Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Einen Moment! Jetzt ist hier erst mal Ruhe! Ich habe wirklich versucht, die Debatte laufen zu lassen. Aber das, was jetzt stattfindet, ist nicht geeignet, in irgendeinen Dialog einzutreten. Ich bitte also, die Zwischenrufe so zu beschränken, dass der Redner zu verstehen ist und dass es auch einen Fortgang der Debatte geben kann.

(Unruhe bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt können Sie fortfahren, Herr Minister.

Danke schön.

Aber ich freue mich, denn schließlich zeigt es ja auch, dass ein Umdenken stattfindet und dass wir uns endlich konstruktiv mit der Realität und den deutschen Gesetzen auseinandersetzen. Genau dieser Prozess und diese Situation, liebe Kollegen der GRÜNEN-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern, sind bei Ihnen – möglicherweise bei dem einen oder anderen – eben noch ganz am Anfang. Ihre idealistische Vorstellung, dass wir jeden Flüchtling aufnehmen sollten, egal, aus welchen Gründen er geflüchtet ist, wird derzeit in Deutschland in Gänze – auch in einem von Ihnen regierten Bundesland – einem knallharten Realitätscheck unterzogen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die CDU wird gerade einem Realitätscheck unterzogen. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sie sehen, dass das nicht passt, und das tut weh und das ärgert Sie. Der Ärger muss endlich mal raus und dieser Antrag ist Ihr Ventil dafür.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Also ehrlich mal, Herr Caffier! – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Ich kann das menschlich nachvollziehen und verstehen.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das macht den Inhalt Ihres Antrages aber nicht besser, und deshalb kann ich es Ihnen auch nicht ersparen, mit Ihrem Antrag hart ins Gericht zu gehen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Na, dann los!)

Er strotzt vor Naivität und suggeriert Sachverhalte, die einfach nicht stimmen.

(Dietmar Eifler, CDU: Es war ja auch nichts anderes zu erwarten.)

Das kann und werde ich Ihnen auf keinen Fall so durchgehen lassen, weil er auch meine Mitarbeiter und die Mitarbeiter in den Kommunalverwaltungen vorführt, als wenn die gegen geltendes Recht verstoßen würden.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir können doch Anträge stellen, wie wir sie für richtig halten. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, auf die Prosa am Anfang Ihres Antrages möchte ich gar nicht erst eingehen, sondern mich gleich mit den konkreten Forderungen des Antrages beschäftigen.

(Unruhe bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die GRÜNEN wollen erreichen, dass Abschiebungen zwischen 21 und 6 Uhr, während der Mutterschutzfristen, aus Schulen und Kitas sowie Familientrennungen in Zukunft unterbleiben. Ich sage dazu ganz offen: Weder ich noch die Polizei oder die Mitarbeiter in den zuständigen Behörden wollen Nachtabschiebungen, das Herausholen von Kindern aus Schulen und Kitas oder Familientrennungen. Das ist für die Kinder nicht schön, das ist für die Familien nicht schön und es ist auch für die betroffenen Mitarbeiter, die das ausführen, nicht schön. Während des Mutterschutzes wird im Übrigen sowieso niemand abgeschoben, so viel zur Realität. Da hat Ihnen „Rostock hilft“ wahrscheinlich wieder nur die Hälfte erzählt. Letztlich ist aber jede Abschiebung eine Einzelfallentscheidung. Auch das sollten Sie wissen, Frau Gajek.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das wissen wir.)

Neben dem Kindes- und Familienwohl sind dabei auch andere Aspekte zu berücksichtigen. Die beschriebenen Maßnahmen kommen vor allem dann zum Einsatz, ich zitiere, „wenn die Behörden bewusst hinters Licht geführt werden und versucht wird, die Abschiebung aktiv zu vereiteln. Da steckt teilweise schon ein gehöriges Ausmaß an krimineller Energie dahinter.“

(Egbert Liskow, CDU: Genau. – Unruhe vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn also Eltern ihre Kinder, …

Frau Gajek, ich würde mal zuhören,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ich höre zu.)

bevor Sie mich wieder was fragen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nein, nein, ich frage Sie nicht. Nein, nein, nein.)

