Protokoll der Sitzung vom 06.07.2016

sodass die Sache der Eigenanteile dann noch mal abgewogen werden konnte

(Torsten Renz, CDU: Kommen Sie gleich zum Thema, Frau Kollegin! – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

und es statt der 80 Prozent eben 90 Prozent sind.

Das, was bei der Anhörung deutlich wurde, ist, dass es mitnichten immer nur um Schwangerschaftskonflikte geht, sondern in der heutigen Zeit der Selbstoptimierung natürlich noch ganz andere Fragen auf der Agenda stehen. Auf meine Frage, ob möglicherweise durch fehlende Hebammen vielleicht in der Vorsorge oder Nachsorge in den ländlichen Räumen perspektivisch mehr Handlungsbedarf und Beratungsbedarf gesehen werden, wurde das durchaus bejaht. Also von daher

denke ich, dass es ganz wichtig ist, dass die Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung hier auf feste Beine gestellt wird.

Wir hatten als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ja auch einen Änderungsantrag gestellt, damals noch von 80 auf 95 Prozent, und haben jetzt darauf verzichtet. Das möchte ich auch begründen, denn ich weiß, wie die Diskussion hier geführt worden wäre: Es wäre abgelehnt worden. Ich kann nach wie vor nur sagen, ich glaube, dass wir perspektivisch ein Beratungsstellengesetz brauchen, wo sämtliche Beratungsstellen dann auch gut mit Personal ausgestattet werden, und dass es nicht nur für einzelne diese Fünfprozentregelung gibt, wie zurzeit bei der Schuldnerberatung, sondern eben auch für die anderen Beratungsdienste.

Ich denke, das, was wir alle brauchen, ist, und so sollten Beratungsstellen immer ausgestattet sein, dass ausreichend Fachpersonal vorhanden ist. Ich glaube, da sind wir uns alle einig, ne, Frau Hesse? Aber eine Beratung wird eben nicht nur mit den Fachberater/-innen gemacht, sondern es braucht auch immer Zeit, Koordinationsaufgaben zu erledigen, gerade in Netzwerken zu agieren und auch die allgemeine Büroarbeit zu machen. Die wird in diesem Kontext häufig und gerne vergessen. Ich hoffe, dass dann bei den Verhandlungen auch diese Punkte benannt werden.

DIE LINKE hat verschiedene Änderungsanträge gemacht und ich würde gerne noch mal auf einzelne eingehen.

Also bei dem ersten mit den sechs Stunden, dafür habe ich meine Sympathien und würde das auch unterstützen, weil ich denke, das ist diskutiert worden. Ich bin aber auch immer so mit Gesetzen: Das kann manchmal ein Korsett werden, womit man sich dann selbst im Wege steht. Aber ich halte das für die Aufrechterhaltung der Strukturen in den ländlichen Räumen für unheimlich wichtig und denke, die Entfernung ist dabei gerade für Frauen, die schon Kinder haben oder vielleicht einen zu pflegenden Angehörigen zu Hause, natürlich auch zu berücksichtigen.

Im zweiten Antrag geht es um die Beratungsfachkraft und den Schlüssel. Wir selber hatten auch den Antrag gestellt mit den 30.000 Einwohnern, wussten aber, dass das letztendlich ein Kompromissvorschlag ist, um diese Diskussion noch mal voranzubringen, wie können wir die Strukturen in den ländlichen Räumen erhalten, weil ich glaube, ich muss es in Städten anders definieren. Wenn ich aber eine Stadt nehme – ich weiß gar nicht, wie viele mit 80.000 Einwohnern es jetzt in Mecklenburg-Vorpom- mern gibt –,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na so viele sind es nicht. Stavenhagen fällt schon mal raus.)

da muss ich natürlich noch den Speckgürtel mit berücksichtigen. Das sind ja auch Ergebnisse aus der Enquetekommission, woher wir wissen, dass die Wege zur Arbeit oder nach Hause eben doch andere sind als die, die manchmal mit der Schablone gemacht werden. Von daher würde ich mich, so, wie der Antrag gestellt ist, enthalten, weil ich glaube, die Pauschalität, wie sie hier drinsteht, ist für mich im Gesetz so nicht haltbar, es ist aber ein Punkt, den wir weiterhin im Auge behalten müssen.

Jetzt komme ich noch mal auf die Personal- und Sachkosten zu sprechen. Dem würden wir zustimmen, aber immer mit dem Wissen, dass das, glaube ich, ein harter Kampf war, den Ansatz hier von 80 auf 90 Prozent zu erhöhen. Und von daher: Klar wollen wir mehr, so wie die CDU und DIE LINKE, vielleicht möchte es die SPD auch, aber es gibt halt unterschiedliche Fachressorts und da ist noch viel zu tun.

Der Paragraf 8, das ist der mit den Trägern und den drei Jahren. Frau Bernhardt, Sie sind ja darauf eingegangen, auf die Überprüfung. Ich denke, es ist erst mal wichtig, dass wir einen klar definierten Raum haben, und es muss auch gerade für kleine Träger die Möglichkeit geben, hier die Angebote vorzuhalten. Ich halte zum jetzigen Zeitpunkt den Paragrafen für nicht so strittig und deshalb würde ich mich auch, oder unsere Fraktion, bei dem Punkt enthalten, weil ich denke, das muss dann möglicherweise noch mal evaluiert werden. Gibt es überhaupt neue Träger, die da reinkommen wollen? Das wissen wir nicht und ich denke, das sollten wir abwarten, gerade für die ländlichen Räume.

