Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

(Dr. Margret Seemann, SPD: Hier sind wir! Hallo!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben nichts, aber auch gar nichts Konkretes an Fakten auf den Tisch gelegt, die die Arbeitnehmerschaft und vor allen Dingen auch die mittelständischen Zulieferer von Ihnen hier zu Recht hätten erwarten können. Ich will mal ganz kurz aus einer ganz anderen Sichtweise das Problem beleuchten.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Oh Gott!)

Die Tatsache ist die, dass 2009 die KPMG ein von den Banken beauftragtes Gutachten erstellt hat, nach dem

ein Konzept erarbeitet werden sollte, dass die Werften wieder flottgemacht werden können. Die Landesregierung ist insofern immer mit involviert gewesen, als dass sie Geld gegeben hat und sich darauf verlassen hat, was die Banken zum Gesamtkomplex der Sanierung dieser Werft gesagt haben. Hier sind mit einer Summe zum Schluss von über 326 Millionen Euro Bauzeitfinanzierungsrahmen Steuergelder als Haftungskapital bereitgestellt worden. Und die Landesregierung verlässt sich ganz einseitig auf einen Privatunternehmer, nämlich auf die Banken, die ein Gutachten erstellt haben, dass das ja wohl so möglich sei.

Eine ganz komfortable Ausgangssituation für Banken: Die Banken bestimmen, die Banken setzen Geschäftsführer ein wie den Herrn Fuchs. Die Banken bestimmen dann auch darüber, wie lange eine Werft lebt oder eben sterben muss. Und die Landesregierung begleitet das nur mit sozialethischen Anmerkungen und in der Substanz mit kein bisschen Exekutivmacht, so etwas zu beeinflussen oder zu behindern.

Ich komme zu dem Werftenbeauftragten Herrn Möller.

(Heinz Müller, SPD: Es wäre besser, Sie kämen zum Schluss.)

Der Herr Möller, ehemaliger Staatssekretär, wurde seinerzeit beauftragt, ganz genau die Werften zu beobachten und ständig der Landesregierung Mitteilung zu machen. Ich habe im Wirtschaftsausschuss klar gesagt: Herr Wirtschaftsminister,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Was? Sie haben was gesagt im Ausschuss?)

wo sind die Berichte des Werftenbeauftragten? Sie hatten keine in der Tasche, nicht einen einzigen Bericht konnten Sie zitieren. Wir haben erfahren, dass sowohl der Aufsichtsratsvorsitzende als auch der Werftenbeauftragte sich schon längst verabschiedet haben, also sie haben das sinkende Schiff verlassen. Und es ist kein Ersatz gestellt worden.

Zweiter Punkt: Mir wurde mitgeteilt, dass erst in der Bilanz 2011, im April 2011, die Analyse herauskam, dass die Werften mit Geldern für Schiffe, die sie neu ins Auftragsbuch bekommen hatten und daraus Anzahlungen generieren konnten, Schiffe finanziert haben, die sich im Bau befanden. Die Landesregierung hat davon keine Kenntnis gehabt, so wurde mir mitgeteilt vom Wirtschaftsminister. Erst im April/Mai kam die Erkenntnis bei der Landesregierung, dass hier Gelder zweckfremd eingesetzt worden sind.

Nächster Punkt: Die Firma PwC hatte die Aufgabe, vor jeder Herauslegung eines jeden Avals für ein neues Schiff der Landeregierung Mitteilung zu machen, ob das in die Gesamtsanierungsstruktur dieser Werft hineinpasst. Und ich nehme an, dass das immer positiv beschieden wurde und Sie aufgrund dann dieser positiven Erkenntnisse der PwC gesagt haben, gut, das ist der Punkt, wir bürgen, wir geben Geld, wir zahlen.

Und das Ganze ging dann bis vor wenigen Wochen, bis der Herr Fuchs, von den Banken eingesetzt, ohne dass die Landesregierung auch nur Mitspracherecht gehabt hätte, sagte, dass alles das,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was erzählen Sie da für Märchen?)

was in den letzten zwei Jahren zu Papier gebracht worden ist, Makulatur sei, dass die Werft de facto pleite sei.

Und jetzt ziehe ich den Schuh mal von einer anderen Seite auf: Wer ist der Gewinner und wer ist der Verlierer bei solchen Spielchen, die laufend, nicht nur im Werftbereich, abgezogen werden? Die Gewinner, das sind in erster Linie die Banken, die verlieren nämlich nicht, sie sichern sich zu über 90 Prozent ab und haben aus den Zinserträgen, die sie bis dato schon einkassiert haben, ihr Geld längst zurück.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die bösen Banken, die bösen!)

Zweiter Gewinner sind die Auftraggeber der beiden Schiffe, die jetzt, wie der Herr Schulte sagte, in die Konkursmasse vielleicht hineinkommen, und diese Firmen dann diese Schiffe zu einem Spottpreis

(Jochen Schulte, SPD: Das ist doch Blödsinn, was Sie da reden.)

aus der Konkursmasse herauskaufen können oder Vereinbarungen treffen können mit den neuen Werfteignern, wenn denn welche gefunden werden, die weit unter dem Preis, den die eh schon zweimal gedrückt haben, ja, weit unter dem Preis sie aus der Werft herausholen werden. Das wird die Realität sein.

