Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich will mal mit einer Empfehlung starten. Sie wissen, wenn man täglich nach Torgelow fährt – das sind nach Abrechnung beim Landtagsprotokoll 242 Kilometer –, dann hat man im Auto viel Zeit und vor allem Zeit, wertvolle und gute Formate im Radio zu hören.
Wir haben ein ganz hervorragendes Format vor zwei Wochen im NDR gehabt, wo unser Netzwerk „Medienaktiv“ – ich glaube, in einem Zeitraum von anderthalb Stunden – über seine Arbeit informieren konnte, Frau Kaiser, Herr Beck vom Landesjugendring, viele Leute, die uns sehr gut bekannt sind aus unserer Arbeit, doch wirklich sehr beeindruckend schildern konnten, was sie eigentlich machen, wofür sie werben. Und ich glaube, es ist auch schon eine gewisse Errungenschaft, dass der NDR so viel Zeit für ein Themenfeld verwendet, wovon, wenn wir mal ganz ehrlich sind, vor zwei/drei Jahren noch gar keiner was hören wollte.
Lieber Herr Holter, ich danke Ihnen auch, dass wir das heute noch einmal hier auf die Tagesordnung des Landtages setzen, die Medienkompetenz ist es bei uns im Land allemal wert. Die aktuellen Zeiten – und da sind wir uns, glaube ich, alle einig – sind für die Meinungsfreiheit
eine riesige Herausforderung. Wir befinden uns hier in einem ständigen Spagat. Soziale Netzwerke spielen dabei zunehmend und in manchen Bereichen und manchen Altersgruppen schon die größte Rolle. Polemik, Hetze und persönliche Beleidigungen haben hier genauso wenig einen Platz wie in diesem Hohen Haus. Umso wichtiger ist es, unsere Vielfalt zu erhalten.
Und das ist auch ganz passend. Ich gucke mal meine Kollegin Frau Drese an, unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Wir hatten heute den Direktor der Medienanstalt Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Bert Lingnau, bei uns zu Gast. Wir haben uns über ganz viele verschiedene Themen, die die Medienanstalt beschäftigen, verständigt. Und wir wissen doch auch, dass das ein Thema sein wird, was in der künftigen Legislatur bei allen demokratischen Fraktionen verstärkt eine Rolle spielen sollte und, da bin ich auch ziemlich sicher, eine Rolle spielen wird. Denn vor allem die Medienanstalt ist es doch, die unsere Vielfalt sichert durch die Programmaufsicht und durch die Vielfaltsicherung. Da kann man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medienanstalt gar nicht genug danken für diese doch sehr schwierige Aufgabe.
So luden – und, Herr Holter, Sie haben es angesprochen – Medienanstalt und Netzwerk „Medienaktiv“ zu wirklich vielen hochkarätigen Veranstaltungen in diesem Jahr. Mir hat es tatsächlich auch eine echte Freude gemacht, für die SPD-Fraktion daran teilnehmen zu dürfen. Wir waren in einigen Punkten unterschiedlicher Meinung und haben das in den Diskussionen mit den Teilnehmern auch so herausstellen können. Aber die Diskussionen waren sehr sachlich und fair. Und deshalb, glaube ich, müssen wir jetzt im Detail auch nicht alles wiederholen, wo wir unterschiedlicher Meinung waren.
Ich will mich kurz auf den Bericht konzentrieren: 39 Seiten stark – auch die quantitative Bedeutung eines solchen Papiers wird ja beobachtet –, in den vergangenen Jahren war der Bericht durchaus schlanker. Wir hatten es in der Landtagsdebatte, er hat etwas für Verzögerung gesorgt. Bei dem Tagesordnungspunkt zuvor hat der Verkehrsminister auch von einem Bericht gesprochen, der ein bisschen Zeit gebraucht hat. Wenn diese Berichte dann aber qualitativ deutlich an Gewicht gewinnen, dann, glaube ich, ist es auch sinnvoll, dass man sich diese Zeit nimmt. Ich glaube, für den Medienbericht – so stufen auch die Medienanstalt und die verschiedenen Akteure die Zuarbeiten ein – ist ein Qualitätssprung zu erkennen. Lob also an die Mitarbeiter in der Staatskanzlei, die diesen Bericht ausgearbeitet haben.
Print, Hörfunk, Fernsehen, Online, das sind die großen Kategorien, die näher beleuchtet werden, die Eigentumsverhältnisse, Auflagenentwicklung, Arbeitsplatzentwicklung, all das sind zum Teil sehr kritische Aspekte, die man sich näher anguckt. Aber ich will mal auf den Bereich Online verstärkt eingehen, denn der ist vielleicht nicht immer der, der so ganz im Fokus steht bei diesem Thema.
Das Hans-Bredow-Institut hat den „Reuters Institute Digital News Report“ herausgegeben. Der kommt doch zu einer Erkenntnis, die für uns alle hier im Landtag auch in unserer künftigen Arbeit von besonderer Bedeutung ist und uns gleichzeitig auf eine große Herausforderung einstellt. So
untersuchte man die regelmäßig genutzte Nachrichtenquelle. Da kann jeder mal so ein bisschen in sich gehen. Nach wie vor, im Jahr 2016, nutzen 72 Prozent aller Befragten – übrigens 2.000 Personen älter als 18, also auch gar nicht so sehr die Verschiebung der verschiedenen Altersgruppen, die das Bild da sozusagen durcheinanderbringt –, 72 Prozent nutzen als Nachrichtenquelle nach wie vor das Fernsehen, 46 Prozent das Radio. Jetzt kommt vor allem die spannende Entwicklung, die uns da vor Herausforderungen stellt: Noch im Jahr 2014 nutzten 44 Prozent gedruckte Zeitungen, demgegenüber im Jahr 2014 23 Prozent, erstmals in diesem Jahr abgelöst, 31 Prozent der Befragten geben an, ihre Nachrichten durch die sozialen Netzwerke zu beziehen.
Und genau da, glaube ich, sind wir bei dieser Frage, wie weit können wir auch denen, die diese Nachrichtenquelle missbrauchen, vor allem Rechtspopulisten und Rechtsextremen,
Da kann nur qualitativer Journalismus die Antwort sein, der auch die Möglichkeiten hat, in die Tiefe zu gehen, wo die Mitarbeiter Zeit haben zu recherchieren, die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, tatsächlich verschiedene Sichten in Berichterstattungen mit einfließen zu lassen,
das ist alles eine sehr wichtige Sache. Regelmäßig gelingt es dann auch Journalisten, gerade die Männer von der Fensterfront aufs Herrlichste vorzuführen, wie widersprüchlich sie in ihren Aussagen sind. Ein Format wie „extra3“, auch das gehört vielleicht mal in einen solchen Bericht, macht es dann auf eine besonders humoristische Art und Weise.
Na, Herr Pastörs, da kommen Erinnerungen an Olivia Jones hoch, ne?! Das Video kennen wir wahrscheinlich alle.
aber Olivia Jones scheint so etwas zu sein, worauf die Herren bis heute noch anspringen, ne?! Das ist ja ganz herrlich.
Wie stellen sich unsere Zeitungen darauf ein? Den Ruf nach mehr Aussagekraft des Berichtes, auch das kennen wir, das hat in der letzten Landtagssitzung hier eine Rolle gespielt, aber auch da will ich mal sagen, mehr Aussagekraft in diesem Bericht, den die Staatskanzlei vorlegt, bedeutet eben auch eine Frage von Aufwand und Kosten. Ich bin überzeugt, dass wir nicht all die Dinge, die wir nachher schon auf einem wissenschaftlichen Niveau mit betrachten, immer den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien einfach überlassen. Dann muss das auch ein Bekenntnis sein zu tatsächlich finanziellen Auswirkungen. Da, glaube ich, haben wir hier im Land eine ganz hervorragende Expertise an der Uni Rostock mit Frau Professor Prommer und an der Universität Greifswald mit Herrn Professor Rosenstock und jeweils ihren Mitarbeitern, die da garantiert verlässliche Ansprechpartner wären, um den Bericht weiterzuentwickeln, Empfehlungen abzugeben, wie wir diese Medienlandschaft im Land weiter unterstützen können. Das wäre das eigentliche Ziel, wofür man diesen Medienbericht ins Leben gerufen hat.
Ich möchte mit einem Zitat schließen, einem Zitat des Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, der sagt: „Schließlich brauchen wir mehr Medienkompetenz für alle Menschen, denn nur wer im Umgang mit den Medien fit ist, kann ihre Chancen bestmöglich nutzen und ihre Herausforderungen offen angehen.“ Ich bin fest davon überzeugt, das wäre die klügste Antwort, die wir vor einem 4. September geben können,
um dafür zu sorgen, dass die Männer, die das jetzt hier als Geschwafel bezeichnen, dem Hohen Hause ab der nächsten Legislaturperiode nicht mehr angehören.
Noch mal herzlichen Dank, dass wir das Thema auf die Tagesordnung setzen konnten. Ich bin genauso gespannt wie Sie, wie das die Kollegen im künftigen Landtag behandeln werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst – Herr Dahlemann ist ja schon darauf eingegangen, ein Blick auf die Quantität hilft manchmal auch – möchte ich festhalten, dass der diesjährige Bericht zur Entwicklung der Medienlandschaft deutlich umfangreicher ist als der 9-Seiter vom vergangenen Jahr. Die Frage ist jedoch, was bringt uns dieser Bericht jetzt an neuen Erkenntnissen im Vergleich zur Debatte, die wir hier im März
zur Medienlandschaft führten. Vor vier Monaten hielten wir dazu eine überraschend einhellige und – auch etwas Besonderes – zum großen Teil selbstkritische Debatte zur Frage der Medienpolitik, die wahrscheinlich auch deshalb relativ konfliktfrei verlief, weil uns einerseits eine gewisse Sorge um die Entwicklung der Medien- und Meinungsvielfalt in Mecklenburg-Vorpommern eint, zum anderen, weil die Debatte aber andererseits, und das greift wieder die Selbstkritik auf, wenig oder kaum konkrete Vorschläge enthielt. Ich habe nicht den Eindruck, dass seither, also in den letzten vier Monaten, wesentliche Fortschritte erzielt wurden, und auch diese Unterrichtung kommt in dieser Legislatur zu spät für eine Beratung, für eine intensive Beratung in den Ausschüssen. Darum wäre es sicherlich sinnvoll, wenn wir uns heute darauf verständigen könnten, dass wir genau mit diesem Thema in die nächste Legislatur starten werden und vielleicht einmal mit einer größeren Expertenanhörung zu diesem Thema beginnen.
Wir waren uns im März schon darüber einig, dass Medienbildung immer wichtiger wird. Das spielt zwar in der Unterrichtung selbst weniger eine Rolle, aber implizit lässt sich doch aus dieser Unterrichtung ableiten, dass die Informationsquellen nicht weniger, sondern im Gegenteil sogar eher zahlreicher geworden sind. Die Herausforderung besteht immer mehr darin, zu unterscheiden, welche Informationen gehören zu welchen Informationsquellen, wie seriös ist die Quelle,
wie objektiv die Berichterstattung, wie tiefgründig oder wie oberflächlich ist die Darstellung und so weiter. Das wird immer schwieriger und darum müssen wir Medienkompetenzen noch stärker herausbilden und entwickeln.
Zu Recht enthält der Bericht auch den Begriff der „Filterblase“. Filterblase meint, dass man in sozialen Netzwerken, in den Zeitungen oder selbst bei Suchmaschinen immer mit den Suchergebnissen konfrontiert wird, die der eigenen Haltung am meisten entsprechen.