieben. Was aber durchaus passieren kann, ist, dass ein Betreiberwechsel eintritt. Betreiberwechsel – was passiert dann eigentlich? Werden die Bedingungen, zu denen die Verträge mit dem ersten Betreiber abgeschlossen wurden, dann übernommen? Diese Regelung fehlt bei Ihnen. Auch dazu gibt es entsprechende Änderungsanträge sowohl von uns als auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Wenn ich das zusammenfassen darf: keine Vereinfachung, keine Entbürokratisierung, kein gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiches Geld für regulär Beschäftigte und Leiharbeitnehmer ist nicht – von der SPD und von der CDU abgelehnt. Ob ein Auftrag nun unter 11.000, unter 10.000 oder 50.000 oder darüber vergeben wird – es ist nicht garantiert, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit bezahlt wird. Gute Arbeitsbedingungen, die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnorm, auch das ist Ihnen vollkommen egal. Deswegen, meine Damen und Herren, können wir nur sagen, das, was Sie hier als eine gute Leistung verkaufen, ist ein Rückschritt,
sondern Sie haben hier ein Gesetz vorgelegt, welches tatsächlich ein Rückschritt in die Urzeit der öffentlichen Vergabe ist, meine Damen und Herren. Und das sollten Sie sich wirklich ins Stammbuch schreiben lassen.
Deswegen bitte ich Sie darum, unseren und auch den Änderungsanträgen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu- zustimmen. Dann können wir Ihnen folgen. Weil Sie das nicht tun werden, werden wir das ablehnen. Ich weiß ja auch, woher der Wind weht. Sie wollen heute eine kleinere Novelle durchbringen, um dann im Wahlkampf 2016 genau darüber zu reden,
welche Anforderungen insbesondere die SPD an das Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern hat. Und, meine Damen und Herren, Sie haben hier viel gesprochen, aber Sie haben zur Verbesserung der Vergabe in Mecklenburg-Vorpommern konkret keinen Beitrag geleistet.