Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Seit Jahren kommt die Entwicklung der Fläche des ökologischen Landbaus in Mecklenburg-Vorpommern nicht über neun Prozent hinaus. Ja klar, wir sind damit im Bezug zur Fläche immer noch unter den führenden Bundesländern, das ist richtig, und momentan auf Platz vier meines Vergleiches im bundesweiten Vergleich. Zahlreiche Bundesländer, auch grün geführte, sind dort schlechter aufgestellt. Doch sollte das nicht der Maßstab sein, ob wir nun eins, Platz zwei oder drei oder sonst was sind. Wir können uns ein Bundesland angucken, wo es beson

ders gut läuft, das ist Bayern. Hier ist bereits seit 2012 mit dem Programm „BioRegio Bayern 2020“ eine klare Zielgröße gesetzt worden: Zwölf Prozent der Landesfläche sollen dort bis 2020 ökologisch bewirtschaftet werden. Die Beibehaltungs- und Umstellungsprämien wurden kräftig angehoben. Bayern ist das einzige Bundesland, das den vom Bund vorgegebenen Förderrahmen komplett ausschöpft.

(Heinz Müller, SPD: Wie viel Prozent waren das bei denen?)

Angesichts erfolgreicher Realisierungen in anderen Bundesländern frage ich Sie: Warum streben Sie nicht für Mecklenburg-Vorpommern eine viel weitergehende Ökologisierung der Landwirtschaft an?

(Heinz Müller, SPD: Auch zwölf Prozent.)

Wir GRÜNEN plädieren seit Jahren dafür, bis zum Jahr 2020 die ökologische Fläche im Land MecklenburgVorpommern auf 20 Prozent anzuheben. Dafür werden geeignete Maßnahmen notwendig sein. Warum stellen wir zum Beispiel nicht konsequent das Subventionssystem um, das uns Grundwasserschäden, einen Verlust der biologischen Vielfalt, die Gefährdung der Gesundheit durch Pestizidgebrauch und Pestizidmissbrauch beschert und oft genug mehr Arbeitsplätze abbaut, als sie zu schaffen? Warum sprechen Sie, Herr Minister Backhaus, immer wieder vom Nischenmarkt Ökolandbau? Wollen Sie die positive Entwicklung des ökologischen Landbaus lediglich konsolidieren und schrittweise weiterentwickeln?

(Minister Dr. Till Backhaus: So einen Quatsch habe ich doch niemals gesagt.)

Das ist auch ein Zitat aus Ihrem Munde.

Dann bezeichnen Sie Menschen, die mehr wollen, als blinde Aktionisten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oh!)

Nun, ich kann noch sehr gut und scharf schauen.

Nein, Herr Minister, das klingt nach einer Schleichfahrt statt nach zügigem Vorankommen.

Dabei gibt es auch für Mecklenburg-Vorpommern ein gutes Strategiepapier. Mit 43 Forderungen in 7 Handlungsfeldern, legte der BUND Landesverband Mecklenburg-Vorpommern gerade im Februar dieses Jahres das Aktionsprogramm „Mehr BIO aus MV“ vor. Übrigens finden Sie auf insgesamt über 70 Seiten ein maßgeschneidertes und detailliertes Konzept, meine Damen und Herren. Ich empfehle Ihnen, lesen Sie sich das wirklich mal durch! Denn das würde helfen, um den Bioboom, der bundesweit und europaweit vorangeht, auch in Mecklenburg-Vorpommern mitzunehmen statt zu verschlafen.

Zum Beispiel geht es um die Förderhöhe, die durch die Rahmenbedingungen der GAK gesetzt ist. Ich erwähnte die Bayern, die das voll ausschöpfen. Nötig und möglich wären in Mecklenburg-Vorpommern demnach 325 Euro für die Umsteller und 273 Euro für Beibehalter. Man kann bei arbeitsintensiven Kulturen nachschlagen. Da kommen dann in der Umstellungsphase bis 915 Euro ins Spiel,

(Thomas Krüger, SPD: Bei uns über 1.000.)

die durchaus möglich sind und die sich aus der GAK ableiten.

Richtig, es kann noch höher gehen.

Um den Ökolandbau im Land nachhaltig zu stärken, muss im Bildungssektor begonnen werden. Darauf ist auch in dem Antrag hingewiesen worden, der hier vorliegt. Wir haben immer noch keinen Ausbildungsgang für den Beruf der Ökolandwirtin oder des Ökolandwirtes. Das wäre eine gute Aufgabe für die Agrarfachschule in Güstrow. Wir brauchen auch eine Professur für ökologischen Landbau. Das hatte ich in Ihrer Rede vermisst, Herr Tack. Das müssten Sie eigentlich im Blick haben, dass das für die Universitäten des Landes eine wichtige Bereicherung sein muss.

