Protokoll der Sitzung vom 07.07.2016

Hinsetzen, du Kasper!)

Frau Präsidentin, darf ich fortfahren oder haben Sie da jetzt noch Ihr Amt auszuüben?

(Tino Müller, NPD: Das weiß sie noch nicht genau, hat noch nicht ausgeschlafen.)

Ja, ich weiß es nicht.

Also wenn Sie jetzt Ihre Frage nicht stellen, Herr Pastörs, dann...

Na ja, gut, ich sehe doch, dass Sie schon wieder zum großen Schlag ausholen, dann will ich Ihnen die Gelegenheit nicht vermasseln.

(Gelächter vonseiten der Fraktion der NPD)

Herr Abgeordneter Pastörs, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

(Zuruf von David Petereit, NPD)

Und jetzt stellen Sie bitte Ihre Frage!

(Patrick Dahlemann, SPD: Die letzte Frage.)

Liegen Ihnen, Herr Minister, Angaben dazu vor, welche Kosten bei dem Einsatz für den Steuerzahler in unserem Land entstanden sind?

Nein, dazu liegen mir derzeit keine Angaben vor.

Vielen Dank.

Sie sind noch mal dran.

(Der Abgeordnete Udo Pastörs verzichtet.)

Wir sind am Ende der heutigen Fragestunde.

Vielen Dank, Herr Minister. Wenn der Abgeordnete seine Frage nicht stellen will,

(Udo Pastörs, NPD: Ja, die schenke ich Ihnen.)

dann hat sich das erledigt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 87: Beschlussempfehlung und Sachstandsbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Klärung von Sachverhalten im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung der P+S Werften GmbH nach Artikel 34 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit § 39 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen gemäß Beschluss des Landtages vom 28. September 2012 auf Drucksache 6/1123, Drucksache 6/5608(neu).

Beschlussempfehlung und Sachstandsbericht des Parlamentarischen Untersuchungsaus- schusses zur Klärung von Sachverhalten im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung der P+S Werften GmbH nach Artikel 34 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit § 39 Gesetz über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen – UAG M-V gemäß Beschluss des Landtages vom 28. September 2012 – Drucksache 6/1123 – – Drucksache 6/5608(neu) –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Ausschusses Herr Jochen Schulte. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor Ihnen liegt nun auf knapp 500 Seiten der Sachstandsbericht des

Untersuchungsausschusses zur Klärung von Sachverhalten im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung der P+S Werften GmbH. Dieser Ausschuss wurde durch Beschluss des Landtages am 28. September 2012 eingesetzt. Und auch wenn bereits damals wohl allen Beteiligten der noch umfangreiche Aufgabenkatalog und Untersuchungsauftrag bewusst war, haben wohl – ich will es vorsichtig formulieren – die wenigsten Beteiligten damals damit gerechnet, dass erst im Juli 2016, und damit gut 46 Monate später, die Beratungen zum Bericht anstehen würden.

Dabei legt der Ausschuss auch heute nur einen Sachstandsbericht vor. Grund hierfür ist, dass im Ausschuss keine Einigkeit darüber hergestellt werden konnte, ob der Untersuchungsauftrag wirklich vollständig abgearbeitet wurde und auch die Mehrheitsfraktionen auf einen entsprechenden formal möglichen Beschluss zur Vorlage eines Abschlussberichtes gegen den Willen der demokratischen Oppositionsfraktionen verzichten wollten.

Mir als Vorsitzendem ist es dabei wichtig festzuhalten, dass unabhängig davon, welche Rückschlüsse die einzelnen Mitglieder des Untersuchungsausschusses aus der jeweiligen Beweiserhebung gezogen haben oder ziehen, alle im Ausschuss beschlossenen Beweisanträge auch umgesetzt wurden. So hat der Untersuchungsausschuss in den vergangenen 82 Sitzungen fast 200 Stunden getagt. Knapp 150 Stunden davon waren öffentliche Zeugenvernehmungen. Neben den Aussagen von über 50 Zeugen wurden durch die Mitglieder des Untersuchungsausschusses darüber hinaus auch fast 240 Aktenordner mit Unterlagen der Landesregierung ausgewertet und auf dieser Grundlage der vorliegende Sachstandsbericht erstellt.

Dies, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, war letztendlich nur möglich, weil den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses neben den jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Fraktionen auch ein engagiertes Mitarbeiterteam im Ausschusssekretariat zur Seite stand.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gestatten Sie mir daher an dieser Stelle, mich im Namen – und ich habe es ja nun an dem Applaus Ihrerseits gehört –, gestatten Sie mir an dieser Stelle, mich im Namen des Untersuchungsausschusses bei allen diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausdrücklich zu bedanken.

Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, Ihnen allen wird in Erinnerung sein, dass die Arbeit des Untersuchungsausschusses auch Gegenstand von Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht war. Als Vorsitzender lege ich Wert darauf, dass in diesem Zusammenhang auch vor Gericht erhobene Vorwürfe gegen mich persönlich von den Verfassungsrichtern zurückgewiesen wurden. Allerdings sind in der Folge des zweiten Verfahrens vor dem Landesverfassungsgericht auf Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch über das Justizministerium von der Staatsanwaltschaft weitere E-Mails angefordert worden, mit denen zwischen dem Land und der P+S Werften GmbH Informationen ausgetauscht wurden. Auf all die näheren Einzelheiten, sehr geehrte Damen und Herren, werden sicher die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen noch näher in ihren jeweiligen Redebeiträgen eingehen.

Ich möchte nur auf einen Aspekt dieses Verfahrens hinweisen: Der Untersuchungsausschuss hatte bereits parallel zu dem Gerichtsverfahren durch das Sekretariat einen Untersuchungsbericht erarbeiten lassen. Dieses Verfahren ist mit Wissen und mit Billigung des Gerichts gewählt worden. Dieser Bericht wurde dann bereits im Februar 2016 im Ausschuss beraten und ist insoweit nahezu unverändert Bestandteil des vorliegenden Sachstandsberichtes.

Die Bewertungen im vorliegenden Sachstandsbericht haben die Fraktionen von CDU und SPD erarbeitet. Die aus dem Bericht und den Bewertungen entwickelten Empfehlungen wiederum wurden gemeinschaftlich von den Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE erarbeitet und bereits im März dieses Jahres mehrheitlich durch diese Fraktionen vom Ausschuss beschlossen. Darüber hinaus enthält der Sachstandsbericht Sondervoten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Damen und Herren, vielleicht wundern Sie sich etwas, dass ich bei der Einbringung dieses Sachstandsberichtes die Formalien so in den Vordergrund stelle. Aber andererseits ist Ihnen sicher bewusst, dass die Inhalte dieses Berichtes politisch durchaus umstritten sind. Ich möchte daher bewusst die Darstellungen im Einzelnen den jeweiligen Fraktionen überlassen.

Von mir daher zum Thema der finanziellen Unterstützung der P+S Werften GmbH an dieser Stelle nur so viel: Im Jahr 2009 gehörten die späteren P+S Werften als Teil der Hegemann-Werften-Gruppe zur Unternehmensgruppe Detlef Hegemann. Im zeitlichen Zusammenhang mit der weltweiten Werftenkrise gerieten die Werften 2009 in eine bedrohliche Schieflage. Den Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit der Kernwerften in Wolgast und Stralsund bildete der Bau von Handelsschiffen, überwiegend Serienschiffen. Dabei wurde der Großteil der Umsätze mit dem Neubau von Containerschiffen respektive Serienschiffen erzielt. Dieser Markt brach im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise Ende 2008/2009 ein und die Auswirkungen auf den weltweiten Handel für europäische Werften zeigten sich als katastrophal.

Daher hatte sich die Landesregierung mit Unterstützung auch aus den Reihen der Opposition dafür entschieden, den Fortbestand der Werften in Wolgast und Stralsund zu sichern. Im Zusammenhang mit dem Versuch, die Werftstandorte und die dort vorhandenen Arbeitsplätze zu sichern, wurde das Beratungsunternehmen KPMG mit der Erstellung eines Sanierungsgutachtens durch die Werftengruppe beauftragt. Diese Beauftragung und die aus Sicht des Insolvenzverwalters durch das Beratungsunternehmen KPMG erbrachte Schlechtleistung bei der Erstellung des Sanierungsgutachtens ist zwischenzeitlich auch Gegenstand einer umfangreichen Schadenersatzklage des Insolvenzverwalters gegen KPMG.

Neben der Erstellung des betreffenden Sanierungskonzeptes war die Einbringung von rund 93 Prozent der Geschäftsanteile der Peene-Werft und damit auch deren Tochterwerft in Stralsund in eine Treuhandgesellschaft eine der von den Banken geforderten Voraussetzungen für die Bereitstellung der für die Sanierung erforderlichen Kredite. Vor dem Hintergrund eines Engagements der NORD/LB und der KfW IPEX als Finanzierungsinstitute im Rahmen der Sanierungsbemühungen war die Landesregierung gemeinsam mit dem Bund bereit, umfangreiche Bürgschaften für die Sanierung der Werften bereit

zustellen. Wie wir alle wissen, sehr geehrte Damen und Herren, konnte damit leider im Ergebnis die Insolvenz im Jahre 2012 nicht abgewendet werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sinn und Zweck eines Untersuchungsausschusses ist es neben der Aufklärung von in der Vergangenheit liegenden Sachverhalten auch, Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen. Ungeachtet der sicherlich unterschiedlichen Bewertungen, die jeder aus den umfangreichen Untersuchungen des Ausschusses ziehen mag und ziehen wird, wäre es aus meiner Sicht als Ausschussvorsitzender ein positives Ergebnis der Arbeit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, wenn die jeweiligen Feststellungen, Bewertungen in eine Diskussion einfließen würden, wie zukünftig Umstellungs- und Innovationsprozesse sinnvoll und effektiv begleitet werden können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Schulte.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Wirtschaftsminister Herr Harry Glawe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Seit der 27. Sitzung am 28. September 2012, also seit mittlerweile fast vier Jahren, beschäftigt sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuss mit der Aufarbeitung der Insolvenz der P+S Werften. Der vom Ausschussvorsitzenden nun vorgelegte, annähernd 700 Seiten umfassende Sachstandsbericht von der Qualität eines Abschlussberichtes enthält eine ausführliche Bewertung der Vorgänge und letztlich auch Aussagen zum Scheitern der Sanierung der P+S Werften. Ich gehe kurz auf diesen Bericht und auch auf Sondervoten der Opposition ein.

Die regierungstragenden Fraktionen kommen in dem Bericht zu dem Ergebnis, dass der Landesregierung im Zusammenhang mit der Insolvenz der P+S Werften letztlich kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Auf Basis der Zeugenaussagen wird das Krisenmanagement der Hegemann-Gruppe bis Ende des Jahres 2009 als unzureichend und als maßgeblicher Grund dafür gewertet, dass die finanzierenden Banken das Vertrauen in Herrn Hegemann verloren hatten. Deshalb machten sie ein nochmaliges Arrangement von einer Treuhandlösung mit der Entmachtung des Altgesellschafters abhängig.

Die Landesregierung hat ihre Finanzierungsentscheidung auf der Basis der Einschätzung renommierter Gutachter und Experten getroffen und sorgfältig abgewogen. Auch der Insolvenzverwalter der P+S Werften hat als Zeuge bestätigt, dass in kaum einem anderen Sanierungsfall so viel externe Expertise herangezogen wurde.

Zu dem damals vereinbarten auskömmlichen, aber engen Finanzierungsrahmen, der nur wenige Abweichungen zuließ, gibt es keine Alternative, da andere Banken als die NORD/LB und die KfW IPEX-Bank damals nicht mehr zur Verfügung standen. Das Gleiche gilt für die

hohen Finanzierungskosten. Eine Sanierung ohne die Einbindung der sanierungserfahrenen Banken und ihrer Branchenkenntnisse wäre ein unverantwortliches Abenteuer gewesen. Daher gab es auch zu den Konditionen keine Alternative außer der der Insolvenz mit dem drohenden Verlust einer Kernindustrie des Landes, sprich die maritime Wirtschaft mit ihren Werften und den Zulieferern.

Das Sanierungsgutachten der KPMG ist von den Banken trotz seiner notwendigen Ergänzung als tragfähige Grundlage für eine positive Sanierungsentscheidung angenommen worden. Der Finanzierungsbedarf der beiden Scandlines-Fähren ist am Ende des vereinbarten 326-MillionenEuro-Bauzeitfinanzierungsrahmens eingeordnet worden. Die späteren Probleme mit der Fertigstellung dieser Fähren gehen im Übrigen nicht auf diesen Rahmen zurück. Ausschlaggebend waren die Liquiditätsengpässe, die sich im Zuge der ausbleibenden Anzahlungen von Bestellern ergeben haben, sowie gravierende technische Probleme und unzulängliche Baufortschritte beim Bau der Schiffe.

Die Sondervoten der Opposition kommen zu einer anderen Bewertung. So wirft die Linksfraktion der Landesregierung ein Versagen des Controllings vor, moniert jedoch andererseits, dass die Rettungsbeihilfen in Höhe von 152 Millionen Euro in Tranchen ausgezahlt und der Werftengruppe nicht sofort in voller Höhe zur Verfügung gestellt wurden. Gerade die Auszahlung der Tranchen war jedoch Voraussetzung für ein effektives Controlling der Rettungsbeihilfe. Sie hat dazu geführt, dass mehr als die Hälfte dieser Mittel noch vor Eintritt der Insolvenz gerettet werden konnte und dem Insolvenzverwalter später – unter anderem für die Fertigstellung der DFDSSchiffe – im Insolvenzverfahren zur Verfügung gestellt werden konnte.

Wenn die Linksfraktion in diesem Zusammenhang der Landesregierung vorwirft, sie habe die Insolvenz durch geplantes Handeln herbeigeführt und stringent verfolgt, so ist dies vor dem Hintergrund der geschilderten Sanierungsbemühungen völlig haltlos und mit Nachdruck zurückzuweisen. Die Auszahlung der Rettungsbeihilfe musste im August 2012 eingestellt werden, weil das vom neuen Geschäftsführer Rüdiger Fuchs vorgelegte Fortführungskonzept nicht mehr ohne zeitliche Verlängerung beziehungsweise Erhöhung der Rettungsbeihilfe realisiert werden konnte. Beides jedoch war nach EU-Recht ausgeschlossen. Auch die von der Linksfraktion in ihrem Sondervotum favorisierten Landesbeteiligungen wären ab dem Frühsommer 2012 mit Eintritt der Werftengruppe in den Status eines Unternehmens in Schwierigkeiten bereits aus beihilferechtlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen.