Protokoll der Sitzung vom 14.03.2012

Und wenn wir schon davon reden – auch wenn Frau Rösler jetzt gerade anderweitig beschäftigt ist –, dass wir mit den Betroffenen, mit der kommunalen Ebene über dieses Thema diskutiert haben, dann gab es natürlich die Stimmen, das weiß doch jeder, der dabei war, und ich war dabei, die dieses Gesetz kritisieren. Aber es gab auch die anderen, die uns von der anderen Richtung kritisiert haben. Da war zum Beispiel ein Landrat, der sagt, ihr seid ja viel zu feige und macht hier nur eine Sollregelung. Warum macht ihr nicht eine Mussregelung? Schreibt das endlich klar vor, wie der Weg zu gehen ist. Auch aus dieser Richtung, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir kritisiert worden.

Ich stehe und die Koalition steht zu dem, was wir hier gesetzlich verankert haben, und deswegen werden wir selbstverständlich Ihren Gesetzentwurf, eine Streichung dieser Regelung ablehnen. Wir stehen dazu – wohl wissend, dass dies nicht bei jedem Vergnügen auslöst, aber manchmal, Frau Rösler, ist es nicht so einfach, Probleme zu lösen, manchmal tut das auch weh. Aber ich glaube, man muss solche Wege gehen, denn es geht nicht, Probleme zu negieren und zu glauben, dadurch würden sie sich lösen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der Fraktion der NPD Herr Andrejewski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Paragraf 25 Landkreisneuordnungsgesetz wird vielen Leuten noch eine Menge Arbeit bereiten, zunächst den Mitarbeitern der Landesregierung, die die Ausführungsbestimmungen zu dieser Vorschrift zu formulieren haben. Laut Auskunft der Landrätin von Vorpommern-Greifswald liegen diese noch nicht vor – vielleicht weil man auf die Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes wartet, das ist mir nicht bekannt.

Es ist also noch nicht klar, wie die Regelung zu verstehen ist und dass die neuen Landkreise von ihren Gemeinden die Altfehlbetragsumlage erheben sollen – Sollvorschrift. Eine Sollvorschrift gestattet Ausnahmen in atypischen Sonderfällen. Im SGB X zum Beispiel finden sich Sollvorschriften bezüglich der Rückforderung von zu Unrecht gewährten Sozialleistungen und da gibt es auch Fallgruppen hinsichtlich solcher atypischer Ausnahmen, etwa erhebliche Fehler aufseiten der Sozialbehörden, die die Überzahlung verursacht haben.

Welche Ausnahmen könnten also gelten bei der Altfehlbetragsumlage? Wann könnten Gemeinden eventuell ausnahmsweise davon befreit sein? Und welche Maßstäbe sind an die Zahlungsfristen anzulegen?

Innerhalb von zehn Jahren ist die Umlage zu erheben, heißt es auch in der Vorschrift, und bei Vorliegen einer besonders schwierigen Haushaltslage kann die Frist mit Zustimmung der Rechtsaufsicht um fünf Jahre verlängert

werden. Was immer die Landesregierung auch in die Ausführungsbestimmungen hineinschreiben mag, der Paragraf 25 Landkreisneuordnungsgesetz bietet so weite Spielräume, dass mit einer Flut von Klagen betroffener Gemeinden zu rechnen sein könnte, wenn die sich im Einzelfall ungerecht behandelt fühlen, und diese Gemeinde können sich auch ermutigt fühlen durch Erfolge, die selbst kleine Kommunen in letzter Zeit im Kampf gegen landesgesetzliche Regelungen fast regelmäßig, könnte man sagen, errungen haben.

Das heißt, die Landesregierung sollte die Altfehlbetragsumlage entweder lieber gleich kassieren oder die Ausführungsbestimmungen so flexibel und so großzügig gestalten, dass es für einzelne Gemeinden relativ wenige Klagegründe gibt, denn sonst wird es eine Flut von Klagen geben in vielen Einzelfallentscheidungen, was die Justiz noch mehr belasten wird als eine einzige Ablehnung durch das Verfassungsgericht. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Rösler, ich stelle mir mal die Frage, was wäre eigentlich – auch wenn Sie ein wenig beschäftigt sind da hinten –, was wäre eigentlich gewesen, es hätte die Kreisgebietsreform nicht gegeben. Hätten sich die Altschulden dann irgendwie aufgelöst

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann hätte es auch diesen Artikel nicht gegeben, Herr Reinhardt. Stellen Sie sich das mal vor! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

oder wären die irgendwie weg gewesen? Die wären dann auch durch eine Kreisumlage perspektivisch zu decken gewesen und genau von der Gebietskörperschaft, die es ja jetzt nicht mehr gibt und die sie dann hätte auch decken müssen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Darum gehts doch gar nicht.)

Darum geht es mir aber, weil ja hier …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber es geht doch bei dem Antrag nicht darum.)

