Protokoll der Sitzung vom 24.05.2012

Der Mechanismus beruht auf der Möglichkeit einer Befreiung von der Einkommens- oder Körperschaftssteuer für jene Unternehmer, die in den Sonderwirtschaftszonen neue Investitionen vornehmen. Als zusätzlicher Anreiz dient in den Zonen vorbereitete Infrastruktur, die in M-V nicht die schlechteste ist, wobei die Breitbandversorgung rasch vorangetrieben werden muss.

Die polnischen Sonderwirtschaftszonen wurden im Zeitraum 1996 bis 1998 auf 20 Jahre angelegt. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass Polen über kurz oder lang der EU beitreten würde und damit die Sonderwirtschaftszonen irgendwann den Bestimmungen über unerlaubte Beihilfen zum Opfer fallen würden. Im Endeffekt lachen die Polen Brüssel doch aus.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, mit Recht.)

Dient es dem Wohle von an sich strukturschwachen Regionen, wird Warschau auch über das Jahr 2020 hinaus an den Sonderwirtschaftszonen festhalten, ob Brüssel das nun passt oder auch nicht.

Sie, meine Damen und Herren von den Blockdemokraten, werden als EU-Hiwis natürlich Gesetze und Richtlinien ins Feld führen, die der Bildung einer Sonderwirtschaftszone in Mecklenburg-Vorpommern entgegenstünden. Tatsächlich stellen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie und der Artikel 107 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU die bürokratischen und gesetzlichen Hemmschuhe dar. In Absatz 3 des besagten Artikels heißt es aber auch, ich zitiere: „Als mit dem Binnenmarkt vereinbar können angesehen werden: … Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht...“ Zitatende. Die Formulierung ist natürlich beliebig auslegbar, auch zugunsten unseres Bundeslandes.

Nach unseren Vorstellungen soll die Landesregierung das Informationsbüro des Landes bei der Europäischen Union nutzen, um den EU-Wettbewerbskommissar lediglich über die Bildung einer Sonderwirtschaftszone auf

dem Gebiet des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern zu informieren. Des Weiteren soll die Landesregierung die Empfehlung abgeben, die EU-Richtlinien, die EU-rechtlichen Vorschriften und dabei vor allem den Vertrag über die Arbeitsweise der Union und die Mehrwertsteuersystemrichtlinie so zu ändern, dass die Bildung von Sonderwirtschaftszonen in strukturschwachen Regionen beziehungsweise Bundesländern künftig erleichtert wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Haben Sie überhaupt verstanden, was Sie da vorlesen?)

Handeln Sie, Herr Nieszery, zum Wohle unseres Bundeslandes! Verstecken Sie sich nicht immer hinter irgendwelchen Paragrafen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich glaube, nicht.)

und stimmen Sie unserem Vorstoß

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach ja! Sie haben überhaupt keine Ahnung.)

zur Bildung einer Sonderwirtschaftszone zu!

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Keine Ahnung und davon viel. Das ist das Wichtigste.)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und das Wort hat der Abgeordnete Waldmüller von der CDU-Fraktion.

(Stefan Köster, NPD: Der erfolgreiche Unternehmer.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD fordert, Mecklenburg-Vorpommern zur Sonderwirtschaftszone zu erklären. Diese Forderung ist abzulehnen. Ich möchte das im Folgenden begründen:

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist vollkommen absurd.)

Der Begriff „Sonderwirtschaftszone“ umschreibt ein räumlich abgegrenztes geografisches Gebiet innerhalb eines Staates, für das rechtliche und administrative Erleichterungen für Investoren bestehen und das meist für die sogenannten Entwicklungs-, Schwellen- beziehungsweise Transformationsländer wirtschaftspolitisch sinnvoll ist. Die Forderung nach einer solchen Sonderwirtschaftszone ist nicht realisierbar, da Sonderwirtschaftszonen den derzeitigen EU-rechtlichen Vorgaben widersprechen.

(Udo Pastörs, NPD: Das hat er gerade ausgeführt, wie man das machen kann.)

Soweit in den EU-Verträgen …

Warten Sie mal ab!

(Udo Pastörs, NPD: Ja.)

Soweit in den EU-Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen,

(Udo Pastörs, NPD: Jaja.)

mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Kriterien für zulässige Sonderregelungen, wie zum Beispiel auf den Kanarischen Inseln, sind: Abgelegenheit am Rande der EU, Insellagen, geringe Größe, schwierige Oberfläche und klimatische Bedingungen sowie wirtschaftliche Abhängigkeit von nur wenigen Erzeugnissen.

Mecklenburg-Vorpommern ist nicht an der EU

Außengrenze gelegen und besitzt eine gute geografische Lage im Ostseeraum. Abgesehen davon,

(Udo Pastörs, NPD: Das schützt aber nicht vor Armut die Menschen.)

abgesehen davon, durch die EU-Strukturfonds sowie die Investitionszulage findet Mecklenburg-Vorpommern bereits eine bevorzugte Förderkulisse.

In der Begründung des Antrages wird das Beispiel Polen genannt. Auch darauf will ich kurz eingehen. Es ist richtig, in Polen befinden sich Sonderwirtschaftszonen mit umfassenden Entlastungen. Hier ist jedoch zu beachten, dass zum Beispiel Körperschaftssteuervorteile für die Unternehmen, die in den Sonderwirtschaftszonen in Polen tätig sind, nach den Bestimmungen im Beitrittsvertrag Polens zur EU aus dem Jahr 2003 bis spätestens 2011 abgeschafft werden mussten. Dass in Polen an dieser Stelle noch Handlungsbedarf besteht, ist unbestritten. Eine Vorbild…

(Udo Pastörs, NPD: Die haben sie aber noch.)

Habe ich doch gerade gesagt.

(Udo Pastörs, NPD: Jaja.)

Eine Vorbildfunktion für Mecklenburg-Vorpommern lässt sich hieraus aber auch nicht ableiten.

(Udo Pastörs, NPD: Aha!)

Darüber hinaus musste sich Polen im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zur EU bereit erklären, eine Vielzahl von Vorteilen binnen bestimmter Zeiträume abzubauen.

(Tino Müller, NPD: 2020.)

Die Sonderwirtschaftszonen in Polen wurden zwischen 96 und 98 für eine durchschnittliche Dauer von 20 Jahren gegründet. Selbst wenn der Name „Sonderwirtschaftszone“ weiterhin benutzt wird, dürfen verbleibende Vorteile die einschlägigen Beihilfehöchstsätze, die einheitlich in der EU gelten, nicht überschreiten.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Tino Müller, NPD)

Gleiche Regeln für die wirtschaftliche Betätigung sind ein Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft und des europäischen Wettbewerbsrechts.

(Udo Pastörs, NPD: Jaja.)

Dass Sie damit nichts am Hut haben, sondern nur Hetze betreiben, verwundert natürlich nicht.

Eine Sonderwirtschaftszone in Mecklenburg-Vorpommern ist nicht erforderlich,

(Udo Pastörs, NPD: Jaja.)

zweitens mit EU-Recht nicht vereinbar und drittens sind entsprechende Initiativen auf EU-Ebene nicht durchsetzbar. Wir lehnen den Antrag selbstverständlich ab.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt noch mal der Abgeordnete Müller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie verweisen stupide – wie gerade gehört von Herrn Waldmüller – auf EU-Recht, während man in Polen vollendete Tatsachen geschaffen hat und nationale Belange selbstbewusst über EU-Vorschriften stellt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)