Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

Nach den fünf Jahren der Ausbildung durch meinen hochverehrten Kollegen Professor Tack, der mit Ihnen Weiterbildungsveranstaltungen auch draußen gemacht hat, wissen Sie, dass wir im Rahmen der Umsetzung von Greening, im Rahmen des Bienenweideprogramms oder exakt bei der Frage der Umsetzung der Randstreifenprogramme sehr wohl große Fortschritte gemacht haben.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Darum geht es heute hier nicht.)

Dass Ihnen das nicht ausreicht, soll auch noch mal aufzeigen, man kann sich nicht allein nur dem – in Klammern: von den GRÜNEN – Teufelszeug Pestizid,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir reagieren auf aktuelle Änderungen.)

das hatten wir heute schon mal, zuwenden, sondern man muss das im Komplex sehen. Ich bitte um Verständnis. Ich glaube, Anlass für den vorliegenden Antrag gab der Entwurf des Bundes vom 20.11. aus dem Jahr 2015.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Da ging es darum, dass der Bund das flexibilisieren wollte.

Ich will hier aber ausdrücklich betonen: Die aktuelle Pflanzenschutzsaatgutanwendungsverordnung weist da- rauf hin, dass das Anwendungsverbot von den Neoni- cotinoiden fortgeführt wird. In dem Entwurf vom November 2015 waren noch Ausnahmen enthalten,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Richtig.)

die Sie kritisieren. Die haben wir im Übrigen auch kritisiert. Es waren Ausnahmen vom Anwendungsverbot vorgesehen. So sollte Getreide gebeizt werden können, sofern ein Grenzwert für den Abrieb des Saatgutes von zehn Milligramm nicht überschritten wird. Aber in der neusten, auch das bitte ich zu berücksichtigen, jedenfalls in der neusten mir vorliegenden Entwurfsfassung des BML vom 11.05. – es ist also ganz frisch, Frau Karlowski – ist diese Ausnahme nicht mehr enthalten. Die Verordnung schreibt das Anliegen der Eilverordnung aus dem Sommer 2015 fort und ist damit eine Verschärfung des gültigen EURechtes in Deutschland.

Ich hatte die Hoffnung, Sie ziehen den Antrag zurück, weil Sie einen völlig neuen Sachstand haben. Dieser neue Entwurf war Ihnen sicherlich zum Zeitpunkt der Formulierung so nicht bekannt. Wir setzen damit im Bundesrat die Forderung von Ihnen, die im Übrigen unsere eigene war, um, indem auf Ausnahmetatbestände des Eilverordnungsentwurfes verzichtet wird.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Auf alle?)

Bitte nehmen Sie das auf!

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Selbstverständlich.)

Wenn Sie „40 Jahre Rapstag“ erlebt hätten – ich habe Sie jedenfalls dort nicht gesehen –, dann muss ich ganz ehrlich sagen, selbstverständlich ist es wichtig, deutlich zu machen, dass wir moderne Methoden der integrierten Produktion dringend benötigen.

(Die Abgeordnete Dr. Ursula Karlowski bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Jetzt, vermute ich, wollen Sie mir eine Frage stellen.

(Manfred Dachner, SPD: Aber die Frage muss sie sich erst überlegen.)

Stimmt das?

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Karlowski?

Ja, ich versuche es noch mal.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ich versuche es noch mal!)

Danke, Frau Präsidentin!

Die Frage lautet: Sind in dem neuen Entwurf vom BML vom 11.05.2016 sämtliche Änderungen, die am Jahresende in dem Entwurf enthalten waren, zurückgenommen worden oder gibt es weiterhin Ausnahmegenehmigungen, Ausnahmezulassungen für die Neonicotinoide?

Die von Ihnen angesprochenen Ausnahmen sind zurückgenommen.

Ich will in dem Zusammenhang ganz deutlich sagen, wir gehen davon aus, dass im Januar 2017 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), von der heute schon mehrfach die Rede war, zu einem Abschlussbericht kommen wird und dann auch wissensbasierte, wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen werden und uns die neusten Erkenntnisse der Studie zu der Frage geben werden: Kann man es verantworten, in der Zukunft Neonicotinoide in welcher Form auch immer einzusetzen, um die Schädlichkeit gegenüber den Bienen zu minimieren oder auszuschließen?

Noch eine Nachfrage.

(Manfred Dachner, SPD: Nein, kann nicht sein.)

Herr Minister, gestatten Sie eine Nachfrage?

Mach ich.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Sind nun sämtliche Ausnahmegenehmigungen, die in dem Entwurf zum Jahresende enthalten waren, wieder zurückgenommen oder nicht?

Es ist ein Entwurf und wir verhandeln gerade darüber. Die Ausnahmen, die in dem Entwurf enthalten waren – das habe ich dann jetzt zum dritten Mal hier gesagt –, sind herausgenommen worden. Ich glaube, noch mal sagen zu dürfen, wir müssen natürlich auch zum Ausdruck bringen, dass die Zulassung oder …

(Andreas Butzki, SPD, Manfred Dachner, SPD, und Patrick Dahlemann, SPD: Stehen bleiben! Stehen bleiben!)

So unhöflich habe ich Sie noch nie erlebt, dass Sie einfach weglaufen.

Ich dachte, Sie wären wieder bei Ihrer Rede. Verzeihung.

Nein.

