Protokoll der Sitzung vom 25.10.2012

Und weiterhin kann man darin lesen, dass die gewollte Abschreckung von Asylbewerbern durch das Asylbewerberleistungsgesetz sich nicht mit Zahlen belegen lässt. Ganz im Gegenteil, dass seit Bestehen dieses Leistungsgesetzes die Zahlen im Laufe der Zeit durchaus wieder angestiegen sind, ist messbar, und das auch vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu den Sätzen für Asylbewerber.

Und hier die Vermutung in den Raum zu stellen, dass das zu einer großen Welle in unser soziales Leistungsnetz geführt hat, halte ich zumindest für etwas verwegen. Aber der Innenminister hat ja auch zu Recht gleich am Anfang seiner Rede darauf hingewiesen, dass man sich nicht immer einig ist in allen Fragen, vor allen Dingen auch, was Bundesratsinitiativen angeht,

(Heinz Müller, SPD: So ist es.)

und somit auch von vornherein, glaube ich, klar und deutlich gemacht, dass der Koalitionspartner der CDU, nämlich die SPD, hier doch eine durchaus andere Auffassung vertritt.

Was sind nun überhaupt die Bestandteile des Asylbewerberleistungsgesetzes, die hier in Rede stehen? Einmal sind natürlich die Leistungsberechtigten definiert, Anspruchseinschränkungen definiert, Leistungen in besonderen Fällen, Grundleistungen, Leistungen bei Krank- heit, Schwangerschaft und Geburt, Arbeitsgelegenheiten, das sind Arbeitsgelegenheiten für Aufwandsentschädigungen in Höhe von 1,05 Euro, also Ein-Euro-Jobs, die getan werden können, sonstige Leistungen, Anrechnungen von Einkommen und Vermögen, Sicherheitsleistungen, örtliche Zuständigkeit, Statistik und so weiter.

Bei näherer Betrachtung sind es eigentlich also alles Dinge, die man im SGB wohl verankern könnte.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

Gleichwohl oder nicht gleichwohl, einen besonderen Charme hätte das natürlich auch, das hatten Sie schon angedeutet, Dr. Al-Sabty, dass damit die Kassen von Land und Kommunen erleichtert,

(Jochen Schulte, SPD: Erleichtert ist gut.)

entlastet werden könnten – ein besonderer Charme der Geschichte. Deswegen wäre es gar nicht mal so wenig wünschenswert, das hinzubekommen.

Gleichwohl, wir müssen realisieren, unser Koalitionspartner ist noch nicht so weit, dieses Anliegen zu unterstützen, und somit werden wir, wie es auch unser Innenminister schon angedeutet hat, dieser Initiative beziehungsweise Ihrem Antrag nicht zustimmen. Das bedauere ich persönlich, aber es ist so, wir halten uns an unsere Verabredungen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, Frau Tegtmeier!)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So ein bisschen kommt mir das ja vor wie ein Déjà-vu.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, mir auch.)

Also gerade wenn ich Frau Tegtmeiers Ausführungen höre, ich schätze Frau Tegtmeier, gerade weil sie das noch mal so schön dargelegt hat, aber die Entscheidung nachher zu treffen, finde ich, gehört auch zu einer Politik

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

und ich finde es doch bedauerlich, das habe ich auch beim letzten Mal gesagt, dass Sie sich da nicht haben durchsetzen können.

(Manfred Dachner, SPD: Na, fangen Sie mal an!)

Vielleicht – es ist ja noch ein bisschen Zeit – können Sie ja Ihren Koalitionspartner und unseren Innenminister noch ein bisschen bearbeiten.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Würde mich sehr wundern.)

