Protokoll der Sitzung vom 25.04.2012

(Dr. Margret Seemann, SPD: Na, die Cola ist wohl bei Ihnen in den Kopf gegangen.)

Mit einzelnen Kooperationsprojekten mag es anfangen und am Ende steht die feindliche Übernahme. Kapitalisten nehmen immer die ganze Hand und nicht nur einen Finger. In einem Land, das nur in sehr geringem Maße über Rohstoffe verfügt und in erster Linie von seinem Wissen lebt, ist es absolut unakzeptabel, dass Konzerne, vielleicht sogar noch ausländische, internationale, die Kontrolle über die universitäre Forschung und Lehre übernehmen. Was die Konzerne hier mit scheinbarer Großzügigkeit an Drittmitteln einsetzen, nur um sich Einfluss zu verschaffen, das kann man ihnen genauso gut an Steuern abknöpfen, dann hat man das Geld auch. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Seemann von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Aber vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! Als mein Mitarbeiter mir am Telefon gesagt hat, die Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN hat wieder einen Antrag zur Hochschulproblematik eingebracht, habe ich zunächst ge- dacht – das gebe ich zu –, oh Schreck, hoffentlich nicht wieder irgendeine Studienprognose

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

und wir unterhalten uns wieder über das gleiche Thema, neu aufgelegt. Nein, Gott sei Dank nicht, sondern Sie haben sich diesmal neu die Veröffentlichungspflicht für Drittmittelverträge und eine Erhöhung der Transparenz von Kooperationen zwischen Hochschulen des Landes und Unternehmen auf die Tagesordnung gesetzt.

Mit „vermeintlich neu“ meine ich, dass die Landeskonferenz der Studierenden bereits 2001 die Forderung nach mehr Transparenz erhoben hatte. Aber „Transparenz“ scheint mir auch ein neues Modewort zu sein und von besonderer Bedeutung zu sein, nachdem die Piraten mit ihrer Forderung nach absoluter Transparenz zuletzt einige Wahlerfolge zu verzeichnen hatten. Ein anderes Modewort ist ja zum Beispiel das Wort „nachhaltig“ oder „Nachhaltigkeit“, das immer wieder auftaucht. Und hier

scheint es bei „Transparenz“ genauso zu sein, ohne dass es mit Inhalten gefüllt wurde.

(Heinz Müller, SPD: Ganz einfach: Was die Piraten nicht verstehen, ist nicht transparent.)

Vermeintlich neu aber auch deshalb – und das hatte ich schon hier auf meinem Zettel, Herr Saalfeld, Sie haben es aber bestätigt –, vermeintlich neu aber auch deshalb, weil Sie genau wissen, dass dieses Thema von der SPDBundestagsfraktion jüngst aufgerufen worden ist. Die SPD-Bundestagsfraktion hat unter der Überschrift „Kooperationen von Hochschulen und Unternehmen transparent gestalten“ bereits einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Bei dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion geht es aber – und das unterscheidet eben diesen Antrag – um eine Lösung für alle Hochschulen in der gesamten Bundesrepublik.

In dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, und ich zitiere:

„1. durch ihre Vertreter im Wissenschaftsrat darauf hin

zuwirken, dass die Erarbeitung eines Kodex,“ – Herr Al-Sabty, das entspricht dem, was Sie meines Erachtens gefordert haben – „mit dem die Bundesländer und Hochschulen Kriterien für die Ausgestaltung und Grenzen von Kooperationen mit Unternehmen erhalten, Teil des nächsten Arbeitsprogramms des Wissenschaftsrats wird;“ und

„2.“ – und das ist eben der eklatante Unterschied – „ge

meinsam mit den Bundesländern eine einheitliche Offenlegungspflicht von Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen, die sich auf die Fördersumme sowie die Laufzeit bezieht, zu vereinbaren.“

Fördersumme, Laufzeit – erinnern Sie sich an die rechtliche Würdigung, da komme ich nachher auch noch mal drauf, durch Herrn Minister Brodkorb?

Und genau das ist die richtige Lösung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie sichert für alle Hochschulen in der Bundesrepublik bei der Einwerbung von Drittmitteln die gleichen Chancen und eben auch einen fairen Wettbewerb untereinander.

