Protokoll der Sitzung vom 24.05.2012

Ich bitte die Abgeordneten der Linkspartei, sich das einfach anzuhören. Wenn Ihnen diese Aussprache heute hier so wichtig ist, dann lassen Sie uns doch gemeinsam darüber reden, dann hören Sie doch auch einfach mal zu.

(Manfred Dachner, SPD: Ja, zuhören müssen Sie.)

Hören Sie zu und nehmen Sie zur Kenntnis, dass damals nur 79 Millionen ausgegeben worden sind.

(Jörg Heydorn, SPD: Die Wahrheit ist manchmal schwer zu ertragen.)

Heute sind es 40 Millionen Euro mehr für unsere Kinder. Damals gab es einen Festbetrag. Wir haben diesen Betrag dynamisiert. Wir geben pro Kind, was mehr in Kitas geht, auch mehr Geld aus. Wir haben heute eine Betreuungsquote von 95 Prozent im Kindergarten, von 52 Prozent in der Krippe, bei 2- und 3-Jährigen sind es sogar 70 Prozent. 92.000 Kinder besuchen unsere Kitas, das sind 13.000 Kinder mehr als in 2004. Also, wenn es alles so schlecht und schlimm wäre, glaube ich nicht, dass die Eltern ihre Kinder in unsere Kitas schicken würden. Dass die Kinder unsere Kitas im Land besuchen, ist der beste Beweis, dass wir ein gutes Kitaangebot haben.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Dennoch gibt es noch viel zu tun.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Weitere Bilanz: In 2004 gab es nur 1.000 Euro pro Kind. Wir geben heute 1.500 Euro pro Kind aus. Daran sieht man, dass wir erheblich unsere Mittel gesteigert haben.

Und zum Thema Fachkräfte. Wir setzen auf ein Fachkräftegebot. Wenn, Frau Bernhardt, wenn Sie fordern, dass wir die Wege gehen wie andere Länder, dann sagen Sie damit, dass wir nicht mehr am Fachkräftegebot festhalten. Ich darf Ihnen sagen, dass zum Beispiel ein Land wie Bayern gar keine Gruppengröße festgelegt hat. Ich darf Ihnen sagen, dass Baden-Württemberg unter drei zwar letztendlich auf einen besseren Schlüssel kommt, aber nur 50 Prozent davon pädagogische Fachkräfte zur Verfügung stellt.

(Heinz Müller, SPD: Aha! – Torsten Renz, CDU: Das gehört nämlich zur Wahrheit dazu.)

In unserem Gesetz gibt es ein Fachkräftegebot und uns ist es wichtig, dass in jeder Gruppe staatlich anerkannte

Erzieherinnen und Erzieher sind. Andere Länder rechnen in ihren Schlüssel Assistenten und Kinderpfleger mit ein, aber das wollen wir nicht. Wir wollen den pädagogischen Standard in unseren Kitas halten. Das ist der Weg dieser Koalition.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und ja, die Gruppen in unserem Land sind zu groß und deshalb haben wir uns auf den Weg gemacht, die Gruppengröße zu verkleinern, was ja noch unter Frau Dr. Linke ein Tabuthema war, da standen die 1 : 18 fest. Wir haben dann viele Kitas besucht, viele Runden gedreht. Ich glaube, dass man niemandem in den demokratischen Fraktionen vorwerfen kann, dass man nicht vor Ort in der Praxis unterwegs ist.

(Torsten Renz, CDU: Genauso ist es.)

Und wir kennen die Probleme. Wir hätten am liebsten kostenfreie Kitas, einen kleineren Schlüssel in der Krippe, einen kleineren Schlüssel im Kindergarten, kostenfreies Mittagessen, mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung. Diese ganzen berechtigten Wünsche lagen auf dem Tisch und diese Wünsche auf einmal zu stemmen, sprengt doch jedes Budget. Wir reden hier von weit über 150 Millionen Euro. Und deswegen habe ich damals der Koalition, und die heutige Koalition setzt es fort, einen Vorschlag gemacht, wie wir gemeinsam diese ganzen Aufgaben angehen. Und unser Weg ist ein Mix aus der Stärkung der frühkindlichen Bildung durch kleinere Gruppen für mehr Zeit für Kinder und gleichzeitig eine Elternentlastung, um vor allem die Eltern zu unterstützen, die in unserem Land fleißig arbeiten und am Ende des Monats, wenn sie dann noch die Krippen- und Kindergartenbeiträge zahlen, nicht mehr so viel übrig haben. Uns ging es darum, diese Leistungsträger zu stärken, und daraus ist ein Kitaplan entstanden.

