Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Also ich möchte noch mal auf die Bildungspolitik zu sprechen kommen, weil die ja auch ein großer Bestandteil ist, nämlich die Teilhabemöglichkeiten. Ich glaube, dass hier eine große Aufgabe liegt, gerade wenn wir sagen, wir entscheiden uns für Ganztagsschulen. Wie sind die Kinder dort in der Lage zu lernen, nämlich, ich komme jetzt gar nicht auf den Bereich Inklusion, sondern welche Möglichkeiten haben sie mit dem Anspruch, der heute an Kinder gestellt wird? Und es geht doch beileibe nicht mehr um die Armut oder das Armutsrisiko, sondern Kinder sind mittlerweile zu einem Spielball geworden, wo ich mir manchmal Sorgen mache, ob die Kinder sich noch so entwickeln können unter dem ganzen Leistungsstress, den wir haben. Wir müssen uns hier im Landtag für die Teilhabemöglichkeiten einsetzen. Da gibt es unterschiedliche Modelle, da gibt es auch unterschiedliche Ansätze und ich hoffe, dass wir den Streit hier im Parlament ruhig führen können, …

(Heinz Müller, SPD: Wir streiten ganz ruhig.)

Das ist gut, Herr Müller.

… weil es wirklich neue Ansätze gibt.

Es ist eben nicht nur die Vermittlung von Wissen notwendig, sondern die Vermittlung von sozialer Kompetenz, vielleicht auch einen Schulgarten perspektivisch an der Schule zu haben oder etwas selbst zu machen mit den Händen. Ich glaube, da haben wir einfach Aufgaben in den nächsten Jahren, wo sich Bildungspolitik, wo sich Bildung tatsächlich vor Ort verändert. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, der Antrag geht ja sehr stark auf die Kitabetreuung ein. Frau Hesse hat dankenswerterweise zwei Punkte hier beantwortet, die natürlich immer eine Schwierigkeit darstellen, nämlich auch die, dass wir kein wirkliches Landesjugendamt haben, wo man bestimmte Sachen vielleicht besser steuern kann. Wir haben die Selbstverantwortung der örtlichen Jugendhilfeträger, die gerade in den Bereichen der Landkreise, glaube ich, noch schwieriger zu handeln sind aufgrund der Fläche und in den kreisfreien Städten, möglicherweise gerade in Schwerin aufgrund der fehlenden Mittel. Und ich denke, da gibt es einen Rechtsanspruch. Also von daher – der wird hier jetzt noch mal bekräftigt mit dem Antrag – ist es der Job der Landesregierung und der Kommunen sowie der Landkreise, diesen Rechtsanspruch aufrechtzuerhalten.

Die Frage ist aber perspektivisch und da, denke ich, können wir noch mehr Kreativität zulassen, vielleicht wird Herr Mucha darauf ja auch eingehen: Wie können wir zum Beispiel Tagespflege mehr in den Mittelpunkt brin

gen, wie können wir zum Beispiel Kita mit Elternberatung, mit kombinierten Teams weiter voranbringen? Das sind Sachen, die wir immer wieder diskutiert haben. Ich nehme Ihren Antrag sozusagen noch mal als Hausaufgabe für die Landesregierung, aber sende auch den Auftrag an die Bundesregierung, weil nur schnacken nutzt uns nichts, wir müssen hier konkret vorankommen. Und klar, die Landesregierung macht, aber ich denke, das geht noch besser. Dazu werden wir als Opposition immer wieder beitragen.

So, jetzt bin ich gespannt.

Also ich vermute, Ihre Spannung liegt darin, dass Sie die Anfrage des Abgeordneten Renz zulassen.

Bitte schön, Herr Renz.

Ja, wenn ich sie beantworten kann, dann tue ich das.

Danke, Frau Präsidentin!

Sehr geehrte Kollegin, Sie haben ausgeführt, dass seit Jahren die Anzahl der Aufstocker steigt. Ich habe folgendes Zitat von Herrn Henning Foerster:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Haben Sie gefragt, ob Sie ihn zitieren dürfen?)

„Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes hat 2015 auch in Schwerin“ …

Herr...

… „zur Verringerung der Zahl der Beschäftigten geführt“.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Was hat das mit der Frage zu tun? – Zurufe aus dem Plenum: Frage! Frage!)

Ist das eine Frage?

Herr...

Die Zahl ging von 2.648 auf 2.399 zurück. Meine Frage ist:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zu spät, zu spät.)

Wie bewerten Sie die Aussage von Henning Foerster vom 18. Februar 2016?

Ich bewerte sie so, dass er für die Landeshauptstadt Schwerin gesprochen hat, und es ist immer mein Auftrag, für das Land Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen. – Danke.

(Patrick Dahlemann, SPD: Wow!)

Gestatten Sie eine...?

(Minister Harry Glawe: Nein, jetzt ist Schluss.)

Nein. Ich war großzügig.