Nach Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, soll MecklenburgVorpommern ja nun einen Alleingang machen.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil Sie aber offensichtlich nicht wissen, wie das konkret umgesetzt werden soll, finden wir dann schwam- mige oder auch „Wischiwaschiformulierungen“ wie unter Punkt 3, …

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Na, na, na, na!)

Doch, hören Sie sich das mal an!

… wie unter Punkt 3.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich zitiere: „Veröffentlichungspflichtig sollen alle mit den Grundrechtspositionen der beteiligten Kooperationspartner zu vereinbarenden Bestandteile eines Kooperationsvertrages sein.“ Zitatende. Was soll das denn eigentlich heißen?

(Heinz Müller, SPD: Tja.)

Was konkret wollen Sie eigentlich veröffentlicht haben?

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das, was vorher geprüft wurde und als veröffentlichungsfähig herausgestellt wurde.)

Das wissen Sie wahrscheinlich selbst nicht. Zumindest Ihrer Begründung konnten wir das nicht entnehmen und auch Ihrer Einführungsrede nicht. Aber vielleicht können Sie das ja nachher noch mal erklären, Herr Saalfeld. Sie haben ja noch mal Redezeit.

Soll an den Hochschulen Mecklenburg-Vorpommerns in jedem Einzelfall einer Drittmittelforschung geprüft werden, welche Grundrechtspositionen der Kooperationspartner betroffen sind – in jedem Einzelfall? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!

Darunter könnte meines Erachtens auch verstanden werden, dass eine Hochschule auch das konkrete Forschungsvorhaben veröffentlichen müsste. Eine solche Veröffentlichungspflicht würde die Forschungsfreiheit der Hochschullehrer oder der Hochschulen, die verfassungsrechtlich geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die Wettbewerbsfreiheit oder die Vertragsfreiheit berühren.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Dann haben Sie den Punkt 1 nicht verstanden.)

Und, ich kannte jetzt nicht das Rechtsgutachten aus dem Bildungsministerium, aber es gibt ja das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Das haben Sie auch in Ihrer Kleinen Anfrage zitiert, aber wohl nicht gelesen, denn der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte im Rahmen seines Gutachtens zur Veröffentlichungspflicht im Bereich der Drittmittelforschung darauf bereits schon hingewiesen.

Also, mit Ihrem vorliegenden Antrag würden Sie nicht die Forschungsfreiheit der Hochschulen schützen, sondern meines Erachtens sie einschränken. Und genau hier liegt der qualitative Unterschied zum Antrag der SPD-Bundestagsfraktion, denn dieser beschränkt sich – das habe ich schon gesagt – auf die Laufzeit und die Fördersumme und zielt auf Lösungen in der gesamten Bundesrepublik ab.

Durch einen Alleingang in Mecklenburg-Vorpommern würden zudem die Unternehmen auf Bundesländer ausweichen, die nicht die von Ihnen angestrebte Veröffentlichungspflicht hätten. Entgegen Ihrer Verlautbarung in Ihrer Pressemitteilung vom gestrigen Tage, in der Sie betonen, Zitat: „Die Kooperationen sind wichtig für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort MecklenburgVorpommern“, Zitatende, werden Sie potenzielle Unternehmen schlichtweg vergraulen.

Ich hoffe nicht – und lassen Sie mich das, ich gebe zu, etwas polemisch sagen –, dass Sie dabei hoffen, die

Unternehmen gehen mit ihren Forschungsaufträgen zu Herrn Kretschmann nach Baden-Württemberg,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ha, ha!)

wo Herr Kretschmann offensichtlich in diesem Bereich keinen Handlungsbedarf sieht. Oder ist Ihnen da irgendetwas bekannt?

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Er sieht Handlungsbedarf darin, den Länderfinanzausgleich zu ändern

(Torsten Renz, CDU: Genau.)

und uns noch Gelder wegzunehmen, sodass wir weniger Gelder für die Hochschulen haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Egbert Liskow, CDU: Richtig. Genau. – Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist doch Quatsch.)

Und er sieht Handlungsbedarf,

(Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

uns Ratschläge zu geben, dass wir einen Nordstaat zu bilden haben.

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das ist nicht unsere Linie, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Vincent Kokert, CDU: Richtig.)