Im Jahr 2009 haben wir circa 150 Fälle gehabt, die bei der ersten Aufnahme und Erfassung als Metalldiebstahl eingestuft wurden, wie gesagt circa. Denn wenn sich bei einigen Fällen herausstellt, dass zum Beispiel der Gully
deckel nicht aus Metall, sondern aus Plaste wäre, dann würde er nicht in die Kategorie Metalldiebstahl eingeordnet werden. Aber es entstand dort im Jahr 2009 bei diesen 150 Fällen ein Schaden von etwa 500.000 Euro und jetzt im Jahr 2011 oder im letzten Jahr vielmehr hatte die Fallzahl im Vergleich zum Jahr 2009 eine Steigerungsrate von 1.000 Prozent.
Ja, Sie haben das schon richtig gehört: 1.000 Prozent. Der Sachschaden hat sich fast vervierfacht, das hat er sich übrigens in 2010 bereits auch. Dabei sind nicht erfasst alle Vorfälle und Straftaten, die sich auf Bahngelände ereignet haben und damit in den Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei fallen. Die Fallzahlen hängen sehr wohl direkt mit der Entwicklung der Rohstoffpreise zusammen. Die Attraktivität wird natürlich dadurch höher, das ist klar.
Da können wir in der Tat nicht untätig zusehen, weil ich denke mal, der Schutz des Eigentums ist ein Grundrecht, was im Grundgesetz verankert ist. Dies ist eine Verpflichtung, der wir nachkommen müssen. Es ist deshalb unsere Pflicht, der kriminellen Energie, die hier aufgebracht wird, entgegenzutreten. Der Gesetzgeber hat zu Recht den An- und Verkauf von Altmetallen in einen überwachungspflichtigen Gewerbezweig eingeordnet. Das gibt uns hier die Möglichkeit, durch die Landesregierung eine Verordnung zu erlassen, die bestimmt, auf welche Art und Weise die Bücher über die Geschäftsvorgänge zu führen sind, und damit meine ich nicht die Verpflichtung, die gegenüber dem Finanzamt besteht, die bleibt davon unberührt.
Es besteht hier die Möglichkeit, eben die Personalien zu erfassen, die Art und Menge der Altmetalle, auch die Herkunftsbestätigung, um nur einige Daten zu nennen. In Deutschland herrscht Ausweispflicht und die tatsächlichen Eigentümer sollten auch problemlos alle Daten über das Altmetall liefern können.
Ich habe den Zeitverlauf beschrieben, in welchem Zeitraum das so exponentiell gestiegen ist. Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern eine Befragung gemacht bei den Altmetallhändlern und haben sie befragt aus ihren Erfahrungen heraus. Ich kann Ihnen sagen, dass die Altmetallhändler es für gut heißen, wenn sie eine Rechtssicherheit bekommen, wenn sie den Ausweis fordern können, weil derzeit läuft es ganz anders. Sie können hingehen, sie können das einfach umtauschen. Es wird notiert, bei größeren liegt eine Namensliste vor, da können Sie sich eintragen. Es wird aber nicht geprüft, ob das Ihr Name ist, und oftmals wird gesplittet.
Und wenn Sie beim Schrott- und Altmetallhändler – was Sie wollen – nach einem Ausweis fragen und er hat keinen dabei, dann kann er entweder das Geschäft ablehnen oder er kann es trotzdem machen, aber er hat keine Rechtsgrundlage, um den Ausweis verlangen zu dürfen. Das hat er nicht.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Er muss ja das Geschäft nicht machen. Er kann das Geschäft doch ablehnen.)
Deswegen wird das von den Altmetallhändlern sehr begrüßt. Das hat sich vom bürokratischen Aufwand durchgehend so durchgezogen. Das liegt natürlich in der Tat in der Ausgestaltung der Rechtsverordnung, die man dann erlässt, das ist klar, aber Fakt ist eins, eine Ausweispflicht in Deutschland haben wir heute schon. Die Listen zum Eintragen für diejenigen, die dort anliefern, gibt es bereits heute schon. Und ich denke, wenn wir so einen exorbitanten Anstieg der Fallzahlen von 1.000 Prozent haben, dass man nicht mehr so zusehen kann. Ich sehe keine wirtschaftshemmenden Faktoren, ich denke, dass die Schattenwirtschaft hier sinnvoll beschnitten wird. Das Ziel dieser Buchführungspflicht ist, Markttransparenz zu schaffen, damit weitere Ermittlungsansätze gewonnen werden können und diese anonymen Abgaben eben erschwert werden.
Zur landesübergreifenden Regelung, das hatte ich gesagt und hat auch Herr Glawe gesagt: Eine eigene Landesregelung ist in der Tat nur bedingt zielführend. Die Buchführungspflicht allein regelt das eben nicht. Die Kleinkriminellen werden abgeschreckt, jedoch haben wir dann die Möglichkeit des Diebstahltourismus, dass die einfach nach Brandenburg fahren, da abgeben oder wie auch immer.
Der wirkliche Ansatz ist eben dann, und das ist im Antrag begründet, diese bundesweite Regelung. Hier möchte ich noch einmal darauf hinweisen, das hat sich auch im Zeitablauf ergeben aus den Aussagen, die wir gehört haben. Bei der Innenministerkonferenz war dies auch unter anderem ein Thema. Es gibt eine bundesweite Abfrage aller Innenressorts, die sich einheitlich für den fachlichen Bedarf ausgesprochen haben. Dieser fachliche Bedarf ist aufgrund der gestiegenen Fallzahlen höher zu bewerten als eventuelle Ängste über Bürokratie, die nicht gegeben ist. Der Schutz des Eigentums als Grundrecht ist auch ein übergeordnetes Interesse. Denken Sie aber auch an die erhebliche Bindung von Ressourcen für die Ermittlungstätigkeit, die dadurch erleichtert wird.
Meine Damen und Herren, Sinn und Zweck: Transparenz bei der Annahme, Erhöhung der Ermittlungserfolge, Abschreckung für kleine und Beschaffungskriminelle, rechtliche Sicherheit für die Altmetallhändler und landesübergreifende Regelung. Ich bitte Sie um Zustimmung. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/391. Wer dem zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/391 angenommen mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und mit den Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 40: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – ACTA stoppen – Transparenz unverzüglich herstellen, Drucksache 6/382.
Antrag der Fraktion DIE LINKE ACTA stoppen – Transparenz unverzüglich herstellen – Drucksache 6/382 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen gab es in der Bundesrepublik Deutschland – so auch in unserem Land – und vielen anderen europäischen Ländern eine Welle des Protestes mit der großen Überschrift „ACTA ad acta“. Mit unserem Antrag wollen wir den in der Gesellschaft diskutierten Entwurf des ACTA-Abkommens thematisieren, auf Probleme aufmerksam machen und den Versuch starten, ein wenig Licht in das Dunkel zu bringen.
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die von mir beschriebene Unruhe zu Recht entstanden ist, denn der gesamte Prozess ist undemokratisch geführt worden. Berechtigterweise befürchten die Gegner von ACTA, dass es bei der Umsetzung zu massiven Einschnitten von Grund- und Freiheitsrechten kommen könnte und dies auf einem antiquierten Urheberrecht basiert.
ACTA steht für Anti-Counterfeiting Trade Agreement, also ein Handelsabkommen gegen Fälschung. Es ist ein Abkommen zum Schutz immaterieller Güter. Beteiligt sind daran 39 Staaten, unter anderem die Europäische Union, die USA, Kanada und Japan.
Meine Damen und Herren, ich möchte nun die Gelegenheit nutzen, zu einigen Fragen Stellung zu nehmen. Den Gegnerinnen und Gegnern von ACTA wird vorgeworfen, dass sie sich in der komplexen Materie nicht hinreichend auskennen würden. Kritik wird gegenüber den ACTAGegnern gern als überzogene Panikmache dargestellt. Da stellt sich doch die Frage: Wie sollten sie sich denn rechtzeitig allumfassend informieren? Dieses Abkommen wurde von Anbeginn hinter verschlossenen Türen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelt.
Wenn der EU-Handelskommissar Karel De Gucht hier über mangelndes Vertrauen in EU-Gremien und Regierung klagt, dann sollte er sich vielleicht einmal klarmachen, dass es sinnvoll gewesen wäre, frühzeitig nicht nur Vertreter der Rechteindustrie an der Ausarbeitung von ACTA zu beteiligen, sondern auch Vertreter der nationalen Parlamente, der internationalen Organisationen und anderer zivilgesellschaftlicher Interessengruppen.
Dass es nun so aussieht, als sei ACTA ein für die Interessen einer milliardenschweren Unterhaltungsindustrie maßgeschneidertes Abkommen, welches mit rechtsverbindlicher Wirkung ganze Völker knebelt, ist nur zu leicht verständlich. Deutlich wird die Haltung in dem Vorwurf des Handelskommissars gegenüber den ACTA-Kritikern, indem er meint, sie würden die Vorteile für die europäische Wirtschaft nicht erkennen und sich nur, so wörtlich, auf „nebulöse Freiheiten“ berufen.
Die Beachtung der Grund- und Freiheitsrechte spielten offensichtlich keine beziehungsweise eine untergeordnete Rolle. Auch das Verhalten der Bundesregierung war in dieser Beziehung recht fragwürdig. Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag fragte bereits Ende 2009 die Bundesregierung, wie sie zur Geheimhaltungsstrategie der
ACTA-Akteure stehe. Die Bundesregierung antwortete hierauf, sie begrüße es, dass die Europäische Kommission über den Fortgang der Verhandlungen auf ihrer Website informiere. Über die Geheimhaltung in der Sache selbst wurde jedoch kein Wort verloren.
Aber wo, meine Damen und Herren, soll denn das eingeforderte Vertrauen herkommen? Die EU-Kommission arbeitet hier komplett in Eigenregie und lässt sich nicht einmal von den Gremien in die Karten schauen, denen sie eigentlich zur Rechenschaft verpflichtet ist. Was ist mit dem Unterrichtungsgrundsatz aus Artikel 218 Absatz 10 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union? Darin heißt es, das Europäische Parlament sei in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich umfassend zu unterrichten.
Im März 2009 bat das Europäische Parlament die Kommission um Unterrichtung über ACTA. Diese Bitte – eigentlich war es eine klare Anweisung – wurde von der Kommission jedoch auf ganzer Linie missachtet. Erst als das Parlament am 10.03.2010 erneut nachfragte und dieses Mal ganz deutlich mit dem EuGH drohte, gab die Kommission sehr widerwillig zumindest den Vertragstext heraus. Allerdings ist bekannt, dass geheime Zusatzprotokolle existieren, die noch immer nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Stattdessen stand und steht das Credo der Geheimhaltung über allem, und das, obwohl einem keiner so richtig klar sagen kann, warum hier überhaupt irgendwelche ACTA-Inhalte derart konsequent geheim gehalten werden sollen. Die Tatsache, dass überhaupt geheime Zusatzprotokolle existieren, deren Inhalte nicht bekannt gemacht werden sollen, macht die Sache doch nicht besser, sondern noch problematischer. Die Bevölkerung wird sich immer fragen, was denn da geheim gehalten werden soll.
Für ein gewisses Unverständnis – selbst unter Fachleuten – sorgen auch andere Besonderheiten im Entstehungsverfahren von ACTA. Warum wurde die Weltorganisation für geistiges Eigentum WIPO nicht beteiligt? Sie wurde gegründet, um Rechte an immateriellen Gütern weltweit zu fördern. Das hört sich doch irgendwie genau nach ACTA an. Warum wurde die Welthandelsorganisation WTO nicht beteiligt? Sie wurde geschaffen, um in der Handels- und Wirtschaftspolitik mit globaler Reichweite zu verhandeln. Sie ist die Dachorganisation des TRIPs-Vertrages, welcher die Grundlage für ACTA bildete. Auch das schreit doch förmlich nach einer Beteiligung bei ACTA. Warum wurden zwei Organisationen, die extra geschaffen wurden, um Abkommen wie ACTA zu verhandeln, nicht beteiligt? Die Frage sei erlaubt, ob man die relativ transparenten Verfahren dieser beiden Organisationen umgehen wollte.
Meine Damen und Herren, mir ist klar, dass Sie meine Fragen nicht beantworten können, und das erwarten ich auch nicht, aber nachdenklich sollten diese Sie schon stimmen.
Kommen wir zum Inhalt von ACTA: Wenn man sich den ACTA-Text anschaut, wird sehr wohl deutlich, um wessen Geistes Kind es sich hierbei handelt. Da wurde doch
allen Ernstes in der Entstehungsgeschichte eine sogenannte Three-Strikes-Regelung diskutiert. Diese besagt nichts weiter, als dass jemandem, der dreimal wegen Urheberrechtsverstößen auffällt, das Recht auf sein Internet entzogen wird.
Meine Damen und Herren, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Bei einer entsprechenden Beteiligung der von mir genannten Organisationen wären diese Ansätze wohl erst gar nicht weiterdiskutiert worden. Auch wenn zum Beispiel diese Frage nun nicht mehr im vorliegenden Vertragstext steht, sie aber nur etwas entschärft wurde, kann mich das diesbezüglich nicht beruhigen.
Ich bin im Zweifel, ob ich mich nun über diese Entscheidung auch freuen soll. Zum einen wird mehr offensichtlich, in welche Richtung das Dokument nach seinem Sinn wirklich gehen sollte und zweitens dürfte das ACTADokument auch in der jetzigen Fassung in Teilen sogar gegen europäisches Recht verstoßen.
Eigentlich wird deutlich, dass ein Problem bei ACTA sein Ursprung zu sein scheint. Beschäftigt man sich hiermit, bemerkt man, dass es ursprünglich um die Produktpiraterie und um Markenschutz ging. Die Geschichte um Urheberrechte und digitale Güter wurde erst später von der starken Lobby der Unterhaltungsindustrie auf den Plan gebracht. Ursprünglich sollte es nur am Rande behandelt werden, geworden ist daraus ein richtiges Abkommen.
Das wird sodann besonders interessant, wenn man unterstellt, dass ACTA einige Punkte beinhaltet, die in den einzelnen Nationalstaaten nicht durchsetzbar gewesen wären. Dann macht man es halt europäisch und hebelt die nationalen Gesetzgebungsverfahren aus den Angeln. Den nationalen Parlamenten obliegt dann nur noch die Umsetzung. Und wenn es eigentlich nur um Produktpiraterie und Markenschutz ginge, wird auch klar, dass man Grund- und Freiheitsrechte anfangs nur bedingt auf dem Plan hatte. Möglicherweise, um die Sache nicht zu verkomplizieren, hat man sie auch nicht auf den Plan gebracht, als sie mit der stärkeren Einbeziehung von Urheberrechten und digitalen Gütern tatsächlich relevant wurden. Ob das nun vorsätzlich oder fahrlässig geschah, lasse ich mal offen.
Auch die vagen Generalklauseln machen das ACTADokument recht undurchsichtig. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass die juristischen Meinungen über die Zulässigkeit von ACTA erheblich auseinandergehen. Um bestimmte Rechtsbegriffe lässt sich nun einmal eine ganze Menge subsumieren. Da ist der eine dann der Meinung, ACTA hätte keine Auswirkungen sowohl auf europäisches als auch auf deutsches Recht. Der andere meint, ACTA verstoße eindeutig dagegen. Was sollen denn nun die Bürgerinnen und Bürger glauben?
Kommen wir nun zu den rechtlichen Schwächen oder Kritikpunkten des Dokumentes: Zunächst möchte ich klarstellen, dass auch wir das geistige Eigentum nicht als völlig vogelfrei ansehen und dass es durchaus einen gewissen Schutzbedarf gibt. Allerdings muss dieser Schutz genau mit den Grund- und Freiheitsrechten der Nutzer abgewogen werden. Und genau das ist bei ACTA eben nicht der Fall. Es geht also auch um Inhalte.
Von Menschenrechtsorganisationen wird immer wieder die Frage der Biopiraterie vorgebracht. Ganz kontrovers wurde hier im Bereich Generika diskutiert. Dabei handelt
es sich um Stoffe, die eine bestimmte Wirkung haben. ACTA würde vorschreiben, dass gleichlautende Stoffe, die allerdings nicht ganz dieselbe Zusammensetzung aufweisen, aber dieselbe Wirkung haben, wiederum patentrechtlich geschützt sind und damit an der Grenze vernichtet werden müssen.
Allein an diesem Beispiel ist festzustellen, dass bezüglich des ACTA-Dokumentes, was jetzt veröffentlicht worden ist, es viele Fragen gibt, und ich möchte Sie darum bitten, unserem Antrag zuzustimmen. – Danke.