Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

Für wissenschaftliche Großgeräte stehen unseren Hochschulen im Jahr 2016 8,5 Millionen Euro zur Verfügung, in den Jahren danach jeweils 10 Millionen aus Landesmitteln. Auch hier erfolgt die Planung in diesem Jahr auf Grundlage von standortbezogenen Budgets.

Jenseits von Geld und Finanzierung wurden aber auch Vereinbarungen zu wissenschaftlicher Karriereentwicklung und guter Arbeit in der Wissenschaft geschlossen. Jungen Menschen soll durch Planungssicherheit ein möglichst guter Start in das Berufsleben ermöglicht werden.

Zur Verbesserung der Chancengleichheit der Geschlechter stehen zusätzliche Mittel in Höhe von 1 Million Euro zur Verfügung. Es gibt für jede Hochschule eine speziell errechnete Zielvorgabe in Form einer Steigerungsrate. Bei Erreichung von 50 Prozent der Steigerungsrate erhält die Hochschule bereits die Hälfte der gesonderten Zuweisungen. Hochschulen, die erfolgreicher sind, erhalten für jede weitere berufene Professorin zusätzliche Mittel in Höhe von 10.000 Euro.

Mehr feste Stellen wird es durch Umstrukturierungsmaßnahmen in der HMT geben. Damit stärken wir nicht nur die umfangreichen Angebote der Hochschulen, sondern es können Lehrbeauftragte in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wechseln und das breite Ausbildungsangebot der HMT bleibt erhalten. Darüber hinaus beabsichtigt die HMT eine deutliche Anhebung der Vergütungssätze der Lehrbeauftragten. Wie ich finde, sind das weitere wichtige Schritte in Richtung guter Arbeit. Sie kennen die Diskussionen der letzten Monate hier in diesem Hause um die Lehrbeauftragten.

Die ebenfalls erfolgsabhängige Leistung Wohnsitzprämie bleibt auch in den neuen Zielvereinbarungen für alle Hochschulen erhalten.

Für die Integration studierwilliger Flüchtlinge stehen jährlich 100.000 Euro zur Verfügung. Wenn die Mittel nicht reichen sollten, kann der Betrag noch erhöht werden.

Abschließend möchte ich sagen, dass das, was uns hier als Zielvereinbarungen vorgelegt wurde, Grundlage dafür ist, dass unsere Hochschulen optimistisch in die neue Vereinbarungsperiode 2016 bis 2020 gehen können. Die Wunschliste der Hochschulen war sehr lang, aber ich kann nur wiederholen, dass viel von dem, was erwünscht war, umgesetzt werden konnte. Nach Gesprächen mit den Hochschulleitungen habe ich viel positive Resonanz wahrnehmen können. Manchmal habe ich den Wunsch, dass unsere Hochschulen diese positiven Dinge in freu

diger Bereitschaft auch etwas lauter und offener ausdrücken könnten.

In diesem Sinne wird die SPD ihre Zustimmung zu den Zielvereinbarungen heute gern geben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie erinnern sich sicherlich, dass wir am 18. Dezember des vergangenen Jahres auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Aussprache zum Thema Zielvereinbarungen hatten. Damals hielten sich die Fraktionen sehr zurück mit der Bewertung der Zielvereinbarungen, denn sie lagen ja zum damaligen Zeitpunkt angeblich noch nicht vor.

(Heinz Müller, SPD: Dann kann man sie auch schlecht bewerten.)

Die GRÜNEN hatten damals die Zielvereinbarungen vorliegen. Wir wissen auch jetzt mit Datum der Unterschriften,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

dass sie zum damaligen Zeitpunkt der Aussprache endverhandelt waren und bereits unterschrieben waren. Aber vielleicht ist das auch wieder nur ein Punkt, wo man merkt, dass offensichtlich die Oppositionsfraktion der GRÜNEN über gute Quellen verfügt

(Egbert Liskow, CDU: Herrschafts- wissen, Herrschaftswissen!)

