Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Tja, wo er recht hat, hat er recht.)

Wenn die Öffentlichkeit wichtig ist, dann sagen Sie doch, dass die Öffentlichkeit dazukommen soll. Das haben Sie nicht getan. Jetzt wollen Sie irgendwas Neues erfinden, nur um auf sich aufmerksam zu machen.

Wenn Sie es ehrlich meinen mit der Beteiligung der Öffentlichkeit an diesen Sitzungen und es Ihnen eine Herzensangelegenheit ist, dann tun Sie das wenigstens zukünftig. Also, eine gesetzliche Veränderung brauchen wir deshalb nicht. Bisher war Ihnen also unterm Strich die Öffentlichkeit absolut unwichtig. Vielleicht brauchen Sie wieder einmal eine öffentliche politische Bühne, und deshalb ist Ihnen auch dieses Mittel recht, das hier zu fordern.

Wenn Sie argumentieren – und ich zitiere Sie noch einmal –, die Parlamentarische Kontrollkommission tagt „grundsätzlich in öffentlicher Sitzung“, und jetzt gehts ja weiter, nicht, wie Sie betonen, aber „auf Antrag eines Mitglieds“ der Parlamentarischen Kontrollkommission kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Richtig.)

was denken Sie, wenn Sie das machen, was wir dann haben? Dann haben wir de facto genau diesen Dauerzustand, nämlich wir werden die Öffentlichkeit nicht haben,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die haben wir im Kreistag doch auch.)

denn wir haben immer öffentliche Geheimschutzinteressen behandelt, beraten. Wir haben Interessen des Einzelnen berührt, und wir haben uns niemals, Herr Suhr, über die „Bild-Zeitung“ unterhalten. Und wenn Sie meinen, dass Sie nicht unterscheiden können, was Geheimhaltung und Geheimhaltung nicht ist, dann sollten Sie es lernen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Also noch einmal: Die Öffentlichkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission zuzulassen, ändert an der gegenwärtigen Situation des Vertrauensverlustes – und ich betone: in einigen Ländern – des Verfassungsschutzes gar nichts. Sie glauben, Ermittlungspannen des Verfassungsschutzes und der Polizei sei mit der Öffentlichkeit der Sitzungen der PKK beizukommen. Wie naiv muss man da sein?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich denke, es gab keine Pannen?)

Dieser Gesetzesentwurf …

Ich sagte ja, in diesem Land sollen Sie das beweisen. Ich habe nicht von anderen Ländern gesprochen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nein, Sie sprachen jetzt von Pannen. – Torsten Renz, CDU: Nee, nee, nee, das hat er nicht gesagt.)

Dieser Gesetzesentwurf zeigt wieder einmal,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

dass Sie, seitdem Sie im Parlament sitzen, eine Identitätskrise haben und hier ein Sicherheitssyndrom deutlich sichtbar machen. Es geht Ihnen tatsächlich, und das habe ich schon mehrmals gesagt, nicht um die öffentlichen Sitzungen. Es geht Ihnen schlicht und einfach darum, systematisch den Verfassungsschutz abzuschaffen. Und das wissen Sie genau.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das steht doch gar nicht im Antrag, Herr Dachner.)

Ein Großteil Ihrer Basis fordert das laut und deutlich.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist auch richtig so. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und Sie – das darf ich Ihnen vielleicht unterstellen, das dürfen Sie auch entkräften –, und Sie nehmen Rücksicht auf die Bundestagswahl 2013 und sagen das hier noch nicht öffentlich. Und es gibt genügend Zeitungsartikel, wo auch einschlägige Formulierungen Ihrer Freunde dort zum Ausdruck kommen.

(Zuruf von David Petereit, NPD)

Sie machen es ja viel geschickter, Herr Suhr, Sie machen das viel geschickter. Sie fordern in der Haushaltsdebatte und im Entwurf des Gesetzes den Landtag auf, am 19.06.2012, und ich zitiere: Der „Titel ,Spezielle Ausgaben des Verfassungsschutzes’“ werde halbiert und solle auf Dauer ganz gestrichen werden, „solange für den Haushaltsgesetzgeber nicht erkennbar sei, für welche Zwecke das Geld“ ausgegeben wird.

