Protokoll der Sitzung vom 24.05.2012

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Über die Vergabekriterien der zu verpachtenden landeseigenen landwirtschaftlichen Flächen haben wir uns an dieser Stelle ja nun schon mehrfach geäußert. Getan hat sich bislang allerdings noch nichts. Obwohl es ja erklärtes Ziel der Landesregierung ist, den ökologischen Landbau zu fördern, spielen weiterhin ökologische Kriterien bei der Vergabe der Land- und Forstwirtschaftsflächen immer noch keine Rolle. Das wundert uns. Im Gegenteil: Es spricht sogar ausdrücklich eines der drei Kriterien von, ich zitiere, „Berücksichtigung von Gewerbebetrieben der Tierproduktion bei der Ausstattung mit landeseigenen Flächen im möglichen Umfang“.

Das ist ein aus Sicht von Ökologie, Tierschutz und Landesentwicklung verfehltes Kriterium. Diese Vergabekriterien neu zu definieren und endlich auch ökologische Aspekte einzubringen, halten wir Bündnisgrüne für überfällig,

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn wir möchten nicht nur den Anteil des Ökolandbaus an der landwirtschaftlichen Nutzfläche deutlich erhöhen, sondern auch erreichen, dass die Landwirtschaft auf der gesamten Fläche umweltverträglich und naturschutzgerecht betrieben wird. Wir wollen eine Landwirtschaft, in der gesunde Lebensmittel produziert werden, wo die Kulturlandschaft gepflegt

(Udo Pastörs, NPD: Wer will das nicht?)

und der ländliche Raum für Einheimische und Touristen gleichermaßen attraktiv bleibt.

Kommen wir nun zum Thema Pflanzengentechnik.

(Manfred Dachner, SPD: Das ist aber nichts Neues.)

Die Mehrheit der Bevölkerung, und zwar rund 75 Prozent, lehnt gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Die Verbraucher und Verbraucherinnen wissen es ganz gut: Diese Produkte aus gentechnisch verändertem Anbau bieten ihnen einfach keine Vorteile. Sie bergen andererseits aber Risiken sowohl für die menschliche Gesundheit und auch für die Ökosysteme.

Mecklenburg-Vorpommern profitiert zurzeit noch stark von seinem Image als Natur- und Gesundheitsland. Der Anbau genmanipulierter Pflanzen passt überhaupt nicht zu diesem Image.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Antrag auf der Drucksache 6/731 zielt auf den Ausschluss von gentechnisch veränderten Organismen aus unserer Landschaft. Um hier einen ersten Schritt zu tun, sollte eine entsprechende Klausel in die Verpachtungsverträge der landeseigenen Flächen eingefügt werden.

Warum ist uns das so wichtig? Die sogenannte Grüne Gentechnik arbeitet mit der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen. Sie geht also mit diesen vom Menschen manipulierten Organismen heraus aus den Labors, heraus aus den geschlossenen technischen Systemen. Sie bringt diese Organismen im großen Stil hinein in die freie Natur, unter offenen Himmel. Hier wird versucht, das Jahrmillionenwerk der Evolution, das unzählige Arten hervorgebracht hat, durch den Menschen zu lenken.

Bitte bedenken Sie im Vergleich: Eine chemische Verunreinigung vermehrt sich nicht und kann in der Regel, zum Glück, auch wieder aus einem System herausgefiltert oder im Notfall auch auf einer Sondermülldeponie sicher gelagert werden. Das geht mit den gentechnisch veränderten Organismen nicht. Sie tragen ihr Erbgut in die Natur. Es kommt zu einer langfristigen Kontamination mit vermehrungsfähigen Organismen.

Eine hierzu passende Analogie ist die vom „Zauberlehrling“:

„Die ich rief, die Geister, Werd ich nun nicht los.“

In diesem Gedicht kam dann rettenderweise der Zaubermeister und setzte dem Treiben ein Ende.

(Udo Pastörs, NPD: Das sind Sie, die Meisterin.)