und über Herrschaftswissen und über Dokumente, über welche die Regierungskoalition offensichtlich nicht verfügt. Aber darüber müssen Sie sich schon selbst den Kopf zerbrechen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hätten damals schon über die Zielvereinbarungen intensiv verhandeln und beraten können. Es hat sich nichts geändert bis auf eine Änderung: Bei den Zielvereinbarungen der Universität Greifswald sind es noch weniger Ausbildungsplätze fürs Lehramt geworden. Deswegen kann ich die Aussage von Frau Wippermann nicht unterstreichen, dass sich jeder Tag des Wartens gelohnt hat. Nein, die Zielvereinbarungen sind mit jedem Tag noch ein bisschen schlechter geworden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fasse noch mal die Aussprache vom 18. Dezember kurz zusammen. Wir hatten damals festgestellt, dass die Zielvereinbarungen weder fristgemäß, zeitgemäß noch zukunftstauglich waren. Sie waren nicht fristgemäß, denn sie hätten eigentlich Mitte des Jahres 2015 vorliegen müssen. Sechs Monate vor Auslaufen der alten Zielvereinbarungen müssen die neuen vorliegen. Wie auch immer der Minister zu der Feststellung gelangen kann, dass, wenn er sieben Monate später die Zielvereinbarungen vorlegt als geplant und auch nur eine dreimonatige Verlängerung vom Par

lament bekommt, das immer noch fristgemäß sei, glaube ich, bleibt für immer sein Geheimnis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will mich allerdings zu diesem Punkt kurzfassen. Ich möchte lieber darauf eingehen, warum ich glaube, dass die Zielvereinbarungen nicht zeitgemäß sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt keine belastbaren Aussagen zur Bekämpfung der prekären Beschäftigungsverhältnisse an den Universitäten und Fachhochschulen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Und die sind ein Thema.)

Es gibt eine sehr, sehr dünne Vereinbarung, wonach die Hochschulen Regelungen in ihren Dienstvereinbarungen treffen sollen, die einer Prekarisierung der Angestelltenverhältnisse entgegenwirken sollen. Und diese sehr, sehr dünne und sehr, sehr schwache Regelung war für die Universität Rostock auch schon erfüllt. Deswegen hat der Senat darauf hingewiesen, dass bitte in ihre Zielvereinbarung reingeschrieben wird, dass das bereits mit Datum 6. April 2015 erfolgt ist. Ich glaube, es ist auch einmalig, dass wir Zielvereinbarungen heute hier verabschieden, die zum Teil schon erfüllt sind. Ich glaube, das hätten wir uns sparen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weise noch mal darauf hin, dass die Hälfte aller Promovierenden in Deutschland ein Anstellungsverhältnis von unter einem Jahr haben. Ich glaube nicht, dass allein eine solche Regelung in den Dienstvereinbarungen helfen und ausreichen wird, denn sonst sähe es an der Universität Rostock schon sehr viel besser aus. Wie gesagt, seit 06.04.2015 gibt es diese Regelung. Ich glaube nicht daran, dass das hilfreich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kämpft seit Jahren für eine bessere Bezahlung der Lehrbeauftragten

(Regine Lück, DIE LINKE: Seit Jahren!)

und – hört, hört! – in den vergangenen Wochen haben wir vom Bildungsminister erfahren, hier soll sich eine wahrnehmbare Veränderung ergeben. Wenn man sich das allerdings genauer anschaut, sieht man – oh, oh, ja! –, die Lehrbeauftragten sollen besser bezahlt werden, aber die Hochschulen sollen es aus ihrem eigenen Budget erwirtschaften. Das finde ich schade, denn die Hochschulen bleiben damit auf den Kosten sitzen und müssen womöglich an einer anderen Stelle des Personaltableaus einsparen, damit sie die Lehrbeauftragten finanzieren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz absurd und abstrus wird es jedoch, wenn man sich die Regelungen bei der HMT anschaut. Darüber hatten wir ja auch schon im Dezember gesprochen. Bei der HMT ist nämlich in ihren Zielvereinbarungen vereinbart worden, dass die Bezahlung der Lehrbeauftragten nur dann so erhöht erfolgen solle, wenn das die Finanzplanung nach Anlage 1 hergibt. Gibt die Finanzplanung das in der Anlage 1 nicht her, sollen die Vergütungen der Lehrbeauftragten angepasst werden. Das heißt, hier wird nicht vergütet nach Qualität, hier wird keine faire Bezahlung vorgenommen, hier wird keine Bezahlung nach entsprechenden Tarifvereinbarungen vorgenommen, sondern hier wird eine Bezahlung nach Kassenlage vorgenommen. Und das