Ein ganz wichtiger Faktor für mehr Absatz heimischer Produkte liegt natürlich im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Wir werden abwarten, wie viel das Netzwerk zum ökologischen Landbau dort bringen wird. Noch setzen das Landesmarketing und das Agrarmarketing viel zu wenig auf die Vermittlung von nachhaltigen Landwirtschaftsthemen ins Land hinein. Es reicht nicht aus, in anderen Regionen Deutschlands für die guten Produkte zu werben, auch hier bei uns ist es notwendig, identitätsstiftende Bilder zu erzeugen und die Menschen zu animieren, auf regionale ökologische Produkte zu setzen.

Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt sind die Kantinen in den Landesbehörden. Dort sollten ökologisch erzeugte Produkte heimischer Landwirte angeboten werden.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Dann gibts nur Schweinefleisch.)

Darauf hatten wir hier schon mal in einem Antrag hingewiesen.

Eine weitere wichtige Frage, die das Handlungspaket ergänzt, ist natürlich die Verpachtung von Flächen des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus dem eigenen Landesbesitz an ökologisch wirtschaftende Unternehmen. Darauf gehen wir dann morgen ein.

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung macht nach wie vor zu wenig aus dem Thema. Ökolandbau kann auch der Jobmotor für Mecklenburg-Vorpommern sein. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was mit diesem Antrag unterstützt werden soll, das hat das Landwirtschaftsministerium ja bereits erarbeitet. Alle von Ihnen aufgeführten Punkte stehen schon im Landesprogramm zur Stärkung des ökologischen Landbaus.

Ich möchte auf einige Punkte näher eingehen. Zum einen fordern Sie unter Punkt II Ihres Antrages die stärkere Vernetzung der heimischen Landwirtschaft mit der Ernährungswirtschaft, der Gastronomie und dem Umweltschutz. Der Rückgang der ökologisch arbeitenden Be

triebe hier in Mecklenburg-Vorpommern zeigt aber auf, dass die Zusammenarbeit nämlich offensichtlich nicht wirtschaftlich erscheint. Sicherlich wünschen sich viele Bauern in unserem Land, ökologischer und naturverbundener zu arbeiten. Aber stehen Aufwand und Nutzen wirklich in einem natürlichen und vertretbaren Verhältnis?

Der unglaubliche Preisdruck, unter dem unsere Bauern stehen, lässt es einfach nicht zu, dass sie einerseits von ihrer Arbeit auch wirklich leben können und andererseits zumindest ihre Produktions- und Investitionskosten langfristig decken können. Eine Umstellung auf eine biologisch dynamische Landwirtschaft und die Anerkennung durch einen großen Verband wie zum Beispiel Demeter oder Bioland sind mühsam, beschwerlich und zudem riskant. Hinzu kommen immer neue Preiskämpfe des Lebensmitteleinzelhandels und der Konkurrenzkampf mit dem konventionellen Landbau. Diese lassen es häufig nicht zu, dass ökologisch orientierte Bauern selbst mittelfristig gesehen stabil und preisdeckend wirtschaften können.

Selbst wenn es dieses Landesprogramm schaffen soll- te, den Anteil der biologischen Landwirtschaftsfläche auf 13 Prozent zu heben, so wird der Markt mit neuen Preissenkungen darauf reagieren, denn der Lebensmitteleinzelhandel wird seine führende Marktposition nicht hergeben. Der Druck aus dem Ausland bleibt weiterhin ungebrochen hoch, weil die heimischen Bauern und Landwirte nicht effektiv vor der Billigkonkurrenz aus dem Ausland geschützt werden können.

Wenden wir uns einmal der Gastronomiebranche zu: Der Wunsch, dass in den Gaststätten und Hotels hier im Land mehr heimische Produkte aus biologischen Anbauverfahren verarbeitet werden, ist ein sehr frommer Wunsch, lässt sich aber nicht so leicht verwirklichen, wie es auf einem Blatt Papier aufgeschrieben steht, denn auch dort bestimmt der Preis, was letzten Endes im Warenkorb landet. Auch hier haben die großen Konzerne wie Citti oder Metro die Marktmacht inne. Gerade in der Gastronomie mit dem extrem hohen Konkurrenzkampf und den daraus resultierenden Preisentwicklungen ist es nur selten umsetzbar, dass viele Betriebe mehr Geld für die Produkte ausgeben können, auch wenn diese Bioqualität haben sollten.

