Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

(Thomas Krüger, SPD: Und was ist mit dem Wassergehalt, wenn Sie sagen, beim Pflügen ziehen Sie das Wasser aus leichten Böden raus?)

Auf den Wassergehalt kommen wir auch noch.

… weil ein gesunder Boden selbstverständlich auch eine bessere Wasserspeicherkapazität hat. Die jetzt praktizierte viel zu enge Fruchtfolge führt ja dazu, dass wir mehr Unkraut und mehr Schädlinge auf den Feldern haben. Eine wirklich gute fachliche Praxis, die sähe anders aus. Da hätten wir eine weite Fruchtfolge mit Zwischenfrüchten, mit Untersaaten, die so aufeinander abgestimmt sind, dass das Unkraut auf diese fast schon natürliche Art und Weise unterdrückt wird.

Wir kommen jetzt langsam in die Richtung … Was war das? Die Rüben waren das, glaube ich, bei Ihnen, Herr

Krüger. Darüber hinaus, wenn das nicht reicht, wenn es einen hohen Unkrautdruck auf die Produktionsfrucht gibt,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

dann gibt es auch schon jetzt mechanische Methoden, die nicht in Handarbeit ausarten, sondern die auch maschinell stattfinden. Das ist einmal im Getreide das Striegeln, und bei Mais, Sonnenblumen oder Rüben, die Sie jetzt schon mehrfach hier erwähnt haben,

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

gibt es auch spezielle Hackgeräte, die natürlich mechanisch mit Maschinen und nicht in Handarbeit über das Feld gezogen werden.

(Thomas Krüger, SPD: Das heißt, Sie machen eine Bodenverdichtung.)

Von daher, ich weiß nicht, von welcher Art Landwirtschaft Sie hier immer reden und ob Sie wirklich die weiteren und neueren Entwicklungen – die sind auch gar nicht so neu – völlig ausblenden.

Ich möchte einmal auf das System Immergrün eingehen. Das System Immergrün wäre eine gute fachliche Praxis, die so aussehen würde, dass nach dem Pflügen Zwischenfrüchte oder Untersaaten ausgesät werden.

(Thomas Krüger, SPD: Die Sie bei Kartoffeln und Rüben eben nicht hinkriegen.)

Die positiven Effekte wären hier, dass wir eine geringere Erosion haben, dass wir ein Drittel weniger fossile Energien pro Hektar aufwenden müssen, als das im konventionellen Landbau der Fall wäre. Beim System Immergrün haben wir eine doppelt so hohe CO2-Speicherung im Boden ohne eine Lachgasbildung, wir haben eine verbesserte Bodenstruktur, das ist ständig durchwurzelt und ständig belebt – da sei auch nur der Kollege Regenwurm noch einmal in die Argumentation gebracht –,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

und wir haben eine verbesserte Wasseraufnahmekapazität, Herr Krüger, um darauf noch mal einzugehen.

Am 6. Juni, also diesen Montag, haben die EU-Regie- rungen in Brüssel eben keine Mehrheitsentscheidung getroffen, weil sie zwischen den verschiedenen Gutachten hin- und hergerissen sind und es viele Stimmen und eine ernst zu nehmende Wissenschaftsdatenlage gibt, dass Glyphosat eben doch sehr gefährlich ist. Zum Beispiel ist auch zu berücksichtigen, dass die endgültige Entscheidung über die angemessene Einstufung der Giftigkeit in Bezug auf Krebserzeugung von Glyphosat nicht hier bei uns oder in der EU liegt, sondern bei der Europäischen Chemikalienagentur. Dieser Prozess beginnt aber gerade dort erst

(Thomas Krüger, SPD: Über tausend Studien gibt es bereits.)

oder begann jetzt im Februar und wird dann 18 Monate dauern.

Das ist eben unsere Auffassung: Wenn etwas unklar ist, ob es gefährlich ist oder nicht, und es viele Indizien gibt, dass es gefährlich ist, muss nach dem Vorsorgeprinzip

gehandelt werden und es muss ein Moratorium – also das ist ja auch unser Antrag –, eine vorübergehende Nichtgenehmigung von Glyphosat erfolgen. Wenn wir jetzt aber eine Glyphosatzulassung hätten, würde das bedeuten, die menschliche Gesundheit aufs Spiel zu setzen, davon bin ich überzeugt.

Dann möchte ich noch mal auf ein Argument eingehen, was auch schon im November genauso kam: Die Dosis macht das Gift. Das ist eben in der Regel richtig, aber in dem Fall nicht, denn wir haben Studien vorliegen, dass glyphosathaltige Herbizide als endokrine Disruptoren wirken, also Substanzen, die unseren Hormonhaushalt durcheinanderbringen. Da ist es dosisunabhängig. Wenn der durcheinander ist, dann ist das aus dem Lot gebracht.

(Thomas Krüger, SPD: Das ist ein völlig neues Argument jetzt hier.)

Das kann sich sogar auf die Fruchtbarkeit von Homo sapiens negativ auswirken.

Da die Chemikalie keinen ausreichenden Prüfungen auf Hormonwirksamkeit unterzogen wurde, wir aber Indizien dafür haben, konnte die Europäische Lebensmittelbehörde bislang eben diese hormonelle Wirkung von Glyphosat nicht ausschließen. Auch das steht im Raum. So viel zu dem hier gebrachten Argument von wegen, die Dosis macht das Gift. Wenn das tatsächlich festgestellt wird, dass es hormonell wirksam ist, dann ist diese Substanz eh von der Zulassung ausgeschlossen, denn so etwas darf nicht ausgebracht werden.

(Thomas Krüger, SPD: Aber Sie widersprechen sich doch gleich. Das ist doch zugelassen!)

Trotz all dieser möglichen Gefahren werden immer wieder der Bevölkerung hohe Rückstände der Chemikalien in Lebensmitteln zugemutet. Sie kennen all das mit dem Bier, mit dem Brot und unserem Hauptlebensmittel, dem Trinkwasser. Es wurde festgestellt, dass die Menge dieser Rückstände in unseren Körpern zunimmt. Dazu hatte ich auch die Studie des Umweltbundesamtes zitiert, wo von 10 Prozent über 40 Prozent und jetzt zuletzt 60 Prozent der Probanden Glyphosat im Körper haben. Also diese Zunahme der letzten Zeit ist messbar, es ist nicht herbeigeredet.

Das führt dazu, dass wir einen völlig anderen Umgang mit Pestiziden, das ist richtig, haben wollen. Aber dieser Antrag hier konkret bezieht sich auf Glyphosat und das Verhalten vor allen Dingen von Landwirtschafts- und Umweltminister Backhaus in unserem Lande, dass er sich seltsamerweise nicht solidarisch seiner SPDKollegin in Berlin zur Seite stellt

(Thomas Krüger, SPD: Stellen Sie sich mit allem solidarisch zu Herrn Kretschmann?)

und die gleichen Forderungen bringt, die hier angebracht wären.

(Zurufe von Stefanie Drese, SPD, Martina Tegtmeier, SPD, und Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich könnte jetzt auch noch etwas zu Resistenzen und Wirkungen auf Säugetiere ausführen, aber ich habe die rote Lampe wahrgenommen. Ich danke für Ihre Aufmerk

samkeit. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Das ist die letzte Chance. – Danke schön.

(Beifall Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Dr. Karlowski.

Bevor wir zur Abstimmung des Antrages kommen, möchte ich noch etwas klarstellen:

Herr Abgeordneter Köster, ich habe Ihnen den ersten Ordnungsruf erteilt für die Kritik an meiner Amtsführung und ich erteile Ihnen einen zweiten Ordnungsruf für die Beleidigung gegenüber dem Minister. Ich möchte Sie auf die Folgen aufmerksam machen, dass ich Ihnen bei einem dritten Ordnungsruf das Wort entziehen werde.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Das heißt also, die Aussprache ist geschlossen.

Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5433. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Zugestimmt haben die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der NPD, dagegen stimmten die Fraktionen der SPD und CDU. Damit ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5433 abgelehnt.

Meine Damen und Herren, zwischen den Fraktionen besteht Einvernehmen, heute nach dem Tagesordnungspunkt 19 den Tagesordnungspunkt 31 zu behandeln. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Den InfrastrukturAbbau durch die Landesregierung stoppen – die medizinische Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern muss in der Fläche sichergestellt werden, Drucksache 6/5443.

