Protokoll der Sitzung vom 24.05.2012

Für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist es natürlich wichtig, dass wir überhaupt eine, ja, Lage haben – Daten und Hinweise über die Lage der Menschen mit Behinderungen in unserem Land –, und deshalb ist ein Schwerpunkt bei der Umsetzung der UNKonvention, überhaupt zu diesen empirischen Daten zu kommen. Um diesem Prozess, der in einen Maßnahmenplan der Landesregierung münden soll, eine gesicherte empirische Basis zu geben, sollte eben auch der Bericht zur Situation von Menschen mit Behinderungen in Mecklenburg-Vorpommern dienen. Der Bericht ist nicht erstellt worden für einen Bericht der Bundesregierung, damit hat das überhaupt gar nichts zu tun. Es geht darum, die Politik mit Menschen mit Behinderungen hier in unserem Land für sie umsetzen zu können und es war auch immer ein Wunsch der Menschen mit Behinderungen in unserem Land, zu diesen Daten zu kommen.

Der Auftrag zur Erstellung des Berichtes wurde an die Prognos AG vergeben. Die Studie setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Teil 1 besteht aus einer spezifischen

Datenerhebung und -aufbereitung. Teil 2 beinhaltet die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen an die Landesregierung.

Und, sehr geehrte Frau Abgeordnete Stramm, ich bin dem schon längst nachgekommen, was Sie fordern, dass Sie wissen wollen, wie der Auftrag vergeben worden ist. Sie haben dazu ja schon vor langer Zeit eine Kleine Anfrage gestellt, die ist ausführlich beantwortet worden. Und ich kann Ihnen sagen, wir haben uns genau dem Recht in Mecklenburg-Vorpommern entsprechend an neun verschiedene Institutionen gewandt, unter anderem zum Beispiel auch an die Hochschule Neubrandenburg, und es gingen von einigen Angebote ein – von unserer eigenen Hochschule leider nicht. Wir haben uns am Ende für die Prognos AG entschieden, weil sie die Einzige war, die in der Lage war, für dieses doch dann kleine Budget einen so umfangreichen Bericht zu machen. All das habe ich Ihnen ausführlich in der Kleinen Anfrage geschildert. Wenn es darüber hinaus noch Nachfragen gibt, beantworte ich die selbstverständlich gerne.

Es klingt viel: 150.000 Euro. Das dachte ich auch, als ich Ministerin wurde. Die Wahrheit ist aber, dass, wenn man wirklich ganz konkrete Daten haben will, die sich nicht nur auf Bundesdaten beziehen und Landesdaten, sondern die man runterbrechen will auf die kommunale Ebene – und das war mein Ziel als Ministerin, damit vor allem die kommunalpolitisch Verantwortlichen vor Ort auch auf diese Daten zurückgreifen können, und ihre Politik für Menschen mit Behinderungen danach ausrichten können –, wenn man das will, muss man ganz konkrete Vor-Ort- und Personenbefragungen machen. Das haben wir gemacht, wir haben Menschen mit Behinderungen befragt, und solche konkreten Personenbefragungen – und die Zusammentragung dieser Ergebnisse –, die kann nicht ein einzelner Mitarbeiter, oder mehrere, in der Landesregierung durchführen. Ich muss Ihnen wirklich diesen Zahn ziehen, diese Vorstellung.

Der Haushalt dieses Landes ist deshalb ausgeglichen und steht so gut da, weil wir erheblich Personal abgebaut haben. Das begann schon unter Rot-Rot und das ist auch richtig. Warum? Nicht, weil wir auf dieses Personal eigentlich verzichten können, aber uns geht es darum, in der Verwaltung möglichst schlank zu bleiben, damit das Geld, was dieses Land hat, vor Ort bei den konkreten Projekten und Trägern ankommt. Deshalb ist das ein schmerzhafter Prozess. Ich habe schon im Finanzausschuss drauf hingewiesen und nehme gerne jetzt Ihren Kritikpunkt an dieser Stelle zum Anlass, um dem Parlament von hier aus noch mal deutlich zu machen: Wir haben massiv Personal abgebaut und beschreiten diesen Weg ja noch weiter, und das führt dazu, dass natürlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Häusern Fachexperten sind und dass sie uns helfen bei der Umsetzung von politischen Vorhaben. Aber was wir überhaupt nicht haben, ist Personal irgendwie zur Verfügung, um wirklich so umfangreiche Daten zur Verfügung zu stellen oder vielleicht sogar noch 1.500 Familien, die betroffen sind – wie wir das auch schon beim letzten Bericht gemacht haben –, zu befragen, das ist wirklich ‘ne Illusion. Ich mache Ihnen das auch gar nicht zum Vorwurf.

Das ist Fakt und es ist ja gerade Ihre Fraktion, die den bedenklichen Krankheitsstand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemerkt hat. Dazu möchte ich Ihnen auch sagen, wenn das Personal in unserem Land immer älter

wird und wir Personal abbauen, dann müssen wir auch Aufgabenkritik machen. Das heißt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer Landesregierung müssen da sein, um die Gesetzgebungsvorhaben voranzubringen, vor Ort mit den Trägern zu sprechen, gemeinsam Programme zu entwickeln, aber sie können keinesfalls so eine intensive Sozialberichterstattung machen. Das ist nicht möglich!

Ich bitte um Verständnis für diesen Ausflug, aber mir scheint es einiges noch mal deutlich zu machen. Denn so leicht in der Öffentlichkeit zu sagen, das hätte alles das Land machen können, das Geld kann man sich sparen, und sich gleichzeitig hier hinzustellen und wieder nur aufzuzählen, was man denn hätte noch alles an Daten erheben können, das passt – mit Verlaub – nicht zusammen. Man kann sich nicht einerseits immer darüber beschweren, über zu viel Bürokratie, und andererseits uns dann aber sagen, aber bitte fragt mal noch das nach, das nach, das nach. Das bedeutet nämlich, dass es vor Ort diese konkreten Statistiken geben muss.

Was aber Schlussfolgerung sein sollte, ist, wenn wir über diesen Bericht inhaltlich diskutieren, wenn es dort Feststellungen gibt, dass wir bestimmte Daten eigentlich bräuchten, die wir nicht haben, dass wir politisch noch mal gemeinsam entscheiden, soll es bestimmte Datenerhebungen auf Dauer in unserem Land geben. Dann bitte ich aber, dass wir dann auch konsequent bleiben bei dem, was Sie schon im Kitabereich vorgetragen haben, dass wir uns dann aber genau überlegen müssen: Was wollen wir den Trägern und Kommunen vor Ort aufbürden? Das ist immer ein Spagat und man kann nicht bei dem einen Tagesordnungspunkt sagen, also wenn ihr 1.200 Euro Elternentlastung pro Jahr pro Familie geben wollt, dann dürft ihr gar nicht irgendwie Verwaltungsaufwand machen, und bei anderen Sachen sagen – obwohl der Bericht so dick ist – uns fehlt aber noch das, das, das. Ehrlich gesagt, das passt nicht zusammen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das sind Ausreden, Ihre typischen Ausreden.)

Ich halte das für unseriös.

Ich hätte mir gewünscht, dass wir über das sprechen, was der Bericht aufzeigt. Denn er zeigt auf, dass es viele Dinge gibt, die auf gutem Weg sind, aber dass es noch eine ganze Menge zu tun gibt. Und der inklusive Prozess wird sowieso kein Prozess von einem oder zwei Jahren oder einer Legislatur sein, es wird ein dauerhafter Prozess sein in die nächste Legislatur hinein, und deshalb ist es wichtig, und da bin ich auch sehr interessiert an Vorschlägen, wie wir den Prozess gemeinsam im Land gestalten. Und deshalb war es auch Ziel dieser Studie, Erkenntnisse über die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen und deren Familien – denn die Angehörigen sind an der Stelle genauso wichtig – und über ihre Möglichkeiten der erweiterten Teilhabe und selbstbestimmten Lebensführung zu gewinnen.

