Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

Griechenland, möglicherweise Irland und Spanien sind in eine Schuldenspirale geraten,

(Udo Pastörs, NPD: Wir auch, über 80 Prozent Verschuldung.)

aus der sie sich nicht mehr aus eigener Kraft befreien können. Aber alle noch so prall gefüllten Rettungsschirme werden nicht ausreichen und nutzlos sein, wenn es keine einheitlichen Regeln für die Staatsverschuldung in Europa gibt.

Ein wichtiges Regularium soll der Fiskalpakt sein. Ein solcher Pakt ist unbedingt notwendig und Deutschland muss sich dafür starkmachen. Aber allein durch Kürzen und Sparen wird diese Krise nicht lösbar sein.

(Udo Pastörs, NPD: Aha!)

Der notwendige Abbau der Staatsschulden wird nur mit nachhaltigem Wachstum in innovativen und zukunftsfähigen Branchen gelingen. Über eine gerechte und sinnvolle Besteuerung der Finanzmärke

(Udo Pastörs, NPD: Bla, bla, bla, bla, bla!)

sollen die Spekulationen eingedämmt und eine Beteiligung der Verursacher an der Finanzkrise sichergestellt werden. Nötig sind Lösungen für eine gemeinsame Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik in Europa und Impulse für Innovationen und Investitionen.

(Udo Pastörs, NPD: Wer hätte das gedacht?! Wer hätte das gedacht?!)

Die SPD hat am 16. Juni 2012 einen Konvent durchgeführt und ihre Forderungen klar formuliert. Sie fordert von der Bundesregierung, den Fiskalpakt durch eine Initiative zur Einführung der Finanztransaktionssteuer, die alle relevanten Finanzprodukte umfasst,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist verfassungsrechtlich jetzt schon umstritten.)

ebenso wie durch nachhaltige Investitionen zur Beschäftigungssicherung und ein Sofortprogramm gegen die enorm hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen europäischen Staaten zu ergänzen.

Ich möchte hier einige Forderungen der SPD benennen, die wie der Fiskalpakt verbindlich sein müssen:

Wir fordern die Einführung einer umfassenden Finanztransaktionssteuer, wenn nötig auch im Wege der verstärkten Zusammenarbeit,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

zweitens ein europäisches Sofortprogramm gegen die Jugendarbeitslosigkeit, drittens einen europäischen Investitionsaufbaufonds, und letztlich ein europäisches Bündnis zur Stärkung der Staatsfinanzen.

(Udo Pastörs, NPD: Womit wollen Sie den speisen?)

Die SPD macht sich dafür stark, die Wirtschafts- und Finanzpolitik der EU umfassend neu auszurichten. Die Antwort auf die Krise darf nicht weniger Europa sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Steuerflucht und Steuerhinterziehung sind europaweit zu bekämpfen und die fiskalpolitische Kontrolle muss ergänzt werden durch eine verbindliche, gemeinsame, demokratisch legitimierte Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik in Europa. Und Europa braucht eine soziale Union. In Europa muss gelten: gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit am gleichen Ort ohne Lohn- und Sozialdumping.

Kanzlerin Merkel verständigte sich gestern mit den Spitzen von SPD und GRÜNEN auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und zusätzliche Wachstumsimpulse. Da eine Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedsländer für eine Finanztransaktionssteuer nicht erreichbar wird, will die Regierung beim EU-Gipfel Ende nächster Woche in Brüssel einen Antrag auf Einführung einer solchen Steuer mit weniger Ländern stellen. Dafür sind mindestens neun EULänder notwendig. Damit haben sich SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundesebene durchgesetzt.

Ich denke, dass auch die CDU über kurz oder lang einsehen wird, dass sich dieser Kompromiss als Segen für Europa erweisen wird. Wie im Einzelnen die innerstaatliche Umsetzung zwischen Bund und Ländern erfolgen soll, ist, wie Sie wissen, derzeit Verhandlungsgegenstand der relevanten Gremien.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie können sicher sein, dass unsere Finanzministerin auch ohne die Aufforderung der Fraktion DIE LINKEN alles tun wird, um Schaden vom Land und unseren Kommunen abzuwenden. Diese Verhandlungen sind aber noch nicht abgeschlossen. Frau Ministerin Polzin ist in ihrer Rede auf den aktuellen Verhandlungsstand eingegangen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, wie Sie bereits angekündigt haben, wollen Sie gegen das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen. Tun Sie das, wenn Sie es für notwendig erachten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja.)

Wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Herr Pastörs, Ihre beleidigenden Äußerungen über den Abgeordneten Gundlack am Anfang seiner Rede weise ich als unparlamentarisch zurück und verweise nochmals darauf, dass ich solche Äußerungen gegenüber Abgeordneten hier nicht dulden werde.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich ja auf diese Rede sehr gut vorbereitet,

(Heinz Müller, SPD: Das kennen wir schon von Ihnen, Frau Borchardt.)

das können Sie sich sicherlich vorstellen, und ich war auf einige Argumente auch eingestellt. Allerdings, und das sage ich ganz offen, hätte ich mir gewünscht, dass zumindest von der Finanzministerin ein wenig eingelenkt wird in Richtung Für und Wider des Fiskalpaketes, Risiken und Chancen.

(Udo Pastörs, NPD: Die Lawine hat‘s gemacht.)

Denn das, was vom Prinzip her auch innerhalb der SPD diskutiert wird, bringt ja genau das zum Ausdruck.

Und, Frau Polzin, der Vergleich, den Sie hier getätigt haben mit der Lawine, der funktioniert nicht ganz. Denn das, was vom Prinzip her jetzt geschehen ist und worüber wir reden, ist ja keine Naturkatastrophe. Das, was in Europa abläuft, hat ja Ursachen. Und jetzt versucht man, ohne die Ursachen wirklich zu bekämpfen, eine Lösung auf Dauer hinzubekommen.

(Udo Pastörs, NPD: Die Lawine vor der Lawine schützen.)

Ich gehe davon aus, und davon bin ich überzeugt, dass die demokratischen Fraktionen hier im Landtag alle dafür streiten werden, dass die Europäische Union weiter Bestand haben wird, wenn wir auch unterschiedlicher Auffassung sind, wie denn diese Europäische Union weiterentwickelt werden kann.

(Udo Pastörs, NPD: Wir machen da nicht mit, Frau Borchardt.)

Und nun …

Ich habe die demokratischen Fraktionen angesprochen, Herr Pastörs. Mit Ihnen rede ich gar nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zurufe aus dem Plenum: Richtig. – Udo Pastörs, NPD: Ach so!)

Und nun will ich zwei Fragen stellen, die ich mir gestellt habe. In der Debatte kommt zum Ausdruck, dass wir eigentlich, und deshalb klagt die Fraktion DIE LINKE – und das Bundesverfassungsgericht hat jetzt gesagt, sie brauchen noch Zeit zu prüfen, deswegen wird der Bundespräsident noch nicht unterschreiben –, wir klagen, weil wir der Auffassung sind, dass der Fiskalpakt gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland einfach verstößt,

(Udo Pastörs, NPD: Gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland heißt das.)

weil wir das Budgetrecht der Länder und des Bundes aus der Hand geben. Der Fiskalpakt führt klammheimlich zu einem Systemwechsel, er ist ein unkündbar dauerhafter

Vertrag, das ist so festgeschrieben. Das Budgetrecht des Parlamentes wird ausgehebelt beziehungsweise stark eingeschränkt. Das Bundesverfassungsgericht hat sogar in der Vordebatte gefordert, dass, wenn man diesen Systemwechsel durchführen will, dann zumindest eine Volksabstimmung eingeführt wird. Dagegen ist die Bundesregierung nach wie vor und auch die Mehrheit des Bundestages, auch wenn man darüber nachdenkt, Sie haben alle den Lissabon-Vertrag in den letzten Jahren, als er eingeführt wurde, bejubelt,

(Udo Pastörs, NPD: Sie auch, DIE LINKE auch. Hier in diesem Haus haben Sie immer gejubelt, Frau Borchardt.)

und jetzt mit einem Mal wird an dem Lissabon-Vertrag vorbei ein Fiskalpaket auf den Weg gebracht, der auf der Basis dieses Lissabon-Vertrages eigentlich überhaupt nicht zustande kommen würde. Und warum nicht? Weil es in der Europäischen Union auf der Basis des Lissabon-Vertrages nämlich ganz genaue Spielregeln gibt

(Udo Pastörs, NPD: Die kein Schwein einhält.)

und vom Prinzip her die, die diesen Fiskalpakt hier wollen, ganz genau wissen, dass Sie die Mehrheit auf der Basis des Lissabon-Vertrages nicht erhalten werden. Deshalb gehen Sie den schmutzigen, sage ich jetzt mal ganz bewusst, den schmutzigen Weg, der ist nämlich undemokratisch. Jetzt gehen Sie den Weg und sagen, wir machen einen Völkerrechtsvertrag, einen Völkerrechtsvertrag vorbei am Europäischen Parlament.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Das hebeln Sie ganz und gar aus. Vorher haben Sie gesagt, der Lissabon-Vertrag ist so gut, weil das Europäische Parlament gestärkt wird, endlich haben sie Rechte. Hier wollen Sie die Rechte des Europäischen Parlamentes aushebeln, ganz einfach dran vorbei.