kann ja wohl nicht sein, dass die HMT sagt, wir müssen jetzt die Vergütung der Lehrbeauftragten entsprechend unserer Finanzausstattung nach unten anpassen. Aber genau das steht in der Zielvereinbarung der Hochschule für Musik und Theater und deswegen können wir hier auch nicht zustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zielvereinbarungen sind auch nicht zeitgemäß, weil keine Vereinbarung zur Integration von Flüchtlingen konkret getroffen wurde. Deswegen habe ich gerade noch mal nachgefragt. Ich finde es sehr wohlfeil vom Bildungsminister, wenn er sagt, wir haben hier keine konkrete Zielvereinbarung getroffen, weil wir keine konkreten Vorschriften für die Hochschulen erlassen wollten.

Na, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann können wir uns auch Zielvereinbarungen in der Gänze sparen, denn die Zielvereinbarungen sind ja naturgemäß Vorschriften und ein Maßnahmenkatalog, mit dem man den Hochschulen sagt, wie sie etwas und was sie machen sollen. Sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen, bei dem wichtigen Thema wollten wir den Hochschulen das nicht vorschreiben, denn sie wissen es besser, wie es geht, das finde ich ein bisschen wohlfeil, vor allem, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil es nach der Aussage des Bildungsministers dann bei den kläglichen 100.000 Euro bleiben wird, die für die Integration von Flüchtlingen an den Hochschulen zur Verfügung stehen. Ich dachte, dass hier nachgearbeitet wird. Es bleibt beim alten Stand, den wir im Parlament schon beraten und debattiert haben. Ich finde das nicht zeitgemäß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie gesagt, nicht fristgemäß, nicht zeitgemäß, nicht zukunftstauglich sind diese Zielvereinbarungen. Warum sind wir der Meinung, dass sie nicht zukunftstauglich sind? Den Zielvereinbarungen liegt eine Lehrerbedarfsplanung zugrunde, die wir für unrealistisch halten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte im Dezember bereits ausgeführt, dass zum Beispiel bei dieser Lehrerbedarfsplanung die freien Schulen nicht berücksichtigt werden. Es werden nur die Lehrer und der Bedarf berücksichtigt, den die öffentlichen Schulen haben. Es finden aber bereits elf Prozent aller Beschulungen an freien Schulen statt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Aber dadurch heißen sie „freie Schulen“.)

Das heißt, elf Prozent der Lehrer fehlen. Natürlich gehen Absolventen unserer Universitäten auch an freie Schulen und beginnen dort ein Lehrerleben sozusagen, und diese elf Prozent fehlen uns. Zudem berücksichtigt die Lehrerbedarfsplanung auch die Flüchtlingskinder nicht, denn sie stellt auf Zahlen vom Dezember 2014 ab, auf Schülerzahlen vom Dezember 2014. Da war die jetzige Entwicklung der Flüchtlingskinderzahlen überhaupt noch nicht absehbar. Deswegen ist auch hier diese Zielvereinbarung nicht zukunftstauglich.

Sie geht weiterhin von unrealistisch niedrigen Schwundquoten bei den Lehramtsstudierenden aus. Die Landesregierung geht von etwa 10 bis 30 Prozent Schwund nach dem Absolvieren des Lehramtsstudiums aus. Realistisch, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind 50 Prozent. Ich hatte Ihnen das im Dezember schon mal vorgetragen. Im Jahr 2009 haben 1.077 Studienanfänger