Und für diese Erkenntnisse haben wir eben nicht nur verfügbare Daten des Bundes, des Landes, der Kommunen und Verbände herangezogen und aufbereitet. Es gab Fachgespräche mit Vertretern der Ressorts der Landesregierung, der Institutionen und Verbände unter anderem zu den Themenkomplexen „Ältere Menschen mit Behinderungen“, „Inklusive Bildung“ und „Bedingungen für eine selbstbestimmte Lebensführung“. Und eine an

schließende Agenda-Konferenz diente dazu, mit einem breiten Teilnehmerspektrum die aktuelle Situation von Menschen mit Behinderungen zu diskutieren, diese zu bewerten und Ziele für die Zukunft zu entwickeln. Es kamen auch Leute zu Wort, die eben nicht irgendwie selbst organisiert sind in Verbänden, Vereinen, sondern die einfach – wenn ich das so sagen darf – betroffen sind, obwohl ich nicht bei Menschen mit Behinderungen von Betroffenheit sprechen möchte. Das war uns wichtig, dass diejenigen, die selbst dieses Leben führen, zu Wort kommen. Und hierauf aufbauend kann das sozialpolitische Instrumentarium zielgerichtet weiterentwickelt werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass wir wichtige Schritte in Richtung inklusive Gesellschaft bereits gegangen sind. Danach haben wir gute Situationen bei der politischen Mitwirkung der Menschen mit Behinderungen über die Vereine und Verbände sowie die Landesverbände der Menschen mit Behinderungen und bei der Landesregierung, bei dem bei der Landesregierung angesiedelten Integrationsförderrat, der ja nicht nur Mitspracherechte, sondern konkrete Mitwirkungsrechte hat und bundespolitisch als Vorzeigegremium gilt.

Wir haben auch gute Entwicklungen bei der gemeinsamen frühkindlichen Bildung von Kindern mit und ohne Behinderungen. 90 Prozent der Kinder mit Behinderungen im frühkindlichen Alter besuchen eine integrative Kita und ich weiß aus den Gesprächen mit Eltern von Kindern ohne Behinderungen, dass sie auch dieses Angebot der integrativen Kita sehr begrüßen, weil wir hier einen sehr guten Personalschlüssel haben und weil sie selber sehen, dass, wenn Kinder ohne Behinderungen mit Kindern mit Behinderungen zusammen sind, alle Kinder davon unheimlich profitieren.

Wir haben auch eine gute Entwicklung bei der Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Anlagen und des Schienennahverkehrs, über 88 Prozent sind mittlerweile barrierefrei – wir können uns alle noch dran erinnern, wie das noch vor zehn Jahren aussah –, und wir haben auch eine gute Entwicklung bei den Beratungsangeboten für Menschen mit Behinderungen und ihren Angehörigen.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass bestehende Maßnahmen teilweise weiterentwickelt und neue Instrumente zusätzlich geschaffen werden müssen. Wir haben zum Beispiel wenig gute Resultate beim selbstständigen Wohnen im Alter, das wurde heute auch schon mehrfach angesprochen und das ist mit Sicherheit auch ein Thema in der Enquetekommission. Wir haben auch keine guten Ergebnisse bei der Barrierefreiheit in Arztpraxen. Die Ergebnisse fand ich übrigens erschreckend, das hab ich mir so nicht vorgestellt. Insofern ist das zum Beispiel schon mal ein Punkt, wo ich sage, da hat der Bericht doch Ergebnisse gezeigt, die man so bisher nicht kannte. Wir haben auch keine optimalen Ergebnisse bei der Erwachsenenbildung an Volkshochschulen, also bei der Frage der Barrierefreiheit, und dem Übergang in den Ruhestand von Beschäftigen der Werkstatt für behinderte Menschen. Hier gilt es, im Rahmen der Positionierung der Landesregierung den Handlungsempfehlungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Noch mal: Es ist zunächst ein Bericht des Institutes Prognos AG, der so – sozusagen völlig wertfrei und klar –, wie er erstellt worden ist, Ihnen vorliegt, und jetzt geht es ja darum, Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Mir ist

natürlich wichtig, diese Handlungsempfehlungen nicht vom grünen Ministertisch zu erarbeiten, sondern wir erarbeiten ja derzeit gemeinsam mit den Vereinen und Verbänden einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Das ist ein gemeinsamer Prozess im Dialog und deshalb ist es auch wichtig, dass wir diesen Bericht dort als Grundlage haben.

Der Bericht trifft außerdem unterschiedliche Feststellungen zu den Politikfeldern verschiedener Ressorts. Er spricht eine Reihe von Empfehlungen aus, bei denen es sich um die Weiterentwicklung einer Politik für und mit Menschen mit Behinderungen als eine ressortübergreifende Aufgabe handelt. Dass sich das niederschlägt, werden Sie sehen an dem neuen Gesetz, dass zukünftig alle Ressorts auch im Integrationsförderrat vertreten sind. Die endgültige und umfassende Stellungnahme der Landesregierung zu den im Bericht gegebenen Handlungsempfehlungen befindet sich derzeit in der Erarbeitung und wird dem Parlament nach Fertigstellung vorgelegt.