Wen wollen Sie eigentlich zum Geheimnisverrat verführen oder auffordern, wenn er nämlich sagt, wofür er das Geld einsetzt? Und so blauäugig, Entschuldigung, so grünäugig kann man doch gar nicht sein, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das scheint Sie aber herausgefordert zu haben, Herr Dachner! – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

um nicht zu wissen, dass man bei Streichung dieser Gelder oder wenn die Gelder eingeschränkt werden, dass man dann den Extremisten und verfassungsfeindlichen Kräften doch tatsächlich sagt, welche technischorganisatorischen und operativen Maßnahmen sind

und werden eingeleitet zur Aufklärung und Bekämpfung dieser Aktivitäten, das wissen Sie doch, das müssten Sie.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und wenn Sie wissen wollen, wofür das Geld eingestellt ist, dann fragen Sie sie doch einfach! Sie sind doch in der Kontrollkommission. Und das ist auch parlamentarische Kontrolle, dass Sie dann eine Antwort bekommen, eine detaillierte Antwort.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sie fragen ja erst gar nicht. Nicht ein einziges Mal habe ich das gehört, dass Sie danach gefragt haben. Also fordern Sie doch so was nicht!

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da ein Teil Ihrer Basis die Auflösung des Verfassungsschutzes fordert,

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

und das ist eindeutig so formuliert, dann kann man auch nicht, das muss ich auch sagen, vom Verfassungsschutz, von knapp 90 Mitarbeitern, das ist kein Geheimnis, alles erwarten, wenn Sie auch nichts dürfen. Und daran wollen wir auch mal arbeiten, nicht? Das habe ich versucht, Ihnen in den gesetzlichen Dingen zu sagen. Wenn wir mehr erwarten, müssen wir auch mehr Befugnisse und mehr Zusammenarbeit fördern. Und dabei sind wir gegenwärtig.

Ihr Sicherheitssyndrom können Sie nicht bestreiten, das setzen Sie stets mit unseriösen Mitteln fort. Auf Beispiele verzichte ich heute. Eine Überweisung lehnen wir ab, und Ihren Gesetzesentwurf kann man nur ablehnen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich zunächst aus der Pressemitteilung des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz vom 28.08. zitiere. Dort heißt es: „Ich habe in den letzten Wochen und Monaten immer betont, dass sich die föderale Sicherheitsstruktur in der Bundesrepublik in den vergangenen 60 Jahren grundsätzlich bewährt hat.“ Zitatende. Das suggeriert, dass in den letzten Wochen und Monaten bezüglich der Sicherheitsstruktur der Bundesrepublik überhaupt nichts passiert ist.

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Und das verwundert mich schon sehr.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Da wird von einem Regel-Ausnahme-Prinzip gesprochen. Grundsätzlich.)

Es heißt weiter in dieser Pressemitteilung,

(Heinz Müller, SPD: Die föderale Struktur im Grundsatz.)

ich zitiere wieder: „Der Verfassungsschutz muss ein demokratisches Selbstverständnis leben, das geprägt ist von den Grundprinzipien der Transparenz, der Offenheit und der Kooperation.“ Zitatende.

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

Wenn man das ernst nimmt oder wenn man sich selbst ernst nimmt, müsste man dem Gesetzentwurf der Bündnisgrünen zustimmen, denn da geht es darum, die Grundprinzipien von Transparenz und mehr Offenheit umzusetzen.

Und es heißt, ich zitiere weiter in dieser Pressemitteilung, um auf die Vorwürfe gegenüber meiner Kollegin Petra Pau zurückzukommen: „Die Innenminister und -senatoren der Länder wollen die Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Polizei im Sinne eines gemeinsamen Sicherheitsverständnisses weiter intensivieren und stärker institutionalisieren.“ Ich erinnere mich, dass aus gutem Grund, wenn man sich mit der Geschichte der Sicherheitsarchitektur in der alten Bundesrepublik beschäftigt, Polizei und Verfassungsschutz aus gutem Grund getrennt wurden.

(Minister Lorenz Caffier: Ja.)

Und vielleicht kann Herr Dachner seine Erfahrungen von vor 89 auch bestätigen, dass es dann nach 89 gut war,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das hat er vergessen. – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)