Ich möchte noch mal was dazu sagen, warum wir auf den Antrag eingegangen sind. Wenn Sie sich erinnern, beim letzten Mal war es ja eher zu später Stunde, da hatte ich doch glatt den LINKEN-Antrag als unseren verkauft und natürlich zugestimmt. Aber deswegen wollten wir natürlich diesen Antrag nicht nur mit unterstützen, sondern sind jetzt Antragsteller.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Das, was Herr Friedrich gerade in Bezug auf das Asylbewerberleistungsgesetz in den letzten Tagen gesagt hat, gerade das, dass er migrationspolitisch argumentiert und sagt, es gibt die Flüchtlinge, die Asylbewerber, die haben die Leistung, die haben die Leistung, und dann mit Sachleistungen kommt und noch dazu sagt, das können dann die Länder einzeln klären und vielleicht kann man sich ja dann, in Anführungsstrichen, sehr zynisch gesagt, Flüchtlinge vom Hals halten, das halte ich gerade in der jetzigen Debatte für wirklich rückwärtsgewandt, feindlich orientiert.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir haben ja, wie gesagt, unsere Herren da an der Fensterfront, die dann wieder aufspringen, um den vermeintlich rechten Rand vielleicht in der Bevölkerung noch mal zu motivieren, hier wieder Politik zu machen.

(Udo Pastörs, NPD: Das werden wir schon tun. Wir brauchen kein Aufspringen. – Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Stefan Köster, NPD)

Ich denke, das kann ich für uns, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, für DIE LINKE und wahrscheinlich auch Teile der SPD sagen, das geht so nicht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das ist nicht die Politik von Deutschland, das ist nicht die Politik von Mecklenburg-Vorpommern.

Wir werden selbstverständlich diesen Antrag unterstützen und ich beantrage die namentliche Abstimmung, da wir dann doch sehen wollen,

(Torsten Renz, CDU: Was bringt das denn der Sache?)

wie die Einstellung der Abgeordneten der verschiedenen Parteien ist.

(Manfred Dachner, SPD: Was haben Sie denn davon, wenn Sie das sehen? – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von einer Partei, das wissen wir jetzt schon.

(Torsten Renz, CDU: Aber das bringt Sie in der Sache doch nicht weiter. Darüber reden wir noch mal, ob das sein muss.)

Aber lassen Sie mich bitte noch einen Satz zu Herrn Friedrich sagen. Es hat mich wirklich heute Morgen erschüttert und unser Parlamentarischer Geschäftsführer von den GRÜNEN, Volker Beck, hat sich heute Morgen auch dazu geäußert,

(Heinz Müller, SPD: Oh!)

dass das Grundgesetz eben die Menschenwürde garantiert,

(Torsten Renz, CDU: Hat er gesagt, ja? – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

egal von Herkunft, Geschlecht, Identität. Und ich denke, das muss für uns

(Udo Pastörs, NPD: Ja, ja, Grenzen auf für die ganze Welt.)

als Bundesbürgerinnen und Bundesbürger Gesetz sein. Ich finde von daher diese Thematik, diese Debatte wirklich unerträglich. Ich muss das hier wirklich so noch mal sagen, es erschreckt mich, weil es zeigt die latente Ausländerfeindlichkeit, die offensichtlich immer noch in der Mitte der Gesellschaft ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig, nichts gelernt, nichts gelernt.)

Es ist hier heute ein Zeichen, Position zu zeigen, meine liebe SPD, weil hier ist politischer Brennstoff drin, hier werden Rauchbomben gelegt, die hoffentlich nicht zündeln. Und ich kann Sie nur ermutigen, hier heute den Mut zu haben und mit Ja zu stimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Silkeit von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir doch noch die eine oder andere Vorbemerkung. Ich will es heute weder scharf noch polemisch, Frau Tegtmeier, sondern sachlich angehen. Aber dennoch, das eine oder andere Wort muss zu dem, was meine Vorredner gesagt haben, noch gesagt werden.

Ich denke, gerade wenn wir die Debatte um das Asylbewerberleistungsgesetz führen, dann sind wir nicht zwingend in weiten Teilen auseinander, aber manchmal bestimmt schon ein Wort und die Art und Weise, wie man dieses eine Wort aufnimmt, den Ton, das Klima der Debatte. Wenn meine geschätzte Kollegin Tegtmeier sich an der Äußerung des Innenministers, seinen Ausführungen zu wirtschaftlichen Anreizen im deutschen Asylrecht stößt, dann könnte ich ganz einfach entgegenbringen, die grüne Integrationsministerin sprach von einer Armutszusammenwanderung. Inhaltlich meinen beide wahrscheinlich das Gleiche, aber jeder hat es eben auf seine Art und Weise diskutiert oder angeführt.