Das Interesse am Bericht ist bei den Vereinen und Verbänden sehr hoch. Die Nachfrage ist stark und sie hat mittlerweile dazu geführt, dass wir eine zweite Auflage machen mussten. Also gehe ich davon aus, dass sozusagen zumindest die betroffenen Menschen mit Behinderungen in den Vereinen und Verbänden den Bericht für wertvoller halten, als es Frau Stramm hier vorgestellt hat.

Ich bitte darum, dass wir nicht nur über die Dinge reden, die vielleicht noch fehlen, sondern uns vor allem erst mal den Erkenntnissen und Daten widmen, die wir haben, und gemeinsam darüber nachdenken, welche dieser Handlungsempfehlungen sind denn jetzt die wichtigsten, die wir in Angriff nehmen. Das ist ein Prozess, den ich mir wünsche, gemeinsam mit dem Parlament. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Deshalb wollen wir den Antrag ja auch überweisen.)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Ja. Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man interjection: (und Frau) ist nicht behindert, man (und Frau) wird behindert. Wenn, wie im Bericht zur Situation von Menschen mit Behinderungen in Mecklenburg-Vorpommern nachzulesen, aktuell nur rund die Hälfte aller Bahnhöfe in Mecklenburg-Vorpommern über Blindenleitsysteme verfügt, dann ist der Anspruch auf Barrierefreiheit und auf gleichberechtigte Teilhabe nicht realisiert. Da nahezu 100 Prozent der Arztpraxen im Land nicht barrierefrei zugänglich sind, dann, meine Damen und Herren, läuft etwas eklatant schief.

Dass es anders geht, beweist die mit Unterstützung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Oktober 2011 in der Hansestadt Bremen eröffnete erste barrierefreie gynäkologische Praxis. Wir Bündnisgrüne setzen uns dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen, unabhängig von der Art und Ausprägung ihrer Beeinträchtigung, selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben können. Wir wollen Benachteiligungen ausgleichen.

(Jörg Heydorn, SPD: Wir auch.)

Menschen mit Behinderungen …

Ich glaube, das wollen wir alle, ne?

Menschen mit Behinderungen sollen jeweils die Hilfe erhalten, die sie individuell für die freie Gestaltung ihres Lebens benötigen, sei es eine Assistenz am Arbeitsplatz, technische Hilfsmittel oder Unterstützung bei Behördengängen und bei der Bewältigung des Haushaltes. Dabei soll es ausdrücklich um einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs gehen, denn Inklusion betrifft nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern die ganze soziale Gemeinschaft. Zu oft werden behinderte Menschen verkürzt unter dem Aspekt des Defizits betrachtet. Auf einer Veranstaltung im April hier in Schwerin wurde zum Beispiel für die Beschäftigung Behinderter damit geworben, dass über 80 Prozent der schwerbehinderten Menschen ihr Handicap gar nicht anzusehen ist.

Das, meine Damen und Herren, spricht Bände, zum einen, was das leider immer noch weit verbreitete Bild von Behinderung anbelangt – den Rollifahrer als Prototyp sichtbarer Behinderung –, zum anderen, was das dahinterstehende Menschenbild betrifft. Wertvoll, so impliziert diese Darstellung, sei der vollständige Mensch, und wenn er denn, diesem Gedankengang folgend, kleine Mängel aufweist, so sollten sie jedenfalls nicht sichtbar sein.

Das, meine Damen und Herren, ist nicht mein Menschenbild und, ich glaube, von uns demokratischen Parteien auch nicht. Dieses Menschenbild teilen wir nicht. Wir treten ein für die uneingeschränkte Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Der Leitgedanke der Inklusion bestimmt unsere Bildungs-, Sozial- und Gesundheitspolitik, und das in allen Altersgruppen, vom Kleinkind bis zur Seniorin oder zum Senior.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, exemplarisch will ich im Folgenden auf drei Lebensbereiche kurz eingehen. Inklusion soll so früh wie möglich, idealerweise also schon im frühkindlichen Bereich ansetzen.