Die Verlierer bei diesem Spielchen, was Sie uns hier vorgetragen haben, was alternativlos sei – dieses Wort, was Sie der Kanzlerin wahrscheinlich abgelauscht haben, kotzt die Menschen draußen im Lande schon längst an, dass etwas alternativlos sei –, ich will Ihnen sagen, die Verlierer sind die Familien, die versucht haben, sich eine Existenz aufzubauen aufgrund der Aussagen der Landesregierung, dass die Werften wieder flottgemacht werden. Die Leidtragenden sind Tausende von Arbeitsplätzen mittelständischer Unternehmen, die in Millionenhöhe ihre Rechnungen nicht bezahlt bekommen.

Und dann noch ein Wort zu den hochgelobten Zahlungen aus der EU, die Sie ansprachen. Das ist einmalig gewesen, dass so ein hoher Anteil EU-Gelder hier in so eine Werft geflossen ist, sagte der Ministerpräsident. Herr Ministerpräsident, Sie sollten sich etwas schämen, im Bewusstsein, dass dieses Steuergeld eh schon von Deutschen vorher eingezahlt worden ist in die EU und dass dann dieses Steuergeld in eine Konkursmasse hineinfließt, auf die der Steuerzahler überhaupt keinen Einfluss mehr hat.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Das heißt also, Sie haben eine kranke Unternehmung noch bereichert auf Kosten des deutschen Steuerzahlers.

(Jochen Schulte, SPD: Die einzige kranke Unternehmung ist Ihre NPD. – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

Das ist ein Faktum. Da können Sie nicht gegen an. Das ist das kleine Einmaleins der Buchhaltung. Und dann kommen Sie mit der großen Ankündigung, ja, also in

Asien, da findet der große Schiffbau statt, und nicht mehr in Europa. Da muss man doch die Frage stellen: Warum findet denn der Schiffbau in Asien statt und nicht in Stralsund

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na, da bin ich ja jetzt gespannt, Weltökonom.)

und nicht in den Niederlanden? Er findet dort statt, weil Sie ständig einer Ökonomie das Wort reden, die Sie „Globalismus“ nennen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aha!)

Da ist alles richtig, was Profit abwirft, und Sie sind nicht bereit, die deutsche Wirtschaft zu schützen. Aber ich sage Ihnen, die Koreaner zum Beispiel, Südkorea schützt seine Wirtschaft auch dadurch, dass es massiv die Werften, und zwar so stark unterstützt, dass kein Schiff mehr in Europa in nennenswerter Größe in Auftrag gegeben wird. Das ist die Wahrheit, die Sie verschweigen. Das ist die Politik, die hinter dieser verbrecherischen Wirtschaftspolitik auch dieser Landesregierung steht.

Und da, wo die Werften hier an der Küste sind, das ist wahr, das ist das Verdienst, das hatte Herr Schulte richtig gesagt, das Verdienst dieser Leute, die hier auf der Regierungsbank sitzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach, setzen!)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Waldmüller.

(Stefan Köster, NPD: Der kennt sich ja mit Insolvenzen aus. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da spricht der Frauenschläger.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich denke, alternativlos, Herr Pastörs, alternativlos ist das NPD-Verbot und nichts anderes.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau. Sehr richtig.)

Meine Damen und Herren, bis heute früh, muss ich zugeben, habe ich ehrlich gedacht,

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

diesen Funken Hoffnung, dass die Insolvenz noch zu vermeiden wäre, diesen Funken Hoffnung hatte ich in der Tat noch. Allerdings haben wir heute in der Früh die traurige Mitteilung bekommen, dass die Insolvenz nun angemeldet worden ist.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Herr Waldmüller, das eint uns.)

Es ist, das ist schon gesagt worden, eine bittere Nachricht für viele Menschen, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der P+S Werften, für die Familien, die Zulieferer

(Udo Pastörs, NPD: Bla, bla, bla, was Sie da ablesen. Sie wissen genau, was dahintersteht.)

und natürlich für unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die ursprünglich angedachte Rettung der P+S Werften glückte trotz erheblicher Kraftanstrengung der Landesregierung nicht. Und der heutige Bericht zur aktuellen Situation der P+S Werften seitens der Landesregierung hat dies auch noch mal deutlich gemacht.

Und der Vortrag von Herrn Holter, ich bin regelrecht erschrocken, war aus meiner Sicht eine Farce. Sie drehen sich aus politischem Kalkül,

(Michael Andrejewski, NPD: Ich würde ein Verbot der LINKEN vorschlagen.)

aus politischem Kalkül drehen Sie sich das so hin, wie Sie das haben wollen, ohne zu akzeptieren, was die Tatsachen sind oder was geltendes Recht bedeutet.