Und dann noch mal zu dem Paragrafen mit dem gesonderten Fördermittelbescheid: Das erschließt sich mir nicht so ganz, wie das im Gesetz und dann in der Ausführung geregelt werden soll. Da habe ich einfach Schiss, dass dort noch mehr Bürokratie entsteht. Also da würde ich mich enthalten.

Dann gibt es ja noch die Frage der mobilen Beratung. Da bin ich – das hatten wir auch in der Anhörung – zwiegespalten, weil ich glaube, das, was wir brauchen, ist ein anderer Umgang mit Schwangerschaft, dass Frauen und Familien eben Zugänge bekommen. Da ist die Frage, wie definiere ich mobile Beratung. Ist das jetzt so ein Auto? Ist es eine Onlineberatung? Wie kann das aussehen? Das ist ein Prüfauftrag, ich denke, der ist letztendlich vielleicht nicht ganz unschädlich, um zu gucken, wie kann ich das in den ländlichen Regionen bewerkstelligen. Aber ich denke, dass gerade die Zugänge für junge Frauen vielleicht auch noch mal andere Beratungsansätze brauchen als die, die wir heute denken.

Von daher hoffe ich, dass wir nach drei Jahren die Auswertung haben und gucken, inwiefern wir noch novellieren. Wir werden dem Gesetz zustimmen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat für die SPD-Fraktion die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Also zunächst einmal zur Klarstellung, Frau Bernhardt, Sie sagten vorhin, mit dem Festzurren der Quote von 80 Prozent hätte sich ja nichts verbessert,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: 90 Prozent, habe ich gesagt!)

90 Prozent, hätte sich ja nichts verbessert,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Zum jetzigen Zustand, zum jetzigen Zustand.)

weil Sie einfach ein Wort weggelassen haben. Es steht nämlich jetzt da drin, „mindestens 90 Prozent“, das mal vorweggeschickt.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Festzustellen bleibt, dass die Opposition natürlich immer gern die Maximalvarianten, auch aus den Anhörungsergebnissen,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Herr Schubert auch! Koalitionspartner!)

in ihre Forderungen aufnehmen kann und manchmal noch über das Ziel hinausschießt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch normal.)

Das ist Ihr gutes Recht.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Die CDU wollte das doch genauso. Das muss man doch mal sagen!)

Als Koalitionsfraktion muss man natürlich gucken und sehr realitätsbezogen agieren, entsprechend haben Sie auch unsere Änderungsanträge vorgefunden.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Man muss doch bei der Wahrheit bleiben! – Andreas Butzki, SPD: Einfach freuen!)

Erstaunlich finde ich auch noch eins: Herr Schubert sagte ja hier, als CDU hätten sie unbedingt 95 Prozent haben wollen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: War das nicht deutlich?)

Dazu möchte ich nur mal auf das Schreiben der Liga vom 11.05. in der Stellungnahme hinweisen, da schreibt uns Herr Scriba: „Ich bin der Überzeugung, dass mit dem vorgelegten Gesetz“, also mindestens 80 Prozent, „die Arbeit der Beratungsstellen zunächst einmal ohne Abstriche fortgeführt werden kann.“

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Was haben die anderen Anzuhörenden gesagt?)

Er äußert natürlich im Weiteren Bedenken, dass dann, wenn das erst mal festgeschrieben ist,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dass es ausdünnt, das hat er gesagt.)

die Ausstattung doch noch runtergeht.

Nun mal zu den Hauptkritikpunkten, also die Förderhöhe – da haben wir uns ja mittlerweile relativ einvernehmlich auf mindestens 90 Prozent verständigt –,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dafür hat Herr Schubert gesorgt.)

der Versorgungsschlüssel, die Wohnortnähe und die Förderzeiträume. Zunächst einmal denke ich, dass mit diesem Gesetz die Beratungsstruktur auf feste Füße gestellt wird und dass wir damit auch weiterhin ein flächendeckendes Beratungsangebot gewährleisten. Und

ich muss mal eine Lanze für die Gynäkologinnen und Gynäkologen brechen, weil man hier so den Eindruck hat, dass einzig die Schwangerschaftskonfliktberatungs- und die Schwangerschaftsberatungsstellen Schwangerschaftsberatung machen. Aber wenn man tatsächlich einmal schwanger ist, dann hat man einen ganz engen Überwachungszeitraum, wo man ständig bei seinem Gynäkologen vorstellig werden soll und diese ganzen Vorsorgeuntersuchungen durchführen lassen muss, und wenn da keine Schwangerschaftsberatung gemacht wird, also dann weiß ich nicht. Also, dass das hier die einzige Möglichkeit wäre, das ist ja wohl absolut nicht der Fall.

Zur Wohnortnähe: Ich glaube, wie das hier skizziert wird, ist das nicht besonders realitätsnah.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Auch wenn man irgendwo abgeschieden auf einem kleinen Dorf wohnt, vielleicht auch noch als Mutter kleiner Kinder, dann kann mir doch kein Mensch erzählen, dass die Person da vollkommen im sozialen Abseits steht und keinerlei soziale Kontakte hat, niemanden hat, der sie mal irgendwo hinfahren kann, so, wie es ja jetzt gang und gäbe ist. Es ist jetzt gang und gäbe, Lösungen zu finden, sodass mir das, was Frau Bernhardt hier vorgetragen hat, reichlich konstruiert erscheint.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, und ich habe immer auf dem Dorf gelebt, lebe auch jetzt in einer Gemeinde mit etwas über 800 Einwohnern, da gibt es diese Problemlage so einfach nicht.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Bei Ihnen vielleicht! Aber bei anderen?)