Die Ärzte der Kinderstation in Wolgast bezeichneten die Schließung in einem Brief an die Sozialministerin Hesse als „in keiner Weise nachvollziehbar“. In dem Schreiben vom 10. November 2015 heißt es, Zitat: „Sollen denn Gebärende und Kinder wirklich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung erhalten, nur weil es sich wirtschaftlich nicht rechnet? Soll die medizinische Versorgung in diesem Land nur noch von betriebswirtschaftlichen Überlegungen geleitet sein, wie vom Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft in Karlsburg öffentlich erklärt wurde? Die Defizite der Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin … machen am Gesamtdefizit des KKH Wolgast lediglich einen geringen Prozentsatz aus. Ist Ihnen, als politischen Entscheidungsträgern, bewusst, welches Signal Sie den jungen Familien in der Region, aber auch den zahlreichen jungen Besuchern des ‚Urlaubslandes Nr. 1‘ vermitteln?“ Zitatende.
Des Weiteren führen die Verfasser des Briefes ein praktisches Argument an: „Wir erachten es als lebensgefährlich, eine hoch Schwangere oder Eltern mit einem schwer kranken Kind bis zu anderthalb Stunden von der Insel Usedom bis in das nächste Krankenhaus fahren zu lassen. An Wochenenden und in der Urlaubssaison ist regelmäßig staubedingt mit einer Verdoppelung der Fahrzeit zu rechnen. Gleichzeitig werden die Wartezeiten in den verbliebenen Notfallambulanzen sowie die Belastung des Rettungsdienstes erheblich steigen.“ Zitatende.
In einer öffentlichen Anhörung, die am 18. Mai dieses Jahres stattgefunden hat, erinnerte die Vertreterin einer
Elterninitiative daran, dass bei einer Geburt die Ent- fernung zur Entbindungsklinik zu den Qualitätskriterien gehöre. Unterstützung erhielt sie in diesem Punkt von der Wolgaster Kinderärztin Frau Dr. Brigitte Würfel. Laut dem Portal „m.aerzteblatt.de“ heißt es, Zitat: „Nach ihren Angaben ist ein Patient zum Beispiel aus Peenemünde etwa eine Stunde bis ins Krankenhaus Anklam oder in die Universitätsklinik Greifswald unterwegs. Bis nach Wolgast sei es weniger als die Hälfte der Zeit. Auch von Heringsdorf sei der Weg nach Wolgast der kürzeste.“ Zitatende. Des Weiteren erhob Frau Dr. Würfel den Vorwurf, dass seit Jahren Patienten am Wolgaster Krankenhaus vorbei nach Greifswald gelotst worden seien, um das dortige Universitätsklinikum besser auszulasten, womit es nicht verwunderlich wäre, dass die Fallzahlen in Wolgast angeblich zu niedrig seien.
Klartext kam während der öffentlichen Anhörung auch vom Präsidenten der Landesärztekammer, Dr. Andreas Crusius. Die kinderärztliche Notfallversorgung in der Region Wolgast und auf der Insel Usedom sei derzeit nicht sichergestellt, was gerade in der nunmehr beginnenden Tourismussaison zum Problem werden könne. In diesem Zusammenhang bat er die Landesregierung, die Schließung der beiden Fachabteilungen sowie der Kinder- und Jugendmedizin in Wolgast rückgängig zu machen.
Die Gewerkschaft ver.di meldete sich ebenfalls zu Wort. Sie forderte, Wolgast als eines der letzten Krankenhäuser im Land, das sich noch in öffentlicher Hand befindet, zu stärken.
Durch die Entscheidung der Landesregierung müssen seit Anfang 2016 Jahr für Jahr mehr als 400 Schwangere sowie etwa 1.500 Kinder, die einer stationären Behandlung bedürfen, mit Pkw, Bus und Bahn weitere Wege zurücklegen. Vor allem in den Sommermonaten oder auch an den Wochenenden kamen ungefähr 4.000 Kinder, die ambulant zu betreuen waren, hinzu. Das entspricht circa 25 Prozent der Patienten der Wolgaster Notaufnahme. Vor diesem Hintergrund und weil die Schließung der genannten Abteilungen erwartungsgemäß zu einer Verschlechterung der medizinischen Betreuung geführt hat, fordern wir die Landesregierung einmal mehr dazu auf, die entsprechende Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern in der Fläche sicherzustellen. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Wenn ich Sie höre – Ihr Kollege benutzt hier immer den Begriff des Volkstodes –, wenn ich Sie reden höre, denke ich immer an Hirntod, Herr Pastörs.
(Michael Andrejewski, NPD: Hauptsache, Ihre Finanzen sind nicht tot. – Stefan Köster, NPD: Sie dürfen nicht immer von sich auf andere schließen, Herr Heydorn.)