(Udo Pastörs, NPD: Vor der Geburt am besten schon.)

In der praktischen Umsetzung der vorschulischen Frühförderung stellt der Bericht zur Situation von Menschen mit Behinderungen Engpässe fest, insbesondere im ländlichen Raum. Tatsächlich wird auch im städtischen Bereich nicht selten auf Spezialangebote für behinderte Kinder verwiesen, wenn Eltern diese in der Kita anmelden möchten, und das, obwohl integrative Gruppen im Sinne des Paragrafen 10 Absatz 6 KiföG grundsätzlich nach Bedarfslage an allen Einrichtungen gebildet werden können.

Ich komme zum zweiten Punkt, der Teilhabe am Arbeitsmarkt. Im Rahmen der Fachkräftediskussion taucht immer wieder die Forderung nach gut ausgebildetem Personal auf, um Lücken zu schließen oder sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Nun belegt der vorliegende Bericht, dass diese Zielgruppe hier im Land zu einem Großteil über gute berufliche Qualifikation verfügt, ihre Beteiligung am Arbeitsmarkt ist aber nach wie vor alles andere als zufriedenstellend. Der Hinweis, dass die fünfprozentige Pflichtbeschäftigungsquote im Land mit 4,6 Prozent knapp erfüllt sei, kann nun wirklich nicht

genügen. Schon in der Berufsausbildung muss der Fokus ganz klar und viel stärker als bisher auf der Nutzung betrieblicher Ausbildungschancen liegen.

Mein dritter Punkt betrifft ambulante Versorgungsstrukturen im ländlichen Bereich. Sie sind wichtig, denn sie verhindern, dass behinderte Menschen gegen ihren Willen in ein Heim einziehen müssen. Eine gezielte Förderung, zum Beispiel durch Budgetassistentinnen und -assistenten, kann Betroffene ermutigen, Leistungen der Eingliederungshilfe, das sogenannte „Persönliche Budget“ stärker als bisher in Anspruch zu nehmen. Es hat mich besonders gefreut bei der Lektüre des Berichts, genau diese Empfehlung auf Seite 257 zu lesen, ist dies doch Bestandteil unseres Wahlprogramms.

Viele der im Bericht für Menschen mit Behinderungen in Mecklenburg-Vorpommern aufgeführten Handlungsempfehlungen können wir Bündnisgrüne nur unterstützen. Das gilt für den Vorschlag, Agenda-Konferenzen „Inklusives Gemeinwesen“ auf kommunaler Ebene zu initiieren, das gilt auch für die Anregung, Kompetenzen zum barrierefreien Bauen zu bündeln.

Erlauben Sie mir zum Abschluss deshalb die folgende Bemerkung: Es hätte vielleicht gar keiner teuren Prognos-Studie bedurft, um, ich zitiere, „Handlungsansätze der Landesregierung zu entwickeln“. Liebe Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung, fragen Sie einfach öfter die Opposition der demokratischen Parteien!

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Gajek.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schubert für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich muss das noch mal wiederholen, was die Ministerin gesagt hat: Der Bericht ging eigentlich darum, die Istanalyse zu bekommen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich hab nichts anderes gesagt.)

Sie haben gesagt, die Schlussfolgerungen, die man daraus bekommt, sind nicht so, dass wir die alle mittragen können.

Also erst mal war Ausgangspunkt die Istanalyse und das hatte die Ministerin auf verschiedenen Tagungen schon mitgeteilt. Damals war ich noch Bürgerbeauftragter, da haben wir uns mit den Verbänden und Vereinen getroffen. Da wurde sogar gefordert, wir müssen erst eine Istanalyse haben, bevor wir dann den Landesaktionsplan, der ja kommen soll, erstellen können. Und das ist eine Istanalyse mit Schlussfolgerungen, die Prognos gezogen hat. Das müssen aber nicht die gleichen Schlussfolgerungen sein, die wir ziehen. Das sind Denkanstöße und diese Denkanstöße sollen genutzt werden, damit der Landesaktionsplan, der bis zum Jahresende erstellt werden wird, auch dann vorliegen kann.

Und ich muss noch mal zu Frau Stramm sagen: Sie haben hier über „Persönliches Budget“ gesprochen. Meines