Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag soll mal wieder etwas feststellen. Diesmal geht es um die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost und West. Dabei hat sich schon in der Überschrift der erste Fehler eingeschlichen, denn entschlossenes Handeln kann von den selbstgefälligen Damen und Herren hier in diesem Hause doch nicht ernsthaft erwartet werden.

Ihr Antrag enthält aber auch einige Tatsachen, so zum Beispiel im Punkt 3, dass die Menschen nirgendwo in

Deutschland weniger Einkommen und Rente erhalten als in Mecklenburg-Vorpommern. Ich frage Sie jedoch ernsthaft: Warum soll der Landtag Dinge feststellen, die zigtausende Landsleute seit Jahren täglich am eigenen Leib erfahren müssen? Außerdem wird niemand von Ihnen leugnen, dass sich diese erschreckenden Zustände nicht erst in Zeiten der Großen Koalition entwickelt haben. Welche Parteien haben denn in den letzten 22 Jahren die Politik in diesem Land bestimmt? Eine Bankrotterklärung also an die eigene Partei und den einstigen Koalitionspartner, der bis heute die Tradition einer miserablen Politik fortführt.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Weiter schreiben Sie, Zitat:

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

„Das Land ist und bleibt auf absehbare Zeit auf Transferleistungen“, Herr Ritter, „angewiesen.“ Da stellt sich mir die Frage, was mit absehbarer Zeit gemeint ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Schwer zu verstehen, der Kollege.)

Weitere 22 Jahre vielleicht oder wollen Sie unterschwellig vermitteln, dass eine Einstellung der Transferleistung mit dem Tag einhergeht, an dem Sie wieder auf der Regierungsbank Platz nehmen? Ich glaube, Sie haben es sich nicht getraut, hier „auf unabsehbare Zeit“ zu formulieren, doch genau das ist die Realität. Während Sie nämlich auf der einen Seite feststellen müssen, dass es in 22 Jahren nicht geschafft wurde, die Löhne und Renten in einem Land anzugleichen, und Teile von diesem Land nach wie vor direkt auf Transferleistungen angewiesen sind, propagieren Sie auf der anderen Seite etwas ganz anderes, dann nämlich, wenn es um die Verschmelzung der Arbeitsmärkte mit Polen geht. Dass die polnischen Lohndrücker unseren Arbeitsmarkt förmlich über

schwemmen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wo denn? – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Du großer Gott, wo denn? – Peter Ritter, DIE LINKE: Wo denn? – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

wird von Ihnen als Kleinigkeit abgetan.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Schließlich wird auch in nur wenigen Jahren eine Lohnangleichung beiderseits der Grenzen stattfinden und auch Deutsche können dann kräftig von der Arbeitsmarktöffnung profitieren.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Angesichts Ihres heutigen Antrages scheinen Sie diese Lüge selbst nicht mehr zu glauben.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Zudem ist von Ihnen kein Wort der Kritik zu vernehmen, wenn Polen sich mit andauerndem Nachdruck bei der EU um neue Subventionen bemüht. Dass das am Ende dazu führen könnte, dass für Mecklenburg-Vorpommern nichts mehr übrig bleibt, blenden Sie ebenso aus.

Die Politik der Versagerparteien also, die eigentliche Ursache für die dringend benötigten Transferleistungen, wird langfristig dazu führen, dass die finanziellen Unterstützungen irgendwann ausbleiben.

In Punkt 5 fordern Sie innovative Wirtschaftspolitik und eine aktive Arbeitsmarktpolitik, leider kein Wort davon, wie diese Phrasen umgesetzt werden sollen. Hier wird klar, dass Sie keine Ahnung haben und keine Konzepte für die Wirtschaft besitzen. Und genau das hat zu der heutigen Situation, die von Ihnen so herzergreifend im Antrag beschrieben wurde, geführt.

Es handelt sich wie so oft um ein reines Schmierentheater, mit dem DIE LINKE versucht, den von ihr mitverursachten Niedergang anderen in die Schuhe zu schieben. Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Stramm von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte nur zu einem Aspekt der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse sprechen, der Angleichung der Renten Ost an die Rentenberechnung West. Das wurde uns im Koalitionsvertrag der Bundesregierung noch in dieser Legislatur versprochen

(Torsten Renz, CDU: Ach, das ist jetzt die Spalterrede, die Spalterrede.)

und sowohl Bundes- als auch Landespolitiker haben sich dementsprechend ausgesprochen.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt gibt’s noch mal einen Aufputsch hier.)

Nun erfahren wir aus dem gestrigen Bericht zur Deutschen Einheit, dass es mit der Angleichung der Renten mindestens bis zur Bundestagswahl nichts mehr wird.

(Torsten Renz, CDU: Das ist jetzt kein Wahlkampf, ne? Das ist kein Wahlkampf, ne?)

„Versprochen, gebrochen“ oder „April, April, liebe Bürger in den neuen Bundesländern“.

(Torsten Renz, CDU: Spalten der Gesellschaft und aufputschen.)

Herr Sellering hat auf diesen Bericht bereits gestern reagiert

(Peter Ritter, DIE LINKE: Empört, empört war er.)

und die Anerkennung der Lebensleistung der Ostdeutschen gefordert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Staatskanzlei zittert heute noch, so empört war er.)

Sehr schön, da treffen sich unsere Forderungen. Aber auf die Pressemeldungen müssen auch Taten folgen. Bloße Reden, nur Empörung ohne Folgen, das hilft den Ostdeutschen nicht, das stellt keine Gerechtigkeit her.

Wir haben die Landesregierung bisher mehrfach aufgefordert, sich im Bundesrat für die ostdeutschen Renten einzusetzen.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Die Landesregierung hat diese Möglichkeit. Und bei der Bundesratsinitiative handelt es sich um ein wirksames Mittel, aber dieses Instrument, ja, jegliches Tätigwerden für die Anpassung der Renten hat die Landesregierung bisher immer verweigert. Auf unsere Forderung nach Angleichung der Renten in der Landtagssitzung im April gab es von SPD und CDU nur die üblichen, abwiegelnden Formulierungen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

die Landesregierung würde bereits tätig, alles Notwendige würde getan. Darauf kann ich für meine Fraktion nur sagen: Öffentlich vorgebrachte, wohlgesetzte Empörung reicht nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Die Menschen wollen endlich Taten sehen. Unterschiedliche Rentenberechnung 22 Jahre nach der Wiedervereinigung ist eine Schande. Die Renten zeigen, dass die Einheit noch keineswegs hergestellt ist. Eine unterschiedliche rentenrechtliche Bewertung der Lebensarbeit sollte nach dem Einigungsvertrag nur eine Übergangslösung sein. Die Menschen dachten an eine kurze Frist. Die Revolutionäre im Osten wollten eine schnelle Angleichung der Lebensverhältnisse. Das haben ihnen die großen westdeutschen Parteien versprochen. Niemand hätte geglaubt,

(Torsten Renz, CDU: Niemand wollte eine Mauer bauen, niemand wollte eine Mauer bauen.)

dass 22 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch keine gleichwertigen Lebensverhältnisse hergestellt sind.

Hier im Land Mecklenburg-Vorpommern gibt es kaum private Altersrenten und auch Betriebsrenten sind die Ausnahme. Dem Dreisäulenkonzept der bundesdeutschen Rentenpolitik fehlt in Mecklenburg-Vorpommern einfach die Grundlage. Die Menschen hier haben nur ihre Altersrente und die wird immer geringer. Schöne Worte allein, die den Zustand zweier Rentensysteme konstatieren oder beklagen, das reicht nicht, meine Damen und Herren der Koalitionsparteien.

Ich und meine Genossen erwarten,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Oh, Genossen!)

dass die Landesregierung endlich ihre Möglichkeiten im Bundesrat nutzt und für die Anpassung der Renten tätig wird. Das lässt sich nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Holter von der Fraktion DIE LINKE.