Also wir reden heute über das Thema „Krankenhaus Wolgast“ und das ist für keinen, der von den demokratischen Parteien hier vorne steht, ein einfaches Thema,
weil es auch in den demokratischen Fraktionen unterschiedliche Auffassungen zum Thema „Krankenhaus Wolgast“ gibt. Aber eines ist den demokratischen Fraktionen allen gemein: Alle haben Konzepte dargelegt,
(Udo Pastörs, NPD: Sie kennen sich ja aus mit Geschäftskonzepten, ja? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
Jetzt habe ich den NPD-Antrag, den habe ich in die Hand gekriegt, habe mir den durchgelesen und habe mir die Frage gestellt: Wo ist denn der konzeptionelle Ansatz dahinter?
Also der hat wieder mal so einen appellatorischen Charakter in Richtung Landesregierung: Ihr müsst das alles rückabwickeln! Aber wie letztendlich die Dioden gesetzt werden sollen und was man für Vorstellungen hat, wie man das hinkriegt,
Da habe ich gedacht, na ja, warte mal ab, vielleicht tritt jemand von den Herren nach vorne ans Mikrofon und legt uns im Detail dar, wie diese Dinge letztendlich ausgestaltet werden sollen. Aber Herr Müller hat eigentlich auch das nicht gemacht, er hat nur die Argumente wiederholt, die man in der Anhörung im Sozialausschuss schon zu hören bekommen hat. Um der Sache weiter nachzugehen, habe ich mal geguckt, was sagt uns denn die NPD-Programmatik dazu. Da kommt man dann ein bisschen weiter.
Aber auch eine andere Geschichte muss man sich mal ansehen. Wir haben hier durchaus Gremien gehabt, die sich mit dem Thema Krankenhausversorgung beschäftigt haben. Wir haben in der Enquetekommission das Thema Gesundheit rauf- und runterberaten, es gab ein Gutachten dazu, unterschiedliche Argumente wurden ausgetauscht, Handlungsempfehlungen wurden erarbeitet. Jetzt stelle ich mal die Frage in den Raum: Wie hoch war der Beitrag der NPD? Null, es gab keinen Beitrag.
Wir haben vor Kurzem eine große Anhörung im Sozialausschuss dazu gehabt. Da ging es also auch um das Für und Wider, wie man mit dem Krankenhaus in Wolgast umgehen soll. Was kam da?
Null, kein Hinweis von der NPD, keine Aussage. Sich dann hier hinzustellen und so zu tun, als wenn man die Weisheit mit dem Löffel gefressen hat und weiß, wie die Dinge funktionieren, das ist schon ziemlich schwierig.
Ich bin schon darauf eingegangen, dass ich mir mal die Programmatik der NPD angeguckt habe. Als Erstes bin ich hier auf ein Aktionsprogramm der NPD vom 23.04.2015 gestoßen. „25 Standpunkte für Mecklenburg und Pommern“ heißt das Ganze. Ich habe mal recherchiert. 1920 gab es schon einmal ein 25-Punkte-Pro- gramm. Jetzt bitte ich mal zu raten, von wem.
(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Stefan Köster, NPD: Von Sozialdemokraten. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
NSDAP. Ist das Zufall, Herr Pastörs, oder gibt es da Parallelen? Da können Sie gleich mal nach vorne kommen und erklären, wie das kommt. Sie machen ein 25Punkte-Programm und die Nazis gehen 1920 mit ähnlichen Dingen ran.
Dann habe ich mir dieses Programm angeguckt und mal geforscht, gibt es denn Aussagen zum Thema „Entwicklung in den ländlichen Räumen“. Da habe ich etwas gefunden und würde gerne mal zitieren aus diesem Aktionsprogramm. Da gibt es eine Ziffer 14, die heißt „Wiederbelebung des ländlichen Raumes“: „In Mecklenburg und Pommern drohen weiten Gebieten im ländlichen Raum eine Entvölkerung und Verödung, wie man sie seit dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr gekannt hat.“
„Schulen, Behördensitze, Krankenhäuser und Arztpraxen machen reihenweise dicht. Bald werden in manchen Dörfern keine Busse mehr halten. Mit den ersten aufgegebenen Ortschaften ist in wenigen Jahren zu rechnen.“
Und jetzt kommt es: „Diese Entwicklung aufzuhalten und umzukehren, ist eine Aufgabe der Bundespolitik.“
Da habe ich gesagt, wunderbar, dann gucken wir mal, wie die bundespolitischen Aussagen der NPD zu dem Thema aussehen.
Dazu habe ich mir das Bundesparteiprogramm vorgenommen, das heißt „Arbeit. Familie. Vaterland.“ Dort gibt es ein Kapitel „Nationale Gesundheitspolitik“. Auch da will ich gerne mal aus dem Punkt b einen Satz zitieren. Jetzt kommt das Zitat: „Krankenhäuser müssen unter staatlicher Obhut stehen.“