Antrag der Fraktion der NPD Den Infrastruktur-Abbau durch die Landesregierung stoppen – die medizinische Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern muss in der Fläche sichergestellt werden – Drucksache 6/5443 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Müller von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Kreisgebietsreform, die zu Monstergebilden im XXL-Format geführt hat, die Plattmachung altbewährter Amtsgerichte, Schulschließungen sowie ein schon selbstmörderisch anmutender Personalabbau bei der Polizei, der jetzt umgekehrt werden soll, schließlich steht eine Landtagswahl vor der Tür: In den zurückliegenden anderthalb Jahrzehnten fegte ein wahrer Reformtornado über das Land, stets und ständig begründet mit dem Schlagwort vom demografischen Wandel, den wir als nationale Opposition als Vergreisung und drohenden Volkstod bezeichnen.

Mittlerweile hat die landesweit betriebene Kahlschlagpolitik auch das Krankenhauswesen erreicht. Konkret geht es um die Schließung der Abteilungen Frauenheilkunde

und Geburtshilfe sowie der Kinderheilkunde im Kreiskrankenhaus Wolgast. Begründet wurde die Entscheidung mit zu geringen Geburten- und Patientenzahlen. Ziel sei eine Konzentration von Leistungen, womit die Schließung von kleinen Standorten wie Wolgast oder Anklam verhindert werden solle. Dagegen regte sich frühzeitig Widerstand, sowohl von Bürgern als auch von Fachleuten.

Per Twitter schrieb eine Bürgerin aus Wolgast Anfang November des vergangenen Jahres an die „OstseeZeitung“, Zitat: „Die Schließung der … Geburtshilfe und der Kinderabteilung ist ein enormer Verlust für die Region. Hier in Wolgast gibt es eine wunderbare Geburtshilfeabteilung, nicht nur optisch, auch die Betreuung ist sehr gut. Warum werden gut funktionierende Abteilungen einfach so geschlossen?“ Zitatende.

(Zuruf von Bernd Schubert, CDU)

Und weiter heißt es in dem Leserbrief: „Für mich sieht es ganz klar danach aus, dass die Uni-Medizin“, also Greifswald, „die Patienten haben will. Schließlich haben alle mit einem Geburtenrückgang zu kämpfen, was natürlich auch auf den Kinderabteilungen zu spüren ist. Aber da ja unsere Landespolitik alles für die Uni-Medizin tut, ist es in meinen Augen nicht verwunderlich, dass es so gekommen ist. … Ich möchte jedenfalls nicht bis nach Greifswald müssen, wenn ich mal einen Kinderarzt außerhalb von Praxiszeiten aufsuchen muss.“ Zitatende.

Wir erinnern uns, Ende 2005 hatte der damalige Landkreis Ostvorpommern Wolgast an das Uniklinikum Greifs- wald verkauft. Die Zuschrift an die „Ostsee-Zeitung“ kann im Übrigen getrost als Volkes Meinung eingestuft werden, da eine entsprechende Petition an den Landtag zum Erhalt der Struktur des Kreiskrankenhauses Wolgast letztlich von 19.000 Bürgern unterzeichnet worden ist.

Die Ärzte der Kinderstation in Wolgast bezeichneten die Schließung in einem Brief an die Sozialministerin Hesse als „in keiner Weise nachvollziehbar“. In dem Schreiben vom 10. November 2015 heißt es, Zitat: „Sollen denn Gebärende und Kinder wirklich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung erhalten, nur weil es sich wirtschaftlich nicht rechnet? Soll die medizinische Versorgung in diesem Land nur noch von betriebswirtschaftlichen Überlegungen geleitet sein, wie vom Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft in Karlsburg öffentlich erklärt wurde? Die Defizite der Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin … machen am Gesamtdefizit des KKH Wolgast lediglich einen geringen Prozentsatz aus. Ist Ihnen, als politischen Entscheidungsträgern, bewusst, welches Signal Sie den jungen Familien in der Region, aber auch den zahlreichen jungen Besuchern des ‚Urlaubslandes Nr. 1‘ vermitteln?“ Zitatende.