… wenn also Eltern ihre Kinder absichtlich an anderen Orten schlafen lassen, um eine Abschiebung zu verhindern, müssen wir andere Wege finden, um deutsches Recht durchzusetzen, und dafür sind wir zuständig. Im Einzelfall können Kinder auch von der Schule abgeholt werden, weil es nur da möglich ist, die Familienzusammenführung am Ende zu machen. Das werden wir im Einzelfall auch weiter tun, wenn Eltern versuchen, sich mit solchen kriminellen Machenschaften der Rückführung zu entziehen.

Dabei wird großer Wert darauf gelegt, dass die Maßnahmen kein Aufsehen erregen. So werden die Kinder zuerst in Abstimmung mit der Schulleitung ins Lehrerzimmer gebracht, wo die Vollzugskräfte schließlich auch in Zivil auftreten, und nicht ein Riesenauflauf. Denken Sie, es macht uns Spaß?

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nee, das habe ich nicht gesagt. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat niemand unterstellt.)

Aber das haben sich diejenigen, die die Rückführung vorgesehen haben, ausgedacht und wir haben eine Verpflichtung, das geltende Recht umzusetzen. In Ausnahmefällen sind natürlich auch Familientrennungen nötig, nämlich dann, wenn offensichtlich ist, dass versucht wird, die Abschiebung zu vereiteln. Und wenn im Einzelfall ein Elternteil beim Kind bleibt, dann ist das das Ergebnis der Nichtzurkenntnisnahme eines offiziellen Asylentscheides. Auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Wenn Sie das nicht machen, lieber Kollege Saalfeld, der jetzt nicht hier ist und damals nachgefragt hat, liebe Frau Gajek, dann können Sie die Abschiebeverfügung gleich aufheben. Dann brauchen wir gar kein Bundesamt mehr und können alles einstellen.

(Udo Pastörs, NPD: Können alle hierbleiben.)

Dann werden wir in der Konsequenz bald gar keine Familien mehr abschieben können. Sollte das Ihr eigentlicher Wunsch sein, dass wir gar keine Familien mehr abschieben können, dann sagen Sie das offen und ver

stecken Sie sich nicht hinter Formulierungen zum Kindeswohl!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann wird ein Haufen Personal frei.)

Sagen Sie: Ich will nicht, dass in Zukunft eine Familie aus Mecklenburg-Vorpommern abgeschoben wird! Das wäre eine klare Aussage von Ihnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das können wir gern machen, aber …)

Führen Sie nicht andere Dinge in den Vordergrund, die dafür nicht gelten!

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch Quatsch, egal, was wir machen! Das ist doch Blödsinn!)

Nachtabschiebungen führen wir ebenfalls durch, um ein Abtauchen zu erschweren.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, die hauen ab.)

Fakt ist nun mal, die Erfolgsquote der Nachtabschiebungen hat sich dramatisch erhöht. Seit wir wieder Nachtabschiebungen machen dürfen, …

(Peter Ritter, DIE LINKE: „Dramatisch“ ist die richtige Bezeichnung. „Dramatisch erhöht“, das ist die richtige Bezeichnung. – Udo Pastörs, NPD: Drastisch, meint er.)

Ja, und zwar im Sinne von Ausführung

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja.)

der Maßnahme.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja.)

Es ist traurig, aber wahr.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Traurig ist es auch.)

Lieber Kollege Ritter, es ist traurig, aber wahr. Wenn ich sonst in einem Flugzeug bei 80 Abzuschiebenden 20 mit- bekommen habe und jetzt 70 mitbekommen habe, ist das auch ein Ergebnis der neuen Verfügung. Das muss man zur Realität dazusagen.