Protokoll der Sitzung vom 07.07.2016

Wenn die Linksfraktion in diesem Zusammenhang der Landesregierung vorwirft, sie habe die Insolvenz durch geplantes Handeln herbeigeführt und stringent verfolgt, so ist dies vor dem Hintergrund der geschilderten Sanierungsbemühungen völlig haltlos und mit Nachdruck zurückzuweisen. Die Auszahlung der Rettungsbeihilfe musste im August 2012 eingestellt werden, weil das vom neuen Geschäftsführer Rüdiger Fuchs vorgelegte Fortführungskonzept nicht mehr ohne zeitliche Verlängerung beziehungsweise Erhöhung der Rettungsbeihilfe realisiert werden konnte. Beides jedoch war nach EU-Recht ausgeschlossen. Auch die von der Linksfraktion in ihrem Sondervotum favorisierten Landesbeteiligungen wären ab dem Frühsommer 2012 mit Eintritt der Werftengruppe in den Status eines Unternehmens in Schwierigkeiten bereits aus beihilferechtlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen.

Meine Damen und Herren, aus der Insolvenz der P+S Werften lassen sich selbstverständlich Lehren ziehen, und diese müssen auch gezogen werden.

(Udo Pastörs, NPD: Na?!)

Dazu enthält der Bericht der Regierungsfraktionen Empfehlungen, denen sich die Linksfraktion angeschlos- sen hat, aber auch das Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Einen wichtigen Aspekt stellt der künftige Umgang mit den Gutachtern und Gutachten dar. In den damaligen

Bürgschaftsverfahren haben zu den wichtigen Entscheidungen Gutachten vorgelegen, deren Auftraggeber – von der PwC abgesehen – jedoch nicht das Land, sondern die Banken oder die Werften selbst waren. Um hier Abhängigkeiten zu vermeiden und eigene Bewertungsmöglichkeiten zu verbessern, werden in meinem Hause – also im Wirtschaftsministerium – seit 2013 Aufträge an Schiffbausachverständige direkt vergeben und die Einsätze der Sachverständigen vor Ort durch Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums koordiniert und begleitet. Die Ergebnisse werden durch einen eigens dafür eingestellten Schiffbauingenieur bewertet und aufgearbeitet. Auch Schiffbauverträge werden juristisch durch spezialisierte Rechtsanwälte im Auftrag meines Hauses darauf geprüft, ob und wie weit sie belastende Regelungen zum Nachteil der Werften beinhalten.

Darüber hinaus hat die Landesregierung durch das Werftenfinanzierungsgesetz einen gesetzlichen Rahmen für das Bürgschaftsengagement des Landes im Schiffbau vorgegeben, der den künftigen Entscheidungen der Regierung klare Vorgaben und Grenzen setzt.

Meine Damen und Herren, die Werftenstandorte der ehemaligen P+S Werften haben heute finanz- und wettbewerbsstarke Eigentümer gefunden, …

(Udo Pastörs, NPD: Das hoffen wir. Warten wir ab!)

Herr Pastörs, gefunden!

… die ihren Mitarbeitern attraktive und zukunftssichere Arbeitsplätze anbieten können. Mit der Übernahme der Werften in Wismar, Rostock-Warnemünde und Stralsund durch die Genting-Gruppe befindet sich unsere Schiffbauindustrie wieder im Aufwind. Ein internationaler Konzern wie Genting würde nicht 350 Millionen Euro in Strukturen investieren, die nicht wettbewerbsfähig sind.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ähnlich sind das Bekenntnis der Meyer/Neptun-Werft zum Standort Rostock-Warnemünde und das der Lürssen-Gruppe zum Standort Wolgast. Diese sind positiv aufgestellt und die Arbeit läuft dort.

Die Vorgehensweise der Landesregierung ist daher richtig gewesen. Sie hat letztlich zum Erhalt von Arbeitsplätzen in einer zumindest mittelfristig wieder aussichtsreichen Schiffbaubranche geführt. In diesem Zusammenhang spricht man in der Branche von einer kalten oder einer warmen Werft. Es ist deutlich einfacher, für eine warme Werft einen Investor zu finden als für eine kalte, wie zum Beispiel in besonderer Weise das an der Peene-Werft noch mal positiv hervorzuheben ist.

Im Übrigen werden heute an den Standorten in Wismar, in Warnemünde und in Stralsund Belegschaftsversammlungen stattfinden, die darauf ausgerichtet sind, die Zukunft für MV Yards mit einem Sitz in Wismar und die Beschäftigung von 1.700 Werftarbeitern und zukünftig von etwa 3.000 auf den Weg zu bringen. Ich will darauf hinweisen, dass mittlerweile Aufträge von 3,5 Milliarden Euro gezeichnet sind. Von daher glauben wir, dass wir im Bereich der Werften den maritimen Standort mit seinen Zulieferern zukunftssicher machen können.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Eine Erfolgsgeschichte.)

Dazu bitte ich Sie alle um Mitarbeit. Reden Sie positiv über die Entwicklung, schauen Sie nach vorne

(Gelächter und Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und lassen Sie sich nicht immer davon beeindrucken, was möglicherweise durch Ihre Fragen und Hinterfragen noch kommen könnte.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich sage Ihnen voraus, der maritime Standort der Werften

(Michael Andrejewski, NPD: Sie tragen alle rosarote Brillen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

in Mecklenburg-Vorpommern hat eine Zukunft. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fast vier Jahre ist es her, dass wir an dieser Stelle die Einsetzung des Untersuchungsausschusses beschlossen haben. Wenn es nach dem Willen der Koalitionsfraktionen SPD und CDU gegangen wäre, hätte es diesen Ausschuss gar nicht gegeben, der Sachverhalt, Hintergründe und Verantwortlichkeiten wären nicht auf Herz und Nieren geprüft worden, wichtige Erkenntnisse wären nie gewonnen und Schlussfolgerungen nie gezogen worden.

Wie Herr Schulte und Herr Minister Glawe gerade deutlich gemacht haben, hat der Sachstandsbericht mehrere Teile: einerseits den Mehrheitsbeschluss der Koalition im Untersuchungsausschuss zu dem, was im Einzelnen untersucht wurde – aus unserer Sicht tendenziös, um die Landesregierung von ihrer Verantwortung reinzuwaschen –, zweitens die Sondervoten, die die Opposition abgegeben hat, und drittens Schlussfolgerungen, auf die der Minister eingegangen ist, die wir als Linksfraktion da mitgetragen haben, weil uns natürlich die Zukunft der Werftindustrie auch am Herzen liegt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Die Landesregierung und auch Sie, meine Damen und Herren von SPD und CDU, haben gebetsmühlenartig behauptet, Sie hätten alles rechtlich Mögliche und wirtschaftlich Sinnvolle getan, um die P+S Werften zu retten. Für uns als Linksfraktion steht nach vier Jahren fest, dem ist nicht so. Die Aufklärungsergebnisse haben eindrucksvoll bestätigt, dass es richtig und wichtig war, diesen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

(Manfred Dachner, SPD: Na logisch!)

Für meine Fraktion war wichtig

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

aufzuklären, welche Rolle die Landesregierung bei dem gescheiterten Sanierungs- und Rettungsversuch der Werften gespielt hat.

Herr Dachner, das haben wir von Anfang an immer betont.

(Manfred Dachner, SPD: Ja, warum haben Sie das betont? Das müssen Sie uns sagen.)

Weil es darum geht, solche Dinge in Zukunft zu vermeiden.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Eine zentrale Erkenntnis, Herr Dachner, und da wird Ihre Frage gleich beantwortet, ist, die Landesregierung hat auf ganzer Linie versagt.

(Manfred Dachner, SPD: Nein, hat sie nicht!)

Sie hat Fehleinschätzungen getroffen, hat leichtfertig und blind externen Gutachtern vertraut, ohne die Unterlagen selbst gewissenhaft zu prüfen.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Eine eigene Expertise gab es überhaupt nicht und das Controlling war eine Katastrophe.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie irgendwann mal am Untersuchungsausschuss teilgenommen haben, Herr Dachner.

(Manfred Dachner, SPD: Das kann man nicht mal im Wahlkampf sagen, Herr Holter.)

Für meine Fraktion steht daher fest, die Landesregierung ist mitverantwortlich für die Insolvenz der P+S Werften und hat dem Image der maritimen Industrie in unserem Land großen Schaden zugefügt. Da kann der Minister über die Zukunft reden, und was Genting hier macht, das ist das eine, aber was damals 2012 passiert ist, ist etwas anderes.

Meine Damen und Herren, es war ja nicht die erste Werftenkrise, die unser Land erschüttert hat. Wir haben sehr oft auch hier im Parlament darüber gesprochen. Schon oft haben wir uns auch mit Problemen der maritimen Wirtschaft beschäftigt, aber Schlussfolgerungen haben Sie, meine Damen und Herren der Regierung und auch der Koalition, für die Rettungsversuche bei den P+S Werften nicht gezogen. Sie – und allen voran der Ministerpräsident – hatten doch nur ein Ziel: Sie wollten den Klotz, den Klotz der maritimen Industrie in Mecklenburg-Vorpommern, endlich loswerden.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Das pfiffen auch die Spatzen vom Dach.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Das ist doch Unsinn!)