Ich setze nicht in meiner Rede fort, sondern ich habe meine Gedanken gesammelt und wollte Ihnen noch sagen, bei der Nichtzulassung oder Zulassung von Pflanzenschutzmitteln geht es nicht nur um eine rein politische Frage, sondern es geht darum, wie wir verhindern können, dass in Beständen, in Nutzbeständen, wenn man so will, die wissensbasierten Grundlagen geschaffen werden. Sie wissen heute auch, das Mittelspektrum ist inzwi

schen in Deutschland so weit eingeengt worden – auch durch Rot-Grün seinerzeit –, dass wir fast keine Mittel mehr zur Verfügung haben.

Bei den Schäden, die im Nutzpflanzenbereich entstehen, muss man, glaube ich, sehr gut abwägen. Ich gehe davon aus, dass wir einen entscheidenden Schritt zur Bienengesundheit weiterkommen und damit auch einen Beitrag leisten.

Jetzt fertig?

Jetzt bin ich fertig, mit Ihnen jedenfalls.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, man darf noch mal feststellen, dass Pflanzenschutzmittel – insbesondere von den GRÜNEN – gern für den Artenrückgang und Bienenverluste verantwortlich gemacht werden. Keiner behauptet, dass der flächendeckende Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wirkungslos bleibt. Das habe ich vorhin schon mehr oder weniger gesagt. Selbstverständlich ist das so. Wenn man aber an der Änderung des beklagten Zustandes wirklich interessiert ist, muss man weitere Ursachen benennen, was die Gewichtung anbetrifft.

Ein anerkannter Naturschutzverband, sehr geehrte Frau Karlowski, der NABU – das will ich euch nur noch mal als GRÜNE an die Hand geben –, der NABU hat 2013 im Auftrag des UBA eine, finde ich, sehr interessante Studie zu dem Thema vorgelegt, eine Literaturrecherche zu den Ursachen des Schwindens von Arten, des Artenverlustes. Das habe ich mir sehr, sehr genau angeguckt. Wo kommen sie vor allen Dingen hin, was fehlt uns? Es fehlt auf der einen Seite Futterfläche – in Klammern: für bestimmte Arten –, das heißt, das Grünland, das wir verloren haben. Das ist eine Tragödie. Auf der anderen Seite haben wir insbesondere bei Brutflächen ein Riesenproblem. Das wissen wir. Deswegen habe ich innerhalb der Koalition – ich bin von den LINKEN dabei auch unterstützt worden, das sage ich ausdrücklich noch mal – das Grünlanderhaltungsgesetz auf den Weg gebracht, das uns massiv dabei weitergeholfen hat, dass nicht noch mehr Grünland einfach umgepflügt und umgebrochen wird.

Wir konzentrieren uns dabei nicht nur auf die Honigbiene. Ich hoffe, dass Sie das auch so sehen. Sie haben vorhin von den Schmetterlingen gesprochen. Libellen habe ich auch schon eine ganze Reihe in diesem Jahr gesehen. Ich habe auch schon einen Frauenschuh gesehen, einen Schmetterling und verschiedene andere. Wenn Sie in unsere Biosphärenreservate, in die Großschutzgebiete gehen, dann sehen Sie den Unterschied. Wir sind uns auch einig, dass wir dort sehr wohl Refugien haben, die einen hohen Beitrag zur Sicherung der Artenvielfalt leisten. Ein Segen, dass wir diese Großschutzgebiete haben!

Aber ich glaube, man darf auch feststellen, dass Bienenforscher wie Williams für das Völkersterben insbesondere die Varroamilbe mit verantwortlich machen. Wer sich damit ein bisschen auseinandergesetzt hat, und das werden Sie hoffentlich getan haben, der nimmt zur Kenntnis, dass wir im Interesse der Bienen – und nicht nur der Honigbiene – den Bienengesundheitsdienst wieder aufgelegt haben. Das wird auch mit einem eigenen Beitrag belegt und wir haben Erfolg – auch das gehört dazu –, weil wir erkannt haben, dass die konsequente

Behandlung der Varroamilbe weitere Folgewirkungen in den Populationen der Bienen insgesamt nach sich ziehen.

Ich darf sagen, mich interessiert dieses Geschöpf besonders. Deutschlands führender Bienenforscher, Jürgen Tautz, wies unmittelbar nach dem Bienensterben 2008 noch einmal darauf hin, dass die gezüchteten Eigenschaften der Honigbiene sowie die Trachtarmut unserer Landschaft Anlass zu etlichen Sorgethemen geben. Es ist also nicht permanent nur ein Teil der Problematik Pflanzenschutz, sondern es ist ein Geflecht von Maßnahmen.

Insofern darf ich hier noch mal feststellen: Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist ein dynamischer Prozess. Das Ruhen der Zulassung der drei in Deutschland zugelassenen Neonicotinoide in den Indikatoren ist ein Beleg dafür, dass das Zulassungsverfahren ständig auf den neusten Stand der Kenntnisse gebracht wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass es wichtig ist, dass Imker und Landwirte aufeinander zugehen. Ich glaube, das ist eine der wichtigsten Grundlagen. Das Verhältnis von Toxizität von Mitteln und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist in Deutschland ganz stramm geregelt. Möglichst keiner Biene soll beim Ausbringen dieser Pflanzenschutzmittel etwas zuleide getan werden. Ich weiß, dass es da an der einen oder anderen Stelle noch Probleme gibt. Auch da gehen wir der Sache auf den Grund. Gegebenenfalls ist das auch Cross-Compliance-abhängig. Insofern: Bitte lassen Sie uns gemeinsam mit der Landwirtschaft und nicht gegen die Landwirtschaft Lösungen finden! Wir brauchen die Landwirtschaft fürs Leben.

(Andreas Butzki, SPD: Genau.)