mit dem Lehramt begonnen, fünf bis sechs Jahre später waren 499 Absolventen fertig, das heißt, wir haben einen Schwund von über 50 Prozent. Dann muss man sich aber auch an den Realitäten messen und sagen, ja gut, dann kann ich nicht nur mit 10 bis 30 Prozent Schwund rechnen, wenn ich realistischerweise von 50 Prozent ausgehen muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte Ihnen das schon dargelegt, wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehen daher davon aus, dass, wenn es bei den Planungen der Landesregierung bleibt, wir 250 Lehr- amtsabsolventen zu wenig haben werden pro Jahr, und zwar ab dem Jahr 2020. Und in diesen Lehrernotstand schlittern wir hinein, wenn wir diese Zielvereinbarungen heute hier so verabschieden. Wer heute an der Ausbildung der Lehrer spart, wird das in Zukunft mit teuren Notlösungen und auch mit Qualitätsverlust an den Schulen bezahlen. Da hilft, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch keine noch so teure Werbekampagne, denn alle anderen Bundesländer haben doch die gleichen Nachwuchssorgen und niemand hat in dieser Bundesrepublik Absolventen zu verschenken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zusammenfassend kann ich also feststellen, die Zielvereinbarungen sind weder fristgemäß, zeitgemäß noch zukunftstauglich. Was hier abgeliefert wurde, ist keine Glanzleistung des Bildungsministers. Ich habe die Hoffnung, dass durch Teilzielvereinbarungen in den Folgejahren nachgesteuert wird. Natürlich haben die Hochschulen unterschrieben, denn sie wollten ja Geld. Anderenfalls standen 76 Stellen auf der Kippe, die direkt von Zielvereinbarungen abhängig waren. Das geht aus einer Kleinen Anfrage von mir hervor. Deswegen kann man natürlich jetzt sagen, wieso, die Hochschulen haben doch unterschrieben. Ja, sie brauchten dringend das Geld und da gilt nun mal das realistische Prinzip, lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Unterm Strich bleibt für uns allerdings die politische Einschätzung: Es ist kein Meisterwerk.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte dennoch auf ein paar Punkte zusätzlich eingehen. Die vorliegenden Zielvereinbarungen zementieren den Personalabbau bis zum Jahr 2017. Es werden nochmals 99,5 Stellen abgebaut. Das geht aus dem Personalkonzept des Jahres 2004 hervor. Ich glaube, das ist keine gute Entscheidung. Wir müssen in unserem Land auf Innovation, auf Wissenschaft setzen. Wir brauchen jeden Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin. Es bestand hier die Möglichkeit, mit den vorliegenden Zielvereinbarungen diesen unsäglichen Abbauprozess, der im Jahr 2005 begonnen hat, zu stoppen. Seit 2005! Sie wissen es, in diesem Personalkonzept sollen ja die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Personaltableau der Hochschulen, um etwa 20 Prozent bis 2017 geschrumpft werden. Ich halte das insgesamt für eine Fehlentscheidung der vergangenen Jahre, aber sie wird hier stur fortgesetzt, und das finde ich schade.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe gerade noch mal eine Nachfrage an den Minister gestellt, ob es sich tatsächlich nur um 250.000 Euro über drei Jahre für den Inklusionsprozess handelt. Das hat er bestätigt und das finde ich schade. Auch wenn es der Vorschlag der Universität Rostock selbst war, hätte ich mir hier vorgestellt, dass das Land mehr steuernd eingreift und sagt, wenn uns die Inklusion gelingen soll, dann kann das nicht nur bei 250.000 Euro über drei Jahre bleiben,

denn gleichzeitig steht in der Zielvereinbarung ja auch, dass eine Stelle geschaffen werden soll. Das können wir jetzt einfach mal ausrechnen, diese 250.000 Euro über drei Jahre, Herr Liskow, das sind etwa 80.000 Euro, gut 80.000 Euro. Da ist mit einer Personalstelle schon fast das ganze Geld weg.

(Egbert Liskow, CDU: Wie viel wollen Sie denn bezahlen?)

Na ja, wenn man von so einem Arbeitgeberbrutto ausgeht, müssen Sie bei einem Wissenschaftler schon mit 75.000 kalkulieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, also da bleibt nicht mehr viel übrig für die Inklusion, und das auch nur für die nächsten drei Jahre. Was ist denn eigentlich nach drei Jahren? Die Zielvereinbarungen gelten doch für fünf Jahre. Ist nach drei Jahren Inklusion Ende, alles erledigt oder erfüllt?

(Egbert Liskow, CDU: Aber sie wollten ja weniger haben. Das haben Sie doch gerade gehört.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Liskow, wenn die Universität Rostock schon gar nicht mehr glaubt, dass sie mehr Geld bekommt für dieses Projekt, dann ist das eigentlich die traurige Realität, aber man muss sie ja nicht akzeptieren.

(Egbert Liskow, CDU: Die haben weniger gefordert.)