Protokoll der Sitzung vom 16.03.2012

Sehr geehrte Frau Seemann, sie ist jetzt leider wieder rausgerannt.

(Heinz Müller, SPD: Hier sitzt sie, erste Reihe. – Dr. Margret Seemann, SPD: Ich bin rausgerannt?!)

Ach, Entschuldigung.

Zum Schulfrieden wollte ich sagen, zur fairen Beratung gehört auch, dass man Ergebnisse nicht vorwegnimmt. Wir haben heute die Unterlagen zum Schulfrieden ausgeteilt bekommen, wir werden es jetzt mit in unsere Fraktion nehmen,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ich habe auch nicht gesagt, dass das abgeschlossen ist. Da müssen Sie zuhören, Frau Berger!)

haben offene Gesprächsbereitschaft signalisiert, werden das jetzt beraten und prüfen und anschließend werden wir sehen, wie es ausgeht.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ich habe das angesprochen. Ich habe doch nicht gesagt, dass das abgeschlossen ist.)

Doch, Sie haben gesagt, dass wir Bereitschaft zum Schulfrieden signalisiert haben.

Bitte keine Dialoge hier. Die Rednerin hat das Wort.

Die Vorlage, die Sie uns hier präsentieren,

(Jörg Heydorn, SPD: Kindergarten.)

ist ja vorsichtig formuliert soweit okay. Möglichst wenige Schulschließungen und ein Jahr lang sogar gar keine. Schulen schließen möchte natürlich niemand. Direkt Nein sagen kann man zu Ihrem Antrag deshalb nicht.

(Heinz Müller, SPD: Das ist schon mal gut.)

Gleichwohl möchte ich mich hier kritisch mit Ihrer Vorlage auseinandersetzen. Dafür gibt es Gründe:

Erstens ist Ihre Vorlage erschreckend unambitioniert.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oh! – Dr. Margret Seemann, SPD: Wie bitte?)

Zweitens denken Sie hier zu defensiv und reagieren hauptsächlich.

Drittens verschweigen Sie einige Ansätze, um die im Antrag angesprochenen Probleme zu lösen.

Im Detail: Sie wollen also prüfen, ob die Schließung von Schulstandorten auszusetzen ist für ein Jahr, viel ist das eben nicht. Erst mal möchte ich fragen: Reicht es wirklich schon, das Schulnetz nicht noch löchriger werden zu lassen, als es bereits ist? Ich finde, die Schulwege sind heute schon lang genug, denn zu den Schulwegen oder zu den Zeiten, die die Kinder haben, gehören noch ganz andere Zeiten dazu.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Sie haben nichts verstanden. Zur Qualität von Schule gehört auch eine gewisse Anzahl von Schülern und Lehrern. Sie haben nichts verstanden.)

Die Busse kommen oft eine halbe Stunde vor Schulbeginn an den Schulen an, die Schulen öffnen erst zehn Minuten vor dem Unterricht, die Schüler stehen draußen. Also die Zeit, die die Schüler brauchen, um von zu Hause bis zur Schule zu kommen, ist länger als die reine Schulwegzeit.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Wovon reden Sie überhaupt? Sie reden aus einer kreisfreien Stadt heraus. Das ist unglaublich!)

Es darf nicht zur Gewohnheit werden, dass in diesem Land immer nur über die Schließung von Schulen geredet wird, und nie darüber, welche neu aufzumachen sind, und dann soll eben nur geprüft werden.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Etwas selbstbewusster könnte dieses Parlament sich gegenüber der Regierung verhalten und es geht nur um ein Jahr. Da habe ich die Befürchtung, dass dieses Jahr nach Abschluss des Prüfvorganges schon wieder vorbei sein wird.

Einen Moment, Frau Berger.

Ich habe die Glocke nicht benutzt, weil mir das Spaß macht und ich mal gucken wollte, ob sie funktioniert, sondern weil ich die Hoffnung hatte, dass das allgemeine Gemurmel hier nachlässt. Das ist allerdings nicht passiert. Ich erläutere jetzt: Wenn die Glocke erklingt, dann ist das das Signal, dass das Gemurmel im Saal mir zu laut wird und die Rednerin nicht mehr zu hören ist.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Danke, Frau Berger. Machen Sie weiter.

Warum also so zaghaft? Ich vermute, dass Sie auch die Befürchtung haben, dass dieses eine Jahr nicht ausreichen wird, und deshalb dem Änderungsantrag im Punkt 2 der LINKEN nicht zustimmen können, denn ansonsten könnten Sie auch mit diesem Datum gut leben.

Zaghaft sind Sie nicht nur bei Punkt 1 Ihrer Vorlage und damit komme ich zu meiner zweiten kritischen Anmerkung. Die gesamte Sichtweise, die Ihrem Antrag zugrunde liegt, ist rein defensiv und passiv. Sie schreiben in Punkt 2 sinngemäß, Sie erwarten eine bestimmte demografische Entwicklung und auf die wollen Sie reagieren. Ich erlaube mir den Hinweis, dass die demografische Entwicklung auch das Resultat der gesellschaftlichen Bedingungen ist, die wir hier zusammen gestalten sollen.

(Jörg Heydorn, SPD: Oh, ist das eine Erkenntnis! – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Und da erinnere ich Sie ähnlich wie Frau Oldenburg daran, dass wir vor ein paar Wochen zwar beschlossen haben,

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

darüber zu reden, wie wir das Älterwerden im Land gestalten wollen. Abgelehnt haben Sie da aber unseren Vorschlag, auch mal die Frage zu stellen, wie wir die Attraktivität für Jüngere erhöhen können,

(Marc Reinhardt, CDU: Die werden ja auch älter.)

zum Beispiel für Familien mit Kindern. Mehr Kinder sind schließlich der eleganteste Weg zu einem dichteren Schulnetz.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Tolle Erkenntnis!)

Noch mehr: Es gibt genügend Beispiele, wo freie Initiativen Bildungsstandorte neu geschaffen beziehungsweise wiederbelebt haben und so erst einen Zuzug von Familien ausgelöst haben. Eine Bildungseinrichtung ist nämlich auch ein Standortfaktor.

Das größte Problem aber ist mein Kritikpunkt Nummer 3: Naheliegende Wege zu einem möglichst dichten Schulnetz lassen Sie in Ihrem Antrag unerwähnt. Dabei sind sie so einfach. Wir haben folgende Ziele:

Wir wollen kurze Schulwege. Das ist völlig unstrittig.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Was wir heute noch zumutbare Schulwegzeit nennen, ist an sich schon zu lang.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Und wir wollen sinnvolle Mindestgrößen von Schulen.

(Marc Reinhardt, CDU: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.)

Für die Primarstufe sind wir hier schon beim naheliegenden Weg Nummer 1 angelangt, denn im Grundschulbereich spricht viel dafür, dass die derzeitigen Mindestgrößen zu hoch angesetzt sind,

(Marc Reinhardt, CDU: Was?)

sie können einfach geändert werden. Der Minister hat es selbst gesagt. Der jahrgangsübergreifende Unterricht müsste dafür nur seinen derzeitigen Exotenstatus verlieren. Pädagogisch spricht nichts dagegen, im Gegenteil.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Da gibt es unterschiedliche Ansichten. Ich sehe das auch positiv, aber nicht alle sehen das so.)

Für die Sekundarstufe ist es dann zutreffend, dass Jahrgänge nicht zu klein sein sollten, allein schon, um gewisse Wahlmöglichkeiten zu erlauben. Da greifen dann aber …