Dieser war ja, wie Sie sich erinnern, mit dem letzten Doppelhaushalt aufgelegt zur Stabilisierung der Einnahmen in den Kommunen und er war wirksam. In einer schwierigen Situation der öffentlichen Haushalte, als infolge der Wirtschaftskrise die Steuereinnahmen dramatisch zurückgingen, hat der kommunale Ausgleichsfonds wie eine Brücke gewirkt, die über den Einbruch der Einnahmen hinweghalf.
In manchen Kommunen ist die Lage aber vor allem wegen der angehäuften Altfehlbeträge immer noch angespannt. Daher sind im Entwurf des Doppelhaushaltes 2012/2013 Zuführungen von 100 Millionen Euro an einen kommunalen Konsolidierungsfonds vorgesehen. Unser Ziel ist es, Landkreisen und kreisfreien Städten bei Konsolidierungskonzepten zu helfen, die Haushalte strukturell zu stärken und so den Schuldenabbau voranzutreiben. Mit den kommunalen Landesverbänden werden wir Vorschläge erarbeiten, in welchen Fällen Konsolidierungshilfen erforderlich sind und wie diese konkret ausgestaltet sein sollen.
Außerdem wollen wir den besonders strukturschwachen Kommunen bei den erforderlichen Investitionen unter die Arme greifen. Zu diesem Zweck wird das Land einmalig 50 Millionen Euro in einen kommunalen Kofinanzierungsfonds einzahlen. So stehen in den nächsten fünf Jahren 10 Millionen Euro zur Absicherung von Eigenanteilen kommunaler Investitionen zur Verfügung. Das ist gut für die Kommunen und hilft der regionalen Wirtschaft.
Und wenn ich zu Beginn meiner Rede von Handlungsspielräumen gesprochen habe, die wir uns durch solide Finanzpolitik erarbeitet haben, dann werden diese hier besonders deutlich, denn die für die Finanzierung notwendigen 150 Millionen Euro entnehmen wir aus unserer Ausgleichsrücklage. Die Kommunen profitieren hier also ganz direkt von unseren erwirtschafteten Überschüssen.
Der von kommunaler Seite immer wieder geäußerte Vorwurf, die Finanzausgleichsleistungen in MecklenburgVorpommern seien zu gering, wird durch ständige Wiederholung auch nicht wahrer. Die Wahrheit ist: Wie schon 2011 werden wir auch 2012 die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zu den anderen neuen Ländern mit den höchsten Landeszuweisungen ausstatten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, Sie sehen, Mecklenburg-Vorpommern ist besser dran, als manche Kritiker behaupten. Im vergangenen Jahr zählten wir zu den wenigen Ländern, die es geschafft haben, einen Überschuss zu erzielen. Neben uns waren das Sachsen, Bayern und Brandenburg – ich denke, das ist zumindest finanzpolitisch betrachtet keine schlechte Gesellschaft, in der wir uns da befinden.
Aber ich sage auch deutlich, dass es schwieriger wird, weiterhin ähnlich gute Haushaltsabschlüsse zu erzielen. Auch wenn im Haushaltsplan in 2012/2013 die schwarze Null steht, schon 2014 zeichnen sich Handlungsbedarfe ab, die geschlossen werden müssen. Und natürlich ist eine Haushaltsplanung über zwei Jahre immer mit Risiken verbunden. Wir wissen nicht, wie sich das Zins- niveau weiter entwickelt. Ein Anstieg, der nur einen Prozentpunkt über unseren Annahmen liegt, führt schon zu Mehrausgaben von 12 Millionen Euro pro Jahr. Auch die Ergebnisse des Zensus, der Volkszählung also, in dem unter anderem die exakten Bevölkerungszahlen der einzelnen Bundesländer ermittelt werden, liegen Ende dieses Jahres vor. Hier drohen uns gegebenenfalls auch Rückzahlungen im Länderfinanzausgleich, wenn die für Mecklenburg-Vorpommern angenommene Bevölkerungszahl überhöht sein sollte.
Vor allem aber kann niemand zurzeit mit Sicherheit sagen, in welche Richtung sich die Staatsschuldenkrise entwickelt und wie es um den Verbleib Griechenlands in der Eurozone bestellt ist. Weitet sich die Krise zur Bankenkrise aus, werden sich die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen signifikant verschlechtern, und das ist nur eine Annahme und Folge. Ein herber Einbruch der Konjunktur wäre dann unvermeidlich. Wir hoffen alle, dass es nicht so kommen wird. Will man der Entwicklung in den sogenannten Schuldenstaaten aber zumindest eine positive Aussage abgewinnen, so ist es wohl die Einsicht in die Notwendigkeit solider Haushaltsführung. Wir sollten nicht zu schnell vergessen, was zu dieser Krise auch geführt hat. Daher wird es auch weiterhin meine Aufgabe bleiben, die Notwendigkeit solider Finanzpolitik anzumahnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat ihre Aufgaben erfüllt. Mit dem vorliegenden Doppelhaushalt sind die notwendigen strukturellen Maßnahmen, die wir für die Zeit nach 2020 brauchen, eingeleitet. Wir setzen Schwerpunkte bei den Zukunftsthemen Kinder und Familien und stärken die Kommunen. Und vor allem, das alles können wir ohne neue Schulden schaffen. Für diese Politik, die ihrer Verantwortung auch für kommende Generationen gerecht wird, bitte ich um Ihre Unterstützung in den Ausschüssen des Landtages.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 210 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Begeisterung für die eigene Politik sieht anders aus, meine Damen und Herren der Koalition.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach, Herr Holter! – Vincent Kokert, CDU: Das ist schon mal ein sachlicher Einstieg, Herr Holter.)
„Der Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik“ – ein Spruch, den wir immer wieder lesen und hören können. Und wenn ich mir Ihren Haushalt anschaue, dann ist er Ausdruck Ihrer Politik.
Erstens darf ich feststellen, meines Erachtens ist es bisher nicht vorgekommen, dass der Ministerpräsident zwar der Landespressekonferenz den Haushalt vorgestellt hat, aber dem Landtag selbst nicht Rede und Antwort steht. Ich finde das einfach skandalös, Herr Sellering, dass Sie hier heute nicht zum Haushalt sprechen, sondern das der Finanzministerin überlassen.
Es geht zweitens darum, meine Damen und Herren, und da komme ich gleich zu Ihnen, Herr Backhaus, was die Schlagzeilen der letzten Tage beinhalten: Millionenschwere Investitionen der Landwirte liegen auf Eis, weil der Landwirtschaftsminister die Förderung gestoppt hat.
Einheimische Landwirte sind nach wie vor beim Flächenerwerb von BVVG-Flächen benachteiligt. Das Chaos an den Schulen nimmt immer größere Ausmaße an.
Wir können heute in der Zeitung lesen, Herr Brodkorb: „Großes Misstrauen statt Schul-Dialog“. Theater und Orchester sterben auf Raten. „Die Landesregierung nimmt den Kulturverlust nicht nur achselzuckend zur Kenntnis, sondern führt ihn durch Nichtstun aktiv herbei“, so am Sonnabend in der SVZ zu lesen ein Leserbrief eines Schauspielers hier aus Schwerin.
Auch die Filmförderung steht massiv in der Kritik. Und die Kommunen? Ja, die Kommunen ziehen den Nachteil nach sich.
Die Städte werden nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur Stadt-Umland-Umlage alleingelassen. Jetzt sollen sie das Geld auch noch zurückzahlen dank des miesen Gesetzes der Koalition. Und als ob das alles nicht genug wäre, werden auch noch die Hälfte der Amtsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern dichtgemacht. Das ist genau das, was die Politik zum Ausdruck bringt. Und der Doppelhaushalt, der heute hier eingebracht wird, spiegelt genau das wider, dass die Große Koalition nicht gewillt ist, die brennenden Probleme in Mecklenburg-Vorpommern anzupacken.
Die Koalition lehnt sich zurück und verweist darauf, dass alle wesentlichen Koalitionsvorhaben im Doppelhaushalt 2012/2013 umgesetzt werden. Das soll wohl signalisieren – und, Frau Polzin, Sie haben es gerade selbst ausgesprochen –, wir haben geliefert. Nur, wenn ich mir diese Lieferung, Ihre Lieferung ansehe, stelle ich fest, dass zahlreiche Pakete zu klein sind, nicht ausreichend frankiert sind, schlecht verpackt sind und teilweise auch eine Mogelpackung beinhalten.
Und wir müssen feststellen, dass wichtige Pakete, auf die viele Menschen seit Langem warten, ganz und gar fehlen. Und das ist im Übrigen auch nicht zu erwarten, dass SPD und CDU diese fehlenden Pakete irgendwann schnüren und auch noch abschicken werden. Als Postunternehmen wären Sie, meine Damen und Herren, schon längst von der Bildfläche verschwunden.
(Vincent Kokert, CDU: Jetzt gehen Sie aber über die Dörfer, Herr Holter. Ich muss mir Mühe geben, Ihnen zu folgen.)
Die Koalition bringt heute den Haushalt für die nächsten zwei Jahre ein. Außer den allgemeinen Aussagen in Ihrem Vertrag über das „Weiter so“ in MecklenburgVorpommern liegen bis heute die politischen Program- me nicht auf dem Tisch, weder in der Kulturpolitik, noch in der Arbeitsmarktpolitik, noch in der Energie- politik. Sie haben nur ein Programm: „Sparen um jeden Preis“.
Sie bleiben nicht nur die Antworten auf die heutigen Fragen schuldig, auch die Zukunftsfragen packen Sie nicht an. Es ist zwar nett, Frau Polzin, dass Sie hier das Zahlenspiel vorführen, und diese Rechnungen, die sind uns auch bekannt. Ich bin ja mal gespannt, was die CDU nachher zu den Einnahmen sagen wird, Herr Liskow. Ich habe da so einiges gehört.
Aber wo ist denn tatsächlich Ihre Politik für die Zukunft? Wo ist Ihr Konzept für Innovation und Investitionen?
Wie wollen Sie Mecklenburg-Vorpommern internationaler aufstellen und gleichzeitig die regionalen Stärken entwickeln? Wo finde ich im Doppelhaushalt Ihre Antworten auf die Bewältigung des demografischen Wandels? Und nicht nur, meine Damen und Herren, bei der Bildung spielen Sie auf Zeit.
Deswegen meine Einschätzung: Ihr Doppelhaushalt ist herzlos. Sie haben weniger die Menschen im Blick als sich selbst.