Einen solchen alten Meister gibt es im Fall der gentechnisch veränderten Organismen nicht. Die Risiken werden durch die Befürworter der Grünen Gentechnik regelmäßig verharmlost. Forschungsergebnisse, die nicht zu den Heilsversprechungen passen, werden ignoriert. Die Veröffentlichung wird erschwert.

Das prominenteste Beispiel waren die aufsehenerregenden Untersuchungen des Forschers Árpád Pusztai im Jahr 1998. Seine Untersuchungen deuteten darauf hin, dass der Verzehr von gentechnisch veränderten Kartoffeln Schäden am Immunsystem und verändertes Organwachstum bei Ratten hervorrufen kann. Er fand durch diese gentechnisch veränderten Kartoffeln hervorgerufene Veränderungen an den inneren Organen und stellte diese Schäden am Immunsystem fest. Er veröffentlichte diese Ergebnisse. Doch was geschah dann? Er verlor seine Arbeit an dem schottischen Rowett-Institut. Waren etwa diesem Institut die Beziehungen zur Gentechnikindustrie wichtiger als wissenschaftliche Erkenntnisse?

Inzwischen belegen Studien, dass Eingriffe des Menschen in den Code des Lebens im Freiland ungeahnte Folgen haben können. Werfen wir mal einen Blick auf den bekannten Bt-Mais. Dieser Mais wurde mit dem Gen eines Bakteriums ausgestattet. Dieses führt dazu, dass die Pflanze permanent ein Insektengift produziert. Dieses Gift soll den Mais vor einem Falter, dem Maiszünsler,

schützen, dessen Raupen Fraßschäden am Mais auslösen. Mit diesem Bt-Mais werden Abermillionen für Insekten giftige Pflanzen in unsere Umwelt gebracht und dieser Mais wird mittlerweile von Naturschutzbehörden selbst als ein Biozid betrachtet, also als ein Gift. In der Nähe zu Naturschutzgebieten wird der nach und nach verboten.

Warum ist das so? Ein Insektizid ist eben nicht allein für eine einzelne Tierart giftig, den Maiszünsler in dem Beispiel. Nein, es ist auch ein über den Ackerrand hinausreichendes Gift für etliche Tierarten.

Inzwischen konnte durch eine Studie der US-amerikanischen Wissenschaftler Marshall und Tanks aus dem Jahr 2008 nachgewiesen werden, dass dieses durch die Maispflanze selbst produzierte Insektengift bei den Larven von Köcherfliegen, das ist eine Artengruppe unserer heimischen Bäche und Stillgewässer, zu einer erhöhten Sterblichkeit und zu vermindertem Wachstum führt. Wir begrüßen daher sehr den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf der Drucksache 6/763.

Ein besonderes Problem ist die Unvereinbarkeit der Gentechnik mit einer von gentechnisch veränderten Organismen freien Landnutzungsform. Wir müssen uns hier entscheiden: Sind wir für oder gegen die Imker, die mit den wirtschaftlich wichtigen Bienen ökologisch erzeugten Honig anbieten wollen und dabei keinen gentechnisch veränderten Pollen im Produkt haben dürfen? Sind wir für oder gegen den ökologischen Landbau, wo ein ähnliches Problem vorliegt? Sind wir für oder gegen den Schutz der Verbraucher und Verbraucherinnen vor riskanten Inhaltsstoffen in Lebensmitteln?

Es wäre ein deutliches Signal in die richtige Richtung, wenn sich Mecklenburg-Vorpommern, dem Beispiel Thüringens und Nordrhein-Westfalens folgend, dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen anschließen würde.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Land kann auch dem Beispiel der mittlerweile 211 gentechnikfreien Regionen und den 310 gentechnikfreien Kommunen folgen. Auf diese Weise kann die Landesregierung zeigen, dass es ihr wirklich ernst ist damit, die Bevölkerung davor zu schützen, unwissentlich gentechnisch verunreinigte Lebensmittel zu konsumieren. Ebenso müssen jene Landwirte, die gentechnikfreie Feldfrüchte produzieren wollen, sicher sein können, dass ihre Produkte garantiert gentechnikfrei bleiben.