(allgemeine Heiterkeit)

Ach so, wir stimmen dem Antrag zu. – Ich danke für die Aufmerksamkeit und dafür, dass das eben so eine ruhige Debatte war.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also an dieser Stelle möchte ich dann mal sagen, dass ich auch großzügig war, weil es mir nicht gegeben war, Ihnen die Frage ausführlich oder in der gebotenen Art zu stellen. Von daher bitte ich doch, sich grundsätzlich an die Formalien zu halten und mich ausreden zu lassen, bevor man eine Antwort gibt.

Jetzt rufe ich auf für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zumindest einen Fortschritt kann ich gegenüber dem Anfang der Legislaturperiode erkennen: Wir halten uns nicht mehr mit Definitionen um Kinderarmut auf, was ich heute als positiv entnommen habe, dass Sie alle das Problem der Kinderarmut anerkennen.

Nichtsdestotrotz teilen wir Ihre Meinung nicht, dass in Mecklenburg-Vorpommern bereits alles getan wird, um Kinderarmut zu bekämpfen. Ich finde, da sieht die Realität schon etwas anders aus, gerade wenn ich mir die Situation in den Kindertagesstätten anschaue. Sie loben immer wieder Ihre hohen Ausgaben, die Sie für die frühkindliche Bildung vorsehen – sowohl Frau Hesse als auch Herr Lindner haben das heute getan –, dass alles für unsere Kinder getan werde und dass frühkindliche Bildung mit das Wichtigste gegen Kinderarmut sei. Ja, das stimmt, aber was Sie vergessen zu sagen, ist, dass wir im gesamtdeutschen Vergleich unterdurchschnittlich sind, was die Qualität betrifft. Wenn ich mir beispielsweise die Fachkraft-Kind-Relation anschaue, dann ist eine individuelle Bildung der Kinder von Anfang an nicht immer möglich.

Manchmal erweckt das bei mir den Eindruck, dass Sie nicht daran interessiert sind, die Flüchtlingskinder in die Kitas zu bekommen, weil das das Problem des Erziehermangels, des Fachkraftmangels noch weiter verschärfen würde. Und da helfen mir auch die Kitabedarfsplanungen vor Ort nichts, wenn ich letztendlich auf die Landesregierung angewiesen bin, auf eine Ausbildungsplatzplanung, wobei wir aber im September 2015 noch gehört haben, dass derzeit kein Bedarf gesehen werde, diese anzupassen.

Weil wir all das noch nicht sehen, finden Sie auch unter Punkt 2 des Antrages, dass Kindern frühestmöglich der Zugang zu Kindertageseinrichtungen gewährt werden soll, damit sie dort integriert und gebildet werden und weil das mit die beste Prävention gegen Kinderarmut ist. Insbesondere finden Sie unter unserem Punkt 2 die Umsetzung der Investitionsprogramme zum Kitaausbau, dass diese schnellstmöglich vorangetrieben werden müssen. Das Investitionsprogramm 2015 bis 2018 – Sie hatten es vorhin schon angesprochen – zum Ausbau der Kitas scheitert derzeit vor Ort am Richtlinienerlass des Sozialministeriums. Die Landkreise und kreisfreien Städte stehen sozusagen in den Startlöchern, Träger fragen nach. Allein, was fehlt, ist die Richtlinie des Sozialminis

teriums. Dabei brauchen wir die Kitaplätze vor Ort, dabei brauchen wir das Fachpersonal vor Ort.

Ich sehe einfach nicht, dass alle Mittel ausgeschöpft sind, um Kinderarmut und deren Folgen in MecklenburgVorpommern zu bekämpfen. Ich hatte in meiner Einbringungsrede gesagt, dass beispielsweise auch die Maßnahmen aus dem Maßnahmenplan 2010 noch nicht vollends umgesetzt werden.

Um sozusagen meinem Kollegen Torsten Koplin auch noch ein bisschen Zeit zu lassen, möchte ich mich für Ihre Aufmerksamkeit vorerst bedanken. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Mucha.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Pressemitteilungen meiner geschätzten Kollegin Bernhardt zum Thema Kinderarmut allein aus den letzten zwölf Monaten einmal anschaut, dann zeigt sich dort ein relativ eindeutiges Argumentationsschema. Die Landesregierung, ersatzweise auch gern die Regierungskoalition oder Ministerin Hesse, nehmen das Thema Kinderarmut einfach nicht ernst

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja.)

und würden durch die Ablehnung der Vorschläge der LINKEN verhindern, dass alles sofort besser würde.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Nicht sofort, das habe ich nie gesagt.)

Ich werde mich davor hüten, Ihnen vorzuwerfen, das Thema nicht ernst zu nehmen, davon kann wahrlich nicht die Rede sein, aber genauso erwarte ich von einer demokratischen Fraktion, dass sie anerkennt, dass es in Sachfragen unterschiedliche Auffassungen und Problemlösungen gibt.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das tun wir.)

Man kann im Nachgang gern bedauern, dass für die eigene Auffassung keine Mehrheit besteht, aber die Aussage, dass das Thema Kinderarmut nicht ernst genommen wird, ist einfach falsch.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Dann lesen Sie doch mal die Antwort zu der Großen Anfrage! Das lässt doch nichts anderes zu, als diesen Schluss zu ziehen.)