Herr Ritter, Sie haben bestimmt noch Redezeit, dann können Sie...

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ich hab mich schon angemeldet.)

Ja, dann brauchen Sie ja hier nicht so rumzuquarren

(Peter Ritter, DIE LINKE: Doch.)

wie ein kleiner Wildgewordener.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Doch, kann ich.)

Nein, das müssen Sie aber nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Doch, kann ich. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Herr Reinhardt, bitte!

Bitte? Ich habe ja das Wort, er quatscht immer dazwischen, Frau Präsidentin.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie können doch die Präsidentin nicht kritisieren, Herr Reinhardt.)

Das mach ich doch gar nicht, das ist ja eine sehr geehrte Frau Präsidentin.

Aber nähern wir uns vielleicht noch mal von einem anderen Sachverhalt her dem Problem: Man könnte ja auf die Idee kommen, dass es gerade Kreise in unserem Land betrifft, die vielleicht nur in strukturschwachen Gebieten liegen, wo wir so eine Altfehlbetragsumlage hätten erheben müssen oder wo wir sie erheben werden.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber wenn wir uns das angucken, es sind Kreise wie Uecker-Randow und Ostvorpommern, wo man in der Tat von einer Strukturschwäche ausgehen kann. Es sind aber auch Kreise wie zum Beispiel Güstrow oder Parchim, wo sicherlich die Strukturschwäche wie in Uecker-Randow und Ostvorpommern nicht so gegeben ist. Und es sind dann auch Kreise wie Demmin, Müritz, MecklenburgStrelitz oder auch Nordvorpommern, die es über Jahre geschafft haben, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das spricht für mich in der Theorie dafür, dass es durchaus auch ein Stück weit selbst verschuldet ist, ob nun durch eine zu niedrige Kreisumlage oder auch durch zu hohe Ausgaben, das bleibt mal dahingestellt. Ich auf jeden Fall finde es richtig, dass wir hier differenzieren und nicht sagen, diese Fehlbeträge werden durch die neuen Großkreise einfach vergemeinschaftet und dann von allen getragen. Ich halte das durchaus für richtig.

Kollege Müller hat darauf hingewiesen, es handelt sich hier in der Tat um eine Sollvorschrift und die lässt ja den neuen Kreisen durchaus ein wenig kommunale Selbstverwaltung und auch Handlungsspielraum in diesen Räumen zu.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber nicht bei dem Innenministerium.)

In der Tat gibt es die Klage der Stadt Parchim vor dem Landesverfassungsgericht. Diese Klage gilt es abzuwarten. Aber auch meine Meinung ist, nicht nur, weil jemand Klage eingereicht hat, fangen wir jetzt an, unser Gesetz zurückzuziehen. Das wäre eine sehr einfache Methode, das würde man dann ja sehr oft machen können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Machen können? Machen müssen!)

Ich glaube auch nicht an diese Herleitung, Frau Rösler, weil das Gericht schon mal ein Gesetz gekippt hat zu einem ganz anderen Sachverhalt, ist es wahrscheinlich, dass sie auch dieses Gesetz kippen. Diese juristische Herleitung ist mir zumindest bisher nicht vertraut und deshalb glaube ich wie mein Kollege Müller, dass dies vor dem Gericht Bestand haben wird.

Das Land – auch das haben wir gehört – hilft hier mit 100 Millionen Euro und das soll ja auch diesen Kreisen, ob nun Uecker-Randow oder Ostvorpommern vor allem, wo der Schuldendruck ganz besonders hoch ist, zugutekommen. Es ist für mich ganz klar – auch Herr Müller hat das gesagt –, es soll Hilfe zur Selbsthilfe sein. Also es muss schon ein gewisser Eigenanteil dort sein, damit wir hier auch helfen.

Da es aus meiner Sicht heute hier nicht wirklich neue Erkenntnisse zu dem Thema gegeben hat – wo sollten die auch weiter herkommen –,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das stimmt. Wenn man sich der Diskussion verweigert, gibt es keine neuen Erkenntnisse.)

wird auch unsere Fraktion diesen …

Ja, die konnten sich auch nicht ergeben. Ich hätte nicht gewusst, was sich da noch hätte ergeben sollen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, weil Sie nicht überwiesen haben.)

Sie haben es doch gehört, wir hatten dazu eine Anhörung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht zu dem Gesetzentwurf.)

Wir haben das im Innenausschuss alles besprochen gehabt, Herr Ritter. Aber Sie werden uns jetzt bestimmt gleich mit Ihren Weisheiten noch beglücken,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, das werde ich machen, nur hilft das bei Ihnen nicht. Das ist ja das Problem.)

aber das wird nichts daran ändern, dass die CDUFraktion dieses Gesetz ablehnen wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit der meisten, nicht von Herrn Ritter.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)