Ich möchte noch zwei weitere wichtige Aspekte betonen. Der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen stellt für den Landwirt selbst ein rechtliches Risiko dar, denn – ich zitiere aus dem Rechtsgutachten –: „Es muss damit gerechnet werden, dass von dem Haftungsrisiko nach §§ 906, 1004 BGB und § 36a GenTG nicht nur der Landwirt betroffen ist, der auf eigenem oder auf Pachtland GVO-Pflanzen anbauen möchte, sondern auch der Eigentümer (Verpächter) des Grundstücks, auf dem angebaut wird.“ Zitatende. Was das für das Land als Eigentümer bedeutet, können Sie sich selbst ausrechnen.

Das gleiche Rechtsgutachten sagt aus, Verpächter können dem Pächter verbieten, gentechnisch veränderte

Pflanzen anzubauen, sowohl im laufenden Pachtvertrag, bei Neuverpachtungen ja sowieso. Denn bei Altverträgen ohne eine Antigentechnikklausel, so das Gutachten, besteht ja ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko, da vom Grundstück des Verpächters durch das Auskreuzen der gentechnisch veränderten Pflanzen eine Gefahr ausgeht. Es wäre also eine in mehrfacher Hinsicht weise Entscheidung, eine Antigentechnikklausel in die Pachtverträge für die landeseigenen Flächen einzufügen.

Wir Bündnisgrüne regen daher mit diesem Antrag an, dass sowohl bei Neuverpachtung, bei Verlängerung der Pachtverhältnisse und bei bestehenden Pachtverträgen sämtlicher land- und forstwirtschaftlicher Flächen des Landes die Pächter vertraglich verpflichtet werden, kein gentechnisch verändertes Saat- und Pflanzgut auszubringen. Wir fordern, das Anbauverbot gentechnisch veränderter Pflanzen als Vergabekriterium einzuführen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat nicht nur mehrfach öffentlich den Anbau gentechnisch veränderten Saat- und Pflanzenguts abgelehnt. Gerne erinnere ich Sie auch noch einmal an den Koalitionsvertrag, in dem es unter Punkt 177 heißt, Zitat: „Die Koalitionspartner lehnen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ab.“

Vor diesem Hintergrund sollte es Ihnen eigentlich ganz leichtfallen, dieses Anbauverbot von gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut auf landeseigenen Flächen auszusprechen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Frau Karlowski, Sie sind jetzt fast acht Monate oder etwas über acht Monate Mitglied dieses Landtages und manchmal bin ich schon ein bisschen traurig über das, was Sie hier berichten.

(Manfred Dachner, SPD: Ja, richtig. Ich auch.)

Ich werde versuchen, das jetzt darzustellen. Wenn man dieses Hohe Haus benutzen will, um Populismus zu betreiben, was ich Ihnen nicht nachsage, ausdrücklich nicht nachsage,

(Manfred Dachner, SPD: Ich aber!)

dann muss man hier aber feststellen, dass das eben diese Züge hatte. Und das macht mich nicht nur traurig, sondern es enttäuscht mich. Denn was sollen die Menschen in diesem Lande denken darüber, weil wir gerade, das Land Mecklenburg-Vorpommern erklärt hat, wir leh

nen den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen ab. Punkt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Erste Grundaussage.

Zweitens. Sie tun so, als ob in Mecklenburg-Vorpommern, in Deutschland, in Europa ein Anbau von gentechnisch veränderten Organismen stattfindet. Und ich sage Ihnen hier und heute, so wahr ich Till Backhaus heiße, in Mecklenburg-Vorpommern gibt es keinen Anbau von gentechnisch veränderten Organismen. Punkt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Rudolf Borchert, SPD: Das ist auch gut so.)

Und das ist gut so. Und dafür haben wir gesorgt.