Wir haben in der letzten Legislatur angefangen, die Gruppengröße zu senken, und wir haben uns der schweren politischen Frage gestellt: Wo fangen wir denn an? Es ist doch völlig unstrittig, dass man das im Hort tun könnte, im Kindergarten und in der Krippe. Aber im Gegensatz zu Ihnen, die immer nur fordern, überall mehr, haben wir uns politisch verantwortungsvoll gefragt, wo fangen wir an, und wir haben die Frage nicht alleine in den Raum gestellt, sondern wir haben es so gemacht, dass wir die Experten, die Fachkräfte vor Ort gefragt haben. Und uns wurde in allen Kitas gesagt, bei allen Besuchen, und ich war in allen Landkreisen und kreisfreien Städten unterwegs, fangen Sie im Kindergarten an, da ist es am größten. Und deswegen fangen wir an mit 1 : 17, das haben wir geliefert in der alten Koalition, und in weiteren Schritten auf 1 : 16 und 1 : 15.

Jetzt machen wir etwas, was unter der Führung der Linkspartei im Sozialministerium nie vorgeschlagen und umgesetzt worden ist, und jetzt ist Ihnen das wieder alles nicht zu schnell. Das ist ja auch typisch Opposition, immer alles mehr und schneller. Das hat ja ihr eigener Landesvorsitzender schon gesagt, dass es nicht reicht, dass die Linkspartei eigentlich immer nur mehr fordert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh, immer diese Sprechblasen. Wie lange sind Sie jetzt schon Ministerin? Geht alles nicht so schnell, erzählen Sie nicht so viel, arbeiten Sie!)

Aber ich will Ihnen sagen, warum wir vorschlagen, für die Fachkräfte nur in Zweijahresschritten den Schlüssel abzusenken. Das hat nämlich damit zu tun, dass die Träger gar nicht in der Lage sind, schneller abzusenken. Selbst wenn wir das Geld schneller bereitstellen, wir haben die Erfahrung gemacht bei der Absenkung von 1 : 18 auf 1 : 17, die Träger konnten es gar nicht in einem Jahr schaffen. Und selbst wenn wir in diesem Jahr sagen, lasst uns auf 1 : 15 gehen, sie könnten es gar nicht schaffen. Und ich möchte nicht die Tür aufmachen zu Billigkitas, indem wir das Fachkräftegebot unterwandern.

Wir möchten die Gruppengrößen absenken, aber unter Einhaltung der Fachkräfte, unter der Einhaltung der Möglichkeit für die Träger, schneller letztendlich diese Fachkräfte zu sichern. Und ich kenne diese Forderung nicht, dass es schneller gehen soll. Es geht darum, die Gruppengrößen abzusenken, aber die Möglichkeit den Trägern zu geben, diese Fachkräfte überhaupt zu bekommen, darum geht es, und das ist ein wichtiger pädagogischer Standard für uns. Und deswegen haben wir gesagt, in Zweijahresscheiben diese Gruppen absenken und jetzt ganz schnell konkret etwas für die Entlastung der Eltern tun, und zwar im Krippenbereich, damit die Möglichkeit besteht, schnell nach dem Jahr der Elternzeit wieder in den Beruf zu kommen, gerade für die vielen Menschen, die bei uns kleine Einkommen haben, dann an der Stelle eine Entlastung zu haben. Und wir werden diese Entlastung von durchschnittlich 100 Euro den Eltern ab August zur Verfügung zu stellen.

Und an dieser Stelle will ich ganz deutlich sagen: Ja, wir wollen, dass diese 100 Euro direkt ankommen, anders als es war bei der Entlastung im letzten Vorschuljahr. Da haben wir nämlich die Erfahrung gemacht, dass, wenn wir das Geld einfach nur an die Kommunen geben, nicht alles bei den Eltern ankommt. Und jetzt können Sie sagen, der Weg ist nicht richtig. Ich sage Ihnen den Weg dieser Koalition: Wir haben in der Wahl versprochen, 100 Euro Elternentlastung, und dieses Versprechen halten wir. Die Eltern können sich auf uns verlassen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und ich erwarte, dass die 100 Euro auch bei den Eltern ankommen. Und wenn Sie darauf keinen Wert legen, wenn Sie gegen diese Elternentlastung, wie Sie das bereits in den Ausschüssen gemacht haben, stimmen, dann sagen Sie den Eltern, dass Sie diese Entlastung nicht wollen. Wir wollen die Leistungsträger in unserem Land unterstützen. Das sind die jungen Eltern, die arbeiten gehen und Beruf und Familie vereinbaren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir wollen auch die Leistungsschwachen unterstützen, nicht nur die Leistungsträger.)

Ja, Herr Ritter, wir unterstützen auch die Schwachen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, vergessen Sie das nicht.)

und zwar mit einem kostenfreien Mittagessen.

Und, Frau Bernhardt, seit Monaten tragen Sie hier vor: Bürokratie, Bürokratie. Natürlich muss Bürokratie in den Kitas abgebaut werden. Und das ist ein Punkt für die

Novellierung des KiföGs. In dieser Legislatur wird eine Novellierung stattfinden und wir sind da sehr gut in Gesprächen mit Praxis und mit Trägern. Aber ich habe von Ihnen noch nicht einen konkreten Vorschlag gehört, wie man es anders machen kann.

Und jetzt will ich mal den Punkt Kitaessen aufgreifen. Ich war nämlich in Kitas und habe es mir angeguckt, wie es läuft. Wie war es in der Vergangenheit? In der Vergangenheit war es so, dass die Kommunen für alle Eltern, wo sie eh den Elternbeitrag übernehmen müssen, weil sie entweder Hartz IV bekommen oder nur kurz drüber liegen, das Essen übernommen haben für die Kinder bis auf die häusliche Ersparnis von ungefähr 1 Euro, 1,50 Euro. Dann hat die Große Koalition, nicht Frau Dr. Linke und die Linkspartei, die Große Koalition, dafür gesorgt, dass wir ein kostenfreies Mittagessen bekommen. Wir stellen 7 Millionen den Kommunen zur Verfügung, damit nicht 1 Euro einbehalten wird, sondern es ein komplettes kostenfreies Mittagessen gibt.

(Regine Lück, DIE LINKE: Ihre Argumentation ist unglaublich.)

Dann gab es die Verhandlungen. Und das hat funktioniert. Die Eltern haben einen Antrag gestellt für die Elternentlastung plus Essen und wir haben diesen Antrag gängig gemacht mit unseren 7 Millionen.

Dann gab es die Verhandlungen zum Bildungs- und Teilhabepaket. Der Bund stellt jetzt das Geld zur Verfügung für das kostenfreie Mittagessen. Die Kommunen kriegen also eine Entlastung. Und wir haben dafür gesorgt, dass die Kommunen, die das jetzt schon bezahlt haben gemeinsam mit uns, nicht bestraft werden, sondern jetzt vom Bund die 2 Euro für das Essen bekommen. Und jetzt machen die Kommunen daraus, dass man dafür einen extra Antrag stellen muss. Warum eigentlich? Die Eltern stellen jetzt schon einen Antrag. Ich habe mit dem Städte- und Gemeindetag gesprochen. Das Antragsverfahren, was die Kommunen derzeit machen zulasten der Eltern und dann zulasten der Kinder, da bin ich nahe bei Ihnen, dieses Antragsverfahren der Kommunen ist überflüssig. Aber es kann doch nicht sein, dass Sie das der Sozialministerin vorwerfen, wenn sich die Kommunen – und da haben Sie ja die Möglichkeit, über Ihre eigenen Oberbürgermeister oder Landräte

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So einfach geht das nicht. – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Einfluss zu nehmen –, wenn sich die Kommunen so ein kompliziertes Verfahren ausdenken, wo wir dafür gesorgt haben, dass die Kommunen das Geld für das Mittagessen kriegen. Dann, wenn man Ihrer Logik folgt, müsste ich sagen, dann kriegen die Kommunen zukünftig nicht das Geld des Bundes. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Ihrem Interesse liegt. Aber wir sind in guten Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden, dass diese überflüssige Antragstellung aufhören muss.

Fakt ist, das Land hat dafür gesorgt, dass das Mittagessen der Kinder durch den Bund über 2 Euro und das Land über 1 Euro bezahlt wird, 3 Euro pro Essen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Warum macht Ihre eigene Landrätin das so, Frau Hesse? Sie macht das doch auch so!)

Ja, es ist falsch in allen Kommunen, das sage ich Ihnen, aber ich bin nicht diejenige, die es dem Land vorwirft, ich sage: Die Kommunen müssen handeln. Wenn sie das Geld für dieses Essen kriegen, dann müssen sie auch dafür sorgen, dass dieses Essen bei den Kindern ankommt. Und da würde ich mal von Ihnen auch Mut fordern, ganz konkret vor Ort mit Kommunen zu sprechen. Das sollten Sie tun, wir sind nämlich hier kein Feierabendparlament, sondern auch Parlamentarier haben hier Verantwortung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Helmut Holter, DIE LINKE: Das steht der Ministerin nicht zu, die Parlamentarier zu belehren. – Regine Lück, DIE LINKE: Schöne Belehrungen machen Sie wieder.)

Herr Holter, ich habe die Parlamentarier nicht belehrt,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Doch, Sie haben uns eben belehrt.)

aber man sieht an Ihren Reaktionen, Sie fühlen sich getroffen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Überhaupt nicht! Überhaupt nicht! – Zurufe von Regine Lück, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Es ist …

Einen Moment, Frau Schwesig, einen Moment.

Die Mitarbeiter der Fraktionen haben sich nicht in die Reihen der Abgeordneten zu bewegen. Ich bitte das zu beachten.

Bitte, Frau Schwesig.

Es ist traurig, dass es Sie trifft, weil wir mehr Geld für die Kinder ausgeben, weil wir die Gruppen verkleinern, weil wir das kostenfreie Mittagessen machen. Das freut Sie nämlich überhaupt nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das freut uns, dass mehr Geld bei den Kindern ankommt, natürlich. Was erzählen Sie für einen Unsinn?!)