Wir benötigen in unserer Heimat vor allem eine Bewusstseinsänderung. Ohne ein Umdenken der Verbraucher weg von „Hauptsache billig“ und „Geiz ist geil“ hin zu einem Denken der größeren Wertschätzung der bäuerlichen Arbeit werden keine Veränderungen in unserer Heimat möglich sein. Diese Wertschätzung findet aber – das liegt in der Natur der Sache – im Augenblick an der Ladentheke ihre Grenze. Es liegt auch an dem geringen Lohnniveau, welches Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor prägt und von der politischen Klasse hier im Land mit verursacht wurde. Wer nur wenig Geld zur Verfügung hat, kann keine großen Qualitätsunterscheidungen treffen. Von daher muss die Vermarktungspolitik, die Sie mit diesem Antrag und dem Landesprogramm verfolgen, mehr bewirken als nur die gesteigerte Akzeptanz von Bioprodukten.

Es bleibt daher bei unserer immer wieder vorgetragenen Fundamentalkritik: Ökologie und Ökonomie müssen eine Symbiose bilden und der Endverbraucher muss es sich von seinem Lohn auch leisten können, die ökologische

Landwirtschaft zu unterstützen. Dies ist aber mit dem Marktmonopol des Einzelhandels nicht kompatibel, denn solange einige wenige Konzerne und Firmen den Preis für einen ganzen Wirtschaftszweig vorgeben können, wird auch das beste Programm zur Unterstützung unserer heimischen Wirtschaft nicht greifen. Wie wollen Sie also die Monopolstellung der Großkonzerne beenden?

Mit dem von CDU und SPD vorangetriebenen TTIPAbkommen werden die Probleme zudem noch größer werden. Wenn nämlich erst einmal US-amerikanische Konzerne den europäischen und auch den deutschen Markt mit ihren billig produzierten Lebensmitteln überschwemmen, wird das Thema Ökologie ganz weit in den Hintergrund geraten. Dieses Handelsabkommen wird ein weiterer Sargnagel für den deutschen Bauernstand sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Ihr Antrag wird leider an der Situation der Bauern hier im Land nichts ändern. Die NPD wird dem Antrag deshalb nicht zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat noch einmal der Abgeordnete Herr Krüger von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo fängt man jetzt nach all dem Gesagten an?

Das Erste ist, Herr Professor Tack, die Ökoverbände haben uns über Jahre aufgefordert, endlich ein Programm zum weiteren Ausbau der Biolandwirtschaft vorzulegen. Wir haben dieses Programm vorgelegt, wir bringen dieses Programm jetzt in den Landtag und diskutieren das. Ich finde das richtig. Deswegen halte ich das nicht für einen Antrag, der nur einfach das wiederholt, was Regierungshandeln ist, sondern wir stellen uns hier der Diskussion. Und die Diskussion hat durchaus gezeigt, dass es zwischen den einzelnen Fraktionen deutliche Unterschiede gibt, ja sogar innerhalb der Regierungskoalition sind Dinge unterschiedlich betont worden. Insofern, glaube ich, dient diese Debatte sehr wohl der Klarstellung.

Dann ist hier gesagt worden, die Nachfrage nach regional produzierten Biolebensmitteln wäre sehr groß. Richtig, meine Damen und Herren, aber auch da geht es um den Preis. Es geht um den Preis. Die Landwirte müssen es schaffen, zu einem vernünftigen Preis Regionalität organisieren zu können. Und was wir mit dem Programm „Öko 2020“ in Mecklenburg-Vorpommern machen wollen, ist eine Unterstützung der Vernetzung der Beteiligten, um am Ende den Produzenten und denen, die dieses Produzierte abnehmen wollen, auch die Möglichkeit zu geben, vernünftig zusammenarbeiten zu können.

Dann möchte ich mich mal auf das stützen, was meine Kollegin von den GRÜNEN gesagt hat.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wirklich?)

Das Allererste, was ich da betonen möchte, ist, dass ich eine Spalterei zwischen konventionell und ökologisch produzierenden Betrieben nicht zulassen möchte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jawohl! – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beide Branchen arbeiten vernünftig nach Recht und Gesetz. Eine Spalterei zwischen beiden ist nicht sinnvoll.

Dann haben Sie in einem Nebensatz gesagt, wir hätten den Biotrend verschlafen.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beim besten Willen, wir sind auf Platz zwei in Deutschland! Da kann man sich natürlich hier im Landtag rhetorisch hinstellen und alles Mögliche behaupten, aber es gibt lediglich ein einziges Bundesland, das besser ist als wir. Das ist Brandenburg mit einem Prozent mehr. Da zu behaupten, wir hätten den Trend verschlafen, und dann Bayern als Vorbild zu nehmen, wo Sie wissen, dass Bayern bei Weitem nicht so gut ist wie wir,