Zweitens, das zweite Argument, wird von der Landesregierung wiederholt behauptet, dass Mecklenburg-Vorpommern nach 2017 über gut 40 Prozent mehr Studienplätze verfügt – ich vermute mal, ich höre dieses Argument heute wieder –, und zwar 40 Prozent mehr Studienplätze, als wir für unsere Landeskinder nach 2017 benötigen. Auch hier darf man mehr als skeptisch sein und auch hier ist das Eis, auf dem sich die Statistik der Landesregierung bewegt, mehr als dünn. Es gibt nämlich keine klare Berechnungsgröße für Studienplätze. Das heißt also, dass es darauf ankommt, welche Summe pro Kopf oder wie viel Fläche pro Studierendem vorher angesetzt wurden. Hier zeigt der Blick in die jährlich aktualisierte Statistik „Hochschulen auf einen Blick“ vom Statistischen Bundesamt, dass Mecklenburg-Vorpommern weder bei der Ausstattung noch bei den Betreuungsverhältnissen gut abschneidet. Setzt man also möglichst wenige Mittel pro Studierendem an, kommt man natürlich sehr leicht auf eine Studienplatzzahl, die 40 Prozent über dem eigenen Bedarf liegt.
Sehr geehrter Herr Brodkorb, es wäre aber falsch, die neuen Studienanfängerprognosen einfach zu ignorieren, denn zum Glück studieren hier schon lange nicht mehr nur Landeskinder an unseren Hochschulen. Wir können uns eben nicht von der bundesdeutschen Entwicklung abkoppeln – zum Glück. Die Konsequenz wäre doch, über viele Studiengänge eine Zulassungsbeschränkung zu verhängen, weil wir eben diese Studienbewerber nicht abweisen können. Und wen würde das vor allem ausgrenzen? Genau, unsere eigenen Landeskinder, denn diese sind erfahrungsgemäß bei Zulassungsbeschränkungen benachteiligt.
Sie arbeiten in Ihrem Haus, im Bildungsministerium, ja gerade daran, sehr geehrter Herr Minister, unsere Abiturienten durch ein ländergemeinsames Abitur noch mehr zu benachteiligen, weil sie nicht den ersten vor dem zweiten Schritt machen und zuvor ländergemeinsame Bildungsstandards vereinbaren und die Qualität der Schulbildung verbessern, sondern erst ein gemeinsames Abitur einführen und die Schüler sozusagen mit dem Niveau von Bayern zum Beispiel alleine lassen. Bei den Zulassungsbeschränkungen einfach die Kinder, die Landeskinder zu bevorzugen, ist rechtlich im Übrigen nicht möglich, auch wenn das schon mal Frau Ministerin Schwesig für den medizinischen Bereich vorgeschlagen hatte, denn bekanntlich darf niemand aufgrund seiner Herkunft benachteiligt beziehungsweise bevorteilt werden, und auch hier sage ich – zum Glück.
Nehmen Sie sich also bitte der Problematik an, andernfalls werden viele Landeskinder keine Studienplätze in Mecklenburg-Vorpommern erhalten in der Zukunft. Die Erhöhung der Investitionskosten beim Hochschulbau –
wir hatten das Thema eben gerade in der Haushaltsdebatte schon – begrüße ich im Übrigen ausdrücklich, wobei noch immer nicht ganz klar ist, um welche Höhe es sich auf lange Sicht tatsächlich handelt, ob nun um 94 oder 62 oder 16 Millionen Euro, das ist nicht ganz klar.
Nichtsdestotrotz brauchen wir aber an den Hochschulen mehr Personal. Denn was nützen herrliche Räumlichkeiten, wenn keine Dozentinnen und Dozenten darin zu finden sind. Die bisherige Hochschulentwicklungsplanung ist überholt und muss an die Realität angepasst werden, andernfalls wird bis 2015 mit einer veralteten Planung gearbeitet, denn bis dahin läuft bekanntlich die aktuelle Hochschulentwicklungsplanung.
Meine Damen und Herren, ich brauche sicherlich nicht zu wiederholen, dass Studierende eine Chance für Mecklenburg-Vorpommern sind. Ich glaube sogar fest daran, dass an der Frage, wie viele Studierende wir in Zukunft ins Land holen können, die Zukunftsfähigkeit des Landes hängt. Auch wenn ein Teil der Studierenden später wieder den Nordosten verlassen wird, werden sie dennoch Mecklenburg-Vorpommern nie wieder vergessen und nicht jeder zukünftige Förderer unseres Landes muss schließlich hier auch leben. Bedenken Sie das bitte!
Dann noch ein kleiner Tipp zum Ende, schauen Sie gelegentlich mal „BBC World“, dort läuft sehr viel Werbung, in der sich Weltregionen für Investoren anpreisen. Nicht nur, um dort Tourismus zu machen und sich dort zu erholen, sondern um sich dort anzusiedeln als Unternehmen. Zum Beispiel werben dort die Länder Singapur und China sehr vermehrt. Wissen Sie, welche beiden Argumente dort am häufigsten als Standortvorteil für Unternehmen genannt werden? Ein großer junger Bevölkerungsanteil und eine exzellente Bildung der Jugend. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrter Herr Saalfeld! Sie haben in der Tat recht, ich habe mir in Vorbereitung dieser Landtagssitzung die Frage vorgelegt, trete ich jetzt hier hin und lese einfach vor aus dem Landtagsprotokoll der 3. Sitzung dieser Legislaturperiode und sage noch mal genau dasselbe, was ich dort ausgeführt habe. Das hätte immerhin den Vorteil gehabt, dass das Protokoll den Text hätte nicht noch mal abtippen müssen, sondern hätte einfach mit Copy and Paste auch das Protokoll für diesen Tagesordnungspunkt – jedenfalls was meine Rede angeht – erzeugen können. Das hätte jedenfalls in gewisser Hinsicht proportional zu dem Ertrag gestanden, den wir jetzt hier erreichen werden inhaltlich.
