Dabei geht es nicht um vermeintliche Gerechtigkeitslücken, das falsche Schulsystem oder zu wenig Ökolandbau, wie der eine oder andere gern suggerieren mag, nein, es geht vielmehr darum, dass sich jeder Einzelne sicher und geborgen in der Heimat fühlt, und dieses Gefühl zumindest hat in der letzten Zeit doch arg gelitten,
und zwar in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vor- pommern. Innere Sicherheit, internationaler Terrorismus, Flüchtlingskrise, Brexit,
Euro-Krise, Globalisierung – es sind ganz konkrete Themen, aber auch diffuse Probleme, die die Menschen beschäftigen. Gern geht Politik dahin gehend darauf ein und man hat ja schon davon gehört, diesen Sorgen mit guten Statistiken zu begegnen.
Machen wir das doch einmal: Seit einem Jahrzehnt sinkt die Kriminalität in Mecklenburg-Vorpommern kontinuierlich. Die Aufklärungsquote ist auf einem guten Niveau abermals gestiegen, Kollege Dachner sprach es an. Einen islamistischen Terroranschlag auf Deutschland hat es in Deutschland noch nicht gegeben und wird es hoffentlich auch nicht geben. Aus der Flüchtlingswelle ist ein Asylrinnsal geworden.
Arbeitslosigkeit sinkt immer weiter, die Beschäftigung steigt, die Renten werden kräftig erhöht, die Steuereinnahmen sprudeln, die Finanzer freut es. Tatsächlich geht es einem Großteil ganz gut. Aber wer mit Verweis auf solche Zahlen die Diskussion beenden möchte, beweist
nur seine eigene Kurzsichtigkeit. Wenn die Menschen auf die Straße gehen und ihren Unmut äußern, dann tun sie das oftmals nicht, weil es ihnen jetzt nicht gut geht, sondern weil sie befürchten, dass es ihnen schon bald nicht mehr gut gehen wird. Das ist der Unterschied. Das Gegenwartsglück vertreibt die Zukunftsangst nicht, meine Damen und Herren.
Wenn wir den Menschen also das Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit geben wollen, müssen wir gleichermaßen die aktuellen und die kommenden Herausforderungen im Blick haben.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, nicht alle Probleme lassen sich auf Landesebene lösen. Die Zukunft der Europäischen Union beschäftigt die Menschen. Wer steigt als nächstes nach Großbritannien aus?
Welches Land folgt dem? Welche Auswirkungen hat das alles auf uns? Das alles sind wichtige Fragen, aber es sind in allererster Linie Sachen, die in der Bundesregierung gelöst werden müssen. Und die Große Koalition in Berlin unternimmt alles, um hier Lösungen zu finden. Wir in Mecklenburg-Vorpommern müssen uns auf die Bereiche konzentrieren, in denen wir für die Bürger unseres Landes tatsächlich etwas zu entscheiden haben und entscheiden können, und wenn es darum geht, das Sicherheitsgefühl der Menschen zu stärken, meinen wir natürlich in erster Linie die innere Sicherheit.
Wie ich ja bereits erwähnt habe, sind die aktuellen Zahlen rein statistisch gesehen durchaus gut. Die Entwicklung war in den vergangenen Jahren stets positiv. Wir alle konnten hier vor diesem Hintergrund einen Personalabbau bei der Polizei verantworten. Rot-Rot hat ihn im Jahr 2004 beschlossen,
mit dem Personalkonzept 2010 einigte sich dann die Koalition aus SPD und CDU auf eine Fortsetzung. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Als Innenminister sage ich, ein Fachminister ist nie darüber begeistert, wenn er einen Stellenabbau zu verantworten hat, aber ich habe ihn auch mitgetragen und wir haben ihn dementsprechend umgesetzt. Mit der Polizeistrukturreform haben wir versucht, auf die aktuellen Entwicklungen einzugehen und die Leistungsfähigkeit der Polizei weiter zu sichern: mehr Präsenz auf der Straße, weniger Verwaltungsarbeit in den Dienststellen.
Ehrlicherweise muss man aber auch dazusagen, dass wir zu damaligen Zeiten, egal ob 2004 oder 2010, in vergleichsweise ruhigen Zeiten gelebt haben. Als im September der Flüchtlingsandrang geradezu explodierte, kamen die staatlichen Stellen schnell an den Rand der Handlungsfähigkeit. Auch die Polizei musste Sonderschichten fahren. Besonders belastend waren die unzähligen Demonstrationen für und gegen die Flüchtlingspolitik. All diese Versammlungen mussten aufwendig von den Polizisten begleitet und gesichert werden. Alle, die eine Demonstration anmelden, haben einen Anspruch darauf.
Ein großes Thema bei den Menschen sind darüber hinaus derzeit die Wohnungseinbrüche. Auch hier können wir in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zu anderen Bundesländern mit einer durchaus positiven Statistik aufwarten. In Mecklenburg-Vorpommern stehen wir in der Tat vergleichsweise gut da, aber erzählen Sie das doch bitte mal den Betroffenen! Für das Sicherheitsgefühl der Menschen sind Wohnungseinbrüche fatal. Es ist für jedes Opfer schrecklich, sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher zu fühlen. Den finanziellen Schaden, den kann man beheben, aber die psychische Belastung bleibt oft ein Leben lang und die Angst geht natürlich dann in der Nachbarschaft um. Wie wollen wir dieses Problem lösen? Mit mehr Computertechnik? Mit weniger Personal? Mit Vorhersagen, wo der nächste Einbruch kommt? Ich glaube nicht, dass wir dieses grundsätzlich mit den Fragen so lösen können,
Außerdem beschäftigt die Menschen die zunehmende Terrorgefahr. Gott sei Dank ist Deutschland bisher glimpflich davongekommen. Islamisten haben es versucht, waren aber nicht erfolgreich oder konnten rechtzeitig gestoppt werden. Was aber passiert, wenn es zu Anschlägen kommt, sehen wir in Frankreich, in Belgien und in der Türkei. Die Reaktionen der betroffenen Regierungen sind häufig hektisch. Die Menschen sind verstört und verängstigt, auch in Deutschland. Die Terroristen haben es auf unsere Art zu leben abgesehen. Wollen wir so lange warten, bis uns dieses Schicksal ebenfalls ereilt, und uns dann gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, um uns mit Gegenmaßnahmen zu überbieten, oder wollen wir vorausschauend und präventiv handeln?
Extrem große Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Menschen hatten auch die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht. Mich beschleicht das Gefühl, dass viele Entscheidungsträger in der deutschen Politik diese Vorfälle schon wieder verdrängt haben. Denjenigen rate ich, reden Sie mit jungen Frauen! Die sind nach wie vor massiv verunsichert und eingeschüchtert. Politische Ansichten oder Bildungshorizont spielen dabei überhaupt keine Rolle.
Die Angst vor sexuellen Übergriffen in der Öffentlichkeit ist in deren Köpfen und diese Angst bekommen Sie auch nicht mit Statistiken oder irgendeiner anderen Diskussion aus den Köpfen. Das dürfen und das wollen wir auch nicht ignorieren. Wollen wir die jungen Frauen mit ihren Sorgen alleinlassen?
Ich denke, es gibt genügend Herausforderungen, denen wir uns alle stellen müssen. Ob das mit einem schrumpfenden Personalkörper bei der Landespolizei gelingen kann, wird derzeit, wie schon so oft erwähnt, von externen Experten begutachtet, nicht nur rein finanzfiskalisch, sondern auch fachlich und mit Recht von Externen, damit wir die Diskussion nicht haben, wir würden uns das selbst zurechtschreiben. Ich bin gespannt, was am Ende dabei herauskommt.
Natürlich kennen wir das gleichermaßen nicht, auch dazu kann ich Ihnen eine klare Erklärung geben, lieber Kollege Ritter. Ich glaube, unterm Strich werden wir nicht weniger, sondern möglicherweise mehr brauchen, aber das wird ein Ergebnis sein, dem kann ich nicht vorgreifen. Es gibt noch keine Angaben dazu.
Die Koalition, und auch das wurde erwähnt, hat bereits auf die jüngsten Ergebnisse reagiert und zumindest erst mal 100 zusätzliche Stellen zur Verfügung gestellt, inklusive der 47 Stellen für die Verlängerung. Das war eine gute, eine notwendige Entscheidung, auf die die Koalition kurzfristig reagiert hat, für die ich auch der Finanzministerin und den regierungstragenden Fraktionen dankbar bin. Aber es war eben nur ein erster Schritt. Wie es nun weitergeht, wird dann im Ergebnis des Gutachtens – und wie auch immer eine neue Regierung aussieht – eine Regierung entscheiden müssen.
Für mich ist nur festzustellen, für mich ist nur wichtig, Kollege Ritter, für mich ist nur wichtig festzustellen, dass diese Landesregierung den bisherigen Kurs ehrlich und objektiv evaluiert und damit der neuen, wie auch immer sie aussieht, die Gelegenheit gibt, auf der Grundlage fundierter Untersuchungen Entscheidungen treffen zu können. Doch unabhängig davon, zu welchem Ergebnis die Gutachter am Ende kommen werden, muss uns bewusst sein, es wird keine rein rechnerische, sondern vor allem eine politische Entscheidung sein.
Hohe Aufklärungsquoten und ein gutes Abschneiden bei bundesweiten Vergleichen sind das eine, aber eine hohe Präsenz auf der Straße, die effektive Sicherung öffentlicher Plätze und kurze Reaktionszeiten auf dem Lande sind für das Sicherheitsgefühl der Menschen in diesem Land mindestens genauso wichtig. Ich habe jedenfalls keinen Zweifel daran, dass die Bürger auch bereit sind, für mehr Sicherheit mehr Geld auszugeben. Das sollte uns Mahnung und Auftrag zugleich sein.
Meine Damen und Herren, das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit ist jedoch nicht nur von der Anzahl der Polizisten abhängig. Es gehört noch viel mehr dazu, um sich in unserer Heimat sicher zu fühlen, und für mich ist das zweifelsohne eine gute wirtschaftliche Perspektive. Wer Angst hat, seinen Job zu verlieren, denkt oft an nichts anderes mehr. Negative Gefühle begleiten den Betroffenen den ganzen Tag. Die globalisierte Welt erscheint wie eine große Bedrohung. Hier muss die Politik ansetzen und die Antwort darf nicht immer sein, Europa ist toll, Exporte sind toll, Globalisierung ist toll, nehmt das doch einfach mal zur Kenntnis! Wenn man sich in Europa bemüht, die Lautstärke der Staubsauger zu regeln und nicht die Sicherung von Außengrenzen, dann müssen wir uns nicht wundern, dass vor Ort die Wahrnehmung der Bürger so ist, wie sie ist.
Nein, wir müssen die Ängste der Bürger aufgreifen und ihnen zeigen, dass ihre Arbeit hier vor Ort sicher ist. Wir müssen zeigen, dass die Politik alles unternimmt, damit unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb bestehen können. Bessere Infrastruktur, intelligente Wirt
schaftsförderung, transparente und unbürokratische Spielregeln, auch da ist noch viel Luft nach oben. Aber auch hier reicht es nicht, wenn am Ende nur die objektiven Zahlen stimmen. Die Menschen müssen tatsächlich das Gefühl haben, dass die Anstrengung der Politik ihr eigenes, ihr persönliches Leben verbessert. Es wird eine große Herausforderung, die gute landesweite Entwicklung für den Einzelnen erlebbar zu machen.
Wir müssen alles versuchen, um dieses Ziel zu erreichen. Wir müssen durchaus fragen, ob wir auch in den strukturschwachen Gebieten dieses Landes, die nicht nur in Vorpommern liegen, oft genug präsent sind und mit den Bürgerinnen und Bürgern das Gespräch suchen. Für ein gutes Heimatgefühl ist auch eine vernünftige Zuwanderungspolitik von entscheidender Bedeutung. Hier muss man leider feststellen, der bis vor Kurzem in Deutschland unkontrollierte Flüchtlingsansturm hat vielen Menschen Angst gemacht.
Dabei geht es nur bei den wenigsten um rassistische Motive. Vielmehr treiben die Menschen die neue Konkurrenz am Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt, die Belastung für die öffentlichen Haushalte und ähnliche Dinge um.
Das sind schlichte Verteilungswettkämpfe. Das kann man gut oder schlecht finden, es ist, wie es ist. Die Menschen beschäftigt das und die Politik ist gut beraten, darauf zu reagieren.
Das heißt ausdrücklich nicht, den Rechtspopulisten oder gar den Rechtsextremen zu folgen, aber es wäre ja schon ein großer Fortschritt, wenn sich der eine oder andere von seiner naiven Vorstellung der durchweg nur positiven Zuwanderung verabschieden würde. Aber solange es Vertreter bei den LINKEN und GRÜNEN gibt, die leidenschaftlich für eine grenzenlose Einwanderung streiten, so lange werde ich Ihnen auch eine verantwortungslose und heimatvergessende Politik vor- werfen.