Zum ersten Punkt Ihres Antrages möchte ich sagen, diese Sitzung findet am 20. April 2012 statt, und zwar in der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder. Also der Punkt dieses Antrages hätte sich damit erledigt.
Beim zweiten Punkt, da möchte ich jetzt nicht vortragen, was ich beim letzten Mal dazu gesagt habe, sondern einfach auf diese Ausschussdrucksache verweisen beziehungsweise auf das Plenarprotokoll. Jeder, den die Argumentation interessiert, kann sich das noch mal ansehen. Und ich muss sagen: Ich kann es einfach nicht besser!
Wenn Sie das nicht überzeugt, dann ist es so. Ich würde Sie nur bitten, die Argumentation, die da vollzogen wurde, wenn Sie mögen, wenn Sie die Zeit haben, sich noch mal anzusehen, weil Sie dann einige Ihrer Argumente zumindest im Hinblick auf die Interpretation meiner Aussagen vielleicht revidieren müssten.
(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ist ein Armutszeugnis, nicht auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.)
Ja, weil es da nicht viel zu sagen gibt in der Sache, weil wir die Argumente bereits ausgetauscht haben.
(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Argumente können Sie auch nicht noch mal wiederholen, weil die nicht stichhaltig sind.)
Herr Saalfeld, es gibt ja einen neuen Punkt, nämlich diese KMK-Prognose, darauf versuche ich jetzt noch einmal einzugehen. Das ist der einzige Punkt, auf den ich dann wirklich eingehe.
Sie haben hier jetzt vorgetragen, wie problematisch und fehlerbehaftet unsere Prognosen waren – die gar keine Prognosen waren. Ich habe beim letzten Mal schon erklärt, dass wir nicht prognostiziert haben, genau weil Sie da recht haben. Selber zitieren Sie hier aber Papiere, die versuchen, bis ins Jahr 2045 zu prognostizieren.
Ich muss sagen, da muss sich jeder überlegen, also wenn man sich mal die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und die Prognosen zum Studierendenverhalten ansieht, wie die immer danebengegangen sind.
Dass das CHE meint, bis 2045 in die Kristallkugel schauen zu können und Sie sich darauf berufen, finde ich für die Aktenlage zumindest interessant. Da wird man sich ja wiedertreffen. Aber das ist …
Das ist ganz einfach: Die KMK entscheidet nicht darüber, wie viele Studenten hier studieren werden. Sie kann prognostizieren, was sie will, das ist völlig unerheblich. Wenn es anders wäre, dann hätten wir ja kein Problem. Sie haben gesagt, im Jahr 2020 gibt es 14.000 Studenten mehr als heute. Ja, wenn das so ist, worüber diskutieren wir dann hier? Dann haben wir 14.000 Studenten mehr und es ist gut. Weil es da eben keinen Automatismus gibt zwischen der KMK-Prognose und der Realität, genau deswegen stehen wir hier, weil man überhaupt erst die Voraussetzungen schaffen müsste, dass diese 14.000 Studenten hier zusätzlich studieren könnten.
In Deutschland entscheiden drei Faktoren, wo und ob ein Student studiert: Der erste ist die Studienortwahl des Studierenden – hat mit der KMK nichts zu tun. Der zweite ist die Studienplatzkapazität, die ein Land anbietet. Wo es keine Studienplätze gibt oder eine bestimmte Anzahl nicht da ist, kann auch niemand studieren.
(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Weil Sie die eigenen Landeskinder jetzt ausschließen wollen.)
Das heißt, man hat eine bestimmte Anzahl von Studienplätzen und jeder Student hat Anspruch darauf, dass es vernünftige Studienbedingungen gibt, also Anspruch darauf, dass nicht mehr immatrikuliert wird, als sinnvollerweise möglich ist.
Das sind die drei Komponenten, die darüber entscheiden, wie viele Studenten hier in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2020 studieren werden. Und da kann die KMK prognostizieren, was sie will. Sie wird das Haushaltsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern nicht außer Kraft setzen, sie wird das Hochschulzulassungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern nicht außer Kraft setzen und sie wird die Etatentscheidungen oder die Strukturentscheidungen an den Hochschulen und auch die Studienortwahl nicht beeinflussen.
die Annahmen der KMK bewegen sich außerhalb der Frage der Hochschulorganisation, sondern die rechnen einfach pauschal auf alle Länder alles rüber.
Jetzt sagen wir doch mal, welches Problem wir haben. Wir haben das Problem, dass zahlreiche westdeutsche Länder ihrer Verantwortung nicht nachkommen,
ausreichend Studienplätze bereitzustellen, damit ihre Abiturienten einen Studienplatz in ihren Ländern finden oder woanders.
Wollen wir das mal festhalten, dass das so ist, dass die westdeutschen Länder ihrer